Der VAP fördert den Güterverkehr
auf der Schiene.

Der VAP Ver­band der ver­la­den­den Wirt­schaft macht sich für markt­ge­rech­te Rah­men­be­din­gun­gen und ein zug­kräf­ti­ges Schwei­zer Güter­bahn­sys­tem stark. Rele­van­te Themen:

Güterverkehrsbranche

  • Was bewegt die Güterverkehrsbranche?
  • Wie gestal­ten wir die Zukunft des Güterverkehrs?
  • Ein Über­blick der Akteu­re des Schienengüterverkehrs.

Netz

Hier fin­den Sie nütz­li­che Infor­ma­tio­nen zu den Schie­nen­we­gen, deren Orga­ni­sa­ti­on und dem Netzzugang.

Finanzierung

Infor­ma­tio­nen zu finan­zi­el­ler För­de­rung und Abga­ben im Güter­ver­kehr.

Standorte

Alles zu Frei­ver­la­den, Ter­mi­nals, Anschluss­gleis­an­la­gen oder auch mul­ti­mo­da­len Logis­tik­hubs.

Interoperabilität

Der VAP enga­giert sich für die Har­mo­ni­sie­rung der Rah­men­be­din­gun­gen, damit Züge mühe­los auf euro­päi­schen Schie­nen­net­zen ver­keh­ren können.

Nachhaltigkeit

Für eine weit­sich­ti­ge Zukunft gilt es ver­schie­de­ne Berei­che nach­hal­tig zu gestalten.

Innovation

Wie kön­nen wir Inno­va­ti­on im Güter­ver­kehr vor­wärts trei­ben?

Betrieb

Zuguns­ten eines fai­ren Wett­be­werbs wol­len wir die Stär­ke aller Ver­kehrs­trä­ger nut­zen und opti­mal kom­bi­nie­ren. Denn so wird die Stre­cke für jeden Ein­zel­nen kür­zer – und wirtschaftlicher.

Veranstaltungen

Hier fin­den Sie wei­ter­füh­ren­de Infor­ma­tio­nen und Unter­la­gen zu unse­ren Ver­an­stal­tun­gen Forum Güter­ver­kehr, unse­rer Gene­ral­ver­samm­lung und weiteren.

Gotthardbasistunnel (#4): Sicherheitskritische Bauteile von Güterwagen

Gotthardbasistunnel (#4): Sicherheitskritische Bauteile von Güterwagen

Die öffent­lich publi­zier­ten Infor­ma­tio­nen zur Güter­bahn­ent­glei­sung im Gott­hard­ba­sis­tun­nel deu­ten auf eine gebro­che­ne Rad­schei­be an einem ent­gleis­ten Güter­wa­gen hin. Über­be­an­spru­chung oder Mate­ri­al­feh­ler ste­hen als mög­li­che Ursa­che des Ver­sa­gens im Raum. Was tat­säch­lich geschah, bleibt den lau­fen­den Unter­su­chun­gen der Schwei­ze­ri­schen Unfall­un­ter­su­chungs­stel­le (Sust) vorbehalten.

Darum geht’s:

  • Wie wer­den sicher­heits­kri­ti­sche Bau­tei­le gefertigt?
  • Wie wer­den sie zuge­las­sen und in Betrieb genommen?
  • Wie wer­den sie gewartet?
  • Wel­che Bedeu­tung hat die Über­wa­chung im täg­li­chen Betrieb?
  • Wel­che Über­wa­chungs­mög­lich­kei­ten ste­hen zur Verfügung?
  • Ein­heit­li­che Rege­lun­gen ermög­li­chen siche­res Zusam­men­wir­ken der Akteure
  • Aus­blick digi­ta­le auto­ma­ti­sche Kupp­lung (DAK)

Wie wer­den sicher­heits­kri­ti­sche Bau­tei­le gefer­tigt?
Sicher­heits­re­le­van­te und ‑kri­ti­sche Bau­tei­le wie Rad­sät­ze wer­den so aus­ge­legt, dass sie ihre Auf­ga­be wäh­rend der geplan­ten Nut­zungs­dau­er unter den vor­herr­schen­den Betriebs- und Ein­satz­be­din­gun­gen erfül­len und damit eine siche­re Fahrt gewähr­leis­tet ist. Dabei wen­den die Her­stel­ler­fir­men inter­na­tio­nal aner­kann­te Stan­dards an:

  • Tech­ni­sche Spe­zi­fi­ka­tio­nen der Inter­ope­ra­bi­li­tät (TSI) legen grund­le­gen­de Anfor­de­run­gen fest.
  • Euro­päi­sche Nor­men (EN) defi­nie­ren die spe­zi­fi­schen Eigenschaften.
  • Her­stel­ler wen­den zur Ent­wick­lung und Prü­fung har­mo­ni­sier­te und stan­dar­di­sier­te Sicher­heits­me­tho­den an.
  • Nor­mier­te Sicher­heits­nach­wei­se und Gut­ach­ten doku­men­tie­ren Sicher­heit und Tauglichkeit.

In die Ent­wick­lung der Nor­men und TSI flies­sen die inter­na­tio­na­len Erfah­run­gen aus Vor- und Unfäl­len lau­fend ein.

Wie wer­den sie zuge­las­sen und in Betrieb genom­men?
Die Inver­kehr­brin­gung von sicher­heits­kri­ti­schen Bau­tei­len erfor­dert die inter­na­tio­nal ein­heit­li­che Geneh­mi­gung der euro­päi­schen Eisen­bahn­agen­tur (ERA) oder einer natio­na­len Sicher­heits­be­hör­de. Es sind dies:

  • Typen­zu­las­sun­gen für Bau­tei­le oder Fahrzeuge
  • Kon­for­mi­täts­nach­wei­se für bau­glei­che Seri­en­bau­tei­le oder Fahrzeuge
  • CE-Kenn­zeich­nung (Con­for­mi­té Euro­pé­en­ne) für ein Bau­teil, das die gel­ten­den EU-Richt­li­ni­en erfüllt
  • Betriebs­be­wil­li­gung für ein regel­kon­for­mes Fahrzeug

Die Beschei­ni­gung, dass Bau­tei­le nach den Anfor­de­run­gen von Nor­men und TSI gebaut wur­den, erfolgt durch soge­nannt «benann­te Stel­len», also staat­lich auto­ri­sier­te Stel­len. Diese prü­fen und bewer­ten die Regel­kon­for­mi­tät der gefer­tig­ten Produkte.

Wie wer­den sie gewar­tet?
Der Her­stel­ler ist ver­pflich­tet, für sämt­li­che Bau­tei­le oder Fahr­zeu­ge die anzu­wen­den­den Instand­hal­tungs­vor­ga­ben zu defi­nie­ren und zu publi­zie­ren. Fahr­zeug­hal­ter müs­sen diese Her­stel­ler­vor­ga­ben abge­stimmt auf die Ein­satz­be­din­gun­gen umset­zen. Sie bestim­men für ihr Roll­ma­te­ri­al zer­ti­fi­zier­te Instand­hal­tungs­stel­len (Enti­ty in Char­ge of Main­ten­an­ce, ECM). Diese erar­bei­ten die Instand­hal­tungs­vor­ga­ben der ihnen zuge­ord­ne­ten Fahr­zeu­ge unter Berück­sich­ti­gung eige­ner und Bran­chen­er­kennt­nis­se. Zudem pla­nen sie peri­odi­sche Arbei­ten, füh­ren sie durch und doku­men­tie­ren deren Ergeb­nis­se. Jedes für den Betrieb zuge­las­se­ne Fahr­zeug muss unter Nen­nung des Fahr­zeug­hal­ters und der ECM in einem amt­li­chen Fahr­zeug­re­gis­ter ein­ge­tra­gen sein.

Wel­che Bedeu­tung hat die Über­wa­chung im täg­li­chen Betrieb?
Die Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men (EVU) sind für die siche­re Fahrt, Zug­vor­be­rei­tung, Zug­ab­fer­ti­gung und ande­re Sicher­heits­aspek­te ihrer Züge ver­ant­wort­lich. Sie legen die Prü­fun­gen und Tests fest, mit denen gewähr­leis­tet wird, dass jede Abfahrt sicher erfol­gen kann. Um diese Betriebs­taug­lich­keit fest­zu­stel­len, füh­ren aus­ge­bil­de­te Mit­ar­bei­ten­de vor der Abfahrt vor Ort defi­nier­te Sicht­kon­trol­len durch. Diese Arbeit fin­det zu jeder Tages­zeit und Wit­te­rung statt und ist äus­serst anspruchs­voll. Auch bei der Zugs­ab­fer­ti­gung und den damit ver­bun­de­nen Prü­fun­gen und Tests wird ein beson­de­res Augen­merk auf sicher­heits­kri­ti­sche Bau­tei­le gelegt.

Wel­che Über­wa­chungs­mög­lich­kei­ten ste­hen zur Ver­fü­gung?
Die Fahr­zeug­hal­ter sind für die ord­nungs­ge­mäs­se Instand­hal­tung ihrer Fahr­zeu­ge ver­ant­wort­lich. Sicher­heits­re­le­van­te und ‑kri­ti­sche Bau­tei­le wer­den peri­odisch kon­trol­liert, z.B. durch Ultra­schall­mes­sun­gen. Sicher­heits­kri­ti­sche Bau­tei­le unter­lie­gen nicht nur stren­gen Kon­trol­len, son­dern auch beson­de­ren Ver­pflich­tun­gen in Bezug auf Kenn­zeich­nung, Instand­hal­tung und Rück­ver­folg­bar­keit der Mass­nah­men. Die EVUs kön­nen vom Fahr­zeug­hal­ter wagen­spe­zi­fi­sche Aus­künf­te verlangen.

Auf dem Schwei­zer Nor­mal­spur­netz betrei­ben die Infra­struk­tur­be­trei­ber heute über 250 Zug­kon­troll­ein­rich­tun­gen. Sie über­wa­chen jedes vor­bei­fah­ren­de Fahr­zeug auf Unre­gel­mäs­sig­kei­ten und kön­nen im Falle von unzu­läs­si­gen Abwei­chun­gen Alarm aus­lö­sen. In die­sem Fall wird der betrof­fe­ne Zug sofort ange­hal­ten und kontrolliert.

Ein­heit­li­che Rege­lun­gen ermög­li­chen siche­res Zusam­men­wir­ken der Akteu­re
Im Bahn­be­trieb agie­ren ver­schie­de­ne Unter­neh­men zusam­men. Dabei muss sich jeder Akteur auf die Zuver­läs­sig­keit des ande­ren an der Schnitt­stel­le ver­las­sen kön­nen. Ihre Auf­ga­ben­be­rei­che und Ver­ant­wor­tun­gen sind inter­na­tio­nal klar und ein­heit­lich gere­gelt. Har­mo­ni­sier­te Vor­schrif­ten zu Her­stel­lung, Betrieb und Instand­hal­tung sor­gen für einen siche­ren Schie­nen­ver­kehr (mehr zum Regu­la­tiv der inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit lesen Sie in Kürze auf die­sem Blog).

Aus­blick digi­ta­le auto­ma­ti­sche Kupp­lung (DAK)
Neben der Umset­zung der gel­ten­den Vor­ga­ben durch jeden am Eisen­bahn­ver­kehr betei­lig­ten Akteur rücken neue Tech­no­lo­gien in den Mit­tel­punkt. Mit der Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung las­sen sich nicht nur Betriebs­ab­läu­fe effi­zi­en­ter gestal­ten. Es eröff­nen sich auch neue Mög­lich­kei­ten zur betrieb­li­chen Über­wa­chung sicher­heits­re­le­van­ter und ‑kri­ti­scher Bau­tei­le in Güter­zü­gen. Die lau­fen­de digi­ta­le Zustands­er­fas­sung die­ser Bau­tei­le bie­tet den Ver­ant­wort­li­chen eine attrak­ti­ve Chan­ce. Wer­den Ver­schleiss- und Alte­rungs­pro­zes­se fahr­zeug­indi­vi­du­ell digi­ta­li­siert ver­folgt, so lässt sich die Instand­hal­tung bedarfs­ge­recht und effi­zi­ent pla­nen. Schad­haf­te Bau­tei­le kön­nen vor einem Total­ver­sa­gen ermit­telt und aus­ge­tauscht wer­den. Tritt wäh­rend der Fahrt uner­war­tet ein Bau­teil­aus­fall auf, kann das sofort Alarm auslösen.

Um diese Inno­va­ti­on im Güter­ver­kehr zu nut­zen, braucht es in den Güter­wa­gen Sen­so­rik, elek­tri­sche Ener­gie und Daten­kom­mu­ni­ka­ti­on zum Lok­füh­rer, in die Sys­te­me der Wagen­hal­ter und zur ECM. Mit der euro­pa­weit geplan­ten Ein­füh­rung der DAK wer­den diese Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen (vgl. Blog­post «Daten­öko­sys­te­me: Daten tei­len, um ihren Mehr­wert zu ver­dop­peln»). So ver­wan­deln die Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung den her­kömm­li­chen Ver­kehr in einen intel­li­gen­ten, effi­zi­en­ten, resi­li­en­ten und siche­ren Verkehr.

Gotthardbasistunnel (#3): Geltende Haftpflichtbestimmungen sind ausreichend

Gotthardbasistunnel (#3): Geltende Haftpflichtbestimmungen sind ausreichend

Der Güter­bahn­un­fall im Gott­hard­ba­sis­tun­nel hat Haf­tungs­fra­gen auf­ge­wor­fen, die der Bun­des­rat sowie­so trak­tan­diert hat. In sei­ner Sit­zung vom 21. Juni 2023 hat er einen Bericht über Hand­lungs­op­tio­nen zur Ver­schär­fung der Haft­pflicht­be­stim­mun­gen im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr ver­ab­schie­det. Wie diese aus­se­hen und was wir davon hal­ten, erfah­ren Sie in die­sem Blog­ar­ti­kel.  

Darum geht’s:

  • Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men (EVU) haf­ten verschuldensunabhängig
  • Der Bun­des­rat schlägt vier Hand­lungs­op­tio­nen vor – mit Vor- und Nachteilen
  • Wir mei­nen: Ver­ant­wort­lich­kei­ten und Kon­trol­len sind aus­rei­chend geregelt
  • Akteu­re neh­men ihre Ver­ant­wor­tung wahr, auch ohne neue Bestimmungen

Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men (EVU) haf­ten ver­schul­dens­un­ab­hän­gig
Der­zeit müs­sen EVU grund­sätz­lich unab­hän­gig von einem eige­nen Ver­schul­den für den Scha­den bei Unfäl­len mit Güter­zü­gen auf dem Schwei­zer Schie­nen­netz auf­kom­men. Man spricht von Gefähr­dungs­haf­tung. Das gilt nicht, wenn der Scha­den durch Män­gel an einem frem­den Güter­wa­gen ver­ur­sacht wurde. In die­sem Fall geht man ver­trag­lich vom Ver­schul­den des betrof­fe­nen Wagen­hal­ters aus. Der Hal­ter kann sich von die­ser Haf­tung nur befrei­en, wenn er feh­len­des Ver­schul­den nach­wei­sen kann. Im Juris­ten­jar­gon nennt sich das Umkehr der Beweislast.

Der Bun­des­rat schlägt vier Hand­lungs­op­tio­nen vor – mit Vor- und Nach­tei­len
Mit sei­nem Bericht vom 21. Juni 2023 leis­tet der Bun­des­rat dem Pos­tu­lat 20.4259 «Gesamt­schau zur Haft­pflicht im Güter­trans­port auf der Schie­ne» Folge. Die­ses war durch die Moti­on 20.3084 «Rege­lun­gen der Haft­pflicht im Güter­trans­port auf der Schie­ne klä­ren» von Fré­dé­ric Bor­loz zustan­de gekom­men (vgl. VAP-Blog­bei­trag «Moti­on Bor­loz»). Im Rah­men sei­ner Gesamt­schau prä­sen­tiert der Bun­des­rat dem Par­la­ment vier Handlungsoptionen:

  1. Die Gefähr­dungs­haf­tung der EVU auch auf Fälle aus­deh­nen, in denen nicht das cha­rak­te­ris­ti­sche Risi­ko des Bahn­be­triebs ursäch­lich war. Damit geht die Erhö­hung der Min­dest­ver­si­che­rungs­sum­me der EVU einher.
  2. Die EVU ver­pflich­ten, eine aus­rei­chen­de Haft­pflicht­ver­si­che­rung abzu­schlies­sen, die auch Schä­den von Gefahr­gut­trans­por­ten abdeckt. Dabei würde weder die Gefähr­dungs­haf­tung der EVU noch die­je­ni­ge der Fahr­zeug­hal­ter ausgedehnt.
  3. Ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ge Haf­tung der Wagen­hal­ter für Schä­den ein­füh­ren, die nach­weis­lich von ihren Fahr­zeu­gen oder deren Ladung ver­ur­sacht oder mit­ver­ur­sacht wur­den, z.B. bei einem Aus­tritt von Gefahr­gut aus einem abge­stell­ten Wagen. Dem­nach wären die Wagen­hal­ter ver­pflich­tet, eine aus­rei­chen­de Haft­pflicht­ver­si­che­rung dafür abzuschliessen.
  4. Das bestehen­de Regu­la­tiv beibehalten.

Der Bun­des­rat weist dar­auf hin, dass jede Opti­on Vor- und Nach­tei­le mit sich bringt. Er sieht kei­nen zwin­gen­den Bedarf für eine Regu­lie­rung in die­sem Zusam­men­hang. Trotz­dem zeigt er sich bereit, bestimm­te Vari­an­ten auf Wunsch des Par­la­ments zu vertiefen.

Wir mei­nen: Ver­ant­wort­lich­kei­ten und Kon­trol­len sind aus­rei­chend gere­gelt
Als Ver­band der ver­la­den­den Wirt­schaft sind wir der Ansicht, dass die Ver­ant­wort­lich­kei­ten und Kon­trol­len völ­ker­recht­lich und inter­na­tio­nal ver­trag­lich bereits klar gere­gelt sind. Die inter­na­tio­na­len Beför­de­rungs­be­stim­mun­gen – bekannt unter dem Titel «All­ge­mei­ner Ver­trag für die Ver­wen­dung von Güter­wa­gen (AVV)» – zwi­schen über 750 EVU und den Wagen­hal­tern erfül­len in ihrer aktua­li­sier­ten Fas­sung von 2017 bereits die vom Bun­des­rat dar­ge­stell­te Opti­on 3 einer Haf­tungs­ver­schär­fung zulas­ten der Wagen­hal­ter. Gemäss AVV haf­ten Letz­te­re bei Män­geln an ihren Wagen, sofern sie feh­len­des Ver­schul­den nicht nach­wei­sen können.

Akteu­re neh­men ihre Ver­ant­wor­tung wahr, auch ohne neue Bestim­mun­gen
Wagen­hal­ter, die unse­rem Ver­band ange­hö­ren, ver­fü­gen unter dem aktu­ell gül­ti­gen Haf­tungs­re­gime über weit­rei­chen­de Ver­si­che­rungs­de­ckun­gen, da sie für die Instand­hal­tung ihrer Wagen ver­ant­wort­lich sind. Die Ein­füh­rung einer zusätz­li­chen gesetz­li­chen Ver­si­che­rungs­pflicht oder einer Gefähr­dungs­haf­tung für in der Schweiz ver­keh­ren­de Güter­wa­gen würde den frei­zü­gi­gen Ein­satz der aus­län­di­schen Güter­wa­gen (sowohl pri­va­ter als auch der­je­ni­gen von EVU) mas­siv beein­träch­ti­gen. Damit ver­bun­den wäre ein gewal­ti­ger Ver­lust an Fle­xi­bi­li­tät im inter­na­tio­na­len Güter­trans­port sowohl im Import/Export als ins­be­son­de­re auch im Tran­sit. Wir wer­den das Thema wei­ter­hin auf­merk­sam ver­fol­gen und über die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen berichten.

Gotthardbasistunnel (#2): Automatische Zugkontrolleinrichtungen

Gotthardbasistunnel (#2): Automatische Zugkontrolleinrichtungen

Am 10. August 2023 ist ein Güter­zug im Gott­hard­ba­sis­tun­nel ent­gleist. Weni­ge Minu­ten vor der Ein­fahrt durch das Süd­por­tal wurde er durch auto­ma­ti­sche Zug­kon­troll­ein­rich­tun­gen (ZKE) geprüft. Gemäss Kon­troll­da­ten ist der Zug ein­wand­frei in den Tun­nel eingefahren.

Darum geht’s:

  • Was sind orts­fes­te ZKE?
  • Was kön­nen ZKE?
  • Wie wer­den ZKE weiterentwickelt?
  • Digi­ta­le auto­ma­ti­sche Kupp­lung (DAK) und die Zukunft

Was sind orts­fes­te ZKE?
Orts­fes­te Zug­kon­troll­ein­rich­tun­gen ZKE sind Teil der Eisen­bahn­in­fra­struk­tur und kom­men an stra­te­gisch güns­ti­gen Stand­or­ten auf dem Netz zum Ein­satz. Sie kon­trol­lie­ren mit­hil­fe von Sen­so­ren und ande­ren Tech­no­lo­gien den durch­fah­ren­den Zug, d.h. jedes ein­zel­ne Fahr­zeug. Die dabei auf­ge­nom­me­nen Daten wer­den auf­be­rei­tet und im all­täg­li­chen Bahn­be­trieb zur Sicher­stel­lung der Sicher­heit, der Ver­bes­se­rung der Pünkt­lich­keit und Ver­min­de­rung des Unter­halts verwendet.

Was kön­nen ZKE?
Das ursprüng­li­che Ein­satz­ge­biet ziel­te auf den Schutz der Infra­struk­tur, um Stö­run­gen und Schä­den zu redu­zie­ren sowie die Sicher­heit des Bahn­be­triebs zu erhö­hen.
• Heiss­läu­fer detek­tie­ren
• Rad­lauf­flä­che detek­tie­ren
• Pan­to­gra­fen kon­trol­lie­ren
• Feuer- und Che­mie­fäl­le ver­hin­dern
• Achs­last mes­sen
• Licht­raum­pro­fil schüt­zen
• Natur­er­eig­nis­se erken­nen
• Wei­te­re
Auf der Nord-Süd-Achse und auf der Ost-West-Achse wer­den auf über 250 ZKE täg­lich über 10’000 Züge dyna­misch kon­trol­liert. Dabei wer­den durch­schnitt­lich gut 20 Alar­me pro Tag ausge-löst.

Wie wer­den ZKE wei­ter­ent­wi­ckelt?
Im Inno­va­ti­ons­pro­jekt «Way­si­de Intel­li­gence (WIN)», das vom Bun­des­amt für Ver­kehr (BAV) mit öffent­li­chen Mit­teln geför­dert wird, ent­wi­ckelt SBB Infra­struk­tur die bis­he­ri­ge Kon­troll­struk­tur wei­ter. Ergän­zend zu den Sen­sor­da­ten wer­den neu Bild­da­ten erfasst und die ein­zel­nen Fahr­zeu­ge mit­hil­fe von «Radio-Fre­quen­cy Iden­ti­fi­ca­ti­on» (RFID) iden­ti­fi­ziert. Die Daten wer­den algo­rith­misch aus­ge­wer­tet, agg­re­giert und den Nut­zern für eine geziel­te Ver­wen­dung über nor­mier­te Daten­aus­tausch­schnitt­stel­len zur Ver­fü­gung gestellt. Diese Wei­ter­ent­wick­lung zielt auf eine Ver­bes­se­rung der Instand­hal­tung ab, die auf den aktu­el­len Zustand des Fahr­zeugs refe­ren­ziert. Gleich­zei­tig ermög­licht sie eine Ver­ein­fa­chung der Instand­hal­tungs­pro­zes­se durch künst­li­che Intel­li­genz und Auto­ma­ti­sie­rung. Das Pro­jekt ist bereits weit fort­ge­schrit­ten und dürf­te zu einer Erhö­hung der Sicher­heit und Ver­füg­bar­keit von Netz und Fahr­zeu­gen führen.

Die DAK und die Zukunft
Mit der Ein­füh­rung der DAK wer­den die in den Zügen gereih­ten Fahr­zeu­ge mit­tels einer Daten­lei­tung ver­bun­den sein. Damit weiss die Infra­struk­tur­be­trei­be­rin jeder­zeit, wel­ches Fahr­zeug in wel­chem Zug minu­ten­ge­nau auf dem Netz ver­kehrt. Dank die­ser Zug­in­te­gri­tät wer­den die Daten aus den ZKE schnel­ler und zuver­läs­si­ger zur Ver­fü­gung ste­hen. Mehr über die DAK und Daten­öko­sys­te­me lesen Sie in unse­rem Blog­post «Daten­öko­sys­te­me: Daten tei­len, um ihren Mehr­wert zu ver­dop­peln». Inwie­fern die DAK Zug­un­fäl­le mit­hel­fen könn­te, Zug­un­fäl­le wie am Gott­hard­ba­sis­tun­nel zu ver­hin­dern, erläu­tert VAP-Güter­ver­kehrs­exper­te Jür­gen Maier im Inter­view mit «10 vor 10».

Gotthardbasistunnel (#1): Für eine umfassende Aufarbeitung engagiert

Gotthardbasistunnel (#1): Für eine umfassende Aufarbeitung engagiert

Am 10. August 2023 ist ein Güter­zug im Gott­hard­ba­sis­tun­nel ent­gleist. Die Schwei­ze­ri­sche Sicher­heits­un­ter­su­chungs­stel­le (Sust) geht von einem Rad­schei­ben­bruch aus. Wir vom VAP wer­den das Ereig­nis sys­te­ma­tisch und risi­ko­ori­en­tiert aufarbeiten.

Darum geht’s:

  • Not­fall­kon­zept funk­tio­niert, Ver­sor­gung sichergestellt
  • Bewähr­tes Verantwortungsdreieck
  • Sicher­heits­stan­dards erfüllt
  • Rechts­be­zie­hun­gen umfas­send geregelt
  • Bruch­schä­den sind sel­ten, aber nicht ausgeschlossen
  • Ver­la­ge­rungs­ziel weiterverfolgen

Not­fall­kon­zep­te funk­tio­nie­ren
Dank wei­ter­ent­wi­ckel­ter Not­fall­kon­zep­te haben die Schlüs­sel­ak­teu­re nach dem Unfall schnell und ange­mes­sen reagiert: Die Güter­ver­sor­gung ist sicher­ge­stellt, Güter- und Per­so­nen­wa­gen rol­len wie­der aus. Die Not­fall­kon­zep­te der Güter­bah­nen mit Umlei­ter­ver­keh­ren auf dem Tran­sit­kor­ri­dor haben sich bewährt. Die Leh­ren aus Ras­tatt sind gezo­gen, die Bran­che ist auf den Ernst­fall vorbereitet.

Bewähr­tes Ver­ant­wor­tungs­drei­eck
Das Güter­bahn­sys­tem basiert auf dem gleich­be­rech­tig­ten Zusam­men­spiel von Infra­struk­tur­be­trei­ber (im Gott­hard­ba­sis­tun­nel: SBB) und Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men (Güter­bah­nen) sowie wei­te­ren Akteu­ren wie Wagen­hal­tern, die den siche­ren Betrieb des Eisen­bahn­sys­tems poten­zi­ell beein­flus­sen. Alle Invol­vier­ten ver­fü­gen über hoch­wer­ti­ge Sicher­heits­sys­te­me und wen­den die­sel­ben euro­päi­schen Vor­schrif­ten zu den Schnitt­stel­len zwi­schen den Akteu­ren an.

Sicher­heits­stan­dards erfüllt
Nach dem aktu­el­len Infor­ma­ti­ons­stand haben alle Akteu­re die sicher­heits­tech­ni­schen Stan­dards und Metho­den ein­ge­hal­ten. Züge, die durch das Süd­por­tal in den Gott­hard­ba­sis­tun­nel fah­ren, wer­den zuletzt bei Claro (TI) durch auto­ma­ti­sche Zug­kon­troll­ein­rich­tun­gen geprüft. Gemäss den vor­lie­gen­den Daten ist der ent­gleis­te Zug ein­wand­frei in den Tun­nel ein­ge­fah­ren. Die Wagen­hal­ter und ihre Enti­ty in Char­ge of Main­ten­an­ce (ECM, zu Deutsch: «für die Instand­hal­tung zustän­di­ge Stel­le») sind ver­ant­wort­lich für die Instand­hal­tung und den siche­ren Betriebs­zu­stand der Wagen bei Über­ga­be an die Güter­bahn. Dabei defi­niert die ECM, die von unab­hän­gi­gen Stel­len zer­ti­fi­ziert wird, Instand­hal­tungs­mass­nah­men und sorgt für deren Umset­zung und Doku­men­ta­ti­on nach den sicher­heits­tech­ni­schen Nor­men und Methoden.

Rechts­be­zie­hun­gen umfas­send gere­gelt
Wagen­hal­ter stel­len ihre Wagen den Güter­bah­nen zur Nut­zung zur Ver­fü­gung. Die Güter­bah­nen ihrer­seits nut­zen die Netze der Infra­struk­tur­be­trei­ber. Sämt­li­che Nut­zungs­ver­hält­nis­se sind hier­zu­lan­de und inter­na­tio­nal ver­trag­lich ein­heit­lich gere­gelt. Für das Ver­hält­nis zwi­schen Güter­bah­nen und Wagen­hal­tern ver­weist das Schwei­zer Güter­trans­port­ge­setz (GüTG) in Art. 20 auf das Über­ein­kom­men über den inter­na­tio­na­len Eisen­bahn­ver­kehr (COTIF). Über 770 Güter­bah­nen und Wagen­hal­ter in Euro­pa haben auf Basis die­ses völ­ker­recht­li­chen Über­ein­kom­mens seit 2006 mit dem All­ge­mei­nen Wagen­ver­wen­dungs­ver­trag (AVV) zusätz­lich einen mul­ti­la­te­ra­len Ver­trag geschaf­fen, der die Rechts­be­zie­hung zwi­schen Wagen­hal­tern und Güter­bah­nen detail­liert regelt.

Bruch­schä­den sind sel­ten – aber nicht aus­ge­schlos­sen
Wie es zur Ent­glei­sung kam, ist der­zeit noch unklar und wird von der Sust wei­ter unter­sucht. In der anste­hen­den Unfall­auf­ar­bei­tung müs­sen nun die Ursa­che, Haf­tungs- und Ver­ant­wor­tungs­fra­gen sowie aktu­el­le Sicher­heits­dis­po­si­ti­ve geklärt wer­den. Brü­che an Rad­schei­ben tre­ten sehr sel­ten auf. In die­sem Fall sind sowohl ein äus­se­rer Ein­fluss als auch eine Mate­ri­al­er­mü­dung mög­lich. Bruch­schä­den an betriebs­kri­ti­schen Tei­len wie Schie­nen oder Rad­schei­ben sind äus­serst schwie­rig vor­her­seh­bar und haben viel­fäl­ti­ge Ursa­chen. Deren prä­ven­ti­ve Instand­hal­tung mit regel­mäs­si­gen Kon­trol­len ist Stan­dard, kann aber an ihre Gren­zen stos­sen. In der Schweiz sind flä­chen­de­ckend Zug-/Wa­gen­kon­trol­len durch Güter­bah­nen und die Infra­struk­tur­be­trei­ber sowie Kon­trol­len durch über 250 Zug­kon­troll­ein­rich­tun­gen fest etabliert.

Ver­la­ge­rungs­ziel wei­ter­ver­fol­gen
Wie umfas­send die Aus­wir­kun­gen eines der­ar­ti­gen Ereig­nis­ses auf das gesam­te Ver­kehrs­sys­tem und wie hoch der Scha­den sein kön­nen, steht aus­ser Frage. Des­halb pfle­gen wir in der Bran­chen-Arbeits­grup­pe «IG Sicher­heit», mit unse­rem jähr­li­chen ECM-Erfah­rungs­aus­tausch und gemein­sam mit dem Bun­des­amt für Ver­kehr (BAV) eine enge Koope­ra­ti­on mit allen rele­van­ten Akteu­ren des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs, um den Stand der Tech­nik lau­fend wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und das schon sehr hohe Sicher­heits­ni­veau noch wei­ter zu ver­bes­sern. Wir regen an, die anste­hen­den Fra­gen und Mass­nah­men auf der Grund­la­ge des Sust-Berich­tes anzu­ge­hen. Nur so lässt sich die Gefahr eines erneu­ten Unfalls wei­ter ver­rin­gern und gleich­zei­tig das in der Ver­fas­sung fest­ge­schrie­be­ne Ver­la­ge­rungs­ziel für den alpen­que­ren­den Güter­ver­kehr wei­ter­ver­fol­gen. Umso wich­ti­ger ist es, dass der Gott­hard­ba­sis­tun­nel so bald als mög­lich wie­der befah­ren wer­den kann – gera­de im Hin­blick auf das Wie­der­an­lau­fen der ita­lie­ni­schen Wirt­schaft nach der Som­mer­pau­se. Ansons­ten ist die Alter­na­ti­ve über den ver­füg­ba­ren und fle­xi­blen Stras­sen­trans­port unum­gäng­lich. Dazu bie­ten wir gemein­sam mit unse­ren Mit­glie­dern und Bran­chen­part­nern Hand, die Umlei­ter­ver­keh­re und Umkon­zep­ti­on der Kom­po­si­tio­nen effi­zi­ent zu organisieren.

EU-Beihilfen: Gratwanderung zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsverzerrung

EU-Beihilfen: Gratwanderung zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsverzerrung

Im Ein­zel­wa­gen­la­dungs­ver­kehr (EWLV) in der Euro­päi­schen Union (EU) beob­ach­ten wir eine Ent­wick­lung, die eher poli­tisch als markt­ori­en­tiert ist. Die EU unter­stützt öffent­lich­keits­wirk­sam – und grund­sätz­lich zu begrüs­sen – die Ver­la­ge­rung des Güter­ver­kehrs auf kli­ma­freund­li­che Ver­kehrs­trä­ger wie Schie­ne und Was­ser mit ver­schie­de­nen Pro­gram­men und Fonds.
Die staat­li­chen Güter­ver­kehrs­un­ter­neh­men, unter­stützt von den Gewerk­schaf­ten, bezeich­nen den EWLV als “Ser­vice Public”. Die Kon­se­quen­zen tra­gen jedoch nicht sie selbst, son­dern die Staa­ten und die Ver­la­der. Tat­säch­lich füh­ren diese Bei­trä­ge, die von der EU auf Kos­ten der Steu­er­zah­ler umver­teilt wer­den, zu einem stark sub­ven­tio­nier­ten EWLV, ohne Anrei­ze für eine Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­rung im Sinne einer nach­hal­ti­gen Ent­wick­lung. Dies bedeu­tet, dass der EWLV zu Las­ten der Steu­er­zah­ler, der Gesell­schaft und der Wirt­schaft ein Mono­pol ohne jeg­li­che Ver­pflich­tun­gen eines Ser­vice Publics wie Trans­port- und Tarif­pflicht zemen­tiert.
Mit einem Man­gel an Markt­ori­en­tie­rung und unter­neh­me­ri­schem Den­ken sei­tens der Staats­bah­nen und Gewerk­schaf­ten wer­den weder Ver­la­ge­rungs- noch Kli­ma­zie­le erreicht. Dar­über hin­aus gehen die Staa­ten als Eigen­tü­mer der Staats­bah­nen lang­fris­tig ein unwäg­ba­res finan­zi­el­les und ver­kehrs­po­li­ti­sches Risi­ko für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit in ihren Län­dern ein.
Für die Ver­la­der sind die Aus­wir­kun­gen nicht weni­ger schwer­wie­gend. Um mul­ti­mo­da­le Trans­por­te durch­zu­füh­ren, müs­sen sie in das Bahn­sys­tem inves­tie­ren. Dabei sind sie von einem mono­po­lis­ti­schen Unter­neh­men abhän­gig, das das am poli­ti­schen Gän­gel­band und in finan­zi­el­ler Abhän­gig­keit geführt wird. Ver­sor­gungs- und Inves­ti­ti­ons­si­cher­heit sehen anders aus.
Die finan­zi­el­len För­der­mit­tel müs­sen gezielt und zeit­lich begrenzt ein­ge­setzt wer­den, um lang­fris­tig Arbeits­plät­ze zu sichern und den EWLV auf Erfolgs­schie­ne zu brin­gen.
In die­sem Blog­bei­trag neh­men wir staat­li­che Bei­hil­fen in Deutsch­land, Frank­reich, Öster­reich und der Schweiz hin­sicht­lich Zwecks und Aus­mass unter die Lupe und the­ma­ti­sie­ren Ziel­kon­flik­te und dar­aus ent­ste­hen­de Notwendigkeiten.

Darum geht’s:

  • Staat­li­che Bei­hil­fen stre­ben eine nach­hal­ti­ge und zukunfts­fä­hi­ge Mobi­li­tät an
  • Dabei kann es zu Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen und Dis­kri­mi­nie­rung kommen
  • Staat­li­che Finan­zie­rungs­hil­fen sol­len als Über­brü­ckung bis zur Eigen­wirt­schaft­lich­keit dienen
  • Markt­ak­teu­re brau­chen gera­de für Inno­va­tio­nen wie die DAK finan­zi­el­le Hilfe
  • Wer Bei­hil­fen ver­gibt, soll­te deren Effek­ti­vi­tät und Ver­stös­se gegen Bei­hil­fe­vor­schrif­ten prüfen
  • Gege­be­nen­falls wer­den gesetz­li­che Anpas­sun­gen nötig

 

Die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on leis­tet finan­zi­el­le Unter­stüt­zung für die Ver­la­ge­rung des Güter­ver­kehrs von der Stras­se auf umwelt­freund­li­che­re Ver­kehrs­trä­ger wie die Bin­nen­schiff­fahrt und die Schie­ne. Sie stellt För­der­gel­der gemäss den EU-Bei­hil­fe­vor­schrif­ten zur Ver­fü­gung. Ziel die­ser EU-Bei­hil­fen ist eine nach­hal­ti­ge und intel­li­gen­te Mobi­li­tät. Eine sol­che soll im Rah­men des euro­päi­schen Green Deals CO2-Emis­sio­nen ver­rin­gern und die Stras­sen ent­las­ten. Wie so oft bei staat­li­chen Finan­zie­rungs­hil­fen ist auch im Güter­ver­kehr sicher­zu­stel­len, dass der Wett­be­werb im Bin­nen­markt nicht ver­zerrt wird und Eigen­wirt­schaft­lich­keit sowie Trans­pa­renz erreicht werden.

Defizitausfinanzierung im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) im Vergleich
Land
Förderprogramm und Nutzen
Fördersumme
Zeitraum
Deutsch­land

Tem­po­rä­re, dis­kri­mi­nie­rungs­freie und wachs­tums­ori­en­tier­te Betriebs­kos­ten­för­de­rung des Ein­zel­wa­gen­ver­kehrs (BK-EWV)

Mit die­ser För­de­rung legt das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Digi­ta­les und Ver­kehr eine «Brü­cke» zur Stei­ge­rung der Wirt­schaft­lich­keit des EWLV durch den Roll­out der Digi­ta­len Auto­ma­ti­schen Kupp­lung (DAK). Es will bun­des­ei­ge­ne und nicht­bun­des­ei­ge­ne Bah­nen im natio­na­len und grenz­über­schrei­ten­den Ver­kehr inner­halb einer ein­zu­rei­chen­den EWV-Sys­tem­be­schrei­bung för­dern. Details zur BK-EWV sind für Juli zu erwarten.

80 Mio. €

100 Mio. €

100 Mio. €

2023

2024

2025

Frank­reich

För­de­rung des Trans­port­an­ge­bots des EWLV

Mit direk­ten Zuschüs­sen sol­len Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men für die Kos­ten­dif­fe­renz zwi­schen Stras­sen- und Schie­nen­trans­port ent­schä­digt wer­den. Sie kom­men Eisen­bahn­un­ter­neh­men zugu­te, die im EWLV tätig sind.

450 Mio. €
resp.150 Mio. € pro Jahr
2023–2025
Öster­reich

 «SGV Plus»

Mit die­sem För­der­pro­gramm wer­den Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men darin unter­stützt, Güter­trans­por­te auf der Schie­ne durch­zu­füh­ren, die ohne die Unter­stüt­zung zu einem guten Teil auf der Stras­se mit­tels LKW abge­wi­ckelt wer­den müss­ten. SGV Plus besteht aus einer För­de­rung von Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs­leis­tun­gen und einer Wegeentgeltförderung.

Anschluss und Terminalförderung

Unter­neh­men wer­den darin unter­stützt, ihre Güter nach­hal­tig auf der Schie­ne zu trans­por­tie­ren, mit Mass­nah­men wie diesen:

  • Neu­bau, Erwei­te­rung und Reak­ti­vie­rung von Anschluss­bah­nen und Terminals
  • Bestands­in­ves­ti­tio­nen im Bereich der Anschlussbahnen
  • Bestands­in­ves­ti­tio­nen für mobi­le Umschlags­ge­rä­te im Bereich Terminal

rund 90 Mio. €

 

 

 

 

 

13 Mio. €
pro Jahr

2023–2027

 

 

 

 

 

Ab 2023

Schweiz

Wei­ter­ent­wick­lung der Rah­men­be­din­gun­gen für den Schwei­zer Gütertransport

Der Bun­des­rat sieht För­der­pro­gram­me mit dem fol­gen­den Nut­zen vor:

  • Anbie­ter des EWLV finan­zi­ell abgelten
  • Die Ein­füh­rung der DAK anschubfinanzieren
  • Gerä­te zum Waren­um­schlag sowie Infra­struk­tur­an­ge­bo­te der Rhein­schiff­fahrt finan­zi­ell unterstützen
  • Ver­lad auf die Schie­ne verbilligen
CHF 600 Mio.
resp.CHF 150 Mio. pro Jahr
2024–2027

 

Vergleich nur beschränkt aussagekräftig

Die in der obi­gen Tabel­le auf­ge­führ­ten För­der­gel­der sind in abso­lu­ten Zah­len aus­ge­drückt. Das erschwert einen Ver­gleich, da keine Bezugs­sum­men vor­lie­gen. Zum Bei­spiel fährt die SNCF (Frank­reich) ein Viel­fa­ches an Ton­nen­ki­lo­me­tern, erhält im Ver­gleich zur SBB aber bedeu­tend weni­ger Geld. In der Schweiz ist im Gegen­satz zu den EU-Län­dern die Migra­ti­on der DAK im För­der­to­tal ent­hal­ten. Gera­de weil in den meis­ten Län­dern par­al­lel zahl­rei­che Finan­zie­rungs­quel­len flies­sen, ist ein aus­sa­ge­kräf­ti­ger Ver­gleich der För­de­rung äus­serst schwierig.

Zielkonflikt Klimaschutz vs. Wettbewerb

Die Regie­run­gen set­zen ihre För­der­mit­tel vor­wie­gend mit dem Ziel ein, eine Ver­kehrs­ver­la­ge­rung auf nach­hal­ti­ge Ver­kehrs­trä­ger zu för­dern. Die über­ge­ord­ne­te Ziel­set­zung birgt das Risi­ko, die Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Schie­nen­gü­ter­ver­kehr zu ver­zer­ren. Damit die­ser nicht nur aus öko­lo­gi­scher, son­dern auch aus öko­no­mi­scher Sicht zukunfts­fä­hig bleibt, müs­sen die Ver­ant­wort­li­chen ein eigen­wirt­schaft­li­ches, markt­wirt­schaft­li­ches Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs­sys­tem anstre­ben, das auf der Basis von intra­mo­da­lem Wett­be­werb alle Güter­bah­nen dis­kri­mi­nie­rungs­frei ein­be­zieht und den Ver­la­dern als zuver­läs­si­ger Part­ner zur Seite steht. Die Schweiz hat sich Eigen­wirt­schaft­lich­keit zum Ziel gesetzt und ist damit auf gutem Weg.

Diskriminierungsfreiheit sicherstellen

Wo staat­li­che und pri­va­te Markt­ak­teu­re auf­ein­an­der­tref­fen, wird schnell der Vor­wurf der Dis­kri­mi­nie­rung laut. Ein klas­si­sches Bei­spiel dafür ist die För­de­rung der letz­ten Meile. Sie wird sowohl inter­na­tio­nal als auch in der Schweiz heiss dis­ku­tiert (vgl. Rail­Busi­ness Nr. 6 und 7/2023). Wie eine dis­kri­mi­nie­rungs­freie letz­te Meile in der Schweiz aus­se­hen könn­te, haben wir in unse­rem Blog­bei­trag «Letz­te Meile aus­glie­dern und dis­kri­mi­nie­rungs­frei gestal­ten» skiz­ziert. Darin pro­pa­gie­ren wir die Abschaf­fung einer Sys­tem­füh­rer­schaft durch einen ein­zel­nen Gross­be­trei­ber – wie dies der­zeit bei SBB Cargo der Fall ist – und schla­gen statt­des­sen vor, dass ein ein­zi­ger Anbie­ter die Bedie­nung der ersten/letzten Meile sicher­stellt. Idea­ler­wei­se ist das der Infra­struk­tur­be­trei­ber, der ansons­ten keine Ver­kehrs­leis­tun­gen erbringt. In unse­rem Blog­bei­trag «Sub­ven­tio­nie­rung des Wagen­la­dungs­ver­kehrs: Wett­be­werbs­ver­zer­rung und Dis­kri­mi­nie­rung ver­hin­dern» fin­den sich wei­te­re Aus­füh­run­gen, warum Dis­kri­mi­nie­rungs­frei­heit bei staat­li­chen Bei­hil­fen zen­tral ist.

In Deutsch­land schla­gen der Ver­band deut­scher Ver­kehrs­un­ter­neh­men (VDV) und der Ver­band «Die Güter­bah­nen» eine dis­kri­mi­nie­rungs­freie För­de­rung von Bedien­fahr­ten zwi­schen der Lade­stel­le beim Kun­den und der letz­ten funk­tio­na­len Zug­bil­dung vor. Ent­spre­chen­de Rege­lun­gen sol­len dafür sor­gen, dass die För­de­rung in beson­ders schwach bedien­te und unwirt­schaft­li­che Regio­nen und Neu­ver­keh­re fliesst, um auch dort Ver­kehr auf die Schie­ne zu bringen.

Innovationskraft finanziell stärken

Staat­li­che Finan­zie­run­gen sol­len unse­rer Ansicht nach eine Über­brü­ckung dar­stel­len, bis die Akteu­re Eigen­wirt­schaft­lich­keit errei­chen. Die­ser Ansatz ist gera­de bei Inno­va­tio­nen zen­tral, zum Bei­spiel bei der Migra­ti­on der DAK und der damit ein­her­ge­hen­den Digi­ta­li­sie­rung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs. Die Wagen­hal­ter kön­nen kei­nen direkt spür­ba­ren Nut­zen aus der DAK zie­hen, müs­sen aber enor­me Inves­ti­tio­nen in das Umrüs­ten des Roll­ma­te­ri­als täti­gen. Warum wir uns für die Anschub­fi­nan­zie­rung der DAK als Weg­be­rei­te­rin in ein neues Schie­nen­zeit­al­ter statt der Dau­er­sub­ven­tio­nie­rung eines ver­al­te­ten Sys­tems enga­gie­ren, ist im Blog­bei­trag «Inno­va­ti­on im Schie­nen­ver­kehr: Die DAK als Weg­be­rei­ter» nach­zu­le­sen.

Bahnsystem neu denken

Damit die Vor­tei­le der Digi­ta­li­sie­rung im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr grei­fen, braucht es mehr als die DAK. Es braucht eine fun­da­men­ta­le Umge­stal­tung und Opti­mie­rung der sys­tem­über­grei­fen­den Pro­zes­se. Nur so kön­nen die Markt­ak­teu­re ihre Pro­duk­ti­vi­tät stei­gern, Kos­ten ver­rin­gern und sich kon­se­quent an den Kun­den ori­en­tie­ren, um mit der Bahn wett­be­werbs­fä­hig zu blei­ben. Das bedingt eine holis­ti­sche Neu­kon­zep­ti­on des gesam­ten Bahn­sys­tems. Diese reicht weit über die (Anschub-)Finanzierung des EWLV oder der DAK hin­aus. Sie betrifft sämt­li­che Pro­zes­se, Anreiz­in­stru­men­te, Markt­me­cha­nis­men und Schnitt­stel­len der mul­ti­mo­da­len Güter­lo­gis­tik in der Schweiz.

Mit Monitoring Transparenz schaffen

Damit sich staat­li­che Gel­der gezielt ein­set­zen las­sen, muss klar defi­niert wer­den, was mit der Unter­stüt­zung erreicht wer­den soll. Diese gilt es – wie in pri­vat­wirt­schaft­li­chen Unter­neh­men üblich – anhand mess­ba­rer Ziel­grös­sen zu kon­trol­lie­ren, etwa «wie viele DAK wer­den bis 2025 mit wel­cher Summe umge­setzt», «wie viele Glei­se wur­den erstellt» oder «wie viele LKW-Ladun­gen auf die Schie­nen gebracht». Die Mess­bar­keit einer Erfolgs­quo­te ermög­licht es den Akteu­ren, ihre Stra­te­gien ent­spre­chend anzupassen.

Missbrauch der Beihilfevorschriften verhindern

2020 wurde der Deut­schen Bahn mas­si­ve Wett­be­werbs­ver­zer­rung vor­ge­wor­fen, weil diese auf­grund der Coro­na-Krise eine wei­te­re Eigen­ka­pi­tal­erhö­hung von 5 Mrd. Euro vom Staat erhal­ten soll­te. Zu Beginn des Jah­res 2023 hat die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on eine Unter­su­chung wegen mög­li­cher ille­ga­ler staat­li­cher Bei­hil­fen im zwei­stel­li­gen Mil­li­ar­den­be­reich für die Güter­spar­te Fret SNCF der fran­zö­si­schen Staats­bahn­ge­sell­schaft SNCF ein­ge­lei­tet. Diese jun­gen Bei­spie­le zei­gen, dass staat­li­che Bei­hil­fen immer das Risi­ko des Miss­brauchs ber­gen. Umso wich­ti­ger ist es, dass die Regie­run­gen glei­che Wett­be­werbs­be­din­gun­gen für alle schaf­fen und gege­be­nen­falls die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen nach­schär­fen.[1]

Leitlinien nachschärfen

Bei­spiel für eine der­ar­ti­ge Über­ar­bei­tung sind die euro­päi­schen Eisen­bahn­leit­li­ni­en. Die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on hat deren Über­ar­bei­tung vor­ge­schla­gen, um den euro­päi­schen Ver­kehr auf nach­hal­ti­ge­re und umwelt­freund­li­che­re Ver­kehrs­lö­sun­gen zu ver­la­gern und gleich­zei­tig glei­che Wett­be­werbs­be­din­gun­gen in der EU zu wah­ren. Die Befra­gung der Mit­glie­der­staa­ten zur För­de­rung von trans­pa­ren­ten und dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Pro­gram­men, der Begren­zung von Ein­zel­bei­hil­fen auf Aus­nah­me­fäl­le und der Anpas­sung der Höchst­gren­zen für Bei­hil­fen ging am 16. März 2022 zu Ende. Die Mehr­heit der Befrag­ten bevor­zug­te die För­de­rung von Pro­gram­men, die allen Unter­neh­men glei­che Chan­cen bie­ten, und dass Ein­zel­bei­hil­fen nur in Aus­nah­me­fäl­len gewährt wer­den soll­ten. Die EU-Kom­mis­si­on plant, im 4. Quar­tal 2023 die über­ar­bei­te­ten Leit­li­ni­en für staat­li­che Bei­hil­fen im Eisen­bahn­ver­kehr zu verabschieden.

[1] Vgl. Bericht in der DVZ vom 30.05.2023

Datenökosysteme: Daten teilen, um ihren Mehrwert zu verdoppeln

Datenökosysteme: Daten teilen, um ihren Mehrwert zu verdoppeln

Wir vom VAP set­zen uns seit Län­ge­rem inten­si­ver mit dem Thema Daten­öko­sys­te­me aus­ein­an­der. 2022 haben wir bei der Koor­di­na­ti­ons­stel­le für nach­hal­ti­ge Mobi­li­tät (KOMO) die Ent­wick­lung einer Daten­platt­form ange­regt und trei­ben die Wei­ter­ent­wick­lung Mobi­li­täts­da­ten­in­fra­struk­tur (MODI) voran. Mit die­sem Blog­bei­trag möch­ten wir den Dia­log fort­set­zen und auf­zei­gen, warum Daten­öko­sys­te­me zur Visi­on aller Güter­bahn­ak­teu­re gehö­ren sollten.

Darum geht’s:

  • Die Kom­ple­xi­tät setzt die Mess­lat­te hoch
  • In klei­nen Schrit­ten zur gros­sen Vision
  • Das uner­schöpf­li­che Poten­zi­al von Daten ausschöpfen
  • Wir soll­ten im Gespräch bleiben

 

Die Komplexität setzt die Messlatte hoch

Daten­öko­sys­te­me sind hoch­kom­plex und umfas­sen diver­se The­men­fel­der (vgl. Abbil­dung 1). Sol­len sie nutz­bar und wirt­schaft­lich gemacht wer­den, so müs­sen wir sämt­li­che Wün­sche und Bedürf­nis­se der Akteu­re sowie all­fäl­li­ge Restrik­tio­nen einbeziehen.

Abbil­dung 1: Die Visi­on von digi­ta­ler und ope­ra­ti­ver Inter­kon­nek­ti­vi­tät umfasst höchst anspruchs­vol­le Themenbereiche

Anläss­lich unse­res Forums Güter­ver­kehr 2023 haben Dr. Mat­thi­as Prandt­stet­ter, Seni­or Sci­en­tist und The­ma­tic Coor­di­na­tor am AIT Aus­tri­an Insti­tu­te of Tech­no­lo­gy AIT, und Moni­ka Zosso Lunds­gaard-Han­sen, Co-Sek­ti­ons­che­fin Direk­ti­ons­ge­schäf­te beim BAV, Ein­bli­cke über den aktu­el­len Stand der Initia­ti­ven und Über­le­gun­gen gege­ben. Die Sach­ver­stän­di­gen sind sich einig: Fort­schrit­te im Bahn­sek­tor wer­den eine lang­wie­ri­ge und schwie­ri­ge Ange­le­gen­heit sein.

In kleinen Schritten zur grossen Vision

Das Ziel­bild eines intel­li­gen­ten und mög­li­cher­wei­se selbst­ent­schei­den­den Daten­öko­sys­tems lies­se sich über die fol­gen­den Ent­wick­lungs­pha­sen bei­spiel­haft rea­li­sie­ren (nicht abschliessend):

1. Basis­da­ten bereit­stel­len (z.B. mit MODI)

  • Garan­tier­te Qualität
  • «Ein­ma­lig­keit» des Daten­sat­zes (d.h. ein­deu­ti­ge Definitionen)
  • Zugänglichkeit/Transparenz für alle Involvierten
  • Markt­wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung von Apps und erwei­ter­te Funk­tio­na­li­tä­ten möglich

2. Dreh­schei­be zum Aus­tausch von Daten akti­vie­ren (z.B. DX Inter­mo­dal von Hupac)

  • Aus­tausch zwi­schen 2 oder meh­re­ren auf der Dreh­schei­be agie­ren­den Unternehmen
  • Zusätz­li­che Daten­sät­ze (mit oder ohne Restrik­tio­nen für ein­zel­ne Akteure/Unternehmen)
  • Buchungs­mög­lich­kei­ten von ein­zel­nen oder gan­zen Relationen

3. Daten­öko­sys­tem schaffen

  • Zugang zu his­to­ri­schen Daten für erste Ana­ly­se­mög­lich­kei­ten gewährleisten
  • Daten­ban­ken (Basis­da­ten und/oder mit Restrik­tio­nen ver­füg­ba­re Daten­sät­ze anbinden)

4. Block­chain-Tech­no­lo­gie nutzen

  • Daten und Daten­sät­ze wer­den opti­mal vernetzt
  • Abso­lu­te Kos­ten- und Preistransparenz
  • Sicher­heit beim Daten­aus­tausch steigt
  • Effi­zi­en­te­re Gesamt­ent­wick­lung und ‑abwick­lung

5. Visi­on eines phy­si­schen Inter­nets umsetzen

  • Offe­nes glo­ba­les Sys­tem, auf phy­si­scher, digi­ta­ler und ope­ra­ti­ver Inter­kon­nek­ti­vi­tät basierend
  • Wen­det Pro­to­kol­le, Schnitt­stel­len und Modu­la­ri­sie­rung an
  • Gewis­se Ent­schei­dun­gen wer­den vom Öko­sys­tem – nicht von Ein­zel­ak­teu­ren – getroffen

Aktu­ell befin­det sich die Bahn­bran­che in Phase 1 und 2, wenn auch nur punk­tu­ell. Mit dem Bun­des­ge­setz über die Mobi­li­täts­da­ten­in­fra­struk­tur (MODIG) adres­siert das BAV alle rele­van­ten The­men­fel­der. DX Inter­mo­dal ist im kom­bi­nier­ten Ver­kehr (KV) bereits ope­ra­tiv und greift Punk­te von Phase 2 auf. Einen Gesamt­nut­zen für die Güter­bahn­lo­gis­tik lässt sich nur errei­chen, wenn sämt­li­che Pro­duk­ti­ons­for­men des Güter­ver­kehrs und die gesam­te Trans­port­ket­te («Door-to-Door») berück­sich­tigt wer­den. Dazu sind Ele­men­te der künst­li­chen Intel­li­genz einzubinden.

Das unerschöpfliche Potenzial von Daten ausschöpfen

Big Data hat sich vom Hype zum Mega­trend gewan­delt; das Poten­zi­al gesam­mel­ter Daten ist schier unend­lich. Diese ermög­li­chen dis­rup­ti­ve, inno­va­ti­ve, digi­ta­le Geschäfts­mo­del­le und bes­se­re Vor­her­sa­gen für rich­ti­ge Geschäfts­ent­schei­dun­gen. Aller­dings gilt das nur für Daten, die in der rich­ti­gen Qua­li­tät und Gra­nu­la­ri­tät zur Ver­fü­gung ste­hen. Zudem müs­sen die Akteu­re in der Lage sein, die rich­ti­gen Infor­ma­tio­nen und damit das gewünsch­te Wis­sen aus den Daten zu zie­hen und die­ses rich­tig zu inter­pre­tie­ren und ein­zu­set­zen. Das stellt die Öko­sys­tem­part­ner vor eine Reihe von Herausforderungen:

Systemnutzen vs. Eigennutzen

Eini­ge Unter­neh­men ver­fü­gen bereits über haus­ei­ge­ne Daten­sys­te­me. Sie sam­meln Daten von Gerä­ten an Loko­mo­ti­ven und Wagen und ver­wen­den sie zur Opti­mie­rung oder geben sie an Drit­te wei­ter. Damit ver­schaf­fen sich die Unter­neh­men Wett­be­werbs­vor­tei­le und zusätz­li­che Ein­nah­me­quel­len. Warum soll­ten sol­che Unter­neh­men an Daten­öko­sys­te­men teil­neh­men? Weil die Opti­mie­rung des eige­nen Sys­tems nicht zwin­gend dem Sys­tem als Gan­zes oder dem End­kun­den dient. Wenn zum Bei­spiel diver­se Ein­zel­ak­teu­re die glei­chen Daten gegen Ent­gelt an Drit­te ver­äus­sern, ver­teu­ert sich das Sys­tem, da für jeden Daten­trans­fer Geld fliesst. Zudem kön­nen ein­zel­ne Akteu­re ihre Daten­sät­ze im Rah­men eines Daten­öko­sys­tems kom­bi­nie­ren und damit die Effi­zi­enz des gesam­ten Sys­tems för­dern, etwa die vor­aus­sicht­li­che Abfahrts- oder Ankunfts­zeit. In die­sem Kon­text müs­sen Fra­gen der Daten­ho­heit geklärt werden.

Pflicht vs. Freiwilligkeit

Der Staat ist und bleibt der gröss­te Geld­ge­ber für das Bahn­sys­tem. Er soll­te ein Inter­es­se daran haben, die eige­ne Kasse und damit die Steu­er­zah­ler zu ent­las­ten. Die Bereit­stel­lung von gemein­nüt­zi­gen Daten kann die Effi­zi­enz ver­bes­sern. Auch hier blei­ben Fra­gen offen: Sol­len die Öko­sys­tem­part­ner ver­pflich­tet wer­den, Daten­sät­ze zu lie­fern? Soll es in einem Daten­öko­sys­tem mög­lich sein, vor­an­ge­gan­ge­ne, indi­vi­du­el­le Inves­ti­tio­nen aus­zu­glei­chen oder erhal­te­nen Sub­ven­tio­nen gegen­über­zu­stel­len? Oder soll die Teil­nah­me an einem Daten­öko­sys­tem frei­wil­lig blei­ben, mit dem Risi­ko, dass zu weni­ge Teil­neh­mer die Platt­form mit Daten speisen?

Daten vs. Daten

Nicht jedes Daten­ele­ment ist gleich­wer­tig für ein Daten­öko­sys­tem. So muss von Anfang an klar defi­niert wer­den, mit wel­chem Ziel und Gesamt­nut­zen ein Akteur seine Daten­ele­men­te auf einer Daten­platt­form hin­ter­le­gen soll. Zudem ist zwi­schen ope­ra­tio­nel­len, tech­ni­schen und kom­mer­zi­el­len Daten zu unter­schei­den, um emo­tio­na­le Dis­kus­sio­nen zu ver­mei­den. Schliess­lich ent­schei­det die Qua­li­tät, die der Daten­eig­ner oder eine neu geschaf­fe­ne Qua­li­täts­stel­le sicher­stel­len, über die Glaub­wür­dig­keit und Nach­hal­tig­keit eines Datenökosystems.

Wir sollten im Gespräch bleiben

Wir vom VAP möch­ten das Poten­zi­al von Daten­öko­sys­te­men dem gesam­ten Bahn­sek­tor nutz­bar machen und des­sen Wett­be­werbs­fä­hig­keit stei­gern. Des­halb enga­gie­ren wir uns für diver­se Initia­ti­ven, For­schungs­pro­jek­te und eta­blier­te Pro­duk­te in die­sem Kon­text, nament­lich für die folgenden:

  • Wei­ter­ent­wick­lung der Mobi­li­täts­da­ten­in­fra­struk­tur MODI, gemein­sam mit dem BAV
  • Gemein­sa­mer euro­päi­scher Mobi­li­täts­da­ten­raum (EMDS), eine Initia­ti­ve der EU
  • Arbeits­kreis der Logis­tik (AKL), bei dem wir die Lei­tung über­nom­men haben

 

Wenn auch Sie die digi­ta­le Zukunft des Bahn­sek­tors mit­ge­stal­ten möch­ten, freut sich Jür­gen Maier, von Ihnen zu hören.

Keepers’ Summit 2023: Anpassung an Kundenanforderungen und eine visionäre Zukunft für den Schienengüterverkehr

Keepers’ Summit 2023: Anpassung an Kundenanforderungen und eine visionäre Zukunft für den Schienengüterverkehr

Darum geht’s:

  • Kee­pers’ Sum­mit der UIP in Nizza
  • Kun­den­aus­rich­tung und Trans­for­ma­ti­on für den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr in Europa
  • David Zindo neuer Prä­si­dent der UIP

 

Die Inter­na­tio­nal Union of Wagon Kee­pers (UIP) in Zusam­men­ar­beit mit ihrem fran­zö­si­schen Mit­glieds­ver­band AFWP begrüss­te am 15. Juni 2023 in Nizza, Frank­reich, 120 Akteu­re des Güter­bahn­be­reichs aus ganz Euro­pa zu ihrer jähr­li­chen Flag­ship-Kon­fe­renz, dem «Kee­pers’ Sum­mit». Die Dis­kus­sio­nen kon­zen­trier­ten sich dar­auf, wie umwelt­freund­li­che Merk­ma­le des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs genutzt wer­den kön­nen, um dem Kli­ma­wan­del ent­ge­gen­zu­wir­ken, gleich­zei­tig Kun­den anzu­spre­chen und junge Talen­te anzu­zie­hen. Die Panel­teil­neh­mer und das Publi­kum waren sich einig: Der Schie­nen­gü­ter­ver­kehr hat eine wich­ti­ge Rolle in der Zukunft unse­rer Gesell­schaft zu spie­len. Dies gelingt aber nur, wenn sich der Schie­nen­gü­ter­ver­kehr im Betrieb weg von staat­li­chen Mono­po­len hin zu pri­vat­wirt­schaft­li­chem Wett­be­werb transformiert.

Auf der Suche nach Ver­än­de­rung for­der­te der ehe­ma­li­ge UIP-Prä­si­dent Dr. Heiko Fischer das Publi­kum auf, in die Ver­gan­gen­heit zu schau­en, um sich bes­ser auf die Zukunft vor­zu­be­rei­ten. Als trei­ben­de Kraft hin­ter der Schaf­fung des Gene­ral Con­tract of Use (GCU) wies Herr Fischer auf die wich­ti­ge Rolle der pri­va­ten Wagen­hal­ter bei der Ent­wick­lung von Lösun­gen für den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr hin. Als über­zeug­ter und visio­nä­rer Mann legte er immer gros­sen Wert auf die Not­wen­dig­keit, den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr zu inno­vie­ren und zu trans­for­mie­ren, um den zukünf­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen und Erwar­tun­gen von Kun­den und der Gesell­schaft gerecht zu wer­den. Das Publi­kum wür­dig­te mit ste­hen­dem Applaus das Enga­ge­ment und die Leis­tun­gen von Dr. Fischer, der als Prä­si­dent 11 Jahre lang die Geschi­cke der UIP gelei­tet hatte.

Herr Joris D’In­ca, Glo­bal Head of Logi­stics bei der inter­na­tio­na­len Unter­neh­mens­be­ra­tungs­fir­ma Oli­ver Wyman, bestä­tig­te in sei­ner Key­note-Speech die Not­wen­dig­keit für den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr, sich an sich ent­wi­ckeln­de Kun­den­an­for­de­run­gen anzu­pas­sen: «Kun­den erwar­ten voll­stän­di­ge Trans­pa­renz ent­lang der Trans­port­ket­te. Sie legen den gröss­ten Wert u.a. auf die Ver­füg­bar­keit von Echt­zeit­in­for­ma­tio­nen und ein effek­ti­ves Kor­ri­dor­ma­nage­ment. Nur durch die Anpas­sung an diese und wei­te­re Anfor­de­run­gen wird der Schie­nen­gü­ter­ver­kehr in der Lage sein, Markt­an­tei­le vom Stras­sen­gü­ter­ver­kehr zu gewin­nen und eine grös­se­re Rolle bei der Bekämp­fung des Kli­ma­wan­dels zu spie­len.» Prä­sen­ta­ti­on Joris D’Incà

Das Exper­ten­pa­nel, mode­riert von Frau Emi­lie Sou­lez und bestehend aus Herrn Charles Puech d’A­lis­s­ac (VIIA/Naviland), Herrn Paul Maza­t­aud (SNCF Réseau) und Herrn Sté­pha­ne Gavard (Streem), tauch­te tief in die Ele­men­te ein, die im Zen­trum der not­wen­di­gen Trans­for­ma­ti­on ste­hen, um den neuen Erwar­tun­gen gerecht zu wer­den. Herr Maza­t­aud bestä­tig­te die Bedürf­nis­se und Absich­ten von SNCF Réseau, mehr Trans­pa­renz bei War­tungs­ar­bei­ten zu bie­ten, aber auch die Pläne von RNE, die Fle­xi­bi­li­tät durch die Anpas­sung des Fahr­plan­pro­zes­ses zu erhö­hen. Herr Puech D’A­lis­s­ac hob die Ele­men­te und Vor­tei­le des kom­bi­nier­ten Trans­ports und des Geschäfts­mo­dells hin­ter den Akti­vi­tä­ten von Navi­l­and und VIIA her­vor. Er wies auf die Fort­schrit­te bei der Digi­ta­li­sie­rung der Schnitt­stel­le zu den Kun­den hin und ermu­tig­te alle Betei­lig­ten, ihre Anstren­gun­gen bei der Digi­ta­li­sie­rung der Schnitt­stel­len zwi­schen den Akteu­ren im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr zu ver­dop­peln. Herr Gavard gab Ein­bli­cke in die Wagen­in­no­va­ti­on sowohl in Bezug auf Kon­zept als auch auf indus­tri­el­le Fer­ti­gung, erläu­ter­te aber auch das Pro­jekt von Streem, Fähig­kei­ten und Wis­sen in der Bran­che zu entwickeln.

Schliess­lich schloss Herr David Zindo, CEO der Streem Group und neu gewähl­ter UIP-Prä­si­dent, mit einem Ver­spre­chen ab: die Trans­for­ma­ti­on mit kla­ren Prio­ri­tä­ten zu unter­stüt­zen und gleich­zei­tig den Güter­wa­gen­hal­tern und ‑ver­bän­den den Erfolg der Ver­gan­gen­heit zugu­te­kom­men zu las­sen, um die Attrak­ti­vi­tät und Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs zu stei­gern. Er beton­te die Bedeu­tung der Arbeit von UIP und den natio­na­len Ver­bän­den, die als kon­so­li­dier­te Stim­men und Bin­de­glied zu den loka­len und euro­päi­schen poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen fungieren.

«Unse­re Gesell­schaf­ten müs­sen das Allein­stel­lungs­merk­mal des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs als ent­schei­den­des Mit­tel zur Dekar­bo­ni­sie­rung des Ver­kehrs­sek­tors ver­ste­hen. Wir als Sys­tem müs­sen unser Ange­bot ver­bes­sern, um den Anfor­de­run­gen der Kun­den gerecht zu wer­den, aber auch um junge Talen­te anzu­zie­hen und aus­zu­bil­den.» – David Zindo

David Zindo wird neuer Prä­si­dent der UIP: Eine Visi­on für die Zukunft des Schienengüterverkehrs

David Zindo wird neuer Prä­si­dent der UIP und tritt die Nach­fol­ge von Dr. Heiko Fischer an, der die UIP 11 Jahre lang als Prä­si­dent gelei­tet hat. Zindo wurde wäh­rend der Gene­ral­ver­samm­lung der UIP am 15. Juni 2023 in Nizza, Frank­reich gewählt. Unter­stützt wird er von den Vize­prä­si­den­ten Per-Anders Ben­thin (CEO von Trans­wag­gon) und Johann Fein­dert (CEO von GATX Rail Europe).

Herr Zindo bringt umfang­rei­che Erfah­run­gen in die Posi­ti­on ein, da er CEO der Streem Group (ehe­mals Erme­wa Group) ist und seit 2015 Mit­glied des Exe­ku­tiv­vor­stands der UIP. Zuvor hatte er lei­ten­de Finanz­po­si­tio­nen bei der SNCF, Geo­dis und Veo­lia Envi­ron­men­tal Ser­vices inne.

Als neuer UIP-Prä­si­dent hat David Zindo die Visi­on, die UIP wei­ter zu stär­ken, indem er klare Prio­ri­tä­ten setzt, das Team stärkt und Alli­an­zen mit ande­ren Ver­bän­den ein­geht. Er möch­te die Rolle der Güter­wa­gen­hal­ter in der Lie­fer­ket­te stär­ken und die kom­ple­xe EU-regu­la­to­ri­sche Land­schaft erklä­ren. Mit sei­ner lang­jäh­ri­gen Erfah­rung und sei­nem Enga­ge­ment für den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr strebt Herr Zindo eine Trans­for­ma­ti­on des Sek­tors an, um den zukünf­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen und den Erwar­tun­gen von Kun­den und Gesell­schaft gerecht zu werden.

Lesen Sie im Inter­view der UIP mit David Zindo mehr über die Visio­nen des neu­ge­wähl­ten Prä­si­den­ten. Inter­view David Zindo

 

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    Die Inter­na­tio­nal Union of Wagon Kee­pers (UIP) wurde 1950 gegrün­det und hat ihren Sitz in Brüs­sel. Sie ist der Dach­ver­band natio­na­ler Ver­bän­de aus 14 euro­päi­schen Län­dern und ver­tritt damit mehr als 250 Güter­wa­gen­hal­ter und Enti­ties in Char­ge of Main­ten­an­ce (ECMs). Die vier­zehn Mit­glieds­län­der sind: Öster­reich, Bel­gi­en, Tsche­chi­en, Frank­reich, Deutsch­land, Ungarn, Ita­li­en, die Nie­der­lan­de, Polen, Spa­ni­en, die Slo­wa­kei, Schwe­den, die Schweiz und das Ver­ei­nig­te König­reich. Als Stim­me für mehr als 234.000 Güter­wa­gen reprä­sen­tiert die UIP die Hälf­te des gesam­ten euro­päi­schen Güter­wa­gen­be­stands und ist eine der wich­tigs­ten Res­sour­cen für den Güter­bahn­be­reich in Euro­pa. For­schung, Lob­by­ar­beit und stän­di­ger Aus­tausch mit allen Inter­es­sen­grup­pen und Orga­ni­sa­tio­nen, die am Güter­bahn­be­reich inter­es­siert sind, spie­len eine wich­ti­ge Rolle für den Ver­band, um alle Bemü­hun­gen auf eine Effi­zi­enz­stei­ge­rung im Güter­bahn­dienst aus­zu­rich­ten. Durch die Teil­nah­me an vie­len Arbeits­grup­pen und Aus­schüs­sen auf euro­päi­scher und inter­na­tio­na­ler Ebene bringt die UIP die Per­spek­ti­ve und Inter­es­sen der Güter­wa­gen­hal­ter ein und arbei­tet in Zusam­men­ar­beit mit allen inter­es­sier­ten Par­tei­en daran, die Zukunft des Güter­bahn­gü­ter­ver­kehrs lang­fris­tig zu sichern. Die UIP wird von der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on als Ver­tre­tungs­or­gan im Eisen­bahn­sek­tor anerkannt.

Titus Bütler von der Schweizerischen Post wünscht sich schnelle und pünktliche Güterzüge

Titus Bütler von der Schweizerischen Post wünscht sich schnelle und pünktliche Güterzüge

Titus Büt­ler ist Lei­ter Trans­por­te bei der Post CH AG und ver­ant­wor­tet seit Anfang 2022 sämt­li­che Brief‑, Paket- und Zei­tungs­trans­por­te auf Schie­ne und Stras­se in der Schweiz. Vor­her lei­te­te er über 20 Jahre das Paket­zen­trum Frau­en­feld, wo täg­lich bis zu einer hal­ben Mil­li­on Pake­te ver­ar­bei­tet wer­den. Zudem kon­zi­pier­te er den Netz­aus­bau mit den neuen Paket­zen­tren in Caden­az­zo, Vétroz, Unter­vaz sowie Oster­mun­di­gen. Im Inter­view mit dem VAP erläu­tert er die Bedeu­tung des Schie­nen­ver­kehrs für die Post. 

Darum geht’s:

  • Wie hoch ist der Anteil Bahn im Modal­split bei der Post?
  • Kun­den­nach­fra­ge nach schnel­ler Lie­fe­rung steigt
  • «Pain Points», oder Opti­mie­rungs­po­ten­zi­al im Schienengüterverkehr
  • Schwei­zer Post ist in Euro­pa füh­rend im Trans­port von Gütern auf der Schiene

 

VAP: Herr Bütler, die gelben Züge der Post fallen auf. Immer mehr sind auch gelbe Lkws auf den Strassen zu sehen. Täuscht dieser Eindruck? 

Titus Büt­ler: Unse­re Last­wa­gen mit den gel­ben Con­tai­nern fal­len auf. Unse­re Kun­din­nen und Kun­den ver­lan­gen ver­mehrt eine schnel­le Lie­fe­rung: am Abend abge­holt und am nächs­ten Mor­gen zuge­stellt. Wir spre­chen also nicht von einer 24h-Lie­fe­rung, son­dern von ca. 15 bis 20 Stun­den – und das in jeden Ort der Schweiz, ob Stadt oder Land. Somit ste­hen wir in der gan­zen Sup­p­ly-Chain unter Zeit­druck. Das erschwert die Bün­de­lung von Paket­men­gen, um ganze Züge zu fül­len. Wir wäh­len den Weg über die Schie­ne, wo immer es öko­lo­gisch und öko­no­misch sinn­voll ist. Unge­fähr 50 Pro­zent aller Brie­fe und Pake­te legen bereits heute min­des­tens einen Teil ihrer Reise im Zug zurück. Ein kur­zer Zug mit einem oder zwei Wag­gons macht kei­nen Sinn – auch nicht ökologisch.

Was hindert die Post, die Transporte, die wir auf der Strasse sehen, auf der Schiene durchzuführen? 

Wir sind mit unse­rem Trans­port­part­ner SBB-Cargo daran, wie­der mehr Paket­trans­por­te auf die Schie­ne zu ver­la­gern. Wir benö­ti­gen schnel­le und regel­mäs­si­ge Expresstras­sen. Die Durch­schnitts­ge­schwin­dig­keit der Post­zü­ge ist teils unter 50km/h, obwohl wir schnel­les Roll­ma­te­ri­al haben und leich­te Züge fah­ren. Das ist zu langsam.

Wie sehen Sie die Zukunft der Postlogistik, kommt noch mehr auf die Schiene oder auf die Strasse?

Wir wol­len klar mehr Menge auf die Schie­ne brin­gen, vor allem auf der West-Ost-Achse.

Die neu geplanten Center der Post verfügen über keine Bahnanschlüsse. Weshalb?

In den letz­ten Jah­ren haben wir meh­re­re klei­ne Paket­zen­tren in Betrieb genom­men. Ter­mi­nals benö­ti­gen Land, ver­teu­ern das Pro­jekt und ver­zö­gern die Rea­li­sie­rung. Pla­nung und Bau erfolg­ten unter Zeit­druck: Zwi­schen Stand­ort­ent­scheid und Eröff­nung ver­gin­gen teils weni­ger als 2 Jahre. Wo mög­lich nut­zen wir aber Ter­mi­nals in der Nähe, z.B. im Fall von Caden­az­zo, den Ter­mi­nal der SBB. Die Pake­te von und nach der Süd­schweiz rol­len auf der Schiene.

Pakete und Briefe gelten nicht als sogenannte «bahnaffine» Güter. Welche Kompetenzen haben Sie als Post, als Verlader, dass diese Güter dennoch per Schienenweg transportiert werden?

Wir sind die ein­zi­ge Post in Euro­pa, wel­che sol­che Güter im gros­sen Stil auf der Schie­ne trans­por­tiert. Vor­aus­set­zung ist, dass der Ein­be­zug der Schie­ne bereits bei der Kon­zep­ti­on berück­sich­tigt wird und – noch wich­ti­ger – dass es eine Infra­struk­tur gibt, wel­che über­haupt schnel­le Güter­zü­ge mit hoher Pünkt­lich­keit zulässt. In unse­rem Team haben wir Fach­per­so­nen, wel­che sich mit dem Schie­nen­gü­ter­ver­kehr sehr gut auskennen.

Die Post hat denselben Eigner wie SBB Cargo. Ist dies für Sie eher eine Chance/Vereinfachung? Wie würden Sie diese Beziehung beschreiben?

Die Trans­por­te wur­den öffent­lich aus­ge­schrie­ben. Die Eig­ner­schaft spielt keine Rolle. Wir haben eine klare Kun­den-Lie­fe­ran­ten-Bezie­hung wie bei ande­ren Trans­port­un­ter­neh­mun­gen auch. Unse­re Anfor­de­run­gen an Pünkt­lich­keit und Ver­läss­lich­keit sind sehr hoch und wir sind mit den Leis­tun­gen von SBB Cargo sehr zufrieden.

Wenn die gute Fee Ihnen einen logistischen Wunsch erfüllen würde, welcher wäre dies?

Ich wünsch­te mir regel­mäs­si­ge und schnel­le Tras­sen auf der West-Ost-Achse.

Wie würden Sie den VAP beschreiben?

Wir sind einer der gröss­ten Anschluss­gleis­be­sit­zer und einer der gröss­ten Bahn­ver­la­der der Schweiz. Der VAP ver­tritt deren berech­tig­te Inter­es­sen auf ver­schie­de­nen Ebe­nen und ver­netzt die Akteu­re untereinander.

Welche Stärken schreiben Sie dem VAP zu? 

Der VAP ist für die poli­ti­sche Arbeit aller Akteu­re im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr unabdingbar.

Wem würden Sie eine Zusammenarbeit mit dem VAP empfehlen?

Jedes Unter­neh­men, wel­ches Gelei­se oder Wag­gons besitzt oder im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr aktiv ist – sei es als Kunde oder als EVU – pro­fi­tiert vom VAP.

Was noch nicht gesagt wurde:

Unse­re Post­zü­ge sind uns wich­tig. Wir ver­bin­den damit schnell, zuver­läs­sig und öko­lo­gisch die Schweiz. Des­halb legen wir Wert dar­auf, dass nicht das Image der lang­sa­men und oft auch ver­spray­ten Güter­zü­ge auf unse­re Post­zü­ge abfärbt.

 

Herr Bütler, wir bedanken uns für das Gespräch und die interessanten Einblicke.
Sinnvolle Verkehrsverlagerung – vom Verlader zum Bahnspediteur

Sinnvolle Verkehrsverlagerung – vom Verlader zum Bahnspediteur

Im Kan­ton Zürich muss seit dem 1. Juli 2021 sau­be­rer Aus­hub aus Bau­gru­ben mit einem Volu­men von über 25’000 Kubik­me­ter vom Bau­herrn zwin­gend mit der Bahn abtrans­por­tiert wer­den, ansons­ten ist eine Ersatz­ab­ga­be geschul­det. Die Unter­neh­mun­gen HASTAG (Zürich) AG, Schnei­der Umwelt­ser­vice AG und Eber­hard Bau AG haben sich per 8. März 2022 zur neu gegrün­de­ten Firma Ter­ra­Rail Modal­split AG zusam­men­ge­schlos­sen, um diese Dienst­leis­tung anzubieten.

Darum geht’s:

  • Kan­ton Zürich: Ver­ord­nung über den Bahn­trans­port von Aus­hub und Gesteins­kör­nung (BTV)
  • Ter­ra­Rail: Anbie­ter für Trans­port von Aus­hub­ma­te­ri­al und Gesteins­kör­nun­gen per Bahn
  • Im Sinne eines fai­ren Wett­be­werbs: Aus­schrei­bung für EVUs

 

Die Ter­ra­Rail Modal­split AG bie­tet den Trans­port von Aus­hub­ma­te­ri­al und Gesteins­kör­nun­gen per Bahn an vier Stand­or­ten an. Dabei nut­zen sie ihre lang­jäh­ri­gen Erfah­run­gen und die idea­len Stand­or­te mit Bahn­an­schluss der drei Unter­neh­mun­gen. Die Trak­ti­on zwi­schen den Stand­or­ten und der Entladestelle(n) wird aktu­ell durch SBB Cargo durchgeführt.

Die Aus­hub­ma­te­ria­len wer­den per Bahn aus dem Agglo­me­ra­ti­ons­ge­biet trans­por­tiert und in einer Depo­nie abge­la­gert bzw. ver­wer­tet. Im Ide­al­fall wird direkt wie­der Roh­stoff, wie zum Bei­spiel Kies, trans­por­tiert. Das Ange­bot umfasst auch die Erar­bei­tung eines Trans­port­kon­zepts, wel­ches mit dem Bau­ge­such ein­ge­reicht wer­den muss.

Ter­ra­Rail zieht der­zeit SBB Cargo für den Trans­port per Bahn hinzu. Es wur­den jedoch auch ande­re EVU in Betracht gezo­gen. Die Ter­ra­Rail Modal­split AG han­delt unab­hän­gig von den Anbie­tern im Markt und holt bei der Offert- und Pro­duk­ti­ons­pla­nung meh­re­re Ange­bo­te ein. Das pas­sends­te Ange­bot wird bestä­tigt. Daher ist in die­sem Bereich mit wech­seln­den Kon­stel­la­tio­nen zu rechnen.

Es wird erwar­tet, dass es Kon­kur­renz­an­ge­bo­te gibt, da die Offer­ten von Ter­ra­Rail unter den Bedin­gun­gen des Wett­be­werbs plat­ziert wer­den. Tat­säch­lich wur­den bereits meh­re­re Ver­ga­ben an ande­re Anbie­te­rin­nen und Anbie­ter auf dem Markt durch­ge­führt. Dies deu­tet auf das Vor­han­den­sein von Wett­be­werb hin.

Bahn­trans­por­te sind dann attrak­tiv, wenn die Bahn­in­fra­struk­tur direkt vom Ver­la­de- zum Ent­la­de­ort und über län­ge­re Distan­zen führt. Im Bereich des Modal­splits ist dies jedoch nur sel­ten der Fall. In der Regel ist ein zusätz­li­cher Umla­de­pro­zess erfor­der­lich, was den Auf­wand erhöht und Ver­la­de­plät­ze erfor­dert. Aus die­sem Grund sind aus Sicht der Ter­ra­Rail gesetz­li­che Vor­ga­ben sinn­voll, um den Modal­split­an­teil des Bahn­trans­ports zu erhö­hen und die Stras­sen zu ent­las­ten. Gleich­zei­tig arbei­tet Ter­ra­Rail daran, die Wett­be­werbs­fä­hig­keit die­ser Trans­port­ket­te kon­ti­nu­ier­lich zu verbessern.

Der VAP begrüsst die Bün­de­lung der Kom­pe­tenz pri­vat­wirt­schaft­li­cher Unter­neh­men und die Aus­ge­stal­tung der Orga­ni­sa­ti­on einer Trans­port­ket­te auf den Stär­ken aller Part­ner. Die drei Ver­la­der ver­la­gern in ihrer Rolle als Spe­zia­lis­ten im Erd- und Gru­ben­bau und Betrei­ber von geeig­ne­ten Umschlags­platt­for­men in ihren Anschluss­gleis­an­la­gen und neu als Bahn­spe­di­teur Trans­por­te auf die Schie­ne und ent­las­ten die Stras­se. Wett­be­werb und das Stre­ben nach ech­ter Wett­be­werbs­fä­hig­keit im Ver­gleich zum rei­nen Stras­sen­trans­port wer­den posi­tiv bewer­tet. Es ist wün­schens­wert, dass die Ver­la­der eine Aus­wahl­mög­lich­keit haben und die Ver­sor­gungs­si­cher­heit durch die Exis­tenz meh­re­rer Bahn­an­bie­ter erhöht wird.

Die im Kan­ton Zürich mit der Ersatz­ab­ga­be der Bau­her­ren gefun­de­ne Lösung ist eine markt­wirt­schaft­lich aus­ge­stal­te­te Zwangs­mass­nah­me, bei der die Ein­nah­men in den all­ge­mei­nen Staats­haus­halt flies­sen und nicht zweck­ge­bun­den sind. Wir wür­den es begrüs­sen, wenn eine geziel­te Rück­erstat­tung an die Markt­ak­teu­re statt­fin­den würde, bei­spiels­wei­se in Form von finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung sei­tens des Kan­tons für den Bau von Umschlags­platt­for­men oder den Auf­bau neuer mul­ti­mo­da­ler Logistiklösungen.

Für ande­re Pro­duk­te ist ein ver­gleich­ba­res Modell sehr viel schwie­ri­ger umsetz­bar, da die dazu nöti­gen Umschlags­platt­for­men feh­len. Hier ist die kan­to­na­le Ver­kehrs- und Raum­pla­nung gefor­dert für stras­sen- und schie­nen­sei­tig gut erschlos­se­ne Stand­or­te zu sorgen.

Um wei­te­re posi­ti­ve Ver­la­ge­run­gen zu för­dern, über­nimmt der VAP auch eine bera­ten­de Rolle für die Kan­to­ne. Dabei pro­fi­tie­ren die Kan­to­ne von dem umfang­rei­chen Fach­wis­sen, der lang­jäh­ri­gen Erfah­rung und dem weit­rei­chen­den Netz­werk des Ver­bands, das in der Trans­port­bran­che fest ver­an­kert ist.

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