FINANZIERUNG
Finanzierung ist ein Thema, bei dem es sich lohnt, genauer hinzuschauen.
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- LSVA-Rechner von ASTAG
- Erneuerung der technischen Infrastruktur der Schwerverkehrsabgabe (LSVA) per 2025
- Landesindex der Konsumentenpreise
Finanzhilfen

Schwerer Schlag gegen den Schienengüterverkehr
Am 11. September 2025 hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) als Antwort auf den SUST-Bericht zusätzliche Sicherheitsmassnahmen für den Schienengüterverkehr der Schweiz verordnet. Die Massnahmen sind einschneidend und erschüttern den Schienengüterverkehr in seinen Grundfesten. Die Politik ist aufgefordert, rasch zu reagieren und den Niedergang des Schienengüterverkehrs unverzüglich zu stoppen.
Darum geht’s:
- Massnahmen mit fatalen Folgen – trotz konstruktiver Vorschläge des VAP
- Klima- und verkehrspolitische Ziele infrage gestellt
- Vorgängige Appelle der Branche verpuffen ungehört
- Massnahmen sind in der vorgegebenen Frist nicht umsetzbar
- SBB doppelt nach
- Niedergang des Schienengüterverkehrs schreitet voran
Massnahmen mit fatalen Folgen – trotz konstruktiver Vorschläge des VAP
Im Rahmen der beiden Runden Tische zur Erarbeitung von Massnahmen für mehr Sicherheit im Schienengüterverkehr haben die Mitglieder des Verbands der verladenden Wirtschaft (VAP) konstruktive Vorschläge unterbreitet. Damit wollen sie die bereits heute sehr hohe Sicherheit im Schienengüterverkehr mit verhältnismässigen und ausgewogenen Massnahmen erhöhen und gleichzeitig die Branche nicht schwächen. Doch genau Letzteres ist nun geschehen: Die veränderten Rahmenbedingungen verschlechtern die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn und führen ohne einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn zu Rückverlagerungen auf die Strasse. Vor allem aber ist die Branche über die unverhältnismässigen Massnahmen und die zeitlichen Vorgaben konsterniert. Die Massnahmen sind in der vorgesehenen Frist nicht umsetzbar.
Klima- und verkehrspolitische Ziele infrage gestellt
Die Gangart des BAV erstaunt. Denn sowohl das Parlament als auch die Bevölkerung haben dem Schienengüterverkehr in den letzten Jahren immer wieder den Rücken gestärkt. So gibt es für die Verkehrsverlagerung im alpenquerenden Transit einen Verfassungsauftrag. Und auch den inländischen Schienengüterverkehr hat das Parlament mit der Revision des Gütertransportgesetzes (GüTG) wiederholt gefördert. Zudem ist unbestritten, dass es einen leistungsstarken Schienengüterverkehr braucht, wenn die Schweiz das Netto-Null-Ziels bis 2050 erreichen will. Letztlich zeigt auch das Nein der Bevölkerung zum Autobahnausbau, wie zentral die Verlagerung von Gütern auf die Schiene zur Entlastung der Strasse ist – und bleibt. Mit den vom BAV verordneten Verschärfungen rücken diese Ziele in immer weitere Ferne.
Vorgängige Appelle der Branche verpuffen ungehört
Die verladende Wirtschaft hat das BAV vor dessen Entscheid in einem Schreiben nachdrücklich darauf hingewiesen, wie zentral der Schienengüterverkehr für die Wirtschaft ist und dass der Gesetzgeber neue Massnahmen mit Augenmass erlassen muss. Das Schreiben wies auf drohende wirtschaftliche Verwerfungen und die Gefährdung der Landesversorgung hin. Dass diese Warnrufe beim BAV ungehört verhallten, ist nicht nachvollziehbar und wirft Fragen auf.
Massnahmen sind in der vorgegebenen Frist nicht umsetzbar
Für branchenweites Stirnrunzeln sorgt auch die äusserst kurze Frist bis zur Umsetzung der Massnahmen. Diese sollen ab dem 1. Januar 2026 in Kraft treten. Das ist aus praktischen Gründen unrealistisch und ist für die Branche nicht nachvollziehbar. Das BAV schiebt die scheinbare Lösung der angeblichen Sicherheitsprobleme auf die Wagenhalter ab, ohne die Thematik technisch oder wirtschaftlich ausreichend zu würdigen. Und das, obwohl das BAV von den Branchenakteuren darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass die Kapazitäten der Werkstätten für die Instandhaltung von Güterwagen schon heute begrenzt sind. Die Konsequenzen daraus fanden in der Verordnung keine Berücksichtigung. Auch wurden zu den beschlossenen Massnahmen vorgängig keine Folgenabschätzungen (Impact Assessments) durchgeführt, etwas, das in der Europäischen Union bei staatlichen Eingriffen wie demjenigen des BAV Normalität ist. Und letztlich sorgt das BAV mit seinen Massnahmen dafür, dass die in Vergangenheit getätigten Investitionen in die Erhöhung der Sicherheit infrage gestellt werden und den zukünftigen Anreiz, dies zu tun, faktisch eliminieren.
SBB doppelt nach
Die postwendende und euphorische Stellungnahme der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) auf die Kommunikation des BAV erstaunt insbesondere auch deshalb, weil sie darin zum wiederholten Mal unter dem Vorwand von mehr Sicherheit – die nächste Forderung nach einer Haftungsbeteiligung der Wagenhalter platziert. Letztere hat das Parlament Ende 2024 eben erst abgelehnt.
Gerade auch vor dem Hintergrund der weitgehenden Einstellung der wichtigen Zugskontrolle vor der Abfahrt durch die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) stellt sich die Frage, weshalb das BAV sowohl SBB Cargo als auch die anderen EVU bei den Massnahmen fast vollständig aus der Verantwortung entlässt.
Niedergang des Schienengüterverkehrs schreitet voran
Der Schienengüterverkehr gehört zu den sichersten Verkehrsträgern. Die vom VAP vorgeschlagenen und in Absprache mit europäischen Expertengremien entwickelten Massnahmen für Sicherheit auf der Schiene hat das BAV übergangen. Stattdessen hat es Massnahmen verordnet, die die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene empfindlich senken. Dieser Feldzug trifft den Schienengüterverkehr in einer Situation, in der die Güterbahnvolumen praktisch ausnahmslos zurückgehen. Undenkbar, dass das im Sinne von Politik und Bevölkerung geschieht. Die Branchenakteure hoffen, dass Politik und Verwaltung zumindest diesen Weckruf nicht ungehört verhallen lassen. Ansonsten besteht die ernsthafte Gefahr, dass es den Schienengüterverkehr bald nur noch als Modelleisenbahn oder im Verkehrshaus gibt.




BAV-Massnahmen stellen Schienengüterverkehr infrage
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat am 11. September 2025 die angekündigten Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Schienengüterverkehr konkretisiert. Damit reagiert die Bundesbehörde auf den Bericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) zum Unfall im Gotthardbasistunnel. Gemäss BFS ist mit den Massnahmen unverzüglich zu beginnen und sie müssen bis spätestens 31. Dezember 2025 umgesetzt sein. Sie erschüttern den Schienengüterverkehr in seinen Grundfesten und die damit einhergehenden Mehrkosten sind vor allem für die Wagenhalter enorm. Zudem ist weder für die Wagenhalter noch für die Werkstätten klar, wie sie diese Massnahmen in so kurzer Zeit umsetzen sollen. Kurzfristig drohen wirtschaftliche Verwerfungen, mittelfristig wird die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Schienengüterverkehrs massiv gesenkt.
Darum geht’s:
- Sicherheit hat höchste Priorität
- Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit bleiben auf der Strecke
- Kapazitätsengpässe in der Wirtschaft dürften gravierend sein
- Umsetzung setzt grosse Fragezeichen
- Europäische Interoperabilität wird unterwandert
- Lasten ungleich auf die Marktakteure verteilt
- Weichenstellung mit Langzeitfolgen
Sicherheit hat höchste Priorität
Am 11. September 2025 hat das BAV die konkreten Massnahmen als Reaktion auf den SUST-Bericht kommuniziert. Dies geschah, nachdem das BAV nach der Publikation des SUST-Berichts zwei Runde Tische mit Branchenvertretern einberufen hatte. Ziel dieses Dialogs war das Festlegen von Massnahmen, um die bereits hohe Sicherheit des Schienengüterverkehrs weiter zu verbessern. Gemäss BFS soll mit den Massnahmen unverzüglich begonnen werden und sie sollen bis spätestens 31. Dezember 2025 umgesetzt sein.
Sicherheit hat auch für die Mitglieder des VAP allerhöchste Priorität. Trotzdem ist es falsch und gefährlich, absolute Sicherheit zu suggerieren. Es gilt, den Nutzen von zusätzlichen und restriktiveren Massnahmen den Mehrkosten gegenüberzustellen und mit Augenmass zu entscheiden. Dabei ist festzuhalten, dass die vom BAV verordneten Massnahmen das Potenzial haben, die Sicherheit im gesamten Güterverkehr zu reduzieren. Dies, weil die Massnahmen und die damit einhergehenden horrenden Kosten mittelfristig zu einer Verlagerung der Gütertransporte von der Schiene auf die um ein Vielfaches gefährlichere Strasse führen werden.
Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit bleiben auf der Strecke
Der VAP sieht es als seine Aufgabe, die Massnahmen auf Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit für die Branche im Allgemeinen und die Wagenhalter im Besonderen zu beurteilen. Zudem sollen die Akteure des Schienengüterverkehrs die Kosten der Massnahmen möglichst zu gleichen Teilen tragen. Angesprochen sind hauptsächlich die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) in ihrer Rolle als Beförderer, die Wagenhalter und die Infrastrukturbetreiber. Nur wenn sie alle ihren Pflichten nachkommen, lässt sich das hohe Niveau an Sicherheit aufrechterhalten und verbessern. Denn nicht eine einzelne Massnahme, sondern deren Vielzahl und Zusammenspiel machen das Gesamtsystem sicher.
Kapazitätsengpässe in der Wirtschaft dürften gravierend sein
Mit den neuen Massnahmen nimmt das BAV die Wagenhalter im Vergleich zu anderen Akteuren überdurchschnittlich stark in die Pflicht. Insbesondere die substanzielle Senkung des Instandhaltungsintervalls wird die Verfügbarkeit von Güterwagen und die Wirtschaftlichkeit der Betriebe massiv beeinträchtigen. Denn die vom BAV verfügten Instandhaltungsintervalle werden zu einer äusserst starken, bisher noch nicht abschliessend quantifizierbaren Reduktion der Verfügbarkeit von Güterwagen führen. Dadurch führt diese Massnahme kurzfristig zu Engpässen bei der verladenden Wirtschaft, die das Potenzial haben, die Versorgungssicherheit im Land zu gefährden. Diese Thematik kam im Vorfeld und auch an den Runden Tischen oft zur Sprache, ist beim BAV jedoch überraschend wenig in die Entscheidungsfindung eingeflossen.
Mittelfristig werden die beschlossenen Massnahmen die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber der Strasse weiter verschlechtern und die Verlagerung von der Schiene auf die Strasse stark beschleunigen. Und dies alles in einer Zeit, in der der Schienengüterverkehr bereits an vielen Fronten kräftig unter Druck steht. Diese Konsequenzen stehen im grossen Widerspruch zum Willen für mehr Schienengüterverkehr, der auch im Parlament mit der Verabschiedung des Gütertransportgesetzes einmal mehr zum Ausdruck gebracht wurde. Die vom BAV verordneten Massnahmen laufen diesem Willen zuwider.
Umsetzung setzt grosse Fragezeichen
Für den VAP ist heute nicht absehbar, wie die Massnahmen in der äusserst kurzen Frist bis zur Inkraftsetzung umgesetzt werden sollen. Denn schon heute fehlen den Instandhaltungsfirmen Kapazitäten, Ressourcen und Komponenten. Diese Situation wird sich als Folge der BAV-Massnahmen weiter verschärfen. Es ist zu befürchten, dass Güterwagen nicht nur öfter, sondern vor allem länger in den Instandhaltungsfirmen stehen, als bisher. Hinzu kommt, dass die Zahl der Leerwagentransporte zu und von den Werkstätten signifikant steigen wird. Auch dies werden vorerst vor allem die verladenden Betriebe spüren, da sie zum Transport derselben Gütermenge mehr Wagen beziehen müssen. Als Konsequenz daraus dürften sich mittelfristig mehr und mehr Verlader vom Schienengüterverkehr abwenden und ihre Güter auf der Strasse befördern.
Europäische Interoperabilität wird unterwandert
Da der Schienengüterverkehr europaweit integriert ist, machen die Auswirkungen der BAV-Massnahmen nicht an den Landesgrenzen halt. Wagenhalter ausserhalb der Schweiz können kaum feststellen, ob einer ihrer vermieteten Güterwagen Schweizer Gleise befährt, da die Kunden die verfügbaren Wagen im Sinne der Interoperabilität frei disponieren. Die vom BAV verordneten Massnahmen dürften dazu führen, dass die Wagenhalter den Schweizer Markt nicht mehr und wenn überhaupt mit eigens für die Schweiz gewarteten Flotten bedienen werden. Dies bedeutet ein weiterer administrativer Aufwand, der die Kosten in die Höhe treiben und die Attraktivität des Schienengüterverkehrs senken wird.
Lasten ungleich auf die Marktakteure verteilt
Die Wagenhalter müssen die Finanzierung der Kosten fast vollumfänglich allein tragen, unabhängig vom deutlich steigenden und bis heute nicht definierten zusätzlichen Organisationsaufwand. Weder den EVUs als Beförderer noch den Infrastrukturbetreibern hat das BAV ähnlich einschneidende Massnahmen auferlegt. Dies überrascht, denn es gibt keinen plausiblen Grund, sie weniger in die Pflicht zu nehmen als die Wagenhalter. Auch zu diesem Thema wurden an den Gesprächen der Runden Tische konkrete Massnahmen für beide Akteure aufgezeigt.
Wie für alle Beteiligten ist auch für den VAP klar, dass man nach einem Unfall wie demjenigen im Gotthardbasistunnel mit massiven – zum Glück nur finanziellen – Kosten nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Es ist aber auch so, dass die Wagenhalter schon immer viel investiert haben und fortlaufend mehr in die Sicherheit ihrer Güterwagen investieren. Schon in Vergangenheit setzten sie jährlich wirksame Massnahmen im Umfang von 40 Mio. Euro um. Von Anfang an hat der VAP als Stimme der Wagenhalter Hand für Massnahmen geboten, die das bereits hohe Sicherheitsniveau der Schiene weiter erhöht und gleichzeitig der Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit Rechnung getragen hätten.
Weichenstellung mit Langzeitfolgen
Die Massnahmen sind für die verladende Wirtschaft einschneidend. Noch ist keine abschliessende Abschätzung der Folgen und Kosten für den Schienengüterverkehr möglich – zu komplex ist das System und zu kompliziert sind die verfügten Massnahmen. Klar ist jedoch schon heute, dass der Schienengüterverkehr wie wir ihn bis anhin kannten fundamental verändert wird.
Die höheren Kosten für die Instandhaltung und Zuführung zu Werkstätten müssen kurzfristig die Wagenhalter tragen. Mittelfristig jedoch wirken sich die Massnahmen äusserst negativ auf den Schienengüterverkehr aus. Denn wegen der steigenden Kosten werden weitere Unternehmen ihre Güter in Zukunft auf der Strasse statt auf der Schiene transportieren. Die Sicherheit ist damit nicht erhöht, im Gegenteil wird der Güterverkehr mit der höheren Unfallwahrscheinlichkeit beim Transport auf der Strasse insgesamt unsicherer.




Gekommen, um zu bleiben: der Schienengüterverkehr
Die Zukunft des Schienengüterverkehrs wird derzeit heiss diskutiert. Sie stand auch im Mittelpunkt des Forums Güterverkehr vom 14. Mai 2025 im Glockenhof in Zürich. In diesem Blogbeitrag verfeinert VAP-Geschäftsführer Dr. Simon Wey die wichtigsten Erkenntnisse daraus mit seinen Gedanken zu Tempo, Streckenführung und Signalisation auf der strukturellen und technologischen Weiterfahrt des Schienengüterverkehrs Richtung Zukunft.
Darum geht’s:
- Rückverlagerung funktioniert nicht
- Wachstum vs. Fortschritt
- DAK ermöglicht Quantensprung
- Jetzt oder nie!
Rückverlagerung funktioniert nicht
Der Schienengüterverkehr ist ein wahrer Allrounder: fleissig, meist nachtaktiv, kraftvoll. Wir nehmen ihn kaum wahr und trotzdem wäre der Wohlstand ohne ihn unvorstellbar. Damit bildet er das Rückgrat unserer Volkswirtschaft – effizient, umweltfreundlich und unverzichtbar. Es stellt sich also nicht die Frage, ob, sondern wie man den Schienengüterverkehr stärken kann, damit er den wachsenden Gütermengen gerecht wird. Denn eine Verlagerung auf die Strasse wird nicht funktionieren, selbst wenn man es wollte. Es ist nämlich bereits eng auf den Schweizer Strassen – und wird täglich enger.
Wachstum vs. Fortschritt
Um den Stellenwert des Schienengüterverkehrs fassbarer zu machen, hilft das folgende statistische Gedankenexperiment: Es bräuchte rund 650’000 zusätzliche Lastwagenfahrten, um die jährliche Gütermenge des Einzelwagenladungsverkehrs (EWLV) in der Schweiz mit Transporten auf der Strasse zu kompensieren. So viele zusätzliche LKWs verursachten Dauerstaus, das System Strasse würde schlicht kollabieren.
Bis 2050 prognostiziert das Bundesamt für Raumentwicklung in seinen «Verkehrsperspektiven 2050» einen Anstieg des Güterverkehrs in Tonnenkilometern von 31 Prozent. Dabei rechnet es mit einem leicht rückläufigen Anteil der Strasse im Vergleich zur Schiene. Heute stehen der hohe Stellenwert der Schiene und deren technologischer Zustand in einem krassen Gegensatz. Seit dem 19. Jahrhundert werden die Waggons mechanisch gekuppelt und mit Luftdruck gebremst, also nach dem analogen Prinzip: Ein/Aus. Gleichzeitig schreiten die technologischen Entwicklungen bei Lokomotiven im Schnellzugtempo voran.
DAK ermöglicht Quantensprung
Die Akteure des Schienengüterverkehrs sind sich einig darüber, dass kein Weg an einer (digitalen) Transformation des bestehenden Rollmaterials vorbeiführt. Der technologische Fortschritt braucht hier endlich freie Bahn, und zwar lieber heute als morgen. Nur so lassen sich die anstehenden Herausforderungen meistern und eine Rückverlagerung auf die Strasse verhindern.
Einen regelrechten Quantensprung ermöglicht die Einführung der digitalen automatischen Kupplung (DAK). Für deren Einführung hat die Politik der Branche einen einmaligen Förderbeitrag von 180 Mio. Schweizer Franken ab 2026 in Aussicht gestellt. Dasselbe Ziel verfolgen die 260 Mio. Schweizer Franken für die ersten vier Jahre. Dieser finanzielle Rückenwind soll dazu beitragen, den EWLV eigenwirtschaftlich zu machen (vgl. VAP-Blogbeitrag «Frühjahrssession 2025: Vielleicht letzte Chance für den Einzelwagenladungsverkehr»).
Jetzt oder nie!
Das alles zeigt: In der Frage nach der Wichtigkeit und der technologischen Transformation des Schienengüterverkehrs stimmt die Politik von Links bis Rechts für einmal überein. Offen ist, ob die Branche diesen Steilpass in den vier respektive acht Jahren der befristeten Förderung tatsächlich verwerten kann. Bleibt der EWLV danach weiterhin defizitär, so wird der Ruf nach einer unbefristeten Subvention unüberhörbar. Für den VAP ist das allerdings keine Option mit Zukunft. Viel mehr wird er alles daransetzen, dass die Güterbahnakteure der Eigenwirtschaftlichkeit in den nächsten Jahren näherkommen – Kilometer für Kilometer.
Hier geht’s zur vollständigen Eröffnungsrede von Dr. Simon Wey anlässlich des Forums Güterverkehr vom 14. Mai 2025.

Bundesrat schickt Gütertransportverordnung in die Vernehmlassung
Am 30. April 2025 hat der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen zum totalrevidierten Gütertransportgesetz (GüTG) in die Vernehmlassung geschickt. Damit konkretisiert er den Auftrag des Parlaments, das sich in der Frühjahrssession 2025 für eine Stärkung des Schienengüterverkehrs ausgesprochen hatte. Der VAP wird sich gemeinsam mit weiteren Branchenakteuren zu diesem Schlüsseldossier äussern.
Darum geht’s:
- Bundesrat verfolgt sportlichen Fahrplan
- Grünes Licht für diverse Förderinstrumente
- Anforderungen dürfen nicht zum Stolperstein werden
- Keine Verwässerung der Anreize zur Verlagerung auf die Schiene
- Erfolg und Misserfolg liegen nahe beieinander
Bundesrat verfolgt sportlichen Fahrplan
In seiner letzten April-Sitzung hat der Bundesrat den Entwurf der Gütertransportverordnung (GüTV) und weitere Umsetzungsbestimmungen in die Vernehmlassung gegeben. Diese dauert bis am 12. August 2025. Demnach konkretisiert die Regierung die vom Parlament beschlossenen Massnahmen im Eilzugstempo. In der Frühjahrssession 2025 hatten National- und Ständerat ihre letzten Differenzen bereinigt und das revidierte GüTG definitiv verabschiedet. Damit sprach sich das Parlament für einen gestärkten und kompetitiven Güterverkehr auf der Schiene aus. Bereits am 1. Januar 2026 sollen sowohl das GüTG als auch die Ausführungsbestimmungen in Kraft treten.
Grünes Licht für neue Förderinstrumente
Der Vernehmlassungsentwurf umfasst eine Reihe von Massnahmen zur Stärkung des Transports von Gütern per Bahn und Schiff. Die wichtigsten Massnahmen für unsere Branche auf einen Blick:
- Leistungsvereinbarungen mit Anbietern von Einzelwagenladungsverkehr (EWLV)
- Umschlags- und Verladebeiträge an Anlagenbetreiber oder ‑benützer
- Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen
- Pauschalbeiträge zur Einführung der digitalen automatischen Kupplung (DAK)
Anforderungen dürfen nicht zum Stolperstein werden
Mit 260 Millionen Franken gefördert werden Anbieter von EWLV über Leistungsvereinbarungen zwischen Bund und Anbietern. Diese finanzielle Förderung hat das Parlament vorerst auf acht Jahre befristetet, wobei sie über zwei Mal vier Jahre erfolgen soll. Zur Festlegung des Verfahrens erlässt das Bundesamt für Verkehr (BAV) eine Richtlinie.
Mit SBB Cargo wird sich ein marktstarkes Unternehmen für diese Fördermittel bewerben. Die Gefahr besteht darin, dass die Anforderungen für den Erhalt der Fördermittel so hoch ausgestaltet werden, dass sie für potenzielle neue Anbieter von EWLV zur Markteintrittsbarriere werden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ein Eintritt in diesen Markt bereits heute äusserst anspruchsvoll ist. Demnach soll der Erhalt dieser Förderung den Anbietern nicht als weiteren Stolperstein in den Weg gelegt werden.
Keine Verwässerung der Anreize zur Verlagerung auf die Schiene
Die Umschlags- und Verladebeiträge sollen durch eine Abschaffung der Rückerstattung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) im Vor- und Nachlauf des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV) finanziert werden. Hier besteht die Krux darin, die Anforderungen für den Erhalt dieser Beiträge so auszugestalten, dass der Anreiz zum Verlad auf die Schiene für die Adressaten möglichst hoch wird. Wie hilfreich dabei Unter- und Obergrenzen sind, ist im Rahmen der Stellungnahme zu prüfen.
Erfolg und Misserfolg liegen nahe beieinander
Der VAP wird gemeinsam mit seinen Mitgliedern alles daransetzen, beim BAV eine breit abgestützte Stellungnahme einzureichen. Im Zentrum dieser Debatte stehen die gesprochenen Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen, die Leistungsvereinbarung für Anbieter von EWLV sowie die Beiträge an Anlagenbetreiber oder ‑benützer. Durch die Abschaffung der LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf zum UKV werden nämlich keine neuen Fördermittel fliessen, sondern lediglich die Adressaten geändert. Auch begrüsst der VAP die veranschlagten 180 Millionen Franken für die DAK-Migration. Deren Einführung wird nicht nur die Produktivität im EWLV-Gesamtsystem stark erhöhen, sondern auch das Ziel der Eigenwirtschaftlichkeit greifbar machen.
Insgesamt lohnt sich eine genau Prüfung der Ausführungsbestimmungen, denn geringfügige Änderungen können über Erfolg und Misserfolg der Gesetzesrevision entscheiden.

Frühjahrssession 2025: Vielleicht letzte Chance für den Einzelwagenladungsverkehr
In der Frühjahrssession 2025 haben National- und Ständerat ihre letzten Differenzen im Ringen um die Revision des Gütertransportgesetzes (GüTG) bereinigt. Wir vom VAP begrüssen die definitive Verabschiedung des Dossiers. Damit macht das Parlament den Weg frei für Eigenwirtschaftlichkeit, mehr Markt und mehr Wettbewerb im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV). Es liegt nun an allen Akteuren, diese vielleicht letzte Chance zu ergreifen.
Darum geht’s:
- Parlament bewilligt umfangreiche Fördermittel
- Räte räumen ihre Meinungsverschiedenheiten endgültig aus
- Zugunsten von mehr Transparenz und Wettbewerb entschieden
- Alle EWLV-Akteure gefragt – einer ganz besonders
Parlament bewilligt umfangreiche Fördermittel
Am 17. März 2025 haben die beiden Räte ihre Beratungen zur Revision des GüTG abgeschlossen. Mit dem totalrevidierten Gesetz wollen Bundesrat und Parlament die Branche des Schienengüterverkehrs befristet unterstützen (vgl. Blogbeitrag «GüTG: Die Richtung stimmt, der Weg bleibt steinig»). Mit der Bewilligung von 260 Mio. CHF über vier Jahre ab 2026 verschafft die Legislative der Branche Zeit, um ihre Effizienz mit neuen Instrumenten zu erhöhen. Die Förderung des EWLV wird auf acht Jahre befristet.
Ebenfalls gefördert wird die digitale automatische Kupplung (DAK). Deren Einführung soll mit einem einmaligen Kredit von 180 Mio. CHF unterstützt werden. Die geplanten Massnahmen dürften den Bundeshaushalt nicht weiter belasten, da die Finanzierung mit Geldern aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe erfolgt.
Räte räumen ihre Meinungsverschiedenheiten endgültig aus
Ein von Mitte-links im Nationalrat eingebrachtes Verlagerungsziel wurde nur wenig später vom Ständerat wieder gestrichen. Ein Minderheitsantrag, der eine Stabilisierung des Anteils der Gütertransporte auf der Schiene anstrebte, fand ebenfalls keine Mehrheit. Nach dem Ständerat strich am 16. März 2025 auch eine Mitte-rechts-Mehrheit im Nationalrat dieses Ziel wieder aus dem Gesetzesentwurf, womit es definitiv vom Tisch ist. Bereits heute hat der Bundesrat einen Verlagerungsauftrag für den alpenquerenden Güterverkehr, nicht jedoch für den EWLV.
Zugunsten von Transparenz und Wettbewerb entschieden
Erfreulicherweise hat das Parlament weitere Anträge aus dem Ständerat gutgeheissen, die den Wettbewerb im EWLV stärken, Transparenz fördern und die Ausgaben beschränken wollen. So sind Quersubventionierungen aus dem staatlich unterstützten Angebot im EWLV in nicht geförderte Unternehmensbereiche sowie anderweitige Marktverzerrungen durch EWLV-Anbietende zu verhindern. Dazu definiert und überwacht der Bund entsprechende organisatorische Massnahmen. Weiter soll SBB Cargo die im EWLV erbrachten Leistungen zu Marktkonditionen anbieten und Finanzflüsse, die Kosten- und Ertragsentwicklung im EWLV sowie Indikatoren zur Eigenwirtschaftlichkeit jährlich im Geschäftsbericht offenlegen. Für das Bereitstellen der notwendigen Vorkehrungen zur Nachverfolgung der Zielerreichung ist das Bundesamt für Verkehr (BAV) zuständig.
Alle EWLV-Akteure gefragt – einer ganz besonders
Die DAK allein kann den EWLV kaum zur Eigenwirtschaftlichkeit führen. Damit das revidierte GüTG Wirkung entfaltet, müssen alle involvierten Kräfte zur Erhöhung der Produktivität im EWLV beitragen. Die Hauptverantwortung für eine erfolgreiche Zielerreichung liegt bei SBB Cargo. Die Güterverkehrstochter des SBB-Konzerns hat zweifellos den grössten Stellhebel zur Erreichung der Eigenwirtschaftlichkeit im EWLV.

129 neue Loks für SBB Cargo: Wie geht das?
SBB Cargo will ihre Flotte bis 2035 mit bis zu 129 modernen Streckenlokomotiven erneuern. Gleichzeitig beklagt sie hohe Fixkosten im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV), hat ihre Preise über die letzten Monate übermässig erhöht und ihr Angebot abgebaut. Das birgt die akute Gefahr einer Rückverlagerung auf die Strasse. Wir vom VAP stellen die Grossbestellung in Frage und verlangen mehr Transparenz.
Darum geht’s:
- SBB Cargo investiert in die Zukunft des Schienengüterverkehrs
- Preissteigerungen und Angebotsabbau vergraulen Güterbahnkunden
- VAP hinterfragt betriebswirtschaftliche Argumentation und fordert Transparenz
SBB Cargo investiert in die Zukunft des Schienengüterverkehrs
SBB Cargo will ihre Flotte modernisieren und damit die Zukunft des Güterverkehrs auf der Schiene sichern. In einer Medienmitteilung vom 26. September 2024 hat sie die Beschaffung von bis zu 129 neuen Streckenlokomotiven angekündigt. Die neuen Loks sollen von 2027 bis 2035 ausgeliefert werden und die veralteten Zugfahrzeuge ersetzen. SBB Cargo stellt ihre Entscheidung als Notwendigkeit dar, um den Schienengüterverkehr für die Zukunft fit zu machen, was begrüssenswert ist. Die neuen Loks sind effizienter, leistungsfähiger und mit innovativen Technologien wie einem Batterieantrieb für Verkehre auf der letzten Meile ausgestattet. So will SBB Cargo die Betriebskosten um 60% senken und zur Automatisierung des Güterverkehrs beitragen.
Preissteigerungen und Angebotsabbau vergraulen Bahnkunden
Uns vom VAP stellt sich eine zentrale Frage: Wie passt die grossangelegte Beschaffung von 129 Lokomotiven mit der aktuellen Geschäftsentwicklung und ‑praktik von SBB Cargo zusammen? In den vergangenen Monaten hat SBB Cargo ihre Güterbahnkunden mit massiven Preiserhöhungen und einem Abbau im Angebot konfrontiert (vgl. VAP-Blogartikel «Totalrevision GüTG: Die Stimmung der Branche droht zu kippen». Dieses marktverzerrende Verhalten könnte eine Reduktion der Volumen im Schienengüterverkehr und eine vermehrte Verlagerung auf die Strasse zur Folge haben. Tritt dieser Fall tatsächlich ein, lässt sich eine derart umfassende Investition nicht rechtfertigen.
VAP hinterfragt betriebswirtschaftliche Argumentation und fordert Transparenz
SBB Cargo hält sich zu den betrieblichen und finanziellen Wirkungen des Grossprojekts leider bedeckt. Das ist dem Vertrauen in die staatliche Güterverkehrstochter nicht gerade zuträglich. Immerhin geht es um Investitionen im dreistelligen Millionenbereich, die unter der Prämisse der Eigenwirtschaftlichkeit die Güterbahnkunden tragen müssen. Deshalb halten wir es für unerlässlich, dass SBB Cargo ihre Überlegungen offenlegt. Im Weiteren regen wir an, dass sie die Zahl der Lokomotiven überdenkt und als Ergänzung zum Kauf eine Miete oder einen Teilkauf mit Option auf mehr Loks in Betracht zieht.

Die Digitalisierung des Schienengüterverkehrs nimmt Fahrt auf
Die Politik passt die Rahmenbedingungen für die Migration zur digitalen automatischen Kupplung (DAK) an und die Technologie für den künftigen Standard wird Schritt für Schritt festgelegt. Die Schweiz stimmt ihren Einführungsprozess auf denjenigen in Europa ab. Als Branchenakteure wollen wir vom VAP die Zulassung für den kommerziellen Verkehr vorantreiben und übernehmen deshalb eine Schlüsselrolle in der Koordination und Dokumentation der entsprechenden Projekte.
Darum geht’s:
- Ständerat gibt grünes Licht für die DAK und den Einzelwagenladungsverkehr
- GüTG mit europäischem Fahrplan harmonisiert
- Technologie muss sich als Standard beweisen
- Schweizer Branche übernimmt Vorreiterrolle
- Zwei Etappen, ein Ziel: Vernetzung mit der Zukunft
- VAP verwandelt Erfahrungen in praxisgerechte Lösungen
Ständerat gibt grünes Licht für die DAK und den Einzelwagenladungsverkehr
Die Entwicklungen rund um die Digitalisierung des Schienengüterverkehrs verlaufen buchstäblich mehrgleisig. Eine Weichenstellung im politischen Prozess hat am 24. September 2024 stattgefunden. An diesem Beratungstag in der Herbstsession des Schweizer Parlaments hat sich der Ständerat zur Totalrevision des Gütertransportgesetzes beraten und den Verpflichtungskredit zur Einführung der DAK in der Höhe von 180 Mio. Franken sowie den Verpflichtungskredit zur Modernisierung des Einzelwagenladungsverkehrs über 260 Mio. Franken gutgeheissen. Damit hat der Erstrat die wichtigsten Eckpunkte der bundesrätlichen Botschaft vom 10. Januar 2024 aufgegriffen und sich mit einer breiten Mehrheit explizit für die Digitalisierung des Güterverkehrs mit der seit vielen Jahren verfeinerten Innovation ausgesprochen. Dazu Bundesrat Albert Rösti in seinem Votum vor dem Ratsplenum: «Neben der digitalen automatischen Kupplung sollen weitere konkrete Modernisierungsschritte erfolgen, wie zum Beispiel Buchungsplattformen.» Weshalb diese Bemerkung eine holistische Perspektive auf die DAK widerspiegelt, legen wir in unserem Blogbeitrag «Datenökosysteme: Branche am runden Tisch mit Bundesrat Rösti» dar.
GüTG mit europäischem Fahrplan harmonisiert
Die Planung des revidierten GüTG und der entsprechenden Verordnung harmoniert mit dem europäischen Fahrplan. Die Inkraftsetzung ist auf Ende 2026 bis Anfang 2027 zu erwarten. Ab dann werden die budgetierten Bundesmittel für die DAK-Migration bereitstehen. Die Akteure des European DAC Delivery Programme (EDDP) von Europe’s Rail wollen die DAK-Migration ab 2028 in grossem Stil ausrollen. Dieses Umsetzungsprogramm vereint Eisenbahnverkehrsunternehmen, Infrastrukturbetreiber, Wagenhalter sowie die Eisenbahnzulieferindustrie, für die Instandhaltung zuständige Stellen, Branchenorganisationen, Eisenbahnforschungszentren und politische Institutionen. Dieses integrierte gemeinsame Programm baut auf Forschungs- und Entwicklungsergebnisse und Pilotprojekte und strebt die Gewährleistung der notwendigen Massnahmen für eine schnelle, technisch und wirtschaftlich machbare europaweite DAK-Einführung an.
Technologie muss sich als Standard beweisen
Damit sich dieses ambitionierte Ziel erreichen lässt, braucht es eine entwickelte und betriebserprobte Technologie. Auch hier hat das EDDP bereits erhebliche Vorarbeit geleistet und Anfang 2024 das «DAC Basis Package» als künftigen Systemstandard für den europäischen Schienengüterverkehr kommuniziert. Das EDDP sieht Pilotzüge in ganz Europa vor, um die Technologie des «DAC Basis Package» zu verfeinern und umfassend zu testen. Das Startpaket enthält die folgenden Komponenten:
- DAK (mechanisch/pneumatisch) einschliesslich Energie-/Datensystem
- Erkennen der Zugzusammenstellung
- Automatische Bremsprobe
- Zugvollständigkeitsprüfung
- Automatisches Entkuppeln (im Zug von der Lok oder von der Wagenseite)
Noch steht ein wichtiger Systementscheid aus: Für die Datenübertragungstechnologie im Zug stehen die Optionen Single per Ethernet und Powerline+ in der Endauswahl. Da in der Schweiz bereits erfolgreiche Tests mit Powerline+ erfolgt sind, soll nun zeitnah ein zulassungsfähiger Pilotzug mit dieser Technologie realisiert werden.
Schweizer Branche übernimmt Vorreiterrolle
Die Schweiz will zu dem vom EDDP koordinierten europäischen DAK-Entwicklungsprojekt substanziell beitragen und dieses eng mit den europäischen Organisationen von EDDP abstimmen. So schickt sich die Schweizer Bahnbranche an, die Systemintegration zur Zulassung kommerzieller Einsätze voranzutreiben. Die technischen Spezifikationen und der funktionale Leistungsumfang des «DAC Basis Package» und die Übertragungstechnologie Powerline+ bilden die Grundlage für die weiteren Arbeiten des Schweizer Projektteams. Demnach werden BAV, VAP und VöV ihre gemeinsam unterzeichnete Absichtserklärung zur Automatisierung im Schienengüterverkehr entsprechend erweitern.
Zwei Etappen, ein Ziel: Vernetzung mit der Zukunft
Der Beitrag der Schweiz zur DAK-Einführung erfolgt in zwei Etappen. Vorab soll die Systemintegration auf dem Schweizer Pionierzug zügig bis zur Zulassungsreife vorangetrieben und deren Alltagstauglichkeit dann im kommerziellen Einsatz nachgewiesen werden. Der Bund wird die Entwicklung mit Fördermitteln gemäss Artikel 10 Gütertransportgesetz unterstützen.
- Das Entwicklungsprojekt EP3 zur Realisierung der Zulassung eines ersten Pionierzugs mit den Funktionen nach «DAC Basic Package» hat begonnen. Ziel ist es, bis Mitte 2026 eine BAV-Betriebsbewilligung für definierte kommerzielle Fahrten auf dem Schweizer Normalspurnetz zu erlangen. Dazu haben rund 30 motivierte Swissrail-Mitglieder, SBB Cargo, das BAV und VAP-Vertreter am 30. August 2024 ihre Absicht bekundet, den Schienengüterverkehr gemeinsam konkurrenzfähig zu machen und die Schweizer DAK-Technologie nach aussen zu tragen. Mit EP3 wollen die Branchenakteure die Definition des künftigen europäischen Standards im Schienengüterverkehr wesentlich mitgestalten. Es ist nun an der Zeit, Grundsatzdiskussionen zu verlassen und betriebstaugliche Lösungen zu erarbeiten. Die neuen Systeme müssen robust, alltagstauglich und finanzierbar sein, damit der Güterzug künftig wirtschaftlich erfolgreich verkehren kann.
- Mit dem Entwicklungsprojekt EP4 sollen nach Abschluss von EP3 mehrere DAK-Züge im Zeitraum von 2026 bis 2027 für kommerzielle Fahrten auf das Schweizer Schienensystem gebracht werden. Erste Gespräche mit Verladern haben bereits stattgefunden. Gesucht werden isolierte Verkehre, die sich für eine frühzeitige DAK-Umstellung als Pionierzüge eignen. Das Ziel dieser zweiten Etappe ist das Sammeln von Betriebserfahrung und die weitere Ertüchtigung im realen Einsatz. Die Pionierzüge sollen involvierten Anspruchsgruppen und Investoren ein konkretes Bild über die künftigen Möglichkeiten mit der DAK und der damit einhergehenden Digitalisierung im Schienengüterverkehr geben.
VAP verwandelt Erfahrungen in praxisgerechte Lösungen
Wir vom VAP werden die erwähnten Projekte für alle Interessierten und Beteiligten koordinieren und dokumentieren. Damit wollen wir einen breiten Erfahrungsaustausch und volle Praxistauglichkeit bis in die Anschlussgleise und die Logistik der Wirtschaft sicherstellen. Unsere Mitglieder – allen voran die Verlader und Wagenhalter – beteiligen sich aktiv an den beiden Entwicklungsetappen. Damit lassen sich Erkenntnisse aus Pilotprojekten skalieren und Synergien für alle Branchenakteure nutzbar machen.

Herbstsession 2024: Verkehrspolitik auf der Agenda
In der Herbstsession vom 9. bis 27. September 2024 beriet das Parlament diverse verkehrspolitische Themen. Ein besonderes Augenmerk galt der Revision des Gütertransportgesetzes (GüTG). Diese Gesetzesvorlage steht in einem schroffen Gegensatz zum faktischen Alleingang von SBB Cargo.
Darum geht’s:
- Bahninfrastruktur 2025–2028
- Rösti und Burkart warnen vor drastischen Tariferhöhungen
- Weitere Finanzspritze für die SBB
- Verlagerungsziele beim Ausbau der NEAT-Zubringer
Bahninfrastruktur 2025 bis 2028 erhalten und weiterentwickeln
Am 23. September 2024 behandelte der Nationalrat als Erstrat das Geschäft des Bundesrates 24.045 «Finanzierung des Betriebs und Substanzerhalts der Bahninfrastruktur, der Systemaufgaben in diesem Bereich und zu Investitionsbeiträgen an private Güterverkehrsanlagen in den Jahren 2025–2028». Für die anstehenden Aufgaben hatte der Bundesrat am 15. Mai 2024 einen Zahlungsrahmen von gesamthaft 16,442 Milliarden Franken beantragt, rund 2 Milliarden mehr als in der Vorperiode.
Mit dieser Vorlage legt der Bundesrat für die Jahre 2025 bis 2028 die Ziele für den Betrieb, die Erhaltung und die technische Entwicklung der vom Bund finanzierten Bahninfrastruktur fest. Die Finanzierung erfolgt das dritte Mal vollständig aus dem Bahninfrastrukturfonds (BIF). Der Nationalrat hiess den Kredit bei gleichzeitiger Ablehnung eines Minderheitsantrags zwecks Aufstockung des Kredits um 500 Millionen gut.
Gleichzeitig schlug der Bundesrat vor, den bestehenden Rahmenkredit für Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen 2021 bis 2024 um ein Jahr zu verlängern. Dies, weil sich die Realisierung grosser Projekte verzögert hat. Für Investitionsbeiträge an Anlagen für den Güterumschlag im kombinierten Verkehr (KV) und an Anschlussgleise sieht er zudem einen vierjährigen Verpflichtungskredit von 185 Millionen Franken vor. Mit diesem soll der Bau, die Erweiterung und die Erneuerung der folgenden Komponenten finanziert werden:
- KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise in der Schweiz, die dem Konzept für den Gütertransport auf der Schiene nach Artikel 3 GüTG entsprechen
- KV-Umschlagsanlagen im Ausland, die zur Erreichung des Verlagerungsziels nach Artikel 3 GVVG notwendig sind
- Hafenanlagen für den Güterumschlag im KV
Der Nationalrat gab dem Antrag des Bundesrates mit 194 zu 1 Stimmen statt. Das Geschäft geht an den Ständerat.
Kontroverse Entwicklungen in der Debatte um den Schienengüterverkehr
Der Ständerat behandelte am 24. September 2024 als Erstrat die Totalrevision des GüTG. Über die jüngsten Entwicklungen haben wir in unserem Blogbeitrag «Debatte um Schweizer Schienengüterverkehr droht zu entgleisen» berichtet.
Mit der Revision will der Gesetzgeber mehr Wettbewerb auf der Schiene ermöglichen, den Einzelwagenladungsverkehr stärken und marktverzerrende Diskriminierung verhindern. Er möchte das veraltete System durch Automatisierung und Digitalisierung modernisieren, Bau und Erneuerung der privaten Güterverkehrsanlagen weiterhin finanziell unterstützen und die LSVA neu als Umschlagspauschale an die Frachtzahler zurückerstatten.
Nach einer ausführlichen Beratung befürwortete der Ständerat die Vorlage mit 35 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen.
Dieser Entscheid steht im Kontext der aktuellen Gemütslage der Schweizer Güterbahnkunden. SBB-Tochter SBB Cargo konsterniert die verladende Wirtschaft seit einigen Wochen mit unverhältnismässigen Preiserhöhungen – bei gleichbleibendem oder schlechterem Leistungsangebot. Die Folgen dieses kontroversen Verhaltens sind fatal. Viele privatwirtschaftliche Verlader sehen sich gezwungen, bis zu 10% ihres Gütertransportvolumens auf die Strasse zurückzuverlagern, weil sich der Transport via Schiene nicht mehr rechnet. SBB Cargo wiederum bietet keinerlei Gesprächsbereitschaft für die Entwicklung von Alternativen. Dieses Verhalten widerspricht den Bestrebungen mit der GüTG-Revision und dem Konsens, der vor der parlamentarischen Beratung zwischen Politik, Wirtschaft und Staatsbahn vereinbart wurde. In seinem Votum bekräftigte Ständerat Thierry Burkart, FDP/AG, seines Zeichens auch Präsident der ASTAG, dass die SBB ihre Preispolitik nicht nur auf das vielleicht Notwendige, sondern auch auf das im Markt Mögliche ausrichtet, um eine Rückverlagerung auf die Strasse trotz Subventionen zu vermeiden. Auch Bundesrat Rösti verwies in seinem Votum in diesem Zusammenhang auf drei wesentliche Elemente: Verladepauschalen, Effizienzsteigerung und Preise, die zu einem Optimum zusammengefügt werden sollten. Es brauche diese drei Bereiche, damit am Schluss die Rentabilität gegeben sei und keine Rückverlagerung stattfinde. Aufgrund seiner Gespräche mit wichtigen Verladern glaube er, dass die Situation einigermassen beruhigt und eine Lösung gefunden werden könne.
Weitere Finanzspritze für die Schweizerischen Bundesbahnen
Am 11. und 19. September 2024 diskutierte der Ständerat und am 16. und 23. September 2024 der Nationalrat erneut die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG). Nach der letzten Beratung verblieben Differenzen bei Art. 20 zu den Finanzierungsinstrumenten. Neu sollen die SBB Investitionen ausserhalb des abgeltungsberechtigten Bereichs der Sparte Infrastruktur durch verzinsliche und rückzahlbare Darlehen der Bundestresorerie finanzieren können, solange sie die in den strategischen Zielen des Bundesrates definierten Vorgaben zur Nettoverschuldung einhalten. Übersteigt der Fremdfinanzierungsbedarf der SBB für diese Investitionen die Vorgaben zur Nettoverschuldung nach Abs. 1, so ist dieser durch Kapitalzuschüsse des Bundes zu decken. Der Bundesrat beantragt der Bundesversammlung im Rahmen seines Voranschlags die erforderlichen Kapitalzuschüsse.
Der Ständerat kam zum Schluss, die finanzielle Unterstützung für die SBB zu kürzen. In der zweiten Beratungsrunde am Mittwoch stimmte er oppositionslos einer Reduktion auf 850 Millionen Franken zu und löste anschliessend die Ausgabenbremse. Marianne Maret (Mitte/VS), Präsidentin der Verkehrskommission, erklärte, dass die SBB sich schneller von der Krise erholt hätten, während sich die finanzielle Lage des Bundes verschlechtere. Der Nationalrat folgte dem Ständerat und stimmte dem gekürzten Kapitalzuschuss für die SBB zu. Zudem bereinigte er die Differenzen bei den Darlehen, indem er einer flexibleren Obergrenze für Tresoreriedarlehen zustimmte.
Die Entscheidungen der Räte sind in einem grösseren Zusammenhang zu betrachten. Um die finanzielle Schieflage des Bundesbetriebs wieder ins Lot zu bringen, hatte der Nationalrat in der Wintersession 2023 mehrheitlich zugestimmt, den SBB einen einmaligen Kapitalzuschuss in der Höhe der Fernverkehrsverluste von 1,15 Milliarden Franken zur Schuldenreduzierung zu gewähren. Von dieser Finanzspritze profitiert auch Tochter SBB Cargo, die bereits umfassende Finanzunterstützung im Nachgang der Covid-Pandemie bezogen hat. Sie steht kurz vor dem Abschluss einer Leistungsvereinbarung zur Abgeltung ihres Netzwerkverkehrs, den sie offensichtlich nicht eigenwirtschaftlich abwickeln kann. Die privatwirtschaftlichen Akteure hingegen erhielten weder Covid-Mittel noch verfügen sie über nicht betriebsnotwendige Ressourcen und Beteiligungen zur Stärkung ihrer Investitionsfähigkeit.
Balance der Verlagerungsziele beim Ausbau der NEAT-Zubringer gesucht
Die drei Motionen 24.3389 «Ausbau linksrheinischer Neat-Zubringer im Interesse der Verlagerung vorantreiben», 24.3390 «Stabilisierung des kombinierten Verkehrs auf der Nord-Süd-Achse durch die Bereitstellung von Puffergleisen» und 24.3391 «Für eine stärkere Verlagerung auf mittlere Transportdistanzen» kamen am 24. September 2024 vor den Ständerat. Die einreichende Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen will damit die Zubringerstrecken zur NEAT optimieren.
Der Ständerat nahm die zwei ersten Motionen an, lehnte jedoch die dritte ab. Ihre Annahme setzte einen Verlagerungsauftrag auch für den Binnenverkehr voraus, den die Verfassung nicht vorsieht.
Grundsätzlich begrüssen wir eine effiziente Streckenführung auf dem Nord-Süd-Korridor im Hinblick auf die Versorgungssicherheit, Ausweichkapazitäten im Fall von Baustellenphasen, Pünktlichkeit und Qualität des Schienengüterverkehrs. Diese Meinung brachte VAP-Präsident und Ständerat Josef Dittli bereits am Jubiläumstreffen mit Alt-Bundesrat Adolf Ogi im Herbst 2021 zum Ausdruck (vgl. Blogbeitrag «25 Jahre «Vertrag von Lugano» – ein Blick in die Zukunft»).
Allerdings kritisieren wir den einseitigen Fokus der Motionen auf den KV. Damit verpassen die Verantwortlichen in der Verkehrsverlagerung die Chance, auch andere Formen multimodaler Verkehre über den Einzelwagenladungsverkehr zu fördern. Das steht in einem deutlichen Gegensatz zur gemeinsamen Politik der DACH-Staaten (Deutschland-Österreich-Schweiz), die digitale automatische Kupplung DAK rasch einzuführen. Im Weiteren widersprechen die Motionen der Revision des GüTG (siehe oben), da sie nicht nur im Import, Export und Binnenverkehr, sondern auch im Transit umwelt- und energiepolitische Ziele verfolgen.
Wir vom VAP fordern, dass der Bundesrat im nächsten Verlagerungsbericht zusätzlich das Potenzial mit anderen multimodalen Verkehrsarten abklärt und darstellt. Auch für konventionelle Güterzüge soll ein Qualitätsmonitoring eingeführt werden, wie es im KV seit Jahren besteht. Die Unterscheidung zwischen kombiniertem und konventionellem Verkehr muss abgeschafft werden. Mit dem GüTG wird eine finanzielle Förderung des Import‑, Export- und Binnenverkehrs eingeführt. Im Transit hingegen soll weiterhin nur der unbegleitete KV (UKV) finanziell gefördert werden. Wir meinen, dass sich diese Haltung nicht mit den GüTG-Zielen vereinbaren lässt. Denn der Verfassungsauftrag im Güterverkehrsverlagerungsgesetz (GVVG) definiert die Verkehrsverlagerung im Transit als Verlagerung auf die Schiene, nicht auf den UKV. Nur Art. 8 GVVG führt für die Förderung des UKV den Zusatz «in erster Linie» ein, wohlgemerkt zum Schaden der übrigen multimodalen Logistiklösungen mit Schienenanteil (vgl. Kasten).
Art. GVVG Förderung des Schienengüterverkehrs (Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. Juni 2023, in Kraft seit 1. Jan. 2024) 1 Damit das Verlagerungsziel erreicht wird, kann der Bund Fördermassnahmen beschliessen. Dabei wird in erster Linie der unbegleitete kombinierte Verkehr gefördert. Diese Massnahmen dürfen keine diskriminierenden Auswirkungen auf die schweizerischen und ausländischen Transportunternehmen im Güterverkehr haben. 2 Im unbegleiteten kombinierten Verkehr hat die Höhe der durchschnittlichen Abgeltung pro transportierte Sendung von Jahr zu Jahr abzunehmen. 3 Der begleitete kombinierte Verkehr (Rollende Landstrasse) kann bis Ende 2028 gefördert werden. 4 Der Bund kann sich im Jahr nach Einstellung des Betriebs der Rollenden Landstrasse an den Liquidationskosten der Betreiberin beteiligen. |

Totalrevision GüTG: Die Stimmung der Branche droht zu kippen
Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF‑S) hat ihre Beratungen zur Totalrevision des Gütertransportgesetzes (GüTG) abgeschlossen. Wie der Bundesrat will sie die Rahmenbedingungen zugunsten von multimodalen Logistikketten verbessern. Doch das aktuelle Verhalten von SBB Cargo mit massiven Preiserhöhungen und einem Angebotsabbau widerspricht diesen Bestrebungen und bringt die Verlader in ein gefährliches Dilemma.
Darum geht’s:
- Was bisher geschah
- Klares Ja zu Multimodalität und Wettbewerb
- Kontroverses Verhalten von SBB Cargo
- Bund in der Pflicht
- Gemeinsam aus dem Dilemma
Was bisher geschah
Über die ersten Anträge der KVF‑S zur bundesrätlichen Botschaft zum Gütertransportgesetz (Totalrevision des Bundesgesetzes über den Gütertransport durch Bahn- und Schifffahrtsunternehmen) haben wir in unserem Blogbeitrag «Jetzt oder nie: Wegweisende Debatte zum Schweizer Schienengüterverkehr» bereits ausführlich berichtet. Wie am 21. Juni 2024 kommuniziert, will die vorberatende Kommission den Wettbewerb im Gütertransport gezielt stärken, die Zuständigkeit der RailCom zur Durchsetzung eines diskriminierungsfreien Angebots im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) regeln und die Inhalte zu den Leitlinien zum Schienengütertransport als Grundlage für die Leistungsvereinbarung im EWLV konkretisieren.
Klares Ja zu Multimodalität und Wettbewerb
Die Ständeratskommission hat ihre Detailberatung nun abgeschlossen. In ihrer jüngsten Medienmitteilung vom 20. August 2024 fordert sie den Gesetzgeber auf, im Regelwerk festzuhalten, dass Verladebeiträge an die Versender und Empfänger weitergegeben und unternehmensinterne Leistungen transparent gemacht und kontrolliert werden. Schliesslich regt eine Kommissionsmehrheit an, dass eine Verlängerung der Förderung des EWLV durch das Parlament und nicht durch den Bundesrat entschieden werden sollte. Damit möchte die KVF‑S sicherstellen, dass die Finanzkompetenz und der Entscheid über eine etwaige Verlängerung der Unterstützung auf derselben Stufe liegen
Kontroverses Verhalten von SBB Cargo
Derzeit erhitzen sich die Gemüter der Verlader über das Verhalten der SBB-Tochter SBB Cargo, das den Bestrebungen der KVF‑S und den bisherigen Bekundungen des Bundesrates deutlich entgegenläuft. Die Monopolanbieterin verlangt für ihre Leistungen einen Aufpreis von 20% bis 60% – ganz selbstverständlich und ohne Kostentransparenz oder die Möglichkeit, gemeinsam mit den Güterbahnakteuren Kosten aus dem System zu reduzieren. Selbst wenn das GüTG wie vorgeschlagen angepasst wird und der Ständerat den Anträgen der KVF‑S stattgibt, besteht die akute Gefahr, dass die Verlader ihre Verkehre im grossen Stil auf die Strasse verlagern. Da eine derart strategische Neuorientierung nicht von heute auf morgen passiert, werden sie ihre Logistikkonzepte über die nächsten zwei Jahre anpassen. In diesem Fall wären sowohl die Gesetzesvorlage selbst als auch die dafür notwendigen Bundesmittel obsolet – und eine diesbezügliche Beratung des Parlaments in der Herbstsession 2024 sowieso.
Bund in der Pflicht
Um ungerechtfertigte Marktdiskriminierung und ein Verlagern auf die Strasse zu vermeiden, könnten die Verlader ihre Logistikkonzepte auch auf alternative Bahnangebote von innovativen und mutigen Güterbahnen ausrichten und ihre Verkehrsvolumina vom Staatsmonopol in einen marktwirtschaftlichen Wettbewerb umplatzieren. Das entspräche dem Ziel der KVF‑S, die durch Leistungsvereinbarungen und überarbeitete Leitlinien zum EWLV mehr Wettbewerb verlangt. Es liegt daher nicht unwesentlich in der Verantwortung des Bundes, so bald als möglich entsprechende Massnahmen beim Bestellprozess aufzugleisen, private Güterbahnen zu Angeboten aufzufordern und ihnen den Rücken bei deren Aufbau zu stärken.
Gemeinsam aus dem Dilemma
Die Branche muss einen Weg aus dem aktuellen Dilemma finden, bevor die Debatte eskaliert. Es liegt nun in der Hand der Branchenakteure und des Bundes, gemeinsam mehr Wettbewerb zu ermöglichen und den EWLV grundlegend zu modernisieren. Dazu müssen sie das System EWLV Hand in Hand organisatorisch verändern, stärker für Drittanbieter öffnen und auf Augenhöhe weiterentwickeln. Hier bestehen seitens der Privatwirtschaft bereits attraktive Lösungsansätze. Sagt das Parlament ja zu Förderung des EWLV und stärkt damit den intramodalen Wettbewerb, so könnten die Verlader und Güterbahnen auf Trotzreaktionen verzichten. Stattdessen könnten sie – gemeinsam mit den SBB – die Chance ergreifen, sich endlich vom monopolistischen EWLV loszueisen und ein eigenwirtschaftliches, breit abgestütztes Netzwerkangebot zu entwickeln.