FINANZIERUNG
Finanzierung ist ein Thema, bei dem es sich lohnt, genauer hinzuschauen.
Anhörung
Steuern, Abgaben
- 31.08.2022: Bundesrat beschliesst die Modernisierung des Erhebungssystems der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe
- Informationen zur Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe LSVA
- LSVA-Rechner von ASTAG
- Erneuerung der technischen Infrastruktur der Schwerverkehrsabgabe (LSVA) per 2025
- Landesindex der Konsumentenpreise
Finanzhilfen

SBB Cargo baut Einzelwagenladungsverkehr ab – statt um
Mit dem revidierten Gütertransportgesetz (GüTG) wollte das Parlament den Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) stärken. Mit ihrer Preispolitik tut SBB Cargo exakt das Gegenteil – im Schnellzugstempo. Und dies alles, noch bevor das revidierte Gesetz mit der entsprechenden Verordnung in Kraft ist.
Darum geht’s:
- Horrende Preiserhöhungen führen zu Verlagerung auf Strasse
- Verlader waren bereit, moderat höhere Preise zu bezahlen
- Abbau widerspricht dem Willen des Parlaments grundlegend
- Licht am Horizont: Politik nimmt sich der Sache an
- Bundesrat und Parlament müssen sofort Notbremse ziehen
Horrende Preiserhöhungen führen zu Verlagerung auf Strasse
Am 20. September 2025 hat SBB Cargo eine Mitteilung publiziert, die aufhorchen lässt. Darin sprechen die Verantwortlichen von einer Sicherung des umweltfreundlichen Schienengüterverkehrs und von Arbeitsplätzen in der Schweiz. Leider geschieht zurzeit das Gegenteil. SBB Cargo hat über die letzten Monate teils horrenden Preiserhöhungen vorgenommen. Das führt dazu, dass viele Kunden der verladenden Wirtschaft in Zukunft noch stärker oder sogar ausschliesslich auf den Transport auf der Strasse setzen. Dies bestätigen zahllose Rückmeldungen aus der VAP-Mitgliedschaft. Diese ist sich einig: Die Verlader würden auch zukünftig auf den Schienengüterverkehr setzen, allerdings ist dieser angesichts der von SBB Cargo geforderten Preisen gegenüber der Strasse nicht mehr länger konkurrenzfähig.
Verlader waren bereit, moderat höhere Preise zu bezahlen
Ursprünglich wollte das Parlament den EWLV eigenwirtschaftlich machen. Dazu soll dieser acht Jahre finanziell gefördert werden, wobei für die ersten vier Jahre 260 Mio. CHF zur Verfügung gestellt werden. Zudem stellt der Bund einmalig 180 Mio. CHF für die digitale automatische Kupplung (DAK) im Schienengüterverkehr bereit. Der Weg zur Eigenwirtschaftlichkeit war so gedacht: Die Verlader tragen mit moderaten Preiserhöhungen, SBB Cargo mit mehr Produktivität und Effizienz und der Bund mit der befristeten Förderung ihren Teil dazu bei. Dazu hätten der VAP und seine Mitglieder Hand geboten; die Verlader wären grösstenteils bereit gewesen, diesen Preis für einen eigenwirtschaftlichen EWLV zu bezahlen.
Nun geschieht ein Abbau des Defizits von SBB Cargo fast ausschliesslich zulasten der Verlader. Für die wenigsten Verlader besteht so weiterhin ein Anreiz, auf den Schienengüterverkehr zu setzen. Das führt zu einem einschneidenden Abbau von Schienengüterinfrastruktur. Angesichts der hohen Anfangsinvestitionen dürften sich diese Firmen in Zukunft kaum je wieder auf die Schiene setzen, womit der EWLV und somit der Schienengüterverkehr nachhaltig abgebaut werden. Für Bundesrat und Parlament wird dieser irreversible Abbau der Gütermengen auf der Schiene spätestens nach vier Jahren ersichtlich.
Abbau widerspricht dem Willen des Parlaments grundlegend
Die aktuellen Entwicklungen entsprechen nicht dem Willen des Parlaments. Dieses wollte den EWLV stärken, unter anderem um die Dekarbonisierung des Verkehrs voranzutreiben und das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen. Ohne einen leistungsstarken EWLV rückt dieses Ziel in immer weitere Ferne. Und letztlich hat auch das Volks-Nein zum Autobahnausbau im November 2024 dazu beigetragen, dass sich ein Kollaps auf der Strasse nur verhindern lässt, wenn möglichst viele Güter auf der Schiene transportiert werden.
Licht am Horizont: Politik nimmt sich der Sache an
Erfreulich ist, dass die Politik sich der Sache annimmt. So hat Ständerätin Eva Herzog am 25. September 2025 die Motion 25.4147 «Sicherung des Leistungsniveaus bei SBB Cargo inklusive Erhalt eines Kernnetzes im kombinierten Güterverkehr» eingereicht. Die Motion verlangt, dass SBB Cargo die Preise ab 2026 maximal noch um die Teuerung erhöhen kann. Demnach müsste SBB Cargo die Eigenwirtschaftlichkeit hauptsächlich durch einen produktiveren und effizienteren Betrieb sicherstellen, wie es auch vom Parlament im GüTG gedacht war. Bedauerlicherweise hat SBB Cargo in der Zwischenzeit Tatsachen geschaffen: Bereits hat sich ein beträchtlicher Teil der Kundschaft des EWLV von der Schiene abgewandt.
Bundesrat und Parlament müssen sofort Notbremse ziehen
Der VAP appelliert an den Bundesrat und ans Parlament, der Praxis von SBB Cargo mit Preiserhöhungen im teils zweistelligen Bereich sofort Einhalt zu gebieten. Dieses eigenmächtige Vorgehen von SBB Cargo treibt immer mehr Verlader vom EWLV auf die Strasse – was dem Willen der Politik und den Bestrebungen der Schweiz zur Dekarbonisierung diametral entgegenläuft.

Herbstsession 2025: Wichtige Geschäfte ins Rollen gebracht
- Einstellung der Rola wirft Fragen auf
- Nationalrat sichert Mittel für die Verlagerungspolitik
- Ausbau des linksrheinischen NEAT-Zubringers erneut zur Debatte
- Weitere Fragen und Antworten zu CST
- Alimentierung und Liquidität des BIF ist sichergestellt
Die KVF beider Räte sowie der Bundesrat empfahlen die Vorlage zur Annahme. Der Ständerat als Erstrat hat das Geschäft angenommen. Der VAP lehnt die Motion 25.3953 ab, da sich das Parlament bereits für die Kommissionsmotion 25.3949 ausgesprochen hat.

Schwerer Schlag gegen den Schienengüterverkehr
Am 11. September 2025 hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) als Antwort auf den SUST-Bericht zusätzliche Sicherheitsmassnahmen für den Schienengüterverkehr der Schweiz verordnet. Die Massnahmen sind einschneidend und erschüttern den Schienengüterverkehr in seinen Grundfesten. Die Politik ist aufgefordert, rasch zu reagieren und den Niedergang des Schienengüterverkehrs unverzüglich zu stoppen.
Darum geht’s:
- Massnahmen mit fatalen Folgen – trotz konstruktiver Vorschläge des VAP
- Klima- und verkehrspolitische Ziele infrage gestellt
- Vorgängige Appelle der Branche verpuffen ungehört
- Massnahmen sind in der vorgegebenen Frist nicht umsetzbar
- SBB doppeln nach
- Niedergang des Schienengüterverkehrs schreitet voran
Massnahmen mit fatalen Folgen – trotz konstruktiver Vorschläge des VAP
Im Rahmen der beiden runden Tische zur Erarbeitung von Massnahmen für mehr Sicherheit im Schienengüterverkehr haben die Mitglieder des Verbands der verladenden Wirtschaft (VAP) konstruktive Vorschläge unterbreitet. Damit wollen sie die bereits heute sehr hohe Sicherheit im Schienengüterverkehr mit verhältnismässigen und ausgewogenen Massnahmen erhöhen und gleichzeitig die Branche nicht schwächen. Doch genau Letzteres ist nun geschehen: Die veränderten Rahmenbedingungen verschlechtern die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn und führen ohne einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn zu Rückverlagerungen auf die Strasse. Vor allem aber ist die Branche über die unverhältnismässigen Massnahmen und die zeitlichen Vorgaben konsterniert. Die Massnahmen sind in der vorgesehenen Frist nicht umsetzbar.
Klima- und verkehrspolitische Ziele infrage gestellt
Die Gangart des BAV erstaunt. Denn sowohl das Parlament als auch die Bevölkerung haben dem Schienengüterverkehr in den letzten Jahren immer wieder den Rücken gestärkt. So gibt es für die Verkehrsverlagerung im alpenquerenden Transit einen Verfassungsauftrag. Und auch den inländischen Schienengüterverkehr hat das Parlament mit der Revision des Gütertransportgesetzes (GüTG) wiederholt gefördert. Zudem ist unbestritten, dass es einen leistungsstarken Schienengüterverkehr braucht, wenn die Schweiz das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichen will. Letztlich zeigt auch das Nein der Bevölkerung zum Autobahnausbau, wie zentral die Verlagerung von Gütern auf die Schiene zur Entlastung der Strasse ist – und bleibt. Mit den vom BAV verordneten Verschärfungen rücken diese Ziele in immer weitere Ferne.
Vorgängige Appelle der Branche verpuffen ungehört
Die verladende Wirtschaft hat das BAV vor dessen Entscheid in einem Schreiben nachdrücklich darauf hingewiesen, wie zentral der Schienengüterverkehr für die Wirtschaft ist und dass der Gesetzgeber neue Massnahmen mit Augenmass erlassen muss. Das Schreiben wies auf drohende wirtschaftliche Verwerfungen und die Gefährdung der Landesversorgung hin. Dass diese Warnrufe beim BAV ungehört verhallten, ist nicht nachvollziehbar und wirft Fragen auf.
Massnahmen sind in der vorgegebenen Frist nicht umsetzbar
Für branchenweites Stirnrunzeln sorgt auch die äusserst kurze Frist bis zur Umsetzung der Massnahmen. Diese sollen ab dem 1. Januar 2026 in Kraft treten. Das ist aus praktischen Gründen unrealistisch und für die Branche nicht nachvollziehbar. Das BAV schiebt die scheinbare Lösung der angeblichen Sicherheitsprobleme auf die Wagenhalter ab, ohne die Thematik technisch oder wirtschaftlich ausreichend zu würdigen. Und das, obwohl das BAV von den Branchenakteuren darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass die Kapazitäten der Werkstätten für die Instandhaltung von Güterwagen schon heute begrenzt sind. Die Konsequenzen daraus fanden in der Verordnung keine Berücksichtigung. Auch wurden zu den beschlossenen Massnahmen vorgängig keine Folgenabschätzungen (Impact Assessments) durchgeführt, etwas, das in der Europäischen Union bei staatlichen Eingriffen wie demjenigen des BAV Normalität ist. Und letztlich sorgt das BAV mit seinen Massnahmen dafür, dass die in Vergangenheit getätigten Investitionen in die Erhöhung der Sicherheit infrage gestellt werden und den zukünftigen Anreiz, dies zu tun, faktisch eliminieren.
SBB doppeln nach
Die postwendende und euphorische Stellungnahme der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) auf die Kommunikation des BAV erstaunt insbesondere auch deshalb, weil sie darin zum wiederholten Mal unter dem Vorwand von mehr Sicherheit – die nächste Forderung nach einer Haftungsbeteiligung der Wagenhalter platzieren. Letztere hat das Parlament Ende 2024 eben erst abgelehnt.
Gerade auch vor dem Hintergrund der weitgehenden Einstellung der wichtigen Zugskontrolle vor der Abfahrt durch die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) stellt sich die Frage, weshalb das BAV sowohl SBB Cargo als auch die anderen EVU bei den Massnahmen fast vollständig aus der Verantwortung entlässt.
Niedergang des Schienengüterverkehrs schreitet voran
Der Schienengüterverkehr gehört zu den sichersten Verkehrsträgern. Die vom VAP vorgeschlagenen und in Absprache mit europäischen Expertengremien entwickelten Massnahmen für Sicherheit auf der Schiene hat das BAV übergangen. Stattdessen hat es Massnahmen verordnet, die die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene empfindlich senken. Dieser Feldzug trifft den Schienengüterverkehr in einer Situation, in der die Güterbahnvolumen praktisch ausnahmslos zurückgehen. Undenkbar, dass das im Sinne von Politik und Bevölkerung geschieht. Die Branchenakteure hoffen, dass Politik und Verwaltung zumindest diesen Weckruf nicht ungehört verhallen lassen. Ansonsten besteht die ernsthafte Gefahr, dass es den Schienengüterverkehr bald nur noch als Modelleisenbahn oder im Verkehrshaus gibt.

BAV-Massnahmen stellen Schienengüterverkehr infrage
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat am 11. September 2025 die angekündigten Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Schienengüterverkehr konkretisiert. Damit reagiert die Bundesbehörde auf den Bericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) zum Unfall im Gotthardbasistunnel. Gemäss BAV ist mit den Massnahmen unverzüglich zu beginnen und sie müssen bis spätestens 31. Dezember 2025 umgesetzt sein. Sie erschüttern den Schienengüterverkehr in seinen Grundfesten und die damit einhergehenden Mehrkosten sind vor allem für die Wagenhalter enorm. Zudem ist weder für die Wagenhalter noch für die Werkstätten klar, wie sie diese Massnahmen in so kurzer Zeit umsetzen sollen. Kurzfristig drohen wirtschaftliche Verwerfungen, mittelfristig wird die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Schienengüterverkehrs massiv gesenkt.
Darum geht’s:
- Sicherheit hat höchste Priorität
- Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit bleiben auf der Strecke
- Kapazitätsengpässe in der Wirtschaft dürften gravierend sein
- Umsetzung setzt grosse Fragezeichen
- Europäische Interoperabilität wird unterwandert
- Lasten ungleich auf die Marktakteure verteilt
- Weichenstellung mit Langzeitfolgen
Sicherheit hat höchste Priorität
Am 11. September 2025 hat das BAV die konkreten Massnahmen als Reaktion auf den SUST-Bericht kommuniziert. Dies geschah, nachdem das BAV nach der Publikation des SUST-Berichts zwei Runde Tische mit Branchenvertretern einberufen hatte. Ziel dieses Dialogs war das Festlegen von Massnahmen, um die bereits hohe Sicherheit des Schienengüterverkehrs weiter zu verbessern. Gemäss BFS soll mit den Massnahmen unverzüglich begonnen werden und sie sollen bis spätestens 31. Dezember 2025 umgesetzt sein.
Sicherheit hat auch für die Mitglieder des VAP allerhöchste Priorität. Trotzdem ist es falsch und gefährlich, absolute Sicherheit zu suggerieren. Es gilt, den Nutzen von zusätzlichen und restriktiveren Massnahmen den Mehrkosten gegenüberzustellen und mit Augenmass zu entscheiden. Dabei ist festzuhalten, dass die vom BAV verordneten Massnahmen das Potenzial haben, die Sicherheit im gesamten Güterverkehr zu reduzieren. Dies, weil die Massnahmen und die damit einhergehenden horrenden Kosten mittelfristig zu einer Verlagerung der Gütertransporte von der Schiene auf die um ein Vielfaches gefährlichere Strasse führen werden.
Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit bleiben auf der Strecke
Der VAP sieht es als seine Aufgabe, die Massnahmen auf Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit für die Branche im Allgemeinen und die Wagenhalter im Besonderen zu beurteilen. Zudem sollen die Akteure des Schienengüterverkehrs die Kosten der Massnahmen möglichst zu gleichen Teilen tragen. Angesprochen sind hauptsächlich die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) in ihrer Rolle als Beförderer, die Wagenhalter und die Infrastrukturbetreiber. Nur wenn sie alle ihren Pflichten nachkommen, lässt sich das hohe Niveau an Sicherheit aufrechterhalten und verbessern. Denn nicht eine einzelne Massnahme, sondern deren Vielzahl und Zusammenspiel machen das Gesamtsystem sicher.
Kapazitätsengpässe in der Wirtschaft dürften gravierend sein
Mit den neuen Massnahmen nimmt das BAV die Wagenhalter im Vergleich zu anderen Akteuren überdurchschnittlich stark in die Pflicht. Insbesondere die substanzielle Senkung des Instandhaltungsintervalls wird die Verfügbarkeit von Güterwagen und die Wirtschaftlichkeit der Betriebe massiv beeinträchtigen. Denn die vom BAV verfügten Instandhaltungsintervalle werden zu einer äusserst starken, bisher noch nicht abschliessend quantifizierbaren Reduktion der Verfügbarkeit von Güterwagen führen. Dadurch führt diese Massnahme kurzfristig zu Engpässen bei der verladenden Wirtschaft, die das Potenzial haben, die Versorgungssicherheit im Land zu gefährden. Diese Thematik kam im Vorfeld und auch an den Runden Tischen oft zur Sprache, ist beim BAV jedoch überraschend wenig in die Entscheidungsfindung eingeflossen.
Mittelfristig werden die beschlossenen Massnahmen die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber der Strasse weiter verschlechtern und die Verlagerung von der Schiene auf die Strasse stark beschleunigen. Und dies alles in einer Zeit, in der der Schienengüterverkehr bereits an vielen Fronten kräftig unter Druck steht. Diese Konsequenzen stehen im grossen Widerspruch zum Willen für mehr Schienengüterverkehr, der auch im Parlament mit der Verabschiedung des Gütertransportgesetzes einmal mehr zum Ausdruck gebracht wurde. Die vom BAV verordneten Massnahmen laufen diesem Willen zuwider.
Umsetzung setzt grosse Fragezeichen
Für den VAP ist heute nicht absehbar, wie die Massnahmen in der äusserst kurzen Frist bis zur Inkraftsetzung umgesetzt werden sollen. Denn schon heute fehlen den Instandhaltungsfirmen Kapazitäten, Ressourcen und Komponenten. Diese Situation wird sich als Folge der BAV-Massnahmen weiter verschärfen. Es ist zu befürchten, dass Güterwagen nicht nur öfter, sondern vor allem länger in den Instandhaltungsfirmen stehen, als bisher. Hinzu kommt, dass die Zahl der Leerwagentransporte zu und von den Werkstätten signifikant steigen wird. Auch dies werden vorerst vor allem die verladenden Betriebe spüren, da sie zum Transport derselben Gütermenge mehr Wagen beziehen müssen. Als Konsequenz daraus dürften sich mittelfristig mehr und mehr Verlader vom Schienengüterverkehr abwenden und ihre Güter auf der Strasse befördern.
Europäische Interoperabilität wird unterwandert
Da der Schienengüterverkehr europaweit integriert ist, machen die Auswirkungen der BAV-Massnahmen nicht an den Landesgrenzen halt. Wagenhalter ausserhalb der Schweiz können kaum feststellen, ob einer ihrer vermieteten Güterwagen Schweizer Gleise befährt, da die Kunden die verfügbaren Wagen im Sinne der Interoperabilität frei disponieren. Die vom BAV verordneten Massnahmen dürften dazu führen, dass die Wagenhalter den Schweizer Markt nicht mehr und wenn überhaupt mit eigens für die Schweiz gewarteten Flotten bedienen werden. Dies bedeutet ein weiterer administrativer Aufwand, der die Kosten in die Höhe treiben und die Attraktivität des Schienengüterverkehrs senken wird.
Lasten ungleich auf die Marktakteure verteilt
Die Wagenhalter müssen die Finanzierung der Kosten fast vollumfänglich allein tragen, unabhängig vom deutlich steigenden und bis heute nicht definierten zusätzlichen Organisationsaufwand. Weder den EVUs als Beförderer noch den Infrastrukturbetreibern hat das BAV ähnlich einschneidende Massnahmen auferlegt. Dies überrascht, denn es gibt keinen plausiblen Grund, sie weniger in die Pflicht zu nehmen als die Wagenhalter. Auch zu diesem Thema wurden an den Gesprächen der Runden Tische konkrete Massnahmen für beide Akteure aufgezeigt.
Wie für alle Beteiligten ist auch für den VAP klar, dass man nach einem Unfall wie demjenigen im Gotthardbasistunnel mit massiven – zum Glück nur finanziellen – Kosten nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Es ist aber auch so, dass die Wagenhalter schon immer viel investiert haben und fortlaufend mehr in die Sicherheit ihrer Güterwagen investieren. Schon in Vergangenheit setzten sie jährlich wirksame Massnahmen im Umfang von 40 Mio. Euro um. Von Anfang an hat der VAP als Stimme der Wagenhalter Hand für Massnahmen geboten, die das bereits hohe Sicherheitsniveau der Schiene weiter erhöht und gleichzeitig der Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit Rechnung getragen hätten.
Weichenstellung mit Langzeitfolgen
Die Massnahmen sind für die verladende Wirtschaft einschneidend. Noch ist keine abschliessende Abschätzung der Folgen und Kosten für den Schienengüterverkehr möglich – zu komplex ist das System und zu kompliziert sind die verfügten Massnahmen. Klar ist jedoch schon heute, dass der Schienengüterverkehr wie wir ihn bis anhin kannten fundamental verändert wird.
Die höheren Kosten für die Instandhaltung und Zuführung zu Werkstätten müssen kurzfristig die Wagenhalter tragen. Mittelfristig jedoch wirken sich die Massnahmen äusserst negativ auf den Schienengüterverkehr aus. Denn wegen der steigenden Kosten werden weitere Unternehmen ihre Güter in Zukunft auf der Strasse statt auf der Schiene transportieren. Die Sicherheit ist damit nicht erhöht, im Gegenteil wird der Güterverkehr mit der höheren Unfallwahrscheinlichkeit beim Transport auf der Strasse insgesamt unsicherer.




Gekommen, um zu bleiben: der Schienengüterverkehr
Die Zukunft des Schienengüterverkehrs wird derzeit heiss diskutiert. Sie stand auch im Mittelpunkt des Forums Güterverkehr vom 14. Mai 2025 im Glockenhof in Zürich. In diesem Blogbeitrag verfeinert VAP-Geschäftsführer Dr. Simon Wey die wichtigsten Erkenntnisse daraus mit seinen Gedanken zu Tempo, Streckenführung und Signalisation auf der strukturellen und technologischen Weiterfahrt des Schienengüterverkehrs Richtung Zukunft.
Darum geht’s:
- Rückverlagerung funktioniert nicht
- Wachstum vs. Fortschritt
- DAK ermöglicht Quantensprung
- Jetzt oder nie!
Rückverlagerung funktioniert nicht
Der Schienengüterverkehr ist ein wahrer Allrounder: fleissig, meist nachtaktiv, kraftvoll. Wir nehmen ihn kaum wahr und trotzdem wäre der Wohlstand ohne ihn unvorstellbar. Damit bildet er das Rückgrat unserer Volkswirtschaft – effizient, umweltfreundlich und unverzichtbar. Es stellt sich also nicht die Frage, ob, sondern wie man den Schienengüterverkehr stärken kann, damit er den wachsenden Gütermengen gerecht wird. Denn eine Verlagerung auf die Strasse wird nicht funktionieren, selbst wenn man es wollte. Es ist nämlich bereits eng auf den Schweizer Strassen – und wird täglich enger.
Wachstum vs. Fortschritt
Um den Stellenwert des Schienengüterverkehrs fassbarer zu machen, hilft das folgende statistische Gedankenexperiment: Es bräuchte rund 650’000 zusätzliche Lastwagenfahrten, um die jährliche Gütermenge des Einzelwagenladungsverkehrs (EWLV) in der Schweiz mit Transporten auf der Strasse zu kompensieren. So viele zusätzliche LKWs verursachten Dauerstaus, das System Strasse würde schlicht kollabieren.
Bis 2050 prognostiziert das Bundesamt für Raumentwicklung in seinen «Verkehrsperspektiven 2050» einen Anstieg des Güterverkehrs in Tonnenkilometern von 31 Prozent. Dabei rechnet es mit einem leicht rückläufigen Anteil der Strasse im Vergleich zur Schiene. Heute stehen der hohe Stellenwert der Schiene und deren technologischer Zustand in einem krassen Gegensatz. Seit dem 19. Jahrhundert werden die Waggons mechanisch gekuppelt und mit Luftdruck gebremst, also nach dem analogen Prinzip: Ein/Aus. Gleichzeitig schreiten die technologischen Entwicklungen bei Lokomotiven im Schnellzugtempo voran.
DAK ermöglicht Quantensprung
Die Akteure des Schienengüterverkehrs sind sich einig darüber, dass kein Weg an einer (digitalen) Transformation des bestehenden Rollmaterials vorbeiführt. Der technologische Fortschritt braucht hier endlich freie Bahn, und zwar lieber heute als morgen. Nur so lassen sich die anstehenden Herausforderungen meistern und eine Rückverlagerung auf die Strasse verhindern.
Einen regelrechten Quantensprung ermöglicht die Einführung der digitalen automatischen Kupplung (DAK). Für deren Einführung hat die Politik der Branche einen einmaligen Förderbeitrag von 180 Mio. Schweizer Franken ab 2026 in Aussicht gestellt. Dasselbe Ziel verfolgen die 260 Mio. Schweizer Franken für die ersten vier Jahre. Dieser finanzielle Rückenwind soll dazu beitragen, den EWLV eigenwirtschaftlich zu machen (vgl. VAP-Blogbeitrag «Frühjahrssession 2025: Vielleicht letzte Chance für den Einzelwagenladungsverkehr»).
Jetzt oder nie!
Das alles zeigt: In der Frage nach der Wichtigkeit und der technologischen Transformation des Schienengüterverkehrs stimmt die Politik von Links bis Rechts für einmal überein. Offen ist, ob die Branche diesen Steilpass in den vier respektive acht Jahren der befristeten Förderung tatsächlich verwerten kann. Bleibt der EWLV danach weiterhin defizitär, so wird der Ruf nach einer unbefristeten Subvention unüberhörbar. Für den VAP ist das allerdings keine Option mit Zukunft. Viel mehr wird er alles daransetzen, dass die Güterbahnakteure der Eigenwirtschaftlichkeit in den nächsten Jahren näherkommen – Kilometer für Kilometer.
Hier geht’s zur vollständigen Eröffnungsrede von Dr. Simon Wey anlässlich des Forums Güterverkehr vom 14. Mai 2025.

Bundesrat schickt Gütertransportverordnung in die Vernehmlassung
Am 30. April 2025 hat der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen zum totalrevidierten Gütertransportgesetz (GüTG) in die Vernehmlassung geschickt. Damit konkretisiert er den Auftrag des Parlaments, das sich in der Frühjahrssession 2025 für eine Stärkung des Schienengüterverkehrs ausgesprochen hatte. Der VAP wird sich gemeinsam mit weiteren Branchenakteuren zu diesem Schlüsseldossier äussern.
Darum geht’s:
- Bundesrat verfolgt sportlichen Fahrplan
- Grünes Licht für diverse Förderinstrumente
- Anforderungen dürfen nicht zum Stolperstein werden
- Keine Verwässerung der Anreize zur Verlagerung auf die Schiene
- Erfolg und Misserfolg liegen nahe beieinander
Bundesrat verfolgt sportlichen Fahrplan
In seiner letzten April-Sitzung hat der Bundesrat den Entwurf der Gütertransportverordnung (GüTV) und weitere Umsetzungsbestimmungen in die Vernehmlassung gegeben. Diese dauert bis am 12. August 2025. Demnach konkretisiert die Regierung die vom Parlament beschlossenen Massnahmen im Eilzugstempo. In der Frühjahrssession 2025 hatten National- und Ständerat ihre letzten Differenzen bereinigt und das revidierte GüTG definitiv verabschiedet. Damit sprach sich das Parlament für einen gestärkten und kompetitiven Güterverkehr auf der Schiene aus. Bereits am 1. Januar 2026 sollen sowohl das GüTG als auch die Ausführungsbestimmungen in Kraft treten.
Grünes Licht für neue Förderinstrumente
Der Vernehmlassungsentwurf umfasst eine Reihe von Massnahmen zur Stärkung des Transports von Gütern per Bahn und Schiff. Die wichtigsten Massnahmen für unsere Branche auf einen Blick:
- Leistungsvereinbarungen mit Anbietern von Einzelwagenladungsverkehr (EWLV)
- Umschlags- und Verladebeiträge an Anlagenbetreiber oder ‑benützer
- Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen
- Pauschalbeiträge zur Einführung der digitalen automatischen Kupplung (DAK)
Anforderungen dürfen nicht zum Stolperstein werden
Mit 260 Millionen Franken gefördert werden Anbieter von EWLV über Leistungsvereinbarungen zwischen Bund und Anbietern. Diese finanzielle Förderung hat das Parlament vorerst auf acht Jahre befristetet, wobei sie über zwei Mal vier Jahre erfolgen soll. Zur Festlegung des Verfahrens erlässt das Bundesamt für Verkehr (BAV) eine Richtlinie.
Mit SBB Cargo wird sich ein marktstarkes Unternehmen für diese Fördermittel bewerben. Die Gefahr besteht darin, dass die Anforderungen für den Erhalt der Fördermittel so hoch ausgestaltet werden, dass sie für potenzielle neue Anbieter von EWLV zur Markteintrittsbarriere werden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ein Eintritt in diesen Markt bereits heute äusserst anspruchsvoll ist. Demnach soll der Erhalt dieser Förderung den Anbietern nicht als weiteren Stolperstein in den Weg gelegt werden.
Keine Verwässerung der Anreize zur Verlagerung auf die Schiene
Die Umschlags- und Verladebeiträge sollen durch eine Abschaffung der Rückerstattung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) im Vor- und Nachlauf des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV) finanziert werden. Hier besteht die Krux darin, die Anforderungen für den Erhalt dieser Beiträge so auszugestalten, dass der Anreiz zum Verlad auf die Schiene für die Adressaten möglichst hoch wird. Wie hilfreich dabei Unter- und Obergrenzen sind, ist im Rahmen der Stellungnahme zu prüfen.
Erfolg und Misserfolg liegen nahe beieinander
Der VAP wird gemeinsam mit seinen Mitgliedern alles daransetzen, beim BAV eine breit abgestützte Stellungnahme einzureichen. Im Zentrum dieser Debatte stehen die gesprochenen Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen, die Leistungsvereinbarung für Anbieter von EWLV sowie die Beiträge an Anlagenbetreiber oder ‑benützer. Durch die Abschaffung der LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf zum UKV werden nämlich keine neuen Fördermittel fliessen, sondern lediglich die Adressaten geändert. Auch begrüsst der VAP die veranschlagten 180 Millionen Franken für die DAK-Migration. Deren Einführung wird nicht nur die Produktivität im EWLV-Gesamtsystem stark erhöhen, sondern auch das Ziel der Eigenwirtschaftlichkeit greifbar machen.
Insgesamt lohnt sich eine genau Prüfung der Ausführungsbestimmungen, denn geringfügige Änderungen können über Erfolg und Misserfolg der Gesetzesrevision entscheiden.

Frühjahrssession 2025: Vielleicht letzte Chance für den Einzelwagenladungsverkehr
In der Frühjahrssession 2025 haben National- und Ständerat ihre letzten Differenzen im Ringen um die Revision des Gütertransportgesetzes (GüTG) bereinigt. Wir vom VAP begrüssen die definitive Verabschiedung des Dossiers. Damit macht das Parlament den Weg frei für Eigenwirtschaftlichkeit, mehr Markt und mehr Wettbewerb im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV). Es liegt nun an allen Akteuren, diese vielleicht letzte Chance zu ergreifen.
Darum geht’s:
- Parlament bewilligt umfangreiche Fördermittel
- Räte räumen ihre Meinungsverschiedenheiten endgültig aus
- Zugunsten von mehr Transparenz und Wettbewerb entschieden
- Alle EWLV-Akteure gefragt – einer ganz besonders
Parlament bewilligt umfangreiche Fördermittel
Am 17. März 2025 haben die beiden Räte ihre Beratungen zur Revision des GüTG abgeschlossen. Mit dem totalrevidierten Gesetz wollen Bundesrat und Parlament die Branche des Schienengüterverkehrs befristet unterstützen (vgl. Blogbeitrag «GüTG: Die Richtung stimmt, der Weg bleibt steinig»). Mit der Bewilligung von 260 Mio. CHF über vier Jahre ab 2026 verschafft die Legislative der Branche Zeit, um ihre Effizienz mit neuen Instrumenten zu erhöhen. Die Förderung des EWLV wird auf acht Jahre befristet.
Ebenfalls gefördert wird die digitale automatische Kupplung (DAK). Deren Einführung soll mit einem einmaligen Kredit von 180 Mio. CHF unterstützt werden. Die geplanten Massnahmen dürften den Bundeshaushalt nicht weiter belasten, da die Finanzierung mit Geldern aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe erfolgt.
Räte räumen ihre Meinungsverschiedenheiten endgültig aus
Ein von Mitte-links im Nationalrat eingebrachtes Verlagerungsziel wurde nur wenig später vom Ständerat wieder gestrichen. Ein Minderheitsantrag, der eine Stabilisierung des Anteils der Gütertransporte auf der Schiene anstrebte, fand ebenfalls keine Mehrheit. Nach dem Ständerat strich am 16. März 2025 auch eine Mitte-rechts-Mehrheit im Nationalrat dieses Ziel wieder aus dem Gesetzesentwurf, womit es definitiv vom Tisch ist. Bereits heute hat der Bundesrat einen Verlagerungsauftrag für den alpenquerenden Güterverkehr, nicht jedoch für den EWLV.
Zugunsten von Transparenz und Wettbewerb entschieden
Erfreulicherweise hat das Parlament weitere Anträge aus dem Ständerat gutgeheissen, die den Wettbewerb im EWLV stärken, Transparenz fördern und die Ausgaben beschränken wollen. So sind Quersubventionierungen aus dem staatlich unterstützten Angebot im EWLV in nicht geförderte Unternehmensbereiche sowie anderweitige Marktverzerrungen durch EWLV-Anbietende zu verhindern. Dazu definiert und überwacht der Bund entsprechende organisatorische Massnahmen. Weiter soll SBB Cargo die im EWLV erbrachten Leistungen zu Marktkonditionen anbieten und Finanzflüsse, die Kosten- und Ertragsentwicklung im EWLV sowie Indikatoren zur Eigenwirtschaftlichkeit jährlich im Geschäftsbericht offenlegen. Für das Bereitstellen der notwendigen Vorkehrungen zur Nachverfolgung der Zielerreichung ist das Bundesamt für Verkehr (BAV) zuständig.
Alle EWLV-Akteure gefragt – einer ganz besonders
Die DAK allein kann den EWLV kaum zur Eigenwirtschaftlichkeit führen. Damit das revidierte GüTG Wirkung entfaltet, müssen alle involvierten Kräfte zur Erhöhung der Produktivität im EWLV beitragen. Die Hauptverantwortung für eine erfolgreiche Zielerreichung liegt bei SBB Cargo. Die Güterverkehrstochter des SBB-Konzerns hat zweifellos den grössten Stellhebel zur Erreichung der Eigenwirtschaftlichkeit im EWLV.

129 neue Loks für SBB Cargo: Wie geht das?
SBB Cargo will ihre Flotte bis 2035 mit bis zu 129 modernen Streckenlokomotiven erneuern. Gleichzeitig beklagt sie hohe Fixkosten im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV), hat ihre Preise über die letzten Monate übermässig erhöht und ihr Angebot abgebaut. Das birgt die akute Gefahr einer Rückverlagerung auf die Strasse. Wir vom VAP stellen die Grossbestellung in Frage und verlangen mehr Transparenz.
Darum geht’s:
- SBB Cargo investiert in die Zukunft des Schienengüterverkehrs
- Preissteigerungen und Angebotsabbau vergraulen Güterbahnkunden
- VAP hinterfragt betriebswirtschaftliche Argumentation und fordert Transparenz
SBB Cargo investiert in die Zukunft des Schienengüterverkehrs
SBB Cargo will ihre Flotte modernisieren und damit die Zukunft des Güterverkehrs auf der Schiene sichern. In einer Medienmitteilung vom 26. September 2024 hat sie die Beschaffung von bis zu 129 neuen Streckenlokomotiven angekündigt. Die neuen Loks sollen von 2027 bis 2035 ausgeliefert werden und die veralteten Zugfahrzeuge ersetzen. SBB Cargo stellt ihre Entscheidung als Notwendigkeit dar, um den Schienengüterverkehr für die Zukunft fit zu machen, was begrüssenswert ist. Die neuen Loks sind effizienter, leistungsfähiger und mit innovativen Technologien wie einem Batterieantrieb für Verkehre auf der letzten Meile ausgestattet. So will SBB Cargo die Betriebskosten um 60% senken und zur Automatisierung des Güterverkehrs beitragen.
Preissteigerungen und Angebotsabbau vergraulen Bahnkunden
Uns vom VAP stellt sich eine zentrale Frage: Wie passt die grossangelegte Beschaffung von 129 Lokomotiven mit der aktuellen Geschäftsentwicklung und ‑praktik von SBB Cargo zusammen? In den vergangenen Monaten hat SBB Cargo ihre Güterbahnkunden mit massiven Preiserhöhungen und einem Abbau im Angebot konfrontiert (vgl. VAP-Blogartikel «Totalrevision GüTG: Die Stimmung der Branche droht zu kippen». Dieses marktverzerrende Verhalten könnte eine Reduktion der Volumen im Schienengüterverkehr und eine vermehrte Verlagerung auf die Strasse zur Folge haben. Tritt dieser Fall tatsächlich ein, lässt sich eine derart umfassende Investition nicht rechtfertigen.
VAP hinterfragt betriebswirtschaftliche Argumentation und fordert Transparenz
SBB Cargo hält sich zu den betrieblichen und finanziellen Wirkungen des Grossprojekts leider bedeckt. Das ist dem Vertrauen in die staatliche Güterverkehrstochter nicht gerade zuträglich. Immerhin geht es um Investitionen im dreistelligen Millionenbereich, die unter der Prämisse der Eigenwirtschaftlichkeit die Güterbahnkunden tragen müssen. Deshalb halten wir es für unerlässlich, dass SBB Cargo ihre Überlegungen offenlegt. Im Weiteren regen wir an, dass sie die Zahl der Lokomotiven überdenkt und als Ergänzung zum Kauf eine Miete oder einen Teilkauf mit Option auf mehr Loks in Betracht zieht.

Die Digitalisierung des Schienengüterverkehrs nimmt Fahrt auf
Die Politik passt die Rahmenbedingungen für die Migration zur digitalen automatischen Kupplung (DAK) an und die Technologie für den künftigen Standard wird Schritt für Schritt festgelegt. Die Schweiz stimmt ihren Einführungsprozess auf denjenigen in Europa ab. Als Branchenakteure wollen wir vom VAP die Zulassung für den kommerziellen Verkehr vorantreiben und übernehmen deshalb eine Schlüsselrolle in der Koordination und Dokumentation der entsprechenden Projekte.
Darum geht’s:
- Ständerat gibt grünes Licht für die DAK und den Einzelwagenladungsverkehr
- GüTG mit europäischem Fahrplan harmonisiert
- Technologie muss sich als Standard beweisen
- Schweizer Branche übernimmt Vorreiterrolle
- Zwei Etappen, ein Ziel: Vernetzung mit der Zukunft
- VAP verwandelt Erfahrungen in praxisgerechte Lösungen
Ständerat gibt grünes Licht für die DAK und den Einzelwagenladungsverkehr
Die Entwicklungen rund um die Digitalisierung des Schienengüterverkehrs verlaufen buchstäblich mehrgleisig. Eine Weichenstellung im politischen Prozess hat am 24. September 2024 stattgefunden. An diesem Beratungstag in der Herbstsession des Schweizer Parlaments hat sich der Ständerat zur Totalrevision des Gütertransportgesetzes beraten und den Verpflichtungskredit zur Einführung der DAK in der Höhe von 180 Mio. Franken sowie den Verpflichtungskredit zur Modernisierung des Einzelwagenladungsverkehrs über 260 Mio. Franken gutgeheissen. Damit hat der Erstrat die wichtigsten Eckpunkte der bundesrätlichen Botschaft vom 10. Januar 2024 aufgegriffen und sich mit einer breiten Mehrheit explizit für die Digitalisierung des Güterverkehrs mit der seit vielen Jahren verfeinerten Innovation ausgesprochen. Dazu Bundesrat Albert Rösti in seinem Votum vor dem Ratsplenum: «Neben der digitalen automatischen Kupplung sollen weitere konkrete Modernisierungsschritte erfolgen, wie zum Beispiel Buchungsplattformen.» Weshalb diese Bemerkung eine holistische Perspektive auf die DAK widerspiegelt, legen wir in unserem Blogbeitrag «Datenökosysteme: Branche am runden Tisch mit Bundesrat Rösti» dar.
GüTG mit europäischem Fahrplan harmonisiert
Die Planung des revidierten GüTG und der entsprechenden Verordnung harmoniert mit dem europäischen Fahrplan. Die Inkraftsetzung ist auf Ende 2026 bis Anfang 2027 zu erwarten. Ab dann werden die budgetierten Bundesmittel für die DAK-Migration bereitstehen. Die Akteure des European DAC Delivery Programme (EDDP) von Europe’s Rail wollen die DAK-Migration ab 2028 in grossem Stil ausrollen. Dieses Umsetzungsprogramm vereint Eisenbahnverkehrsunternehmen, Infrastrukturbetreiber, Wagenhalter sowie die Eisenbahnzulieferindustrie, für die Instandhaltung zuständige Stellen, Branchenorganisationen, Eisenbahnforschungszentren und politische Institutionen. Dieses integrierte gemeinsame Programm baut auf Forschungs- und Entwicklungsergebnisse und Pilotprojekte und strebt die Gewährleistung der notwendigen Massnahmen für eine schnelle, technisch und wirtschaftlich machbare europaweite DAK-Einführung an.
Technologie muss sich als Standard beweisen
Damit sich dieses ambitionierte Ziel erreichen lässt, braucht es eine entwickelte und betriebserprobte Technologie. Auch hier hat das EDDP bereits erhebliche Vorarbeit geleistet und Anfang 2024 das «DAC Basis Package» als künftigen Systemstandard für den europäischen Schienengüterverkehr kommuniziert. Das EDDP sieht Pilotzüge in ganz Europa vor, um die Technologie des «DAC Basis Package» zu verfeinern und umfassend zu testen. Das Startpaket enthält die folgenden Komponenten:
- DAK (mechanisch/pneumatisch) einschliesslich Energie-/Datensystem
- Erkennen der Zugzusammenstellung
- Automatische Bremsprobe
- Zugvollständigkeitsprüfung
- Automatisches Entkuppeln (im Zug von der Lok oder von der Wagenseite)
Noch steht ein wichtiger Systementscheid aus: Für die Datenübertragungstechnologie im Zug stehen die Optionen Single per Ethernet und Powerline+ in der Endauswahl. Da in der Schweiz bereits erfolgreiche Tests mit Powerline+ erfolgt sind, soll nun zeitnah ein zulassungsfähiger Pilotzug mit dieser Technologie realisiert werden.
Schweizer Branche übernimmt Vorreiterrolle
Die Schweiz will zu dem vom EDDP koordinierten europäischen DAK-Entwicklungsprojekt substanziell beitragen und dieses eng mit den europäischen Organisationen von EDDP abstimmen. So schickt sich die Schweizer Bahnbranche an, die Systemintegration zur Zulassung kommerzieller Einsätze voranzutreiben. Die technischen Spezifikationen und der funktionale Leistungsumfang des «DAC Basis Package» und die Übertragungstechnologie Powerline+ bilden die Grundlage für die weiteren Arbeiten des Schweizer Projektteams. Demnach werden BAV, VAP und VöV ihre gemeinsam unterzeichnete Absichtserklärung zur Automatisierung im Schienengüterverkehr entsprechend erweitern.
Zwei Etappen, ein Ziel: Vernetzung mit der Zukunft
Der Beitrag der Schweiz zur DAK-Einführung erfolgt in zwei Etappen. Vorab soll die Systemintegration auf dem Schweizer Pionierzug zügig bis zur Zulassungsreife vorangetrieben und deren Alltagstauglichkeit dann im kommerziellen Einsatz nachgewiesen werden. Der Bund wird die Entwicklung mit Fördermitteln gemäss Artikel 10 Gütertransportgesetz unterstützen.
- Das Entwicklungsprojekt EP3 zur Realisierung der Zulassung eines ersten Pionierzugs mit den Funktionen nach «DAC Basic Package» hat begonnen. Ziel ist es, bis Mitte 2026 eine BAV-Betriebsbewilligung für definierte kommerzielle Fahrten auf dem Schweizer Normalspurnetz zu erlangen. Dazu haben rund 30 motivierte Swissrail-Mitglieder, SBB Cargo, das BAV und VAP-Vertreter am 30. August 2024 ihre Absicht bekundet, den Schienengüterverkehr gemeinsam konkurrenzfähig zu machen und die Schweizer DAK-Technologie nach aussen zu tragen. Mit EP3 wollen die Branchenakteure die Definition des künftigen europäischen Standards im Schienengüterverkehr wesentlich mitgestalten. Es ist nun an der Zeit, Grundsatzdiskussionen zu verlassen und betriebstaugliche Lösungen zu erarbeiten. Die neuen Systeme müssen robust, alltagstauglich und finanzierbar sein, damit der Güterzug künftig wirtschaftlich erfolgreich verkehren kann.
- Mit dem Entwicklungsprojekt EP4 sollen nach Abschluss von EP3 mehrere DAK-Züge im Zeitraum von 2026 bis 2027 für kommerzielle Fahrten auf das Schweizer Schienensystem gebracht werden. Erste Gespräche mit Verladern haben bereits stattgefunden. Gesucht werden isolierte Verkehre, die sich für eine frühzeitige DAK-Umstellung als Pionierzüge eignen. Das Ziel dieser zweiten Etappe ist das Sammeln von Betriebserfahrung und die weitere Ertüchtigung im realen Einsatz. Die Pionierzüge sollen involvierten Anspruchsgruppen und Investoren ein konkretes Bild über die künftigen Möglichkeiten mit der DAK und der damit einhergehenden Digitalisierung im Schienengüterverkehr geben.
VAP verwandelt Erfahrungen in praxisgerechte Lösungen
Wir vom VAP werden die erwähnten Projekte für alle Interessierten und Beteiligten koordinieren und dokumentieren. Damit wollen wir einen breiten Erfahrungsaustausch und volle Praxistauglichkeit bis in die Anschlussgleise und die Logistik der Wirtschaft sicherstellen. Unsere Mitglieder – allen voran die Verlader und Wagenhalter – beteiligen sich aktiv an den beiden Entwicklungsetappen. Damit lassen sich Erkenntnisse aus Pilotprojekten skalieren und Synergien für alle Branchenakteure nutzbar machen.