GÜTERVERKEHRSBRANCHE
Was bewegt die Güterverkehrsbranche? Verschiedene Faktoren wirken sich auf die Güterverkehrsbranche aus. Wir machen uns als Stimme der verladenden Wirtschaft für ein wettbewerbsfähiges Güterbahnsystem stark. Dafür beobachten wir unter anderem die Verlagerung und setzen uns bei der Politik für eine diskriminierungsfreie Bahn ein.
Zukunft des Binnengüterverkehrs
Weiterentwicklung des Güterverkehrs: Varianten des Bundesrates greifen zu kurz
Wettbewerb
Interoperabilität
Die Optimierung von Prozessen und Schnittstellen und der Zusammenhang mit dem 4. EU-Bahnpaket.
Nachhaltigkeit
Die Motion von Ständerat Josef Dittli verlangt ein Gesamtkonzept, wie Schienengüterverkehr und multimodale Logistiklösungen zur Senkung des CO2-Ausstosses beitragen können.
INFORMATIV
Zukunft Schienengüterverkehr in der Fläche / Wagenladungsverkehr
- Cargo Forum Schweiz Vernehmlassungsantwort zur «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport»
- 15.2.2023: Medienmitteilung Weiterentwicklung des Güterverkehrs: Varianten des Bundesrates greifen zu kurz
- VAP Vernehmlassungsantwort zur «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport»
- LITRA, ASTAG, IG Kombinierter Verkehr, VAP und VöV mit der Kommission Güterverkehr äussern sich gemeinsam zur Vernehmlassung des Bundes zur «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport».
- 8.2.2023: Medienmitteilung zur Zukunft des Binnengüterverkehrs
- Interview im RailBusiness, 21.11.2022: Frank Furrer zur Fortführung des Wagenladungsverkehrs
- Medienmitteilung, 2.11.2022: Unterstützung für einen starken Schienengüterverkehr in der Fläche
- 2.11.2022: Bundesrat gibt zwei Varianten in Vernehmlassung
- Erläuternder Bericht zur Vernehmlassungsvorlage, BAV
- Faktenblatt Digitalisierung
- Faktenblatt Schienengüterverkehr
- Positionspapier an KVF‑N, 22.6.2022: Zukunft Schienengüterverkehr in der Fläche
Energiekrise
- Medienmitteilung vom 21.10.2022: Der Schienengüterverkehr muss vor Energiepreissteigerungen geschützt werden
- Forderung der europäischen Verbände
- Verordnung 2022/1854
- Die Güterbahnen: 28% – im Jahr 2023 befürchteter Stromanteil an der Gesamtkosten im SGV
Vision
- Vision Schienengüterverkehr der Begleitgruppe zur Entwicklung des Schienengüterverkehrs, 2022
- Vision auf Französisch
- Vision auf Italienisch
Kurzfassung einer Studie im Auftrag der verladenden Wirtschaft
Verlagerungsbericht 2021
- Bericht des Bundesrats über die Verkehrsverlagerung vom November 2021
- Blogartikel: Verkehrsverlagerung: Im Transit auf gutem Weg
Gefahrguttransporte
Rechtliches
Grundlagenstudien des Bundes
- Verkehrsperspektiven 2040
- Verkehrsperspektiven 2050
- Energieperspektiven 2050+
- Verlagerungsbericht 2021
Unterirdischer Gütertransport
- Gesetzliche Grundlage und neue Investoren für “Cargo sous terrain”
- Vernehmlassung zum Bundesgesetz: Antwort VAP
- Vernehmlassung zum Bundesgesetz: Antwort Cargo Forum Schweiz
- Erläuternder Bericht zur Vernehmlassungsvorlage
- Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport: Vernehmlassungsentwurf
Archiv
Der Güterverkehr in der Covid-19-Krise
- Milderung der pandemiebedingten Auswirkungen auf den Schienengüterverkehr im Jahr 2021
- Finanzielle Unterstützung Schweizer Schienengüterverkehr in der Krise
- Medienmitteilung Unterstützung des Güterverkehrs in der Krise
- Vernehmlassungsantwort zum Bundesgesetz über die Unterstützung des öffentli-chen Verkehrs in der COVID-19-Krise
- Positionspapier Der Güterverkehr zeigt Stärke in der Krise
Verlagerungsbericht 2019 – Branche fordert zusätzliche Massnahmen
- Bericht des Bundesrats über die Verkehrsverlagerung vom November 2019
- Positionspapier der Branche
- Position der Branche (Präsentation)
- Position der Branche (PDF)
- Medienmitteilung der Branche
- BAV: Botschaft zum Bundesbeschluss über eine Erhöhung und Laufzeitverlängerung des Zahlungsrahmens für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs
- BAV: Bundesbeschluss über eine Erhöhung und Laufzeitverlängerung des Zahlungsrahmens für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs
- BAV: Faktenblatt Sinkende Lastwagenzahlen und hoher Marktanteil der Bahn
- BAV: Faktenblatt Verlagerungswirkung der NEAT
- BAV: FAQ Verlagerungsbericht 2019
- BAV: Verkehrsentwicklung im alpenquerenden Güterverkehr infolge Fertigstellung der NEAT
Standorte
Erste und letzte Meile
In der Schweiz werden über 850 Anschlussgleise genutzt. Leider ist ein steter Abgang zu verzeichnen. Wie sich der VAP für den Erhalt der Standorte einsetzt und weitere nützliche Informationen finden Sie im Kapitel Standorte.
Netz
Beim Netz geht es um den Zugang zu den Schienenwegen, den Trassen. Für eine optimale Auslastung benötigt es weitsichtige Bauplanung, faire Preise und eine gute Organisation.
Wie wir uns dafür engagieren und weitere nützliche Informationen finden Sie unter folgendem Link.

Schwerer Schlag gegen den Schienengüterverkehr
Am 11. September 2025 hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) als Antwort auf den SUST-Bericht zusätzliche Sicherheitsmassnahmen für den Schienengüterverkehr der Schweiz verordnet. Die Massnahmen sind einschneidend und erschüttern den Schienengüterverkehr in seinen Grundfesten. Die Politik ist aufgefordert, rasch zu reagieren und den Niedergang des Schienengüterverkehrs unverzüglich zu stoppen.
Darum geht’s:
- Massnahmen mit fatalen Folgen – trotz konstruktiver Vorschläge des VAP
- Klima- und verkehrspolitische Ziele infrage gestellt
- Vorgängige Appelle der Branche verpuffen ungehört
- Massnahmen sind in der vorgegebenen Frist nicht umsetzbar
- SBB doppelt nach
- Niedergang des Schienengüterverkehrs schreitet voran
Massnahmen mit fatalen Folgen – trotz konstruktiver Vorschläge des VAP
Im Rahmen der beiden Runden Tische zur Erarbeitung von Massnahmen für mehr Sicherheit im Schienengüterverkehr haben die Mitglieder des Verbands der verladenden Wirtschaft (VAP) konstruktive Vorschläge unterbreitet. Damit wollen sie die bereits heute sehr hohe Sicherheit im Schienengüterverkehr mit verhältnismässigen und ausgewogenen Massnahmen erhöhen und gleichzeitig die Branche nicht schwächen. Doch genau Letzteres ist nun geschehen: Die veränderten Rahmenbedingungen verschlechtern die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn und führen ohne einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn zu Rückverlagerungen auf die Strasse. Vor allem aber ist die Branche über die unverhältnismässigen Massnahmen und die zeitlichen Vorgaben konsterniert. Die Massnahmen sind in der vorgesehenen Frist nicht umsetzbar.
Klima- und verkehrspolitische Ziele infrage gestellt
Die Gangart des BAV erstaunt. Denn sowohl das Parlament als auch die Bevölkerung haben dem Schienengüterverkehr in den letzten Jahren immer wieder den Rücken gestärkt. So gibt es für die Verkehrsverlagerung im alpenquerenden Transit einen Verfassungsauftrag. Und auch den inländischen Schienengüterverkehr hat das Parlament mit der Revision des Gütertransportgesetzes (GüTG) wiederholt gefördert. Zudem ist unbestritten, dass es einen leistungsstarken Schienengüterverkehr braucht, wenn die Schweiz das Netto-Null-Ziels bis 2050 erreichen will. Letztlich zeigt auch das Nein der Bevölkerung zum Autobahnausbau, wie zentral die Verlagerung von Gütern auf die Schiene zur Entlastung der Strasse ist – und bleibt. Mit den vom BAV verordneten Verschärfungen rücken diese Ziele in immer weitere Ferne.
Vorgängige Appelle der Branche verpuffen ungehört
Die verladende Wirtschaft hat das BAV vor dessen Entscheid in einem Schreiben nachdrücklich darauf hingewiesen, wie zentral der Schienengüterverkehr für die Wirtschaft ist und dass der Gesetzgeber neue Massnahmen mit Augenmass erlassen muss. Das Schreiben wies auf drohende wirtschaftliche Verwerfungen und die Gefährdung der Landesversorgung hin. Dass diese Warnrufe beim BAV ungehört verhallten, ist nicht nachvollziehbar und wirft Fragen auf.
Massnahmen sind in der vorgegebenen Frist nicht umsetzbar
Für branchenweites Stirnrunzeln sorgt auch die äusserst kurze Frist bis zur Umsetzung der Massnahmen. Diese sollen ab dem 1. Januar 2026 in Kraft treten. Das ist aus praktischen Gründen unrealistisch und ist für die Branche nicht nachvollziehbar. Das BAV schiebt die scheinbare Lösung der angeblichen Sicherheitsprobleme auf die Wagenhalter ab, ohne die Thematik technisch oder wirtschaftlich ausreichend zu würdigen. Und das, obwohl das BAV von den Branchenakteuren darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass die Kapazitäten der Werkstätten für die Instandhaltung von Güterwagen schon heute begrenzt sind. Die Konsequenzen daraus fanden in der Verordnung keine Berücksichtigung. Auch wurden zu den beschlossenen Massnahmen vorgängig keine Folgenabschätzungen (Impact Assessments) durchgeführt, etwas, das in der Europäischen Union bei staatlichen Eingriffen wie demjenigen des BAV Normalität ist. Und letztlich sorgt das BAV mit seinen Massnahmen dafür, dass die in Vergangenheit getätigten Investitionen in die Erhöhung der Sicherheit infrage gestellt werden und den zukünftigen Anreiz, dies zu tun, faktisch eliminieren.
SBB doppelt nach
Die postwendende und euphorische Stellungnahme der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) auf die Kommunikation des BAV erstaunt insbesondere auch deshalb, weil sie darin zum wiederholten Mal unter dem Vorwand von mehr Sicherheit – die nächste Forderung nach einer Haftungsbeteiligung der Wagenhalter platziert. Letztere hat das Parlament Ende 2024 eben erst abgelehnt.
Gerade auch vor dem Hintergrund der weitgehenden Einstellung der wichtigen Zugskontrolle vor der Abfahrt durch die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) stellt sich die Frage, weshalb das BAV sowohl SBB Cargo als auch die anderen EVU bei den Massnahmen fast vollständig aus der Verantwortung entlässt.
Niedergang des Schienengüterverkehrs schreitet voran
Der Schienengüterverkehr gehört zu den sichersten Verkehrsträgern. Die vom VAP vorgeschlagenen und in Absprache mit europäischen Expertengremien entwickelten Massnahmen für Sicherheit auf der Schiene hat das BAV übergangen. Stattdessen hat es Massnahmen verordnet, die die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene empfindlich senken. Dieser Feldzug trifft den Schienengüterverkehr in einer Situation, in der die Güterbahnvolumen praktisch ausnahmslos zurückgehen. Undenkbar, dass das im Sinne von Politik und Bevölkerung geschieht. Die Branchenakteure hoffen, dass Politik und Verwaltung zumindest diesen Weckruf nicht ungehört verhallen lassen. Ansonsten besteht die ernsthafte Gefahr, dass es den Schienengüterverkehr bald nur noch als Modelleisenbahn oder im Verkehrshaus gibt.




BAV-Massnahmen stellen Schienengüterverkehr infrage
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat am 11. September 2025 die angekündigten Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Schienengüterverkehr konkretisiert. Damit reagiert die Bundesbehörde auf den Bericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) zum Unfall im Gotthardbasistunnel. Gemäss BFS ist mit den Massnahmen unverzüglich zu beginnen und sie müssen bis spätestens 31. Dezember 2025 umgesetzt sein. Sie erschüttern den Schienengüterverkehr in seinen Grundfesten und die damit einhergehenden Mehrkosten sind vor allem für die Wagenhalter enorm. Zudem ist weder für die Wagenhalter noch für die Werkstätten klar, wie sie diese Massnahmen in so kurzer Zeit umsetzen sollen. Kurzfristig drohen wirtschaftliche Verwerfungen, mittelfristig wird die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Schienengüterverkehrs massiv gesenkt.
Darum geht’s:
- Sicherheit hat höchste Priorität
- Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit bleiben auf der Strecke
- Kapazitätsengpässe in der Wirtschaft dürften gravierend sein
- Umsetzung setzt grosse Fragezeichen
- Europäische Interoperabilität wird unterwandert
- Lasten ungleich auf die Marktakteure verteilt
- Weichenstellung mit Langzeitfolgen
Sicherheit hat höchste Priorität
Am 11. September 2025 hat das BAV die konkreten Massnahmen als Reaktion auf den SUST-Bericht kommuniziert. Dies geschah, nachdem das BAV nach der Publikation des SUST-Berichts zwei Runde Tische mit Branchenvertretern einberufen hatte. Ziel dieses Dialogs war das Festlegen von Massnahmen, um die bereits hohe Sicherheit des Schienengüterverkehrs weiter zu verbessern. Gemäss BFS soll mit den Massnahmen unverzüglich begonnen werden und sie sollen bis spätestens 31. Dezember 2025 umgesetzt sein.
Sicherheit hat auch für die Mitglieder des VAP allerhöchste Priorität. Trotzdem ist es falsch und gefährlich, absolute Sicherheit zu suggerieren. Es gilt, den Nutzen von zusätzlichen und restriktiveren Massnahmen den Mehrkosten gegenüberzustellen und mit Augenmass zu entscheiden. Dabei ist festzuhalten, dass die vom BAV verordneten Massnahmen das Potenzial haben, die Sicherheit im gesamten Güterverkehr zu reduzieren. Dies, weil die Massnahmen und die damit einhergehenden horrenden Kosten mittelfristig zu einer Verlagerung der Gütertransporte von der Schiene auf die um ein Vielfaches gefährlichere Strasse führen werden.
Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit bleiben auf der Strecke
Der VAP sieht es als seine Aufgabe, die Massnahmen auf Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit für die Branche im Allgemeinen und die Wagenhalter im Besonderen zu beurteilen. Zudem sollen die Akteure des Schienengüterverkehrs die Kosten der Massnahmen möglichst zu gleichen Teilen tragen. Angesprochen sind hauptsächlich die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) in ihrer Rolle als Beförderer, die Wagenhalter und die Infrastrukturbetreiber. Nur wenn sie alle ihren Pflichten nachkommen, lässt sich das hohe Niveau an Sicherheit aufrechterhalten und verbessern. Denn nicht eine einzelne Massnahme, sondern deren Vielzahl und Zusammenspiel machen das Gesamtsystem sicher.
Kapazitätsengpässe in der Wirtschaft dürften gravierend sein
Mit den neuen Massnahmen nimmt das BAV die Wagenhalter im Vergleich zu anderen Akteuren überdurchschnittlich stark in die Pflicht. Insbesondere die substanzielle Senkung des Instandhaltungsintervalls wird die Verfügbarkeit von Güterwagen und die Wirtschaftlichkeit der Betriebe massiv beeinträchtigen. Denn die vom BAV verfügten Instandhaltungsintervalle werden zu einer äusserst starken, bisher noch nicht abschliessend quantifizierbaren Reduktion der Verfügbarkeit von Güterwagen führen. Dadurch führt diese Massnahme kurzfristig zu Engpässen bei der verladenden Wirtschaft, die das Potenzial haben, die Versorgungssicherheit im Land zu gefährden. Diese Thematik kam im Vorfeld und auch an den Runden Tischen oft zur Sprache, ist beim BAV jedoch überraschend wenig in die Entscheidungsfindung eingeflossen.
Mittelfristig werden die beschlossenen Massnahmen die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber der Strasse weiter verschlechtern und die Verlagerung von der Schiene auf die Strasse stark beschleunigen. Und dies alles in einer Zeit, in der der Schienengüterverkehr bereits an vielen Fronten kräftig unter Druck steht. Diese Konsequenzen stehen im grossen Widerspruch zum Willen für mehr Schienengüterverkehr, der auch im Parlament mit der Verabschiedung des Gütertransportgesetzes einmal mehr zum Ausdruck gebracht wurde. Die vom BAV verordneten Massnahmen laufen diesem Willen zuwider.
Umsetzung setzt grosse Fragezeichen
Für den VAP ist heute nicht absehbar, wie die Massnahmen in der äusserst kurzen Frist bis zur Inkraftsetzung umgesetzt werden sollen. Denn schon heute fehlen den Instandhaltungsfirmen Kapazitäten, Ressourcen und Komponenten. Diese Situation wird sich als Folge der BAV-Massnahmen weiter verschärfen. Es ist zu befürchten, dass Güterwagen nicht nur öfter, sondern vor allem länger in den Instandhaltungsfirmen stehen, als bisher. Hinzu kommt, dass die Zahl der Leerwagentransporte zu und von den Werkstätten signifikant steigen wird. Auch dies werden vorerst vor allem die verladenden Betriebe spüren, da sie zum Transport derselben Gütermenge mehr Wagen beziehen müssen. Als Konsequenz daraus dürften sich mittelfristig mehr und mehr Verlader vom Schienengüterverkehr abwenden und ihre Güter auf der Strasse befördern.
Europäische Interoperabilität wird unterwandert
Da der Schienengüterverkehr europaweit integriert ist, machen die Auswirkungen der BAV-Massnahmen nicht an den Landesgrenzen halt. Wagenhalter ausserhalb der Schweiz können kaum feststellen, ob einer ihrer vermieteten Güterwagen Schweizer Gleise befährt, da die Kunden die verfügbaren Wagen im Sinne der Interoperabilität frei disponieren. Die vom BAV verordneten Massnahmen dürften dazu führen, dass die Wagenhalter den Schweizer Markt nicht mehr und wenn überhaupt mit eigens für die Schweiz gewarteten Flotten bedienen werden. Dies bedeutet ein weiterer administrativer Aufwand, der die Kosten in die Höhe treiben und die Attraktivität des Schienengüterverkehrs senken wird.
Lasten ungleich auf die Marktakteure verteilt
Die Wagenhalter müssen die Finanzierung der Kosten fast vollumfänglich allein tragen, unabhängig vom deutlich steigenden und bis heute nicht definierten zusätzlichen Organisationsaufwand. Weder den EVUs als Beförderer noch den Infrastrukturbetreibern hat das BAV ähnlich einschneidende Massnahmen auferlegt. Dies überrascht, denn es gibt keinen plausiblen Grund, sie weniger in die Pflicht zu nehmen als die Wagenhalter. Auch zu diesem Thema wurden an den Gesprächen der Runden Tische konkrete Massnahmen für beide Akteure aufgezeigt.
Wie für alle Beteiligten ist auch für den VAP klar, dass man nach einem Unfall wie demjenigen im Gotthardbasistunnel mit massiven – zum Glück nur finanziellen – Kosten nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Es ist aber auch so, dass die Wagenhalter schon immer viel investiert haben und fortlaufend mehr in die Sicherheit ihrer Güterwagen investieren. Schon in Vergangenheit setzten sie jährlich wirksame Massnahmen im Umfang von 40 Mio. Euro um. Von Anfang an hat der VAP als Stimme der Wagenhalter Hand für Massnahmen geboten, die das bereits hohe Sicherheitsniveau der Schiene weiter erhöht und gleichzeitig der Verhältnismässigkeit, Tragbarkeit und Umsetzbarkeit Rechnung getragen hätten.
Weichenstellung mit Langzeitfolgen
Die Massnahmen sind für die verladende Wirtschaft einschneidend. Noch ist keine abschliessende Abschätzung der Folgen und Kosten für den Schienengüterverkehr möglich – zu komplex ist das System und zu kompliziert sind die verfügten Massnahmen. Klar ist jedoch schon heute, dass der Schienengüterverkehr wie wir ihn bis anhin kannten fundamental verändert wird.
Die höheren Kosten für die Instandhaltung und Zuführung zu Werkstätten müssen kurzfristig die Wagenhalter tragen. Mittelfristig jedoch wirken sich die Massnahmen äusserst negativ auf den Schienengüterverkehr aus. Denn wegen der steigenden Kosten werden weitere Unternehmen ihre Güter in Zukunft auf der Strasse statt auf der Schiene transportieren. Die Sicherheit ist damit nicht erhöht, im Gegenteil wird der Güterverkehr mit der höheren Unfallwahrscheinlichkeit beim Transport auf der Strasse insgesamt unsicherer.




Mobilitätsdaten: Bund wagt Befreiungsschlag
Für die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft sind eine gute Erreichbarkeit und ein gut funktionierendes Mobilitätssystem wichtige Standortvorteile. Mit der Mobilitätsdateninfrastruktur (MODI) will der Bund die Voraussetzungen für einen vereinfachten Austausch von Mobilitätsdaten schaffen. Der Verband der verladenden Wirtschaft VAP begrüsst die Initiative, auch wenn sich der Weg zum Ziel als hürdenreich erweist.
Darum geht’s:
- Daten für die Vernetzung der Mobilitätsakteure nutzen
- Akteure sollen sich mittelfristig an der Finanzierung beteiligen
- Neues Bundesgesetz schafft rechtlichen Rahmen und Vertrauen
- Bund geht mutig voran
- Noch sind hohe Hürden zu meistern
- Allen Risiken zum Trotz: VAP begrüsst die Initiative
Daten für die Vernetzung der Mobilitätsakteure nutzen
Vernetzung ist im digitalen Zeitalter zentral. Das gilt auch und vor allem für die Mobilität. Dazu ist die Verfügbarkeit von guten Daten unabdingbar. Mit MODI will der Bund die Akteure aller Mobilitätsbereiche und Verwaltungsebenen vernetzen. Ziel ist es, standardisierte Daten und Schnittstellen sowie digitale Dienste bereitzustellen. Am 30. Juni 2025 fanden in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF‑N) Anhörungen verschiedener Akteure mit Schnittstellen zum Mobilitätsbereichs statt.
Akteure sollen sich mittelfristig an der Finanzierung beteiligen
Der Ressourcen- und Finanzbedarf beläuft sich über 12 Jahre auf durchschnittlich 25 Millionen Franken pro Jahr. Aufgrund des schrittweisen Aufbaus und der Zunahme der Komplexität von MODI steigt der Jahresbedarf von anfangs 17 Millionen Franken kontinuierlich auf rund 33 Millionen Franken an. Finanziert wird MODI je hälftig über den Bahninfrastrukturfonds (BIF) und den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF). Der Bund erwartet, dass sich aufgrund des volkswirtschaftlichen Nutzens von MODI nach 12 Jahren auch die von den Daten und Diensten profitierenden Akteure an der Finanzierung beteiligen.
Neues Bundesgesetz schafft rechtlichen Rahmen und Vertrauen
Mit dem neuen Bundesgesetz über die Mobilitätsdateninfrastruktur (MODIG) als Rechtsrahmen und der zukünftigen Organisation will der Gesetzgeber bei den Akteuren Vertrauen für MODI aufbauen. Dazu hat er zentrale Grundsätze wie Neutralität, Unabhängigkeit, Offenheit, Freiwilligkeit, Partizipation, Bedürfnisorientierung, Diskriminierungsfreiheit, Transparenz, Verlässlichkeit, Zukunftsfähigkeit, Qualität, Datenschutz, Datensicherheit, Open Source und Design to Cost formuliert.
Bund geht mutig voran
Das mutige Engagement des Bundes bei der Bereitstellung von MODI ist zu begrüssen. Es ist an der Zeit, dass jemand den Befreiungsschlag bei diesem wichtigen Thema wagt und sich der Aufgabe annimmt, die unzähligen Daten in unterschiedlichsten Formaten und Granularitäten standardisiert zusammenzuführen und bereitzustellen. Denn einen grossen Nutzen bringen solche Daten nur dann, wenn ein möglichst grosser Teil der Akteure Daten zur Verfügung stellt und diese standardisiert einer möglichst breiten Nutzerschicht zur Verfügung stehen. So vielversprechend das Anliegen des Bundes klingt, so herausfordernd ist es in der Umsetzung. Das zeigt sich auch daran, dass bei diesem Thema kaum jemand in grosse Euphorie verfällt. Weshalb?
Noch sind hohe Hürden zu meistern
Das Projekt weckt auf den ersten Blick grosse Erwartungen. Bei einer detaillierteren Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die Komplexität mit der Konkretisierung rasch ansteigt – was bei IT-Projekten nicht unüblich ist.
Ein wesentlicher Stolperstein besteht in der sogenannten «doppelten Freiwilligkeit». Doppelt, weil erstens die Akteure selbst entscheiden, ob sie Daten über MODI bereitstellen, austauschen oder beziehen wollen. Zweitens können die Akteure auch bei einer Bereitstellung von Daten über MODI immer noch bestimmen, welche Daten sie als öffentlich verfügbar («open data») oder als eingeschränkt zugänglich («restricted data») offenlegen. Eine gewisse Skepsis ist aus Sicht der Akteure durchaus verständlich. Denn welches Unternehmen möchte schon der Allgemeinheit oder seinen Konkurrenten vertrauliche oder sicherheitskritische Informationen zur Verfügung stellen?
Genau diese Freiwilligkeit könnte MODI zum Scheitern bringen. Denn der Nutzen der zur Verfügung gestellten Daten ist stark mit deren Vollständigkeit korreliert. Nicht zuletzt deshalb hat man etwa bei der Datenerhebung des Bundesamtes für Statistik eine gesetzliche Grundlage zur Auskunftspflicht geschaffen. Weiter besteht die Gefahr, dass der Bund eine zu tiefe oder zu hohe Granularität der Daten anbietet. Demnach würden die Daten entweder den Anforderungen nicht genügen oder es würden unnötig detaillierte Daten erhoben. Beides ist unbefriedigend.
Für den Verband der verladenden Wirtschaft (VAP) erweist sich der Anwendungsfall zur Eruierung der freien Kapazitäten im Wagenladungsverkehr als interessant. Umso mehr, als das Parlament in der Frühjahrssession 2025 die Totalrevision des Gütertransportgesetzes (GüTG) verabschiedet hat, die sich die Eigenwirtschaftlichkeit des Einzelwagenladungsverkehrs zum Ziel gesetzt hat. Auf diesem Weg wäre eine bessere Auslastung der verfügbaren Kapazitäten ein wichtiger Meilenstein.
Diese Zielerreichung ist anspruchsvoll, denn Kapazität ist nicht gleich Kapazität. Vielmehr stellen sich unzählige Fragen. Etwa, an welchem Standort, mit welchem Zielort, für welchen Wagentyp (Kapazität auf einem Schüttgutwagen ist nicht dasselbe wie auf einem Schiebewandwagen) und zu welcher Zeit Kapazität verfügbar ist. Diese Daten müsste jemanden sauber erheben und für MODI verfügbar machen. Tatsachen ist: Das hat heute noch fast niemand auf dem Radar.
Allen Risiken zum Trotz: VAP begrüsst die Initiative
Der VAP begrüsst, dass sich der Bund dem Schlüsselthema der Zugänglichkeit von standardisierten Daten und somit dem Thema der Digitalisierung annimmt. Allein aufgrund der Tatsache, dass der Weg hürdenreich ist, darf man das Thema nicht ignorieren. Gerade wegen den wichtigen offenen Fragen ist es jedoch zentral, dass der Bund die Akteure, die diese Daten irgendwann einsetzen sollen, an den Tisch holt. Schliesslich wird über Erfolg oder Misserfolg die Bereitschaft der Unternehmen entscheiden, zur Weitergabe der Daten beizutragen und diese dann auch von MODI selbst zu nutzen. Das führt zu Reziprozität: Wer etwas beiträgt, bekommt etwas zurück.
Nur wenn die Akteure in MODI einen Mehrwert sehen, werden sie nach 12 Jahren auch bereit sein, einen grösseren Teil von MODI zu finanzieren. Letztlich ist zu hoffen, dass der Bund mit seiner Initiative auch weitere Unternehmen der Privatwirtschaft dazu animiert, sich dem Thema der Bereitstellung von Daten und der Digitalisierung verstärkt anzunehmen.

Für Güter die Bahn: Genug der Hiobsbotschaften!
Die Verlagerung von Gütern auf die Schiene wurde in der Vergangenheit nicht nur von der Politik unterstützt, sondern auch von der Stimmbevölkerung mehrfach an der Urne gutgeheissen. Ganz nach dem Motto «Für Güter die Bahn». Theorie und Praxis laufen jedoch auseinander. Nur gut zwei Wochen nach Bekanntgabe der Einstellung der Rollenden Landstrasse folgte eine weitere Bereinigung zulasten des Schienengüterverkehrs. Die Baustellensituation – insbesondere bei unserem nördlichen Nachbarn – setzt den Anbietern im kombinierten Verkehr zusätzlich zu. Es ist nun höchste Zeit, eine Trendwende zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schiene einzuleiten.
Darum geht’s:
- Zwei Mal schlechte Nachrichten in nur zwei Wochen
- Weg und Geld frei für neue Angebote
- Bauarbeiten als grosse Knacknuss beim grenzüberschreitenden KV
- Branche fährt mit guten Ideen auf
- Politik hat mehr als ein Zeichen gesetzt
- Schweiz europaweit Spitzenreiter beim Schienennetz
- Höchste Zeit, die Weichen neu zu stellen
Zwei Mal schlechte Nachrichten in nur zwei Wochen
Die Rollende Landstrasse (Rola) war im alpenquerenden kombinierten Verkehr (KV) von Anfang an als Ergänzungsangebot gedacht. So konnten auch Lkw, die wegen fehlender kranbarer Sattelauflieger für den unbegleiteten Verkehr nicht geeignet waren, die Alpen auf der Schiene durchqueren. Schon Ende 2025 soll das Geschichte sein – drei Jahre früher als geplant. Und als wäre diese Negativschlagzeile nicht genug, teilte SBB Cargo nur gut zwei Wochen später mit, dass sie den KV neu ausrichten werde. So harmlos die Mitteilung klingt, so gravierend dürften ihre Auswirkungen sein: SBB Cargo will acht KV-Terminals schliessen, die sie nicht rentabel betreiben kann. Betroffen sind die Standorte Oensingen, Basel, Gossau, Widnau, Renens, St. Triphon, Cadenazzo und Lugano. Was im medialen Tagesdröhnen fast unterging, könnte für bestimmte Regionen schmerzhaft werden. Das Terminal Cadenazzo zum Beispiel ist ein neuralgischer Punkt zur Versorgung des Tessins mit teils essenziellen Gütern.
Weg und Geld frei für neue Angebote
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann das Einstellen der beiden Angebote durchaus Sinn machen. Denn unrentable Angebote künstlich am Leben zu erhalten, lässt sich nur unter speziellen Bedingungen rechtfertigen. Allerdings ist es zukunftsweisend, dass dem Schienengüterverkehr sowohl die frei werdenden finanziellen Ressourcen als auch die Verladeinfrastruktur erhalten bleiben. Damit lassen sich neue Angebote schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene grundsätzlich stärken. In einem funktionierenden Markt garantiert das Einstellen von unrentablen Angeboten in der Regel, dass neue, meist konkurrenzfähigere entstehen.
Bauarbeiten als grosse Knacknuss beim grenzüberschreitenden KV
So dringlich der Ausbau der Schieneninfrastruktur insbesondere in Deutschland ist, so erschwerend sind für die Akteure im KV die zahllosen Baustellen im Nord-Süd-Verkehr. Zum Beispiel ist es für gewisse Anbieter wesentlich, dass Bauarbeiten während «Ferragosto» stattfinden, ein Feiertag und Sommerferien in Italien. In diesen Wochen kommen Wirtschaft und Güterverkehr praktisch zum Erliegen. Für solche Anbieter ist es zwingend, dass man die Planung und den Zeitpunkt der Bauarbeiten grenzüberschreitend abspricht.
Branche fährt mit guten Ideen auf
An Ideen zur Stärkung des Schienengüterverkehrs und dessen Resilienz fehlt es definitiv nicht. Doch meistens scheitern sie am fehlenden Willen und an den finanziellen Mitteln. Für den intermodalen Verkehr hat Hupac am hauseigenen Intermodal Forum vom 16. Mai 2025 fünf Schlüsselmassnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs aufgezeigt:
- Koordinierte Bauplanung im Schienennetz mit ausreichenden Umleitungskapazitäten und ohne Vollsperrungen
- Schweizer Finanzierung des Ausbaus der Vogesentunnel als Teil eines neuen 4‑Meter-Korridors auf der linken Rheinuferseite
- Unterstützung des Einsatzes hybrider Lokomotiven auf der Strecke Wörth–Strasbourg
- Fortführung der Schweizer Betriebsbeiträge für den KV über das Jahr 2030 hinaus
- Aktive Führungsrolle der Schweiz im Güterverkehrskorridor Nordsee–Rhein–Mittelmeer
Politik hat mehr als ein Zeichen gesetzt
Nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Politik hat die hohe Priorität des Schienengüterverkehrs schon länger erkannt und fördert diesen entsprechend. Mit dem im März verabschiedeten revidierten Gütertransportgesetz hat das Parlament namhafte finanzielle Beträge zur Stärkung des inländischen Einzelwagenladungsverkehrs gesprochen. Ständerat und VAP-Präsident Josef Dittli fordert zusammen mit Ständerätin Heidi Z’graggen mit den Interpellationen 25.3540 («Stauräume, Schwerverkehrszentren, Verlagerungsdruck – wie fängt der Bund den zusätzlichen Lkw-Verkehr nach Aufgabe der Rola auf?») und 25.3541 («Zukunft des Alpentransits: Wie begegnet der Bund der Zunahme des Lkw-Verkehrs nach dem Wegfall der Rollenden Landstrasse?») eine Stellungnahme des Bundesrats zur Frage, wie die zusätzliche Lkw-Lawine als Folge der Rola-Einstellung kurzfristig bewältigt werden soll. Mittelfristig braucht es dringend griffige Anreize, damit das Umrüsten von Lkw auf kranbare Sattelauflieger rasch erfolgt und die erforderliche Kapazität im KV geschaffen wird, um die zusätzliche Gütermenge abzufangen.
Schweiz europaweit Spitzenreiter beim Schienennetz
Mit Blick auf ihre Schieneninfrastruktur hat die Schweiz in den letzten Jahren ihre Hausaufgaben gemacht – ganz im Gegenteil zu einigen Nachbarländern. Für die Durchquerung der Alpen hat sie in die Eisenbahn-Basistunnels am Lötschberg, Gotthard und Ceneri fast 20 Mrd. Schweizer Franken investiert. Damit sucht die Schweizer Qualität der Infrastruktur europaweit ihresgleichen. Um diesen Podestplatz zu halten, muss die Schweiz jedoch auch zukünftig einen klaren Fokus auf die Instandhaltung und den Ausbau ihrer Bahninfrastruktur haben.
Auch bei der Verlagerung des alpenquerenden Gütertransports auf die Schiene ist die Schweiz mit einem Anteil von 70 Prozent topplatziert und in Europa unangefochten. Die Probleme der Anbieter von KV in der Schweiz beim grenzüberschreitenden Transitverkehr lassen sich hauptsächlich an den nördlichen Zulaufstrecken festmachen.
Höchste Zeit, die Weichen neu zu stellen
Der Schienengüterverkehr stand bereits vor den beiden Hiobsbotschaften stark unter Druck. Das zeigte sich etwa an der zunehmenden Rückverlagerung des Gütertransports von der Schiene auf die Strasse. Demnach ist es wohl eher fünf nach als fünf vor zwölf, um die Weichen für den Schienengüterverkehr neu zu stellen.

Gekommen, um zu bleiben: der Schienengüterverkehr
Die Zukunft des Schienengüterverkehrs wird derzeit heiss diskutiert. Sie stand auch im Mittelpunkt des Forums Güterverkehr vom 14. Mai 2025 im Glockenhof in Zürich. In diesem Blogbeitrag verfeinert VAP-Geschäftsführer Dr. Simon Wey die wichtigsten Erkenntnisse daraus mit seinen Gedanken zu Tempo, Streckenführung und Signalisation auf der strukturellen und technologischen Weiterfahrt des Schienengüterverkehrs Richtung Zukunft.
Darum geht’s:
- Rückverlagerung funktioniert nicht
- Wachstum vs. Fortschritt
- DAK ermöglicht Quantensprung
- Jetzt oder nie!
Rückverlagerung funktioniert nicht
Der Schienengüterverkehr ist ein wahrer Allrounder: fleissig, meist nachtaktiv, kraftvoll. Wir nehmen ihn kaum wahr und trotzdem wäre der Wohlstand ohne ihn unvorstellbar. Damit bildet er das Rückgrat unserer Volkswirtschaft – effizient, umweltfreundlich und unverzichtbar. Es stellt sich also nicht die Frage, ob, sondern wie man den Schienengüterverkehr stärken kann, damit er den wachsenden Gütermengen gerecht wird. Denn eine Verlagerung auf die Strasse wird nicht funktionieren, selbst wenn man es wollte. Es ist nämlich bereits eng auf den Schweizer Strassen – und wird täglich enger.
Wachstum vs. Fortschritt
Um den Stellenwert des Schienengüterverkehrs fassbarer zu machen, hilft das folgende statistische Gedankenexperiment: Es bräuchte rund 650’000 zusätzliche Lastwagenfahrten, um die jährliche Gütermenge des Einzelwagenladungsverkehrs (EWLV) in der Schweiz mit Transporten auf der Strasse zu kompensieren. So viele zusätzliche LKWs verursachten Dauerstaus, das System Strasse würde schlicht kollabieren.
Bis 2050 prognostiziert das Bundesamt für Raumentwicklung in seinen «Verkehrsperspektiven 2050» einen Anstieg des Güterverkehrs in Tonnenkilometern von 31 Prozent. Dabei rechnet es mit einem leicht rückläufigen Anteil der Strasse im Vergleich zur Schiene. Heute stehen der hohe Stellenwert der Schiene und deren technologischer Zustand in einem krassen Gegensatz. Seit dem 19. Jahrhundert werden die Waggons mechanisch gekuppelt und mit Luftdruck gebremst, also nach dem analogen Prinzip: Ein/Aus. Gleichzeitig schreiten die technologischen Entwicklungen bei Lokomotiven im Schnellzugtempo voran.
DAK ermöglicht Quantensprung
Die Akteure des Schienengüterverkehrs sind sich einig darüber, dass kein Weg an einer (digitalen) Transformation des bestehenden Rollmaterials vorbeiführt. Der technologische Fortschritt braucht hier endlich freie Bahn, und zwar lieber heute als morgen. Nur so lassen sich die anstehenden Herausforderungen meistern und eine Rückverlagerung auf die Strasse verhindern.
Einen regelrechten Quantensprung ermöglicht die Einführung der digitalen automatischen Kupplung (DAK). Für deren Einführung hat die Politik der Branche einen einmaligen Förderbeitrag von 180 Mio. Schweizer Franken ab 2026 in Aussicht gestellt. Dasselbe Ziel verfolgen die 260 Mio. Schweizer Franken für die ersten vier Jahre. Dieser finanzielle Rückenwind soll dazu beitragen, den EWLV eigenwirtschaftlich zu machen (vgl. VAP-Blogbeitrag «Frühjahrssession 2025: Vielleicht letzte Chance für den Einzelwagenladungsverkehr»).
Jetzt oder nie!
Das alles zeigt: In der Frage nach der Wichtigkeit und der technologischen Transformation des Schienengüterverkehrs stimmt die Politik von Links bis Rechts für einmal überein. Offen ist, ob die Branche diesen Steilpass in den vier respektive acht Jahren der befristeten Förderung tatsächlich verwerten kann. Bleibt der EWLV danach weiterhin defizitär, so wird der Ruf nach einer unbefristeten Subvention unüberhörbar. Für den VAP ist das allerdings keine Option mit Zukunft. Viel mehr wird er alles daransetzen, dass die Güterbahnakteure der Eigenwirtschaftlichkeit in den nächsten Jahren näherkommen – Kilometer für Kilometer.
Hier geht’s zur vollständigen Eröffnungsrede von Dr. Simon Wey anlässlich des Forums Güterverkehr vom 14. Mai 2025.

Forum Güterverkehr 2025: Der lange Weg in eine neue Ära
Am 14. Mai 2025 trafen sich knapp 120 Branchenakteure zum Forum Güterverkehr 2025 des Verbandes der verladenden Wirtschaft (VAP) im Glockenhof in Zürich. Ausgewiesene Expertinnen und Experten tauschten sich zu den aktuellen und zukünftigen politischen Themen und zum technologischen Fortschritt im Schienengüterverkehr aus. Hier eine Kurzfassung der Referate sowie alle verfügbaren Vortragsunterlagen als Downloads
Darum geht’s:
- Dr. Simon Wey nahm die Güterverkehrsbranche in die Pflicht
- Martin von Känel appellierte an die Branchenakteure
- Erwin Wieland brachte die Strassensituation auf den Punkt: «Es wird eng.»
- Peter Westenberger sprach über die Investitionslücke in Deutschland
- Parlamentarierpanel diskutierte die Zielsicherheit des politischen Rahmens
- Christian von Normann forderte individuelle Lösungen
- Jürgen Maier (-Gyomlay) umriss Status quo und Quo vadis von MODI(G)
- Gilles Peterhans schilderte die Dynamisierung der Bahntransformation in der EU
- Lars Deiterding stellte einen Systemansatz für die nahtlose multimodale Integration vor
- Markus Schinko nannte die Bahn einen «Enabler» der nachhaltigen Schrottlogistik
- Experten erörterten Innovationskraft, Preis und Qualität des Güterverkehrs
- Danke und bis zum nächsten Jahr!
Dr. Simon Wey nahm die Güterverkehrsbranche in die Pflicht
Den Auftakt zum Forum Güterverkehr machte der neue VAP-Geschäftsführer Dr. Simon Wey. Mit einem Schreckensszenario einer totalen Rückverlagerung auf die Strasse unterstrich er die Bedeutung des Schienengüterverkehrs für die Versorgung der Schweiz. Dazu hielt er fest: «Der Schienengüterverkehr bildet das Rückgrat unserer Volkswirtschaft – effizient, umweltfreundlich und unverzichtbar.» Als kurzes Update liess er die Entwicklungen der letzten Monate Revue passieren. Nachdem das Schweizer Stimmvolk im November 2024 den Ausbau der Nationalstrassen abgelehnt hatte, hat das Schweizer Parlament in der Frühjahrssession 2025 die Totalrevision des Gütertransportgesetzes (GüTG) verabschiedet. Ende April 2025 hat der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen in die Vernehmlassung geschickt und die Branche bis Mitte August 2025 um Stellungnahme gebeten. Dr. Simon Wey wertete die rasche Umsetzung des revidierten GüTG als Steilpass an die Branche. Er sieht diese in der Pflicht, die Chance zu verwerten. Dem VAP misst er dabei eine führende Rolle bei: «Als VAP ist es uns wichtig, dass die Lösungen in der Branche breit abgestützt sind, damit die ambitionierten Ziele des revidierten GüTG erreicht werden.»
Hier geht’s zur Eröffnungsrede von Dr. Simon Wey (VAP).
Martin von Känel appellierte an die Branchenakteure
Martin von Känel, stv. Direktor des Bundesamts für Verkehr BAV, warf die Frage auf, wie es nach der Totalrevision des GüTG und der Abstimmung zu den Nationalstrassen mit dem multimodalen Verkehr und der Gesamtlogistik in der Schweiz weitergehe. Dazu legte er die Hintergründe für die Totalrevision des GüTG dar. Zum Überleben brauche der Transport auf der Schiene jetzt Unterstützung. Ziel der Totalrevision sei ein stabiles gesetzliches Fundament ohne Bevorteilung. Die Logistikkette der Zukunft ist gemäss Martin von Känel multimodal. Das bedinge eine multimodale Zusammenarbeit. Dazu appellierte der BAV-Vertreter an die Anwesenden: «Die Basis ist geschaffen, nun sind die Akteure gefragt.»
Hier geht´s zur Präsentation von Martin von Känel (BAV).
Erwin Wieland brachte die Strassensituation auf den Punkt: «Es wird eng.»
In seinem Inputreferat gab Erwin Wieland, stv. Direktor Bundesamt für Strassen ASTRA, einen kurzen Abriss der Entwicklungen von Modalsplit und Kosten über die letzten Jahrzehnte. Daraus ging die hohe Bedeutung der Nationalstrassen für die Versorgung der Schweiz hervor. Gemäss Verkehrsperspektiven wird im Güterverkehr bis 2050 ein Wachstum von 30% erwartet. Die Fahrleistung der Lieferwagen würde weiter deutlich zunehmen, insbesondere die leichten Lieferwagen. Dies würde zur Herausforderung für die Städte. Das führe immer häufiger zu Stau. Im Jahr 2040 dürften die Nationalstrassen auf über 450 km täglich mehrere Stunden überlastet sein. Der Handlungsspielraum bei den (National-)Strassen sei weitgehend ausgeschöpft. Wie sich das auf den Gütertransport, die Wettbewerbsfähigkeit der Akteure und die Versorgung der Schweiz auswirke, versah der ASTRA-Experte mit einem grossen Fragezeichen. Er stellte nüchtern fest: «Es wird eng. Nun stellt sich die Frage, ob mit den neuen Massnahmen und einer stärkeren Unterstützung der Schiene der Verkehrsverlagerung auf die Schiene doch noch ein Durchbruch gelingt.»
Hier geht´s zur Präsentation von Erwin Wieland (ASTRA).
Peter Westenberger sprach über die Investitionslücke in Deutschland
Eine fachkundige Perspektive auf Deutschland brachte Peter Westenberger, Geschäftsführer des deutschen Verbands DIE GÜTERBAHNEN, ein. Der erfahrene Güterbahnspezialist begann sein Kurzreferat mit einem Augenzwinkern: «Ich bin an dieser Veranstaltung für das Gruselkapitel zuständig.» Westenberger erläuterte, warum der deutsche Schienengüterverkehr vor allem nach der Corona-Krise selbst in die Krise gerutscht war. Ab 2022 brach die Produktivität im Schienennetzbetrieb der Deutschen Bahn (DB) AG massiv ein. Westenberger spricht beim Streckenausbau vom «Aschenputtel-Komplex der Schiene». Seit der Bahnreform im Jahr 1994 wurden in Deutschland 250’000 km Strassen neu- oder ausgebaut. Bei der Bahn waren es nur gerade 2’180 km. Die einst geplanten Bundesmittel für den Neu- und Ausbau würden derzeit wieder massiv eingekürzt. Das Verkehrsministerium verfolge das Prinzip «Erhalt vor Neubau». Im GroKo-Vertrag gebe es keine Aussagen zum Wettbewerb der Güterbahnen. Der kürzliche Abschluss des EU-Beihilfeverfahrens sehe harte Auflagen und ein strenges Sanierungsprogramm für die DB Cargo vor, was den Wettbewerb stärke.
Hier geht´s zur Präsentation von Peter Westenberger (DIE GÜTERBAHNEN).
Parlamentarierpanel diskutierte die Zielsicherheit des politischen Rahmens
Fünf Mitglieder der Verkehrskommissionen des eidgenössischen Parlaments diskutierten am Vormittag des Forums Güterverkehr den aktuellen und zukünftigen politischen Kurs des Schienengüterverkehrs in der Schweiz. Andy Müller, Bundeshausredaktor SRF TV, moderierte ein hochkarätiges Panel mit Vertreterinnen und Vertretern der Verkehrskommissionen von National- und Ständerat (KVF‑N, KVF‑S). Red und Antwort standen
- Nationalrätin Min Li Marti (SP/Zürich),
- Nationalrätin Barbara Schaffner (GLP/Zürich),
- Nationalrat Martin Candinas (Die Mitte/Graubünden und Präsident LITRA – Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr,
- Nationalrat Christian Imark (SVP/Solothurn) sowie
- Ständerat Josef Dittli (FDP/Uri und Präsident VAP – Verband der verladenden Wirtschaft).
Im Mittelpunkt der Paneldebatte standen die Revision des Gütertransportgesetzes (GüTG) und die damit geschaffene Chance für den Einzelwagenladungsverkehr sowie der Entscheid, die rollende Landstrasse (RoLa) einzustellen. Die Panelgäste debattierten über Zweck und Umfang der gesprochenen Fördermittel und über andere Unterstützungsmassnahmen für die Verkehrsverlagerung. Sie erörterten das Potenzial von technologischen Innovationen wie der DAK und wägten das Für und Wider weiterer politischer Lenkungsmöglichkeiten wie Mobility Pricing ab.
Der Nachmittag des Forums Güterverkehr stand im Zeichen von Innovation und Digitalisierung des Schienengüterverkehrs und anderer Verkehrsträger.
Christian von Normann forderte individuelle Lösungen
Christian von Normann, Chief Technical Officer des Beratungsunternehmens Otimon GmbH und Prüfungsexperte beim Verband öffentlicher Verkehr (VöV), erläuterte, wie sich die Attraktivität des Schweizer Schienengüterverkehrs erhöhen lässt. Er zählte eine Reihe von Gründen auf, weshalb der Verkehrsträger Schiene für Transporteure heute oft als unattraktiv gelte: Verspätungen, Ausfälle, schlecht verbundene Trassen, steigende Preise. Die Ursachen dafür beschrieb von Normann damit, dass eine generische Lösung den unterschiedlichen Anforderungen der Bahnnutzer nicht genügen würde. «Die heutige Lösung im Schienengüterverkehr passt nicht zum aktuellen Problem.» So bleibe der Schienengüterverkehr bei der Planung und im Betrieb untergeordnet. Deshalb forderte der Planungsexperte individuelle Lösungen für die spezifischen Bedürfnisse der Branchenakteure. Christian von Normann hielt allerdings fest: «Wir können heute einen viel besseren Güterverkehr realisieren, wenn wir die vorhandenen Infrastrukturen besser nutzen und gemeinsam mit dem Personenverkehr zusammenarbeiten. Dafür braucht es euch!»
Hier geht´s zur Präsentation von Christian von Normann (Otimon).
Jürgen Maier (-Gyomlay) umriss Status quo und Quo vadis von MODI(G)
Jürgen Maier (-Gyomlay) vom VAP erläuterte die jüngsten Entwicklungen und den Status quo der staatlichen Mobilitätsdateninfrastruktur (MODI) und des entsprechenden Gesetzes (MODIG). Dieses hatte der Bundesrat angeregt, um den Informationsfluss zwischen Infrastrukturbetreibern, Verkehrsunternehmen, privaten Anbietern und den Verkehrsteilnehmenden zu verbessern. MODIG befinde sich mitten im gesetzgeberischen Prozess. Der Bundesrat dürfte seine Botschaft ans Parlament noch im 2. Quartal 2025 publizieren; mit dem Ziel, MODIG im Jahr 2027 in Kraft zu setzen. Jürgen Maier (-Gyomlay) umriss in seinem Forumsbeitrag, wie sich Herausforderungen wie Datensilos, Komplexität oder mangelnde Zielorientierung adressieren lassen. Er forderte die Forumsgäste zur Mitgestaltung auf: «Helfen Sie mit, ein Daten-Ecosystem mit Basisdaten und Frontends für den Güterverkehr zu schaffen.»
Hier geht´s zur Präsentation von Jürgen Maier (VAP).
Gilles Peterhans schilderte die Dynamisierung der Bahntransformation in der EU
Gilles Peterhans, Generalsekretär der International Union of Wagon Keepers UIP, zeigte auf, warum und wie Europa die digitale Transformation im europäischen Schienengüterverkehr dynamisieren müsse – und warum jetzt. Dieser Notwendigkeit lägen neue Technologien und Hochgeschwindigkeitszüge zugrunde. Aber nicht nur. Geopolitische Risiken hätten erhebliche Auswirkungen auf die globalen Wirtschaftsaussichten und beeinflussten das Wirtschaftswachstum, die Inflation, die Finanzmärkte und die Lieferketten. Damit mutiere die Logistik zum Schlüsselfaktor für Wirtschaftswachstum. Als erste Etappe der digitalen Challenge nannte er die Schaffung eines vollständig interoperablen Eisenbahnsystems innerhalb der EU. Als zweiten und Hauptteil der Transformation schilderte er die Aufgabe, das EU-Bahnsystem vollständig digital, automatisiert, vernetzt und kundenorientiert zu gestalten. Dazu forderte Peterhans Ideen und Tatkraft. Er schloss seinen Vortrag mit einem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe: «Erfolg hat drei Buchstaben: tun.»
Hier geht´s zur Präsentation von Gilles Peterhans (UIP).
Lars Deiterding stellte einen Systemansatz für die nahtlose multimodale Integration vor
Lars Deiterding, Executive Director bei der IT-Pionierin HaCon, sprach über innovative Entwicklungen für einen nahtlosen europäischen Schienengüterverkehr. Er legte seinem Referat die folgende Kernfrage zugrunde: «Wie schaffen wir es, dass in Europa die nationalen Planungs- und Verkehrsmanagementsysteme direkt miteinander verhandeln?» Mit dem Ansatz SEAMLESS hat die Siemens-Tochter HaCon den Namen zum Konzept erklärt. Der Digitalisierungsexperte präsentierte die datenbasierte Lösung für eine schnittstellenfreie Planung und Disposition verschiedener Verkehrsträger zugunsten einer grenzüberschreitenden Logistik in Europa. Der technologiebasierte Systemansatz ermöglicht eine reibungsfreie Interaktion der Akteure und eine integrierte multimodale und schienengestützte Verkehrsplanung. Damit können Nutzer wie Verlader, Spediteure und weitere Branchenakteure den Modalsplit zugunsten der Schiene maximieren. Das Einbeziehen hochmoderner Vorhersagen erlaubt eine proaktive Fehlerbehebung und eine bessere Information der Interessengruppen und Logistikkunden.
Hier geht´s zur Präsentation von Lars Deiterding (HaCon).
Markus Schinko nannte die Bahn einen «Enabler» der nachhaltigen Schrottlogistik
Markus Schinko, Geschäftsführer bei Logistik Service GmbH (LogServ), präsentierte die Bahn in seinem Impulsreferat als Möglichmacher einer nachhaltigen Schrottlogistik. In der EU soll bis 2040 ein zusätzlicher Schrottbedarf von 36,2 Mio. Tonnen anfallen. Die Stahlindustrie arbeitet mit Hochdruck an der Technologieumstellung für den Einsatz von hochqualitativem CO2-reduziertem Premium-Stahl. Diese Transformation ist vor allem eine logistische Herausforderung. Für Deutschland und Österreich schätzt Schinko das Potenzial für den Schienengüterverkehr auf 1,2 Mio. Tonnen für das Jahr 2027. Für den Transport von Schrott gilt die Schiene als Hauptverkehrsträger. Mit eindrücklichen Praxisbeispielen wie dem Bayernshuttle, dem Zuladungswaggonprototypen TransANT, dem Schrott-Hub in Ennsdorf und einer Visual-Train-Analysis-Anlage machte Markus Schinko greifbar, wie die Bahn den Trend zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft im Schrottbusiness auf ein neues Level hebt. Er formulierte seinen abschliessenden Appell wie folgt: «Es ist wichtig, dass alle zusammenarbeiten. Lassen Sie uns nicht warten, lassen Sie es uns tun.»
Hier geht´s zur Präsentation von Markus Schinko (LogServ).
Experten erörterten Innovationskraft, Preis und Qualität des Güterverkehrs
Unter der Moderation von Andy Müller, Bundeshausredaktor SRF TV, beantworteten die Nachmittagsreferenten Fragen aus dem Plenum. Auf dem Podium standen Lars Deiterding von HaCon, Jürgen Maier vom VAP, Gilles Peterhans der International Union of Wagon Keepers (UIP), Markus Schinko von Logistik Service GmbH (LogServ) und Christian von Normann von Otimon GmbH. Sie diskutierten über den digitalen Fortschritt einer stark analog geprägten Branche. Die Panelgäste äusserten sich zur Umsetzung und zum Tempo der Digitalisierung, zur Wirk- und Zukunftskraft der DAK, zu Preis und Qualität von Güterverkehrsangeboten und vor allem zur allseits geforderten Zusammenarbeit der Akteure.
Danke und bis zum nächsten Jahr!
Zum Abschluss des Forums Güterverkehr 2025 fasste Geschäftsführer Dr. Simon Wey die wichtigsten Punkte zusammen. Sein persönliches Fazit: «Die grossen Herausforderungen des Schienengüterverkehrs spornen uns alle zu Höchstleistungen an. Und das nachweislich mit beachtlichem Erfolg.» Für Wey standen die Branchenvertreterinnen und ‑vertreter selbst im Mittelpunkt der Geschehnisse. Sie seien es, die für den Schienengüterverkehr brennen würden und die Branche mit Innovation und Leidenschaft voranbrächten. Und die «bei Misserfolgen den Kopf nicht in den Sand stecken». So bedankte sich der VAP-Geschäftsführer für das Engagement, den unermüdlichen Einsatz und vor allem die Teilnahme am diesjährigen Forum Güterverkehr. Zum Schluss wies er auf das Datum des nächsten Forums Güterverkehr hin:
Mittwoch, den 13. Mai 2026
Hier geht’s zur Bildergalerie mit Impressionen vom Forum Güterverkehr 2025.

Bundesrat schickt Gütertransportverordnung in die Vernehmlassung
Am 30. April 2025 hat der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen zum totalrevidierten Gütertransportgesetz (GüTG) in die Vernehmlassung geschickt. Damit konkretisiert er den Auftrag des Parlaments, das sich in der Frühjahrssession 2025 für eine Stärkung des Schienengüterverkehrs ausgesprochen hatte. Der VAP wird sich gemeinsam mit weiteren Branchenakteuren zu diesem Schlüsseldossier äussern.
Darum geht’s:
- Bundesrat verfolgt sportlichen Fahrplan
- Grünes Licht für diverse Förderinstrumente
- Anforderungen dürfen nicht zum Stolperstein werden
- Keine Verwässerung der Anreize zur Verlagerung auf die Schiene
- Erfolg und Misserfolg liegen nahe beieinander
Bundesrat verfolgt sportlichen Fahrplan
In seiner letzten April-Sitzung hat der Bundesrat den Entwurf der Gütertransportverordnung (GüTV) und weitere Umsetzungsbestimmungen in die Vernehmlassung gegeben. Diese dauert bis am 12. August 2025. Demnach konkretisiert die Regierung die vom Parlament beschlossenen Massnahmen im Eilzugstempo. In der Frühjahrssession 2025 hatten National- und Ständerat ihre letzten Differenzen bereinigt und das revidierte GüTG definitiv verabschiedet. Damit sprach sich das Parlament für einen gestärkten und kompetitiven Güterverkehr auf der Schiene aus. Bereits am 1. Januar 2026 sollen sowohl das GüTG als auch die Ausführungsbestimmungen in Kraft treten.
Grünes Licht für neue Förderinstrumente
Der Vernehmlassungsentwurf umfasst eine Reihe von Massnahmen zur Stärkung des Transports von Gütern per Bahn und Schiff. Die wichtigsten Massnahmen für unsere Branche auf einen Blick:
- Leistungsvereinbarungen mit Anbietern von Einzelwagenladungsverkehr (EWLV)
- Umschlags- und Verladebeiträge an Anlagenbetreiber oder ‑benützer
- Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen
- Pauschalbeiträge zur Einführung der digitalen automatischen Kupplung (DAK)
Anforderungen dürfen nicht zum Stolperstein werden
Mit 260 Millionen Franken gefördert werden Anbieter von EWLV über Leistungsvereinbarungen zwischen Bund und Anbietern. Diese finanzielle Förderung hat das Parlament vorerst auf acht Jahre befristetet, wobei sie über zwei Mal vier Jahre erfolgen soll. Zur Festlegung des Verfahrens erlässt das Bundesamt für Verkehr (BAV) eine Richtlinie.
Mit SBB Cargo wird sich ein marktstarkes Unternehmen für diese Fördermittel bewerben. Die Gefahr besteht darin, dass die Anforderungen für den Erhalt der Fördermittel so hoch ausgestaltet werden, dass sie für potenzielle neue Anbieter von EWLV zur Markteintrittsbarriere werden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ein Eintritt in diesen Markt bereits heute äusserst anspruchsvoll ist. Demnach soll der Erhalt dieser Förderung den Anbietern nicht als weiteren Stolperstein in den Weg gelegt werden.
Keine Verwässerung der Anreize zur Verlagerung auf die Schiene
Die Umschlags- und Verladebeiträge sollen durch eine Abschaffung der Rückerstattung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) im Vor- und Nachlauf des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV) finanziert werden. Hier besteht die Krux darin, die Anforderungen für den Erhalt dieser Beiträge so auszugestalten, dass der Anreiz zum Verlad auf die Schiene für die Adressaten möglichst hoch wird. Wie hilfreich dabei Unter- und Obergrenzen sind, ist im Rahmen der Stellungnahme zu prüfen.
Erfolg und Misserfolg liegen nahe beieinander
Der VAP wird gemeinsam mit seinen Mitgliedern alles daransetzen, beim BAV eine breit abgestützte Stellungnahme einzureichen. Im Zentrum dieser Debatte stehen die gesprochenen Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen, die Leistungsvereinbarung für Anbieter von EWLV sowie die Beiträge an Anlagenbetreiber oder ‑benützer. Durch die Abschaffung der LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf zum UKV werden nämlich keine neuen Fördermittel fliessen, sondern lediglich die Adressaten geändert. Auch begrüsst der VAP die veranschlagten 180 Millionen Franken für die DAK-Migration. Deren Einführung wird nicht nur die Produktivität im EWLV-Gesamtsystem stark erhöhen, sondern auch das Ziel der Eigenwirtschaftlichkeit greifbar machen.
Insgesamt lohnt sich eine genau Prüfung der Ausführungsbestimmungen, denn geringfügige Änderungen können über Erfolg und Misserfolg der Gesetzesrevision entscheiden.

«Das Potenzial für Effizienz, Sicherheit und Dekarbonisierung im Schienengüterverkehr ist noch nicht voll ausgeschöpft»
Interview mit David Zindo, CEO STREEM Group und Präsident des UIP
David Zindo, CEO der STREEM Group und Präsident der UIP, dem internationalen Verband der Güterwagenhalter, stand unserem Geschäftsführer Simon Wey bei seinem Besuch bei Ermewa in Paris Red und Antwort. Im Gespräch erläutert David Zindo nicht nur seine Vision des Schienengüterverkehrs von morgen und die Stolpersteine auf dem Weg dahin, sondern auch, wie sehr ihm sein Job, die Menschen und die Themen der Branche am Herzen liegen.
Zu David Zindo:
- CEO der STREEM Group
- Mehr als 15 Jahre Erfahrung im Eisenbahnsektor
- Bei STREEM seit 2015.
- Vorherige Arbeitgeber: EY, Veolia SNCF Group
- Präsident der UIP – International Union of Wagon Keepers.

Sie sind Präsident des Internationalen Verbands der Güterwagenhaltern. Welche Karriereschritte führten Sie zur heutigen Position?
David Zindo: Ich begann 1996 als Wirtschaftsprüfer bei Ernst & Young, bevor ich Finanzpositionen bei Geodis, Veolia und der SNCF Group übernahm. 2015 kam ich zu Ermewa, zunächst als Geschäftsführer und später als Vorsitzender. Im Dezember 2015 trat ich dem Vorstand der UIP bei und übernahm im Juni 2023 das Präsidentenamt.
Was fasziniert Sie am Schienengüterverkehr? Was frustriert Sie?
Ich bin fasziniert vom Potenzial für Effizienz, Sicherheit und Dekarbonisierung im Schienengüterverkehr und frustriert darüber, dass wir dieses Potenzial in der Praxis noch nicht voll ausschöpfen können.
Wie würden Sie einen Schulabgänger motivieren, eine Karriere in der Branche des Schienengüterverkehrs zu absolvieren?
Dies ist ein Bereich, in dem man echten Einfluss haben kann. Einerseits, weil der Sektor großes Verbesserungspotenzial hat, und andererseits, weil die Verbesserung des Schienengüterverkehrs selbst einen enormen Einfluss auf unser Leben hat.
Welches sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Herausforderungen für die Schienengüterverkehrsbranche im Allgemeinen und der Wagenhalter im Besonderen?
A) Denken Sie, dass die Branche und die Wagenhalter bereit sind, diese Herausforderungen anzugehen?
Ich könnte ihnen eine ganze Liste von Herausforderungen aufzählen, aber um beim Wesentlichen zu bleiben: der Schienengüterverkehr ist ein fester Bestandteil des Eisenbahnsystems, wobei dieses einem Flickenteppich gleichkommt. Jedes Land in Europa hat seine eigenen nationalen Vorschriften, Normen und Verfahren für die Eisenbahninfrastruktur, den Zugbetrieb und die Signalgebung. Diese Fragmentierung führt zu zahlreichen Ineffizienzen. Die Modernisierung des Schienengüterverkehrs schreitet voran, aber das System selbst muss noch schneller vereinheitlicht werden, um eine reibungslosere Integration der nationalen Eisenbahnsysteme zu gewährleisten.
Ich denke, die Beteiligten werden sich mehr und mehr der Notwendigkeit bewusst, ganzheitlich zu denken. Europäische Initiativen, die von Forschungs- und Innovationsprogrammen wie Europe’s Rail angeführt werden, beschleunigen den notwendigen kollektiven Wandel.
Die Wagenhalter arbeiten daran, dass das allgemeine Eisenbahnsystem wettbewerbsfähiger und widerstandsfähiger wird. Das schwierige wirtschaftliche und geopolitische Umfeld der letzten Jahre lastet bereits heute schwer auf dem Wagenhaltergeschäft. Es ist nicht hilfreich, wenn das Gesamtangebot im Schienengüterverkehr nicht den Kundenbedürfnissen entspricht. Die Wagenhalter können ihren Teil dazu beitragen, ihre Produkte zu verbessern, aber sie sehen sich mit Kosten konfrontiert, die sie aus ihrer Seite nicht wieder reinholen können. Ebenso ist es eine Herausforderung, dies den Politikern und der Öffentlichkeit klar zu machen.
B) LKWs sind schon bald klimaneutral, wodurch ein zentraler Wettbewerbsvorteil des Schienengüterverkehrs verschwinden wird. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene im Vergleich zur Strasse zu verbessern?
Der Übergang der Lkw-Industrie zur Klimaneutralität ist eine Herausforderung für den Schienengüterverkehr, bietet jedoch auch eine Chance die eigene Transformation zu beschleunigen. Der Schlüssel zur Verbesserung der Position des Schienengüterverkehrs im Vergleich zum Straßenverkehr liegt darin, die Vorteile der Bahn hervorzuheben, wie ihre überlegene Energieeffizienz und ihre geringeren CO²-Emissionen. Eine größere Digitalisierung im Schienennetz sowie die Verbesserung der Flexibilität der Bahn, d.h. die Integration in multimodale Logistikketten, sind entscheidende Größen in dieser Transformation.
Die Bahn sollte sich nicht nur als die grünere Option positionieren, sondern auch als zuverlässiger, kosteneffizienter und zukunftsfähiger Verkehrsträger.
Ich würde gerne einen Blick auf die beiden grossen technologischen Innovationen der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) und der Digitalisierung werfen. Kann eine davon respektive beide in Kombination jener Befreiungsschlag sein, der die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs spürbar verbessern wird?
Absolut, die DAK bringt ja auch gleichzeitig auch die Digitalisierungsbemühungen einen grossen Schritt vorwärts. Die automatische Kupplung adressiert ein zentrales Problem im Schienengüterverkehr: das veraltete und ineffiziente manuelle Kupplungssystem. Durch die Automatisierung des Kupplungsprozesses können wir den betrieblichen Aufwand erheblich reduzieren, die Sicherheit verbessern und Kosten senken, was die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs insgesamt erhöht. Das «D» in DAK hingegen bringt eine breitere Digitalisierung und Energieübertragung ins Spiel, sodass wir einen Echtzeit-Datenaustausch und Energie entlang des gesamten Güterzugs haben können. Dies ermöglicht eine bessere Integration von Rollmaterial, Infrastruktur, Betrieb und anderen Verkehrsträgern.
Die DAK kann das Maß an Effizienz und Flexibilität auf eine nächste Stufe heben. Es wird die Anforderungen an die Arbeitskräfte verändern und den Arbeitsmarkt öffnen. Die vollständige Digitalisierung eines Schienengüterzugs wird uns ermöglichen, auf Kundenanforderungen zu reagieren und eine Lösung für bessere Logistik zu bieten.
Wir können dann sogar von DACC sprechen: Digital Automated Connected und Customer-oriented Operations – diese werden den Schienengüterverkehr schneller, zuverlässiger und anpassungsfähiger an jegliche Kundenanforderungen machen, wodurch die Attraktivität als eine moderne, umweltfreundliche Transportlösung erhöht wird.
Die Europäische Union beabsichtigt die DAK bis 2030 einzuführen. Denken Sie, dass dies ein realistischer Zeithorizont ist? Falls nicht, was sind die hauptsächlichen Stolpersteine auf dem Weg zur Einführung?
Das Ziel, bis 2030 auf einen vollständigen digitalen Schienengüterzugbetrieb (FDFTO) mit DAK umzusteigen, ist ehrgeizig, aber machbar. Lassen Sie uns dies in einzelnen Schritten denken: Zuerst, die Entwicklung und Erprobung einer europäischen Technologie abschließen, dann die Zuverlässigkeit und die wirtschaftlichen Vorteile von FDFTO mit DAK durch den Betrieb kommerzieller Güterzüge validieren und schließlich die Machbarkeit einer Migration hinsichtlich des bestehenden Fuhrparks, der Waggons, Lokomotiven und des Verkehrs bewerten. Letztlich müssen die entsprechenden öffentlichen Mittel sichergestellt werden. Alle Schritte sind entscheidend für eine erfolgreiche europäische Umsetzung, wobei alle Schritte Zeit benötigen und wir bis zur Erreichung des Ziels ambitioniert bleiben müssen. Auch wenn der Zeitplan knapp bemessen ist, sollte die Notwendigkeit, die europäischen Green-Deal-Ziele zu erreichen, die notwendige Dynamik zur Zielerreichung erzeugen.
In unserem Vorgespräch sprachen wir über die Herausforderung, alle Kräfte der Schienengüterverkehrsbranche bei der Problemlösung auf Kurs zu bringen. Was genau haben Sie damit gemeint, vielleicht erklärt an einem Beispiel?
Wie herausfordernd es ist, alle Akteure des Schienengüterverkehrs auf einen Nenner zu bringen, zeigt das Beispiel der DAK-Einführung. Während einige Länder oder Unternehmen DAK schnell einführen wollen, sind andere aufgrund der damit verbundenen Kosten oder wegen anderer Prioritäten wie dem Ausbau der Infrastruktur eher zurückhaltend. Die Komplexität, alle diese Parteien auf eine gemeinsame Vision und Strategie einzuschwören, stellt eine große Herausforderung dar.
Um diese Herausforderung zu meistern, bedarf es eines starken Führungsrahmens und finanzieller Unterstützung sowohl von der EU selbst als auch von den Mitgliedstaaten. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass sich alle Beteiligten weiterhin für ein gemeinsames Ziel einsetzen.
Eine Frage zu Ermewa, die ja zur STREEM Gruppe zählt. Könnten Sie uns etwas über eine aktuelle Innovation von Ermewa erzählen, die das Potenzial hat, von der restlichen Industrie adaptiert zu werden?
Es wäre anmaßend zu behaupten, dass wir die einzigen mit guten Ideen sind. Ich glaube fest an das Potenzial von Maintenance 4.0 und im Schienentransport von palletierten Gütern. Das erste Thema umfasst alles, was digitale Technologie und künstliche Intelligenz erbringen können, das zweite betrifft das Logistikkonzept (und die Güterwagen), das den Modalsplit auch außerhalb von festen und flüssigen Schüttgütern ermöglichen wird.
Zum Schluss eine persönliche Frage: Wie erholen Sie sich in Ihrer Freizeit, um im Berufsalltag die notwendige Energie zu haben?
Die Antwort ist sehr banal. Ich verbringe Zeit mit meiner Familie, treibe etwas Sport, gehe ins Kino, ins Theater oder ins Restaurant… Ich liebe meinen Job, ich liebe diesen Sektor, die Menschen, mit denen ich arbeite, und ich trenne mein Berufs- und Privatleben nicht strikt voneinander. Ich werde dies alles vermissen, wenn die Zeit gekommen ist, weiterzuziehen.

GüTG: Die Richtung stimmt, der Weg bleibt steinig
Am 28. Februar 2025 begrüsste das Bundesamt für Verkehr (BAV) Vertreterinnen und Vertreter der Güterbranche am runden Tisch. Zur Debatte stand die Umsetzung des totalrevidierten Gütertransportgesetzes (GüTG) noch vor dessen definitiven Verabschiedung im Parlament. Dieses legt mit dem GüTG den Grundstein für Eigenwirtschaftlichkeit im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV). Allerdings bleiben die Herausforderungen immens.
Darum geht’s:
- Sportliche Umsetzung per 2026 angepeilt
- Finanzierungsmassnahmen klären sich
- Förderbeiträge sorgen für Rückenwind
- Nachfrage zusätzlich finanziell unterstützt
- DAK dürfte erhoffter Befreiungsschlag sein
- Kurvenreiche Zukunft
Sportliche Umsetzung per 2026 angepeilt
Das BAV präsentierte den Diskussionsteilnehmenden einen sportlichen Fahrplan zur Umsetzung des GüTG. Es geht davon aus, dass das Parlament das totalrevidierte GüTG in seiner Schlussabstimmung vom 21. März 2025 verabschiedet. Spätestens im Mai 2025 folgt die Vernehmlassung der Ausführungsbestimmungen. Sowohl das Gesetz als auch die Ausführungsbestimmungen sollen am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Nach der Vernehmlassung der Ausführungsbestimmungen will das BAV einen weiteren runden Tisch einberufen, um verbleibende Fragen der Branchenvertreter zu klären.
Finanzierungsmassnahmen klären sich
Mit den im GüTG genannten Förderbeiträgen will der Regulator die Eigenwirtschaftlichkeit des EWLV erreichen. Dazu sieht er Beiträge für unterschiedliche Anspruchsgruppen vor:
- Leistungsvereinbarungen mit Anbietenden von EWLV
- Umschlags- und Verladebeiträge an Anlagenbetreiber oder ‑benützer, finanziert durch die Abschaffung der LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV)
- Investitionsbeiträge für private Güterverkehrsanlagen
- Pauschale Investitionsbeiträge zur Förderung der digitalen automatischen Kupplung (DAK)
Die Leistungsvereinbarungen mit Anbietenden von EWLV sollen allfällige ungedeckte Betriebskosten in der Transformationsphase der Automatisierung und Digitalisierung decken. Nach Abschluss der Fördermassnahmen soll der EWLV eigenwirtschaftlich funktionieren. Dazu muss der EWLV als Gesamtsystem produktiver werden, etwa indem er Angebote modernisiert und neue erschliesst oder die Qualität der Bedienstruktur verbessert. Zudem lassen sich durch die Digitalisierung Prozesse automatisieren, vereinfachen und entbürokratisieren; das alles bevor die DAK in Betrieb ist. Dank dieser Anpassungen wird der Schienengüterverkehr nicht nur für bestehende Kunden, sondern auch für potenzielle Neukunden attraktiver.
Förderbeiträge sorgen für Rückenwind
Die angedachte Überbrückungsfinanzierung soll zweimal vier Jahre dauern. Sie verschafft den Beteiligten die notwendige Zeit, um die Herausforderungen zu meistern. Dazu braucht es eine gewisse Opfersymmetrie unter den Anspruchsgruppen, die auch moderate Preiserhöhungen bei den Verladern einschliesst. Allerdings müssen sich solche Preiserhöhungen auch mit Qualitätsverbesserungen im System rechtfertigen lassen. Starke und kurzfristige Preissteigerungen und Angebotseinschränkungen laufen der Eigenwirtschaftlichkeit entgegen. Sie führen dazu, dass sich die Verlader vom EWLV abwenden, was dessen Eigenwirtschaftlichkeit noch schwerer erreichbar macht.
An die Leistungsvereinbarungen gebunden sind richtigerweise eine regelmässige Berichterstattung, das Monitoring der Schlüsselkennzahlen und ein Sanktionsmechanismus, falls die Ziele nicht erreicht werden. Diese Konditionen stellen glaubwürdig sicher, dass die Förderung – also die Steuergelder – den EWLV dem Ziel der Eigenwirtschaftlichkeit näher bringt.
Nachfrage zusätzlich finanziell unterstützt
Mit den Umschlags- und Verladebeiträgen an Anlagebetreiber oder ‑benützer und den Investitionsbeiträgen für private Güterverkehrsanlagen unterstützt der Gesetzgeber auch die Nachfrageseite des EWLV und die Anbieter von Bedienpunkten. Dies ist wichtig, denn auf dem Weg zur Eigenwirtschaftlichkeit muss auch die Nachfrageseite stabilisiert werden. Ein Rückgang der Transportmenge im Bahnsystem würde die Zielerreichung eines eigenwirtschaftlichen EWLV erschweren. Finanziert werden die Umschlags- und Verladebeiträge an Anlagebetreiber oder ‑benützer durch die Abschaffung der LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf zum UKV. Demnach lässt der Bund kein zusätzliches Geld fliessen, sondern ändert nur den Adressaten der Fördermittel.
DAK dürfte erhoffter Befreiungsschlag sein
Das Parlament beabsichtigt im revidierten GüTG auch pauschale Investitionsbeiträge für die DAK. Diese dürften dem EWLV den erhofften Technologieschub zur Eigenwirtschaftlichkeit verschaffen. Denn die DAK ermöglicht die langersehnte Modernisierung und Automatisierung der Produktion im Schienengüterverkehr.
Die Branche allein kann die Umsetzung dieser Innovation kaum stemmen. Zum einen sind die Margen im Schienengüterverkehr bereits heute dünn. Zum anderen ergibt sich ein Koordinationsproblem, da der Nutzen der DAK grösstenteils nicht bei den zur Umrüstung gezwungenen Wagenhaltern anfällt, sondern bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen. Allerdings müssen die Wagenhalter die Umrüstungskosten vollumfänglich tragen. Die Verlader ihrerseits müssen ihre Anschlussgleise und Triebfahrzeuge baulich anpassen und die Digitalisierung ihrer Prozesse finanzieren. Verlader und Wagenhalter leisten also einen ebenso relevanten Beitrag zur Sanierung des EWLV-Systems wie die Güterbahnen.
Kurvenreiche Zukunft
Mit dem totalrevidierten GüTG erhält die Branche einen willkommenen Steilpass, um den EWLV in wenigen Jahren wieder auf Kurs zu bringen. Das Parlament ist dem EWLV wohlgesinnt, auch im Wissen darum, dass man sich ein Scheitern sowohl aus verkehrstechnischen als auch aus ökologischen Gründen nicht leisten kann. Doch noch ist das Ziel nicht erreicht und alle in der Branche müssen Farbe bekennen. Dabei sind überdurchschnittlich starke Preiserhöhungen und Angebotseinschränkungen für Verlader wenig hilfreich. Denn sie lassen das ohnehin herausfordernde Ziel noch weiter in die Ferne rücken.