Der VAP fördert den Güterverkehr
auf der Schiene.
Der VAP Verband der verladenden Wirtschaft macht sich für marktgerechte Rahmenbedingungen und ein zugkräftiges Schweizer Güterbahnsystem stark. Relevante Themen:
Güterverkehrsbranche
- Was bewegt die Güterverkehrsbranche?
- Wie gestalten wir die Zukunft des Güterverkehrs?
- Ein Überblick der Akteure des Schienengüterverkehrs.
Netz
Hier finden Sie nützliche Informationen zu den Schienenwegen, deren Organisation und dem Netzzugang.
Finanzierung
Informationen zu finanzieller Förderung und Abgaben im Güterverkehr.
Standorte
Alles zu Freiverladen, Terminals, Anschlussgleisanlagen oder auch multimodalen Logistikhubs.
Interoperabilität
Der VAP engagiert sich für die Harmonisierung der Rahmenbedingungen, damit Züge mühelos auf europäischen Schienennetzen verkehren können.
Nachhaltigkeit
Für eine weitsichtige Zukunft gilt es verschiedene Bereiche nachhaltig zu gestalten.
Innovation
Wie können wir Innovation im Güterverkehr vorwärts treiben?
Betrieb
Zugunsten eines fairen Wettbewerbs wollen wir die Stärke aller Verkehrsträger nutzen und optimal kombinieren. Denn so wird die Strecke für jeden Einzelnen kürzer – und wirtschaftlicher.
Veranstaltungen
Hier finden Sie weiterführende Informationen und Unterlagen zu unseren Veranstaltungen Forum Güterverkehr, unserer Generalversammlung und weiteren.

Subventionierung des Wagenladungsverkehrs: Wettbewerbsverzerrung und Diskriminierung verhindern
Wir nehmen Stellung zum bundesrätlichen Vernehmlassungsentwurf «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport». Wir unterziehen die Vorschläge einer kritischen Würdigung aus Sicht der Güterbahnkunden und zeigen die Notwendigkeit einer rechtlichen Verselbstständigung des Systemverkehrs auf.
Ja und Aber zu Variante 1
Mit Variante 1 will der Bundesrat den Schienengüterverkehr mit der automatischen digitalen Kupplung (DAK) digitalisieren. Damit positioniert er den Verkehrsträger Schiene als Teil der multimodalen Logistik. Flankierend sieht er raumplanerische Massnahmen, Investitionshilfen und Umschlags- und Verladeanreize vor, die Zusatzkosten des Systembruchs zwischen der Schiene und anderen Verkehrsträgern abfedern. Bis die Automatisierung umgesetzt ist, will der Bundesrat die ungedeckten Kosten des Systemverkehrs abgelten. Wir begrüssen die Stossrichtung von Variante 1 im Kern, haben aber Vorbehalte und stellen einen grundlegenden Anpassungsbedarf fest.
Subventionierte Erste/letzte Meile verselbstständigen
Wir wollen und müssen den Systemverkehr zukunftsfähiger gestalten. Dazu braucht es eine Neukonzeption sämtlicher Prozesse, Anreizinstrumente, Marktmechanismen und Schnittstellen innerhalb der multimodalen Güterlogistik. Ziel muss ein eigen- und marktwirtschaftliches System sein, das keine Güterbahnen diskriminiert und den Verladern zuverlässig zur Verfügung steht.[1] Bis diese Neukonzeption umgesetzt ist, stimmen wir befristeten Finanzhilfen an den Netzwerkverkehr von SBB Cargo zu. Diese Finanzhilfen basieren auf erfolgsabhängigen, wettbewerbsneutralen und diskriminierungsfreien Anreizen – und auf einer Verselbständigung der ersten/letzten Meile in einer rechtlich eigenständigen Gesellschaft der SBB. Nur so bleiben die Versorgungssicherheit der Schweiz und die Zukunftsfähigkeit der Schiene gewährleistet.
Wettbewerbsverzerrung und Diskriminierung verhindern
Indem der Bundesrat die Verantwortung für den Systemverkehr SBB Cargo überträgt, monopolisiert er rund 70% des Gütertransportaufkommens. Gleichzeitig ist SBB Cargo auch noch Hauptanbieterin im Ganzzugs- und Kombiverkehr. Diese Interessensverknüpfung kann zu Diskriminierung der Kunden von System- und Ganzzugsverkehr einerseits, andererseits aber auch zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen Anbietern von Ganzzugs- und Kombiverkehr führen – unabhängig von Abgeltungen an den Systemverkehr. Der besteht aus der flächendeckenden Bedienung der Umschlags- und Verladeanlagen und soll daher rechtlich verselbstständigt werden. Da die entsprechenden Leistungen und Ressourcen schon heute in einer eigenständigen Organisationseinheit zusammengefasst sind, bliebe der Transformationsaufwand gering. Allerdings müsste der Bundesrat Art. 9a Abs. 7 des Gütertransportgesetzes (GüTG) präzisieren.
Neue Systembetreiberin konsequent beaufsichtigen
In der befristeten Phase öffentlicher Abgeltungen, aber auch danach, soll ein konsequentes Monitoring der Systembetreiberin im Bereich Leistungen, Qualität, Produktivität und Kosten erfolgen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Finanzhilfe rasch abgebaut und das Geschäftsmodell von SBB Cargo modernisiert werden. Das verhindert Benachteiligungen und sichert langfristig einen reibungslosen, flächendeckenden Systemverkehr. Ein gezieltes Monitoring der Entwicklung von Mengen und Kundenstruktur soll insbesondere letzteren langfristig garantieren. Ein solches Monitoring bedingt eine Ergänzung von Art. 9a GüTG.
Zusätzliche Hintergründe und Meinungen finden Sie in unserer Vernehmlassungsantwort zur «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport».
[1] Vgl. Video «Schienengüterverkehr der Zukunft»: www.cargorail.ch/#video

«Ein ausgezeichneter neutraler Verhandlungspartner»
Die Vetropack-Gruppe ist eine börsennotierte und familiengeführte Glasverpackungsherstellerin in der Schweiz. Wir vom VAP haben Vetropack bei den Verhandlungen über den neuen Anschlussvertrag und die Erneuerung der Anschlussgleise begleitet. Über diese Zusammenarbeit und über die Zukunft des Schienengüterverkehrs sprechen wir mit Philippe Clerc, Leiter des Vetropack-Standorts in St-Prex.
Herr Clerc, wie kam es zur Zusammenarbeit von Vetropack und VAP?
Philippe Clerc: Zuerst führten wir eine Betriebsanalyse durch, um nachzuweisen, dass der Vetropack zu viele Gleise zugeteilt worden waren. Die Expertise und das Verhandlungsgeschick des VAP führten dazu, dass wir beim Anschlussvertrag und der Erneuerung erhebliche Einsparungen vornehmen konnten.
Wie wichtig sind die Anschlussgleise für Vetropack?
Die Bedingungen unseres Marktes werden immer schwieriger. Wenn wir hier weiterhin eine führende Position einnehmen wollen, müssen wir agiler und schneller werden. Der VAP hat uns dabei unterstützt, das gesamte Management der Bahninfrastruktur und die Produktionsprozesse zu verbessern. Das hilft uns, unsere Wettbewerbsfähigkeit und die Versorgungssicherheit der Schweiz zu erhöhen. Die Strategie von Vetropack basiert auf der Entwicklung einer grünen Fabrik. Hier wollen wir nachhaltige Energie bestmöglich nutzen, um unseren CO2-Ausstoss deutlich zu senken. Die Bahn als Verkehrsträger ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie. Unsere Kunden wissen es zu schätzen, dass wir vermehrt die Schiene nutzen. Sie befürworten unsere Art des Transports im Bereich des Glasrecyclings.
Wie hat der VAP Sie begleitet?
Der VAP hat uns bei der Verhandlung des Dossiers Anschlussgleise mit SBB Infrastruktur tatkräftig unterstützt. Dank der hervorragenden juristischen Kompetenzen gelang es, einen guten Vertrag auszuhandeln. Dieser ermöglicht es uns, unsere Umweltstrategie durch den Ausbau des Schienentransports fortzusetzen.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit der VAP erlebt?
Der VAP vertritt die Interessen der Eigentümer von Anschlussgleisen. Dank seiner Neutralität kann er seine Mitglieder effektiv unterstützen. Uns hat er geholfen, eine optimale Lösung zu finden, damit wir unsere Bahngleise weiterhin nutzen können.
Hatten Sie schon vorher Berührungspunkte mit dem VAP?
Wir sind seit mehreren Jahren Mitglied des VAP und wissen die Arbeit des Verbands zu schätzen.
Welche Stärken attestieren Sie dem VAP?
Der Verband ist innovativ bei der Entwicklung neuer Systeme oder Infrastrukturen und hält sich dabei an die Richtlinien des Bundesamtes für Verkehr BAV. Er engagiert sich im Namen der Eigentümer von Anlagen oder Waggons sowohl für den Ausbau des Schienennetzes als auch für die Verbesserung der Transportleistungen durch die Güterbahnen. Dank der weitreichenden juristischen Kompetenz des VAP konnten wir einen idealen Anschlussvertrag für unser Unternehmen und die Fortführung unserer Aktivitäten auf der Schiene abschliessen. In der Folge konnten wir die Bahnproduktion an unserem Standort in St-Prex optimieren und die Betriebskosten minimieren. Ich erachte den VAP als ausgezeichneten neutralen Verhandlungspartner.
Was haben Sie während der Zusammenarbeit am meisten geschätzt?
Den professionellen Ansatz, die Kompetenzen im Eisenbahn- und Rechtsbereich, das Wissen im Betriebsbereich sowie die Beziehungen zur Politik. Das alles hat zu einer schnellen und optimalen Lösung beigetragen.
Was wünschen Sie sich noch zusätzlich vom VAP?
Dass er sich noch stärker für die Entwicklung des Einzelwagenverkehrs einsetzt. Die Lieferfenster zum Beispiel sind viel zu eng. Die Kapazitäten für den Gütertransport auf dem Schienennetz müssen insgesamt erhöht werden.
Wem würden Sie empfehlen, mit dem VAP zusammenzuarbeiten?
Jedem Unternehmen, das in seinem Betriebszentrum eine Bahnanlage bauen möchte. Der VAP kann allen Unternehmen nützlich sein, die zwar über eine Bahninfrastruktur verfügen, nicht aber über die notwendigen Kenntnisse, um Verträge in diesem Bereich auszuhandeln und abzuschliessen.
Wo sehen Sie im Schienenverkehr den dringendsten Handlungsbedarf?
Wie erwähnt brauchen wir eine Öffnung der Zeitfenster für Güterwagen. Die Zahl der Güterzüge muss steigen, zum Beispiel durch einen Taktfahrplan. Der Schienengüterverkehr sollte irgendwann auf das Niveau des Personenverkehrs kommen. Zudem müssen wir unseren Anschluss an Europa sicherstellen. Wir dürfen von Europa nicht isoliert werden.
Was sind die Vorteile des Schienengüterverkehrs?
Er gilt als sicherster Verkehrsträger, weshalb er auch in ganz Europa bevorzugt wird. Die Schiene ist die beste Alternative zur Strasse, man betrachte nur mal den CO2-Fussabdruck. Auf der Schiene lassen sich grosse Mengen mit nur einem Zug transportieren. Und das sogar bei Nacht oder am frühen Morgen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Schienengüterverkehrs in der Schweiz?
Dass sich das Schienengüterverkehrsnetz erhalten und ausbauen lässt. Nur so können wir die Umweltverträglichkeit des Güterverkehrs erhöhen. Es wäre zudem wünschenswert, dass Innovationen vorangetrieben werden. Damit können wir auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben, da sich mit Innovationen Kosten für Betrieb, Rangieren, Verwaltungsaufgaben und anderes reduzieren lassen. Insgesamt gilt es, die Bedienung von Einzelwagen und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Schienennetzes zu verbessern. Wir müssen den Schienengüterverkehr auf die Zukunft vorbereiten, damit wir nicht eines Tages von LKWs überrollt werden.
Gut zu wissen: Der VAP berät und begleitetVAP-Mitglieder profitieren von unserem fundierten Fachwissen in allen Bereichen des Güterverkehrs auf nationaler und internationaler Ebene sowie von unserer Vernetzung mit Wirtschaft und Politik. In den Jahren 2020 bis 2022 haben wir unsere Mitglieder mit den folgenden Dienstleistungen unterstützt:
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Der Schweiz droht Isolation im internationalen Bahnverkehr
Ab 2024 verliert die Schweiz den Zugang zur Plattform der EU für harmonisierte Zulassungsverfahren für neues Rollmaterial. Das kommt einem weiteren Schritt Richtung Isolation im internationalen Bahnverkehr gleich. Es sei denn, die europäisch-helvetischen Beziehungen normalisieren sich.
Darum geht’s:
- Zugang zu «One Stop Shop» wird nur noch bis Ende 2023 verlängert
- Ab dann behandelt die EU die Schweiz als Drittstaat
- Das gefährdet Verkehrsverlagerung, Digitalisierung und Automatisierung
Der Beschluss des gemischten Ausschusses zum Landverkehrsabkommen mit der EU zum vierten Bahnpaket hat der Schweiz bisher den Zugang zur Datenbank «One Stop Shop» (OSS) der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) gesichert. OSS enthält gemeinsame vereinfachte Verfahren für Fahrzeugzulassungen und Sicherheitsbescheinigungen im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr. Gemäss BAV (vgl. Publikation) wird dieser Zugang nur noch bis Ende 2023 verlängert.
Dieser Entscheid geht auf die ungelösten Fragen im bilateralen Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU zurück. Ab 2024 werden voraussichtlich separate Verfahren greifen. Dasselbe gilt für die Abkommen über Grenzbetriebsstrecken.
Es ist dringend notwendig, dass sich die Schweiz klar für eine Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten ausspricht. Ansonsten sind sowohl die Verkehrsverlagerung als auch die Digitalisierung und Automatisierung des Schienengüterverkehrs in Gefahr.

Vernehmlassung Schienengüterverkehr in der Fläche: Zwei Varianten, viele Fragezeichen
Der bundesrätliche Bericht zur «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport» wurde in die Vernehmlassung geschickt. Darin wird die Eigenwirtschaftlichkeit des Einzelwagenladungsverkehrs (EWLV) unbelegt als unmöglich dargestellt. Als Alternativen sieht der Bund vor, den SGV mittelfristig auf die Strasse zu verlagern oder dauerhaft zu subventionieren. Wir meinen: Es ist komplizierter.
Darum geht’s:
- Zwei Varianten und was diese nicht berücksichtigen
- Fundamentale Neugestaltung des Netzwerks nötig
- Ausgliederung der letzten Meile zentral für mehr Wettbewerb
Die Weiterentwicklung des Schienengüterverkehrs in der Fläche wird derzeit heiss diskutiert. Am 2. November 2022 hat der Bundesrat seine Botschaft zur «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport» in die Vernehmlassung gegeben. Der Bericht suggeriert, dass es ohne finanzielle Unterstützung keinen EWLV mehr gibt; Ganzzüge werden sowieso nicht subventioniert. Der Bundesrat schlägt zwei Optionen vor:
- Der EWLV in der Fläche wird weiterentwickelt und durch Digitalisierung, Automatisierung und Schaffung einer Datenaustauschplattform modernisiert. Standorte, die für eine erfolgreiche Flächenbedienung notwendig sind, werden besser in die Raumplanung der Kantone und des Bundes integriert. Bis die Modernisierungsmassnahmen greifen, wird der EWLV durch eine Bestellung des Angebots in Form von Investitions- und Betriebsbeiträgen finanziell unterstützt.
- Der EWLV in der Fläche wird eingestellt. Das Bahnsystem wird auf Ganzzüge reduziert, was eine massive Verkleinerung von SBB Cargo zur Folge hat.
Beide Varianten werden durch die Migration zur digitalen automatischen Kupplung (DAK), die Förderung von Multimodalität und Rheinschifffahrt sowie die Finanzierung klimaneutraler Antriebe auf Schiene und Rhein unterstützt.
Fundamentale Neugestaltung statt Rhetorik
Der EWLV in der Fläche umfasst gut 70% des Verkehrsaufkommens im Binnenverkehr auf der Schiene. Die Frage des Bundesrats, ob er erhalten bleiben soll, ist daher eher rhetorisch. Seine Folgerung, dass er nach einer Modernisierung mithilfe der DAK durch SBB Cargo erfolgreich betrieben werden kann, ist jedoch ebenfalls keine realistische Option. Der SGV in der Fläche muss vielmehr fundamental umgestaltet und für weitere Marktakteure geöffnet werden. Diesbezüglich bleibt der Bundesrat in seinem Bericht weit hinter den Erwartungen der Kunden und seiner eigenen Ankündigungen zurück.
Die Digitalisierung und Automatisierung wird den SGV effizienter und vor allem für die Logistikwirtschaft interessanter machen: Erstmals lässt sich der SGV online in die Logistikketten der Wirtschaft und in die Zugsicherung der Infrastrukturbetreiber integrieren. Die DAK in Verbindung mit der staatlichen Datenaustauschplattform gemäss dem Bundesgesetz über die Mobilitätsdateninfrastruktur (MODIG) ist damit DER zentrale Stellhebel für die Wettbewerbsfähigkeit des SGV und Erfolgsfaktor Nummer eins dieser Gesetzgebungsvorlage.
Der EWLV, seit der Bahnreform 1999 Monopol der SBB, muss jedoch von Grund auf umgestaltet werden. Die Rollen und Prozesse sind völlig neu zu denken. Diese innere Erneuerung setzt den Beizug weiterer Marktakteure voraus, um ein Angebot mit weniger Fixkosten und entsprechend höherer Flexibilität zu gestalten. Der Bundesrat fällt diesbezüglich hinter seinen Bericht vom 30. März 2022 zurück. Während er dort in seinem Schaubild ein neues Zusammenspiel der verschiedenen Akteure im EWLV aufzeigte (S. 50/75), schlägt er im Botschaftsentwurf lediglich eine Fortführung des derzeitig wenig erfolgreichen Modells «alle Leistungen aus einer Hand» von SBB Cargo vor. Einmal mehr wird die Frage der Zukunftsfähigkeit eines breiten Angebots im EWLV in der Schweiz mit der Weiterentwicklung des Staatsunternehmens SBB Cargo gleichgesetzt.
Die Kunden wünschen sich jedoch eine Variante 1+. Diese umfasst neben der Digitalisierung des SGV und Fördermassnahmen für mehr Multimodalität auch die Neuorganisation des EWLV. Dazu gehören die Neutralisierung und finanzielle Unterstützung der Nahzustellung (letzte Meile), die Schaffung einer neutralen digitalen Buchungs- und Datenaustauschplattform und die Möglichkeit der Integration privater Wagenladungsverkehrsangebote.
Branche geeint für grosse Veränderungen
Die Interessengemeinschaft IG Wagenladungsverkehr fordert ein leistungsfähiges Netzwerkangebot (Hub and Spoke) mit mehr Wettbewerb und weniger Diskriminierung. Der Bundesrat sollte unsere gemeinsame Vision des Schienengüterverkehrs – die vom Bundesamt für Verkehr BAV übrigens mitgetragen wurde – in der definitiven bundesrätlichen Botschaft aufgreifen (vgl. VAP-Blogpost «Kritischer Blick auf die Langfristperspektive des Bundes»). Dasselbe gilt für die konsolidierte Haltung der Güterbahnverantwortlichen des VöV, wie sich der SGV in der Fläche langfristig erfolgreich betreiben lässt (vgl. Blogpost «Branche entwickelt gemeinsame Lösung»).
Der Bundesrat erwartet von der Güterverkehrsbranche eine gemeinsame Haltung. Er sollte ihre gemeinsame Einschätzung und die zahlreichen Nuancen des SGV in der Fläche bei dessen Zukunftsgestaltung differenzierter betrachten und stärker berücksichtigen.

Letzte Meile ausgliedern und diskriminierungsfrei gestalten
Der freie Zugang zur letzten Meile ist für Güterbahnen entscheidend. Derzeit wird er per Gesetz verordnet. Wir meinen: Er sollte ermöglicht statt verfügt werden. Dazu müsste die letzte Meile aus SBB Cargo ausgegliedert und von einer unabhängigen Instanz verantwortet werden. Letztlich braucht es Rahmenbedingungen, die sich mit nur einem Begriff beschreiben lassen: Marktwirtschaft.
Darum geht’s:
- Warum der freie Zugang zur letzten Meile wichtig ist
- Diskriminierung verhindern statt bekämpfen
- Kräfte neu verteilen und neu bündeln
Bedeutung der letzten Meile
Die Bedienung der letzten Meile (Nahzustellung) liegt allein in Händen eines lokalen oder regionalen Anbieters. Entsprechend entscheidet der diskriminierungsfreie Zugang zur letzten Meile darüber, ob ein Angebot im Hauptlauf wettbewerbsfähig ist oder nicht. Wer Dienstleistungen in der Nahzustellung auf der Schiene erbringt, ist verpflichtet, diese diskriminierungsfrei zu leisten. So will es Artikel 6a der Gütertransportverordnung (siehe Kasten).
Artikel 6a der Gütertransportverordnung (GüTV)Sämtliche Unternehmen, die auf der letzten Meile (Teil-)Leistungen erbringen, müssen ihre Dienstleistung in der Nahzustellung auf der Schiene diskriminierungsfrei erbringen. Das heisst, dass sie ihre Dienstleistungen auch für Dritte erbringen müssen, sofern dafür Kapazitäten vorhanden sind. Diese Pflicht betrifft neben den Güterbahnen Anschlussgleisbetreiber mit eigenem Rollmaterial und Personal, spezialisierte Personalverleiher und Rangierdienstleister. Als Dienstleistungen auf der letzten Meile gelten das Rangieren und weitere mit der Nahzustellung zusammenhängende Leistungen wie z.B. technische Kontrollen oder Bremsproben. |
Diskriminierung verhindern statt bekämpfen
Art. 6a GüTV setzt auf Vorschriften, Marktkontrollen und Rechtsmittel. Sinnvoller wäre es jedoch, die Diskriminierung zu verhindern, indem ein einziger Anbieter die Bedienung der ersten/letzten Meile sicherstellt. Idealerweise ist das der Infrastrukturbetreiber, der ansonsten keine Verkehrsleistungen erbringt.
In einem marktwirtschaftlichen Umfeld ist der Zugang des Schienengüterverkehrs zu Gleisanschlüssen, lokalen und zentralen Rangieranlagen, Freiverladeanlagen oder Terminals diskriminierungsfrei geregelt. Die Trassenvergabe und der Betrieb von systemrelevanten Infrastrukturen werden von unabhängigen Institutionen verantwortet. Eine Systemführerschaft durch einen einzelnen Grossbetreiber – wie dies derzeit bei SBB Cargo der Fall ist – existiert nicht. Die Grenzen zwischen Einzelwagenladungen und Ganzzügen sind aufgehoben, die letzte Meile wird durch einen Infrastrukturbetreiber bewirtschaftet.
Neuordnung der Kräfte
Um den oben beschriebenen Idealzustand zu erreichen, müssen die Rollen neu verteilt und die Kräfte gebündelt werden. Eine derartige Reorganisation gelingt nur, wenn die folgenden Rahmenbedingungen geschaffen werden:
- SBB Cargo behält vorerst ihre Rolle als Netzwerkanbieterin. Sie zeichnet verantwortlich für die Planung der Netzwerkverkehre und stellt eine effiziente Bündelung von Verkehren mit Einzelwagen oder Wagengruppen sicher. Bei der Leistungserbringung beschränkt sie sich auf die Transporthauptläufe zwischen Formations- und Rangierbahnhöfen, soweit sie diese nicht bei Dritten beschafft.
- Die gesamte Bahninfrastruktur wie Netz, Terminals des kombinierten Verkehrs und lokale Rangieranlagen sind für Güterbahnen frei zugänglich.
- Die Bedienung der ersten/letzten Meile ist für alle Güterbahnen ein diskriminierungsfreier Service der Infrastrukturbetreiber. Diesen stehen die systemrelevanten Ressourcen von SBB Cargo wie Triebfahrzeuge, Rangierteams, Rangiergleise/-bahnhöfe, Rangierleistungen oder betriebsinterne Umstellungen zur Verfügung.
- So entsteht Wettbewerb mit gleichberechtigten Akteuren und transparenten Kosten.
Mehr dazu lesen Sie in unserer Publikation «Von der integrierten zur marktwirtschaftlichen Bahn».

Strommangel (Teil 4): Notfallmassnahmen werden konkretisiert
Die Energiesicherheit ist und bleibt eines unserer Topthemen. Derzeit konkretisiert der Bundesrat die Bewirtschaftungsmassnahmen im Fall eines Strommangels in Form von vorbereiteten Verordnungen. Für die konzessionierten Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs inklusive Schienengüterverkehr sind besondere Bestimmungen vorgesehen. Das BAV bereitet zusammen mit der Arbeitsgruppe der Branchenverbände einen Verordnungsentwurf für den öffentlichen Verkehr vor, der VAP vertritt die Interessen des Güterverkehrs.
Darum geht’s:
- Bundesrat lässt Massnahmenplan für Stromversorgungssicherheit erarbeiten
- Stufenweise Kontingentierung soll kritische Netzabschaltungen verhindern
- Nächster Schritt: Erarbeitung spezifischer Verordnungsentwürfe
- Bahnstrom wird nächstes Jahr teurer
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 23. November 2022 die Bewirtschaftungsmassnahmen für den Fall einer Strommangellage behandelt. Für die Verordnungsentwürfe mit abgestuften
Massnahmen hat er bis am 12. Dezember 2022 eine Vernehmlassung durchgeführt. Die Systemführerin Schiene nahm für die Branche Stellung.
Mit jeder Massnahmenstufe Schlimmeres vermeiden
Der Bundesrat stärkt mit den bisher beschlossenen Massnahmen die Stromversorgungssicherheit: Vorhalten von Wasserkraftreserven, Bereitstellen von thermischen Reservekraftwerken, Steigern der Übertragungsleistung der Stromnetze. Zudem will er abgestufte Massnahmen zur Senkung des Stromverbrauchs vorbereiten. Aufrufe zu sparsamem Stromverbrauch und die Energiespar-Alliance der Wirtschaft sollen die Unternehmen flächendeckend darauf sensibilisieren.
Sollte es in der Winterperiode zu einem kritischen Stromversorgungsengpass kommen, regelt der Bundesrat die Stromversorgung mit zeitlich begrenzten Massnahmen. Mithilfe von Verfügungen würde er im Krisenfall gezielte Verbrauchsbeschränkungen erlassen. Das soll die Netzstabilität und damit die Stromversorgung sicherstellen. Jede Stufe hat zum Ziel, noch einschneidendere Massnahmen zu vermeiden.
Kontingentierung soll Netzabschaltungen verhindern
Der Bundesrat sieht die Kontingentierung als Schlüsselmassnahme zur Verhinderung von kritischen Netzabschaltungen. Um deren Wirksamkeit zu gewährleisten, will er keine Strombezüger davon ausnehmen.
Für die konzessionierten Unternehmen des öffentlichen Verkehrs (öV) sieht er jedoch besondere Bestimmungen vor. Der öV als Kerndienstleistung soll möglichst lang sichergestellt werden. Damit sein Funktionieren auch bei Stromengpässen gewährleistet werden kann, sollen Massnahmen nach dem «Bewirtschaftungsmodell öV» umgesetzt werden.
Bewirtschaftungsmassnahmen für den öV
In einer Arbeitsgruppe von VöV, SBB, BAV und VAP haben wir in den letzten Monaten die abgestuften Massnahmen für den Personen- und den Güterverkehr erarbeitet. Bei einer Stromkontingentierung soll die Güterlogistik grundsätzlich aufrechterhalten und entsprechend der Nachfrageentwicklung möglichst zeitnah skaliert werden. Die Branche muss sich darauf vorbereiten, rasch zu reagieren. Denn es ist heute nicht vorherzusagen, in welchen Bereichen Nachfragerückgänge oder ‑zunahmen entstehen. Unsere Arbeitsgruppe wird aufgrund des «Bewirtschaftungsmodells öV» einen entsprechenden Verordnungsentwurf der abgestuften Bewirtschaftungsmassnahmen für den öV erarbeiten. Wir vom VAP unterstützen die erarbeitete Vorgehensweise, vorwiegend die besonderen Massnahmen für den öV.
Bahnstrom wird teurer
Dass auch der Bahnstrom nicht von plötzlichen Turbulenzen ausgeschlossen ist, zeigt die jüngste Mitteilung der SBB. Hier kündigt die Energiesparte ein gravierendes Defizit von CHF 180 Mio. für das Jahr 2022 an. Gemäss SBB konnten infolge anhaltender Trockenheit im Sommer nicht wie üblich 90% des Bahnstroms aus hauseigenen Wasserkraftwerken gewonnen werden. Die SBB mussten kurzfristig teuren Strom auf dem Markt einkaufen.
Nach Verhandlungen mit dem BAV werden die SBB den Strompreis für 2023 um 3 Rappen auf 13.5 Rappen pro Kilowattstunde anheben. Das BAV will die höheren Stromkosten im Trassenpreis differenziert auf die verschiedenen Verkehrssparten überwälzen. Im Fernverkehr wird der volle Betrag von 3 Rp überwälzt, im Regional- und Güterverkehr mit 1 Rappen lediglich ein Teil. Dass der Antrag der SBB auf volle Defizitdeckung mit 10 Rappen Aufschlag vom BAV nicht bewilligt wurde, mag für die Bahnverkehrsunternehmen vorerst eine gute Nachricht sein. Doch die Unsicherheit weiterer Aufschläge bleibt, dies wird auch Einfluss auf künftige Angebotskalkulationen haben.
Transparenz gefragt
Wir sind der Ansicht, dass die Bereitstellung der elektrischen Energie zu einem planbaren Kostensatz zentral für die künftige Angebotsgestaltung ist. Die jüngsten Preisturbulenzen muten schon sehr abenteuerlich an; erst recht, wenn man auf die vielen Jahre mit positiver Bilanz zurückschaut. Wir erwarten eine transparente Aufarbeitung der jüngsten Ereignisse.

Wintersession 2022
Am 6. Dezember 2022 hat der Ständerat in zweiter Instanz zwei Motionen angenommen. Sie sind für die Verkehrsverlagerung im Transit wichtig, betreffen aber auch die für den Import- und Exportverkehr zentrale Strecke Basel-Nordhäfen. Wir vom VAP unterstützen beide Vorstösse und regen eine Ausdehnung der staatlichen Förderung auf konventionelle Bahngüterverkehre an.
Darum geht’s:
- Ständerat nimmt zwei Motionen zugunsten des Güterverkehrskorridors durch die Schweiz an
- Wir vom VAP unterstützen die Motionsinhalte – und setzen Akzente
- Denn konventionelle Bahngüterverkehre werden derzeit noch ausgegrenzt
Förderung des Güterverkehrskorridors durch die Schweiz
Mit der Motion 22.3013 «Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Güterverkehrskorridors durch die Schweiz stärken» soll der Bundesrat die Fördermassnahmen im Transit auf bestimmte Regionen und Gütergruppen gezielt ausdehnen. Wir vom VAP unterstützen diese Motion. Allerdings grenzt sie konventionelle Bahngüterverkehre und deren brachliegendes Potenzial aus. Dieser Mangel sollte so bald als möglich korrigiert werden.
Artikel 8 des Güterverkehrsverlagerungsgesetzes erlaubt die Förderung des gesamten – also alpenquerenden – Güterverkehrs im Transit. Entsprechend sollte der Bundesrat beauftragt werden, den gesamten Güterverkehr zu fördern und das Förderinstrumentarium bestehend aus finanzieller Förderung, Qualitätsmonitoring und Ausbau der Zulaufstrecken auch für konventionelle Verkehre vorzusehen. Denn auch für diese ist die gezielte Ausdehnung der Fördermassnahmen auf bestimmte Regionen und Gütergruppen sinnvoll. Mit dem Festhalten am Dogma «Kombinierter Verkehr» vergibt die Schweiz interessante Chancen für die zusätzliche Verlagerung von der Strasse auf die Schiene.
Der Bundesrat sollte das Förderinstrumentarium technologieneutral konzipieren und auf alle Güterverkehre im Transit ausweiten, unabhängig von deren Produktionsart.
Ausbau des linksrheinischen Neat-Zubringers Wörth-Strassburg
Die Motion 22.3000 «Weiterführung der erfolgreichen Verlagerungspolitik und Gewährleistung der Versorgungssicherheit dank Ausbau des linksrheinischen Korridors Wörth-Strasbourg» fordert vom Bundesrat, sich um die Elektrifizierung und Aufrüsten des betroffenen Streckenabschnitts auf NEAT-Standards zu kümmern. Er zieht die Möglichkeit einer Finanzierung von Seiten der Schweiz in Betracht.
Wir vom VAP tragen diese Motion mit, wie wir das auch bei der Motion 20.3003 «Staatsvertrag für eine linksrheinische Neat-Zulaufstrecke» getan haben. Eine effiziente Streckenführung der Flachbahn im Nordzulauf zur NEAT ist im Hinblick auf Versorgungssicherheit, Ausweichkapazität für Baustellenphasen, Pünktlichkeit und Qualität dringend notwendig. Die Elektrifizierung und Einführung des NEAT-Standards auf dem betroffenen Streckenabschnitt bei gleichzeitigem Ausbau des Kannenfeld- und Schützenmatttunnels auf 4 Meter erlaubt eine erste erhebliche Kapazitätssteigerung im nördlichen NEAT-Zulauf.
Hier geht’s zur SDA-Meldung vom 6. Dezember 2022

Forum Anschlussgleise 2022 – Rückblick
Zum ersten Mal seit 2018 fand am 15. November 2022 das Forum Anschlussgleise wieder statt. Die Referenten waren sich einig: Anschlussgleise lassen sich sehr wohl erfolgreich betreiben, sofern die Betreiber Geld und Zeit in Planung, Fachwissen und Sicherheit investieren.
Darum geht’s:
- Anschlussgleise lassen sich erfolgreich betreiben. Doch das erfordert Geld und Planung.
- Pragmatische Sicherheitskontrollen ermöglichen den Vergleich von Theorie und Praxis.
- Der Erfahrungsaustausch innerhalb der Branche und die Fachunterstützung durch den VAP werden begrüsst.
Kritischer Blick
Im ersten Teil des Forums brachten wir die neuen Rollen im Wagenladungsverkehr zur Sprache. In seiner Begrüssung warf VAP-Generalsekretär Frank Furrer einen kritischen Blick auf die aktuelle Vernehmlassung. Er fordert die Anwesenden auf, ihre Ideen für einen erfolgreichen Schienengüterverkehr in Branchengesprächen einzubringen. Nötig sei eine Neuordnung der Rollen der Akteure auf der letzten Meile, im Vertrieb und in der Produktion. Ebenso brauche es einen flexibleren Einsatz der Ressourcen wie Wagen und Loks durch neue Geschäftsmodelle. Eine Studie des VAP von 2013 zeigte schon damals auf, dass wettbewerbsorientierte Kooperation zu einem System mit effizienterer Leistungserbringung und mehr Verkehren führt.
Betrieb
Thomas Keller, Leiter Logistik bei der Perlen Papier AG, sprach über den erfolgreichen Betrieb der Anschlussgleise. Als grosse Herausforderung für seine Anschlussgleise in Gisikon/Root bezeichnete er die Rekrutierung qualifizierter Mitarbeitender. Die erforderliche Ausbildung koste viel Geld und bedinge eine weitsichtige Planung. Weitere Faktoren seien die komplexen Betriebsvorschriften und die Wartung der eigenen Loks. Thomas Keller teilt mit den Gästen seine Erfahrungen mit Artikel 6a der Gütertransportverordnung und der RailCom. Dank guter Beratung durch den VAP liess sich eine adäquate Sonderlösung für den Zugang zum Anschlussgleis der Perlen Papier AG finden, wonach keine Nutzung von Dritten möglich ist, da die Anlagen hierfür nicht geeignet seien und Ausbauprojekte bestehen.
Sicherheitskontrollen
Ueli Remund, Mitglied des Stabs Anschlussgleise bei der Planzer Transport AG, zeigte anhand der Organisation und Prozesse auf, wie wichtig eine saubere Dokumentation und Sicherheitskontrollen sind, z.B. um die Sicherheit und Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. Eine solche sei essenziell, um erfolgreich Anschlussgleise zu betreiben. Planzer musste die internen Kontrollen der Anschlussgleise verfeinern. Ueli Remund empfahl, den VAP fachkundigen Dienstleister damit zu beauftragen, wenn die Fachkompetenz im eigenen Haus fehlt.
Instandhaltung
Heinrich Maurer, Leiter Immobilien bei der mobilog AG, beleuchtete die Instandhaltung und deren verlässliche Planung mit Unterstützung des VAP am Beispiel des firmeneigenen Gleisanschlusses. Dieser ist ein wichtiger Bestandteil der Transportlogistik; immerhin wird gerade im Inbound 70% des Volumens mit der Bahn angeliefert. Die mobilog AG entschied sich, auf den Zug zu verladen, nachdem der Gotthardtunnel infolge eines Unfalls über längere Zeit gesperrt war. Heinrich Maurer beurteilt diese Entscheidung als nachhaltig richtig.
Aufsichtspflicht
Im zweiten Teil berichtete Henrik Lippmann, leitender Auditor bei der Sektion Sicherheitsüberwachung des BAV, über die Erfahrungen aus der Sicherheitsüberwachung von Anschliessern. Diese Aufsichtspflicht bringe den Unternehmen einen Mehrwert. Viele Anschliesser seien nicht bahnaffin, weshalb die Audits oft einer Beratung gleichkommen würden. Ein wichtiges Instrument stelle das Online-Verzeichnis Anschlussgleise dar. Dieses können Anschlussgleisbesitzer nutzen, um Dokumente digital abzulegen, automatische Benachrichtigungen einzurichten und für weitere nützliche Funktionen. Henrik Lippmann informierte zudem über die im Änderungszyklus 2024 anstehenden Neuerungen bei den Fahrdienstvorschriften (FDV), die zu Vereinfachungen im Rangierbereich der Anschlussgleise führen werden.
Dialog
In der Gesprächsrunde auf dem Podium diskutierten die Referenten über das Thema «Sicherheit in Realität und Theorie – bestehen Unterschiede?». Am Forum nahmen interessierte Verlader, Güterbahnen und Dienstleister teil. Aus den Vorträgen und aus der Diskussion konnten sie wertvolle Erkenntnisse und praktische Tipps mitnehmen. Und natürlich kam auch die Pflege des Netzwerks beim anschliessenden Stehlunch nicht zu kurz.

Der Bahnsektor muss sich neu erfinden
Die Schiene ist nicht gerade berühmt für ihre Erneuerungsfreudigkeit. Das muss und wird sich ändern, wenn sie als Verkehrsträger zukunftsfähig bleiben will. Am 7. Internationalen Eisenbahn-Forum IRFC 2022 präsentierten die Experten einen breiten Fächer an Initiativen, Innovationen und Neuordnungen. Die wichtigsten haben wir hier kurzgefasst und kritisch gewürdigt.
Darum geht’s:
- Zur Umsetzung des Green Deal braucht es Innovation, neue Technologien und eine umfassende Modernisierung des Bahnsektors
- Die Skalierbarkeit von Innovationen gelingt nur mit Kooperation und Koordination
- Die Schweiz darf den Anschluss an EU-Innovationsprogramme nicht verpassen
Unter der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft lud der EU-Verkehrsminister vom 5. bis 7. Oktober 2022 zur IRFC nach Prag ein. Der Kongress stand unter dem Motto: «Gemeinsam eine neue Generation von Eisenbahnen bauen». Der tschechische Verkehrsminister Martin Kupka betonte die Schlüsselrolle der Bahn für die erfolgreiche Umsetzung des Green Deal. Mit diesem hat die EU eine klare Antwort auf den fortschreitenden Klimawandel definiert. Bis 2050 sollen Verkehr und Transport in Europa CO2-neutral werden. Mit den Klimazielen 2050 strebt der Bundesrat in der Schweiz die Ablösung von fossilen Energieträgern in einem vergleichbaren Zeitrahmen an. Seit ein paar Jahren zeichnet sich im Bahnsektor ein Paradigmenwechsel ab. Die Politik setzt terminierte Ziele und erteilt den Sparten konkrete Aufträge. Damit die europäischen Bahnen gemäss den Aufträgen reagieren können, braucht es mehr Zusammenarbeit in der Weiterentwicklung neuer Technologien und deren Umsetzung. Die technische Säule des 4. Bahnpakets bildet die Grundlage für die Schaffung des geplanten einheitlichen europäischen Bahnsystems.
Bis neue Technologien ihre Anwendungsreife erreicht haben, braucht es zunächst eine Koordination der Innovation (vgl. Abbildung) und eine gezielte Forschung zur Erarbeitung der wissenschaftlichen Grundlagen. Dazu hat die EU in den vergangenen Jahren leistungsfähige und kompetente Organisationen aufgebaut: Das Programm «Horizon» führt und finanziert diverse Forschungsprojekte. Dank branchenübergreifender Vernetzung sollen die Ergebnisse und Resultate zeitnah einem breiten Nutzungsfeld zur Verfügung stehen. Im Rahmen der Innovationspartnerschaft Europe’s Rail Joint Undertaking (EU-Rail) werden innovative neue Ansätze auf Grundlage von Forschungsergebnissen konkretisiert. Die wichtigen Projekte für den Bahnbetrieb beziehungsweise für die Technik basieren auf den beiden Säulen «System Pillar» und «Technical Pillar». Die Eisenbahnagentur ERA definiert die neuen einheitlichen Spezifikationen für europäische Bahnanwendungen und stellt so die Interoperabilität sicher. Dank dieser Wissensbündelung lassen sich in kurzer Zeit international anwendungsreife Lösungen erarbeiten.
Energie der Zukunft ist erneuerbar
Industrialisierte Volkswirtschaften nutzten bisher hauptsächlich fossile Energieträger. Diese waren auf dem internationalen Markt lange günstig erhältlich. Mit dem Green Deal will die EU die verkehrsbedingten Emissionen bis 2050 um 90% reduzieren und 75% des Transportvolumens von der Strasse auf die Schiene oder Wasserstrassen verlagern. Die künftig wichtigen Energieträger sind Wasserstoff und Elektrizität, beides hergestellt aus erneuerbaren Ressourcen.
Moderne Datenkommunikation erfolgt digital
Industrialisierte Prozesse funktionieren dann erfolgreich, wenn die notwendigen Daten für alle Beteiligten direkt und unmittelbar verfügbar sind. Die aktuelle Datennutzung ist noch eingeschränkt, für viele Teilprozesse werden die Daten immer wieder neu erfasst. Solche Alleingänge sind ressourcen- und zeitintensiv sowie fehleranfällig. In Zukunft sollen Daten allen autorisierten Teilnehmern medienbruchfrei und zeitnah zur Verfügung stehen. Der direkte Zugriff auf Daten ist zentral für die Realisierung von automatisierten Prozessen, ebenso ein wirksamer Datenschutz. Cybersicherheit wird zum Kernthema der modernen Datenkommunikation.
Neuordnung des Bahnsystems gefragt
Die Bahn war im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert wesentlich für die Industrialisierung. Erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts drängten Strasse und Luftfahrt dank ihren erfolgreichen Innovationsschritten die Schiene im Transport zurück. Entscheidend dabei waren der intramodale Wettbewerb und die rigorose Kundenorientierung. Die wichtigste Frage der Kunden lautete: Wie können wir unsere Bedürfnisse einfacher, bequemer und günstiger erfüllen? Und sie erhielten auf der Strasse passende Antworten. Diese Frage müssen sich die Bahnen heute endlich auch stellen. Die Bahn stellt ein leistungsfähiges und ressourcenschonendes Transportsystem mit zahlreichen Vorteilen dar. Im direkten Vergleich des benötigten Energiebedarfs schneidet die elektrifizierte Bahn gegenüber der Strasse als eindeutige Siegerin ab. Die Bahn benötigt bei gleichen Rahmenbedingungen 10-mal weniger Energie als die Strasse. Wichtige europäische Bahnstrecken sind bereits elektrifiziert, sodass die benötigte Traktionsenergie mit hohem Wirkungsgrad genutzt werden kann. Ein weit verzweigtes Streckennetz verbindet heute die wichtigen Regionen Europas, ein Grossteil der Strecken sind normalspurig, nur in wenigen europäischen Regionen sind heute abweichende Spurweiten in Betrieb. Damit die geplante Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene tatsächlich realisiert werden kann, braucht es zunächst einen Kulturwandel bei den Bahnen hin zu intramodalem Wettbewerb und Kundenorientierung sowie eine umfassende und systematische Erneuerung des Bahnsystems:
- TEN‑T: Die EU hat das transeuropäische Schienennetz zur Verbindung aller bedeutenden europäischen Zentren definiert. Auf einer einheitlichen, harmonisierten Infrastruktur sollen die Züge hindernisfrei verkehren können, auf Nebenstrecken kann Wasserstoff- oder Batteriebetrieb für die angestrebte CO2-Neutralität sorgen. Der Ausbau des Bahnnetzes erfolgt mit zwei unterschiedlichen Schwergewichten: Für den Personenverkehr ist ein Hochgeschwindigkeitsnetz aufzubauen, das die wichtigen Zentren verbindet und attraktive Reisezeiten ermöglicht. Für den Güterverkehr sind die erforderlichen Trassen bereitzustellen, sodass der Bahngüterverkehr gemäss den politischen Vorgaben wachsen kann. Die Güterbahnen müssen in den nächsten Jahrzehnten ihre Transportkapazität mehr als verdoppeln. Dieses hochgesteckte Ziel können sie nur mithilfe von Innovation erreichen. Zudem müssen die Korridormanager mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet werden, damit die heutige Rosinenpickerei der nationalen integriert geführten Staatsbahnen ein Ende hat.
- Interoperabilität und Standardisierung: Noch gilt bei den verschiedenen europäischen Bahnsystemen eine Vielzahl von oft unterschiedlichen nationalen Vorschriften. Deren Einhaltung schränkt den freizügigen grenzüberschreitenden Bahnverkehr bis heute signifikant ein und ermöglicht unlautere Wettbewerbsvorteile im nationalen Markt. Trotz der technischen Spezifikationen der Interoperabilität (TSI) behindern nationale Vorschriften immer noch den grenzüberschreitenden Verkehr massiv. Die EU hat die Beseitigung dieser nationalen Vorschriften mit dem «rules cleaning-up programme» zu einer wichtigen Führungsaufgabe erkoren. Dies ist ein entscheidendes Programm der technischen Säule des 4. EU-Bahnpakets zur Schaffung der Single European Railway Area (SERA). Während die Europäische Eisenbahnagentur ERA für die Weiterentwicklung der Technischen Spezifikationen der Interoperabilität (TSI) verantwortlich ist, muss der Bahnsektor die dazugehörigen Standards und Normen aktualisieren und weiterentwickeln. Im angestrebten Idealfall sollen die TSI und die Normen alle bahntechnischen Teilsysteme in allen beteiligten europäischen Ländern ausreichend spezifizieren. Auch die Schweiz setzt im Normalspurbereich konsequent auf die TSI. Sie hat im Rahmen des geltenden Landverkehrsabkommens erste Elemente der technischen Säule des 4. EU-Bahnpakets übernommen. Da der Dialog zwischen der EU und der Schweiz derzeit stillsteht, ist die geplante Weiterführung aktuell leider nicht möglich.
- Digitale automatische Kupplung (DAK): Die Bahn muss ihre historisch gewachsenen, aber überalterten Standards wie die klassische Schraubenkupplung zugunsten moderner digitalisierter Systeme – etwa der DAK4 – flächendeckend ablösen. Dies bildet eine entscheidende Grundlage für eine künftige umfassende Automatisation im Bahnsektor. Noch wichtiger aber ist die Vernetzung aller Akteure entlang der gesamten Logistikkette – über den reinen Schienenlauf hinaus – dank der Möglichkeiten der Digitalisierung. Frei zugängliche Daten- und Buchungsplattformen eröffnen ungeahnte Effizienzsteigerungen und Qualitätsverbesserungen. Auch die Mitglieder des VAP und die SBB tragen mit ihrem Know-how aktiv zum Gelingen dieses wichtigen Projekts bei.
- Energie: Beim Thema Energie werden die erforderlichen Prozesse zu der CO2-neutralen Gewinnung, der Verteilung und der einfachen Nutzung von Wasserstoff bearbeitet. Für den Betrieb auf längeren nicht elektrifizierten Bahnstrecken bildet Wasserstoff eine vielversprechende Energiequelle, um rasch fossile Treibstoffe abzulösen.
Marathon mit Hürden
Die EU hat mit dem Green Deal ein umfassendes Programm zur Gestaltung eines CO2-neutralen Europas definiert. Allerdings haben die Mitgliedländer unterschiedliche Ausgangslagen, Prioritäten und Interessen. Für die Umsetzung dieses anspruchsvollen Programmes werden folglich einige Hürden zu überwinden sein. Es wird sich zeigen, ob die nationalen Interessen der Staatsbahnen zugunsten einer gemeinsamen europäischen Lösung genügend zurücktreten können. Die Bahn soll im europäischen Personenverkehr und Gütertransport künftig eine Schlüsselrolle spielen. Sie überzeugt durch einige bestechende Vorteile. Aber sie muss auch eine über viele Jahrzehnte entstandene Abneigung gegen Erneuerungen, Veränderungen und Wettbewerb überwinden. Die Abschottung der Märkte, insbesondere durch die Staatsbahnen, bildet nach wie vor vielerorts ein grosses Hindernis. Durch das Festhalten an nationalen Vorschriften, oft unter dem Vorwand von Sicherheitsüberlegungen, wollen sich Staatsbahnen weiterhin vor unerwünschter internationaler Konkurrenz schützen. Es liegt an den Mitgliedstaaten, der europäischen Idee zum Durchbruch zu verhelfen und unlauteren Methoden ihrer Staatsbahnen den Riegel zu stossen. Der Bahnsektor muss mit Innovation neue Standards setzen. Er muss seine Vorschriftenwelt international vereinheitlichen und entschlacken. Grosse Lieferanten des Bahnsektors dürfen bei der Entwicklung neuer Systeme nicht versuchen, sich durch exklusive, inkompatible Produkte einen einseitigen Marktvorteil zu verschaffen. Für einen nachhaltigen Migrationserfolg benötigt der Sektor kompatible, ausgereifte und zuverlässige innovative Produkte. Damit haben sich die Hersteller in den vergangenen Jahren nicht gerade ausgezeichnet. Ob die angestrebte Verlagerung der Verkehre auf die Schiene im geplanten Umfang machbar wird, hängt von den einsetzbaren Finanzmitteln ab. Es wird für die Migration keine prall gefüllte EU-Geldschatulle dastehen, aus der sich die einzelnen Unternehmen nach Bedarf bedienen können. Die einzelnen Mitgliedstaaten werden hier mit kräftigen Anschubfinanzierungen zur Erneuerung und Erweiterung der Bahninfrastruktur beitragen müssen. Das gilt auch für die Schweiz. Kernprojekte wie die DAK müssen international abgestimmt sein, sonst wird ihre Wirkung sang- und klanglos verpuffen.
Schweiz ist Teil von Europa
Auch die Schweiz kann mit einer aktiven Beteiligung an diesen EU-Programmen nur gewinnen. Das Schweizer Normalspurnetz trägt mit seinen grossen Transitachsen zum transeuropäischen Schienennetz der EU bei. Es bildet einen wichtigen Teil des einheitlichen interoperablen europäischen Systems SERA. Da viele der Schweizer Verkehre grenzüberschreitend geführt werden, sind interoperable Lösungen unabdingbar. Die Schweiz hat ihr Plansoll mit dem durchgehenden Ausbau der Nord-Süd-Transversalen wie angesagt erfüllt. Das Schweizer Bahnnetz muss für den Binnenverkehr weiter ausgebaut werden, um das Wachstumsziel im Güterverkehr Zukunft bewältigen zu können. Unsere Experten können aktiv wertvolle Entwicklungsbeiträge leisten und sich mit den Besten international messen. Unsere Bahnunternehmen können mit neuen Konzepten ihre Marktposition, insbesondere auch im Import- und Exportverkehr stärken. Der VAP unterstützt die gemeinsamen Aktivitäten, um den Bahnsektor zu einem wichtigen Partner des multimodalen Transportsystems weiterzuentwickeln. Dabei ist die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene und intramodaler Wettbewerb eine entscheidende Voraussetzung, um die politischen Ziele fristgerecht zu erreichen. Wir sind verkehrstechnisch so eng mit den Nachbarstaaten verknüpft, dass unsere Wirtschaft hindernisfreie grenzüberschreitende Verkehrs- und Transportleistungen braucht. Gerade für grössere Distanzen ist aus Energiesicht die Schiene prädestiniert. Die politischen Differenzen zwischen der Schweiz und der EU behindern nach wie vor die dringend notwendige internationale Zusammenarbeit. Die Bahnbranche ist gut beraten, trotz der Hürden den fachlichen Austausch aktiv zu suchen und zu pflegen. Eine erfolgreiche Bahnzukunft haben wir nur gemeinsam.