INNOVATION

Wel­che Inno­va­tio­nen bewe­gen den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr? Der VAP för­dert die Auto­ma­ti­sie­rung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs und ist in der Pro­jekt­lei­tung der Migra­ti­on der DAK (digi­ta­len auto­ma­ti­schen Kupp­lung) vertreten. 

Dank der DAK wird der Schie­nen­gü­ter­ver­kehr effi­zi­en­ter, pro­duk­ti­ver und befä­higt, sich in die mul­ti­mo­da­len Logis­tik­ket­ten der Wirt­schaft zu inte­grie­ren. VAP-Prä­si­dent und Stän­de­rat Josef Ditt­li hat mit sei­ner Moti­on 20.3221 «Durch Auto­ma­tis­a­ti­on Güter auf der Schie­ne effi­zi­en­ter trans­por­tie­ren» den Anstoss für ein Umset­zungs- und Finan­zie­rungs­kon­zept für die Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs gege­ben. Der VAP hat gemein­sam mit dem Bun­des­amt für Ver­kehr (BAV) und dem Ver­band öffent­li­cher Ver­kehr (VÖV) eine Absichts­er­klä­rung zur Digi­ta­li­sie­rung und Auto­ma­ti­sie­rung des Schwei­zer Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs unter­zeich­net. Auch zahl­rei­che Unter­neh­men der Bran­che haben die Zusam­men­ar­beit erklärt.

28. Juni  2023: Auf­for­de­rung zur koor­di­nier­ten, euro­pa­wei­ten Ein­füh­rung der DAK mit­samt Digi­ta­li­sie­rungs- und Automatisierungstechnologie:

 

 

Medi­en­be­richt:

Bericht von Zeit Online vom 26.10.2021

Digitalisierung der Schiene behebt Nachteile und macht diese zukunftsfähig

Digitalisierung der Schiene behebt Nachteile und macht diese zukunftsfähig

Wie zukunfts­fä­hig ist der Schie­nen­ver­kehr tat­säch­lich? Kann er der Auf­ga­be der poli­tisch ange­streb­ten Ver­kehrs­ver­la­ge­rung gerecht wer­den? Wir mei­nen: Ja, sofern er grund­le­gend trans­for­miert. Eine sys­tem­über­grei­fen­de Digi­ta­li­sie­rung ist ent­schei­dend, damit sich der Bahn­sek­tor als nach­hal­ti­ger Trä­ger muli­mo­da­ler Logis­tik­ket­ten eta­blie­ren kann.

Darum geht’s:

  • Am Anfang war die Mobilität
  • Für die Zukunft gut aufgestellt
  • Sicher­heit bringt wett­be­werbs­hin­der­li­che Nachteile
  • Digi­ta­le Inno­va­ti­on und Inves­ti­ti­on gefragt
 
Am Anfang war die Mobilität

Der Bedarf nach Mobi­li­tät ist in der west­li­chen Indus­trie­ge­sell­schaft über die letz­ten Jahr­zehn­te mas­siv gestie­gen. Das hat den Kon­kur­renz­kampf zwi­schen den Ver­kehrs­trä­gern akzen­tu­iert. Der moto­ri­sier­te Indi­vi­du­al­ver­kehr und der Flug­ver­kehr haben ihre Domi­nanz im Per­so­nen­trans­port kon­ti­nu­ier­lich aus­ge­baut. Im Güter­trans­port ist der Last­wa­gen zum wich­tigs­ten Ver­kehrs­trä­ger auf­ge­stie­gen, nicht zuletzt dank weg­wei­sen­der Inno­va­tio­nen. Obwohl der Schie­nen­ver­kehr in Euro­pa nur einen gerin­gen Anteil des aktu­el­len Trans­port­be­darfs abdeckt, ist er aus dem Ange­bot nicht weg­zu­den­ken. Müss­te in der Schweiz die Stras­se die Ver­kehrs­leis­tung der Schie­ne über­neh­men, so wäre das Chaos vorprogrammiert.

Für die Zukunft gut aufgestellt

Mobi­li­tät und Treib­haus­gas­emis­sio­nen gehen Hand in Hand. So ist mit der Kli­ma­dis­kus­si­on der scho­nen­de Umgang mit Res­sour­cen in den Fokus der Öffent­lich­keit gerückt. In eini­gen euro­päi­schen Län­dern und in der Schweiz setzt die Poli­tik ver­mehrt auf die emis­si­ons­ar­me Bahn und strebt eine deut­li­che Ver­la­ge­rung der Ver­keh­re auf die Schie­ne an. Da stellt sich die Frage, wie gut der Bahn-sek­tor die­ser Auf­ga­be gewach­sen ist. Der­zeit besticht die Schie­ne durch eini­ge ent­schei­den­de Wettbewerbsvorteile:

  • Schie­nen­ver­kehr wird geplant und gesteu­ert, was das Ange­bot zuver­läs­sig macht.
  • Der Trans­port auf der Schie­ne wird lau­fend über­wacht, wes­halb die Bahn als sichers­ter Ver­kehrs­trä­ger gilt.
  • Dank hohem Elek­tri­fi­zie­rungs­grad ver­ur­sacht Schie­nen­ver­kehr wenig Emis­sio­nen. In der Schweiz fah­ren Züge aus­schliess­lich mit CO2-frei­em Strom.
  • Eine Bahn­tras­se benö­tigt deut­lich weni­ger Flä­che als eine Stras­se. Das ist gera­de in dicht besie­del­ten Gebie­ten entscheidend.
Sicherheit bringt wettbewerbshinderliche Nachteile

Im Grund­satz ist der Bahn­sek­tor also gut für die Zukunft auf­ge­stellt. Doch die hohen Sicher­heits­an­for­de­run­gen an den Schie­nen­ver­kehr wir­ken sich nega­tiv auf des­sen Fle­xi­bi­li­tät und damit Wett­be­werbs­fä­hig­keit aus. Dies in meh­rer­lei Hinsicht:

  • Die meis­ten Bahn­stre­cken sind in fixe Stre­cken­blocks auf­ge­teilt. Ein Zug erhält erst dann grü­nes Licht, wenn der Block vor ihm frei ist. Diese Glie­de­rung in fixe Stre­cken­blö­cke begrenzt die Stre­cken­ka­pa­zi­tät und damit den Takt der mög­li­chen Zugfahrten.
  • Mit infra­struk­tur­sei­ti­gen Achs­zäh­lern wird garan­tiert, dass alle Wagen eines Zuges, die in den Stre­cken­block ein­ge­fah­ren sind, die­sen auch wie­der ver­las­sen haben. Diese Über­wa­chung erhöht zwar die Sicher­heit, ist aber auf­wen­dig und limi­tiert das Durchlaufvermögen.
  • Ver­keh­ren auf einer Stre­cke Per­so­nen- und Güter­zü­ge, so schränkt das die Stre­cken­ka­pa­zi­tät auf­grund der unter­schied­li­chen Fahr- und Brems­dy­na­mi­ken wei­ter ein.
Digitale Innovation und Investition gefragt

Die erwähn­ten Nach­tei­le des Bahn­sek­tors las­sen sich behe­ben. Doch dazu ist eine umfas­sen­de Trans­for­ma­ti­on mit Inno­va­ti­on und Inves­ti­tio­nen nötig, die sys­tem­über­grei­fend und über alle Bran-chen­ak­teu­re hin­weg koor­di­niert erfolgt. Im Mit­tel­punkt eines der­art epo­cha­len Wan­dels ste­hen digi­ta­le Tech­no­lo­gien und ein neu­ar­ti­ger Umgang mit Daten.

  • Zug­be­trieb digi­ta­li­sie­ren: Ein digi­ta­ler Zug­be­trieb kommt ohne Stre­cken­blocks und Signa­le aus und kann bes­ser aus­ge­las­tet wer­den. Der Abstand zwi­schen zwei in die glei­che Rich­tung fah­ren­den Zügen wird in Echt­zeit mit einem kom­mu­ni­ka­ti­ons­ba­sier­ten Zug­leit­sys­tem (Com­mu­ni­ca­ti­on-Based Train Con­trol, CBTC) ermit­telt. Das gewähr­leis­tet zu jedem Zeit­punkt den nöti­gen Sicher­heits­ab­stand, schränkt aber die Stre­cken­ka­pa­zi­tät nicht ein.

 

  • Daten­öko­sys­te­me errich­ten: Schlüs­sel für eine sys­tem­über­grei­fend abge­stimm­te Digi­ta­li­sie­rung ist der Zugang zu hoch­wer­ti­gen Daten aus ers­ter Hand. Davon pro­fi­tie­ren alle Akteu­re inner­halb einer mul­ti­mo­da­len Logis­tik­ket­te. Bestre­bun­gen wie die Wei­ter­ent­wick­lung der Mobi­li­täts­da­ten­in­fra­struk­tur (MODI), die Natio­na­le Daten­ver­net­zungs­in­fra­struk­tur Mobi­li­tät (NADIM) oder das KV4.0 Pro­jekt des deut­schen Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Digi­ta­les und Ver­kehr BMVD gehen in die rich­ti­ge Rich­tung (vgl. «Daten­öko­sys­te­me: Daten tei­len, um ihren Mehr­wert zu ver­dop­peln»).

 

  • Ange­bot fle­xi­bi­li­sie­ren: Umfas­sen­de Inno­va­tio­nen auf Sys­tem­ebe­ne ermög­li­chen wie erläu­tert die Ver­net­zung von Daten. Dadurch wird die Bahn­pro­duk­ti­on deut­lich effi­zi­en­ter und fle­xi­bler und der Güter­ver­kehr kann sein Ange­bot kon­kur­renz­fä­hi­ger aus­ge­stal­ten. Damit tat­säch­lich mar­kant mehr Güter­ver­kehr auf der Schie­ne statt­fin­den kann und sich Eng­päs­se behe­ben las­sen, muss die öffent­li­che Hand aller­dings auch die phy­si­sche Infra­struk­tur ent­spre­chend ausbauen.

 

  • Fach­kräf­te­man­gel adres­sie­ren: Der aktu­el­le Güter­bahn­be­trieb pro­du­ziert höchst per­so­nal­in­ten­siv. Noch wer­den zahl­rei­che Tätig­kei­ten im Gleis­feld manu­ell aus­ge­führt. Viele Mit­ar­bei­ten­de tra­gen Tag für Tag dazu bei, dass die Räder rol­len. Diese Auf­ga­ben sind nicht sel­ten kör­per­lich anstren­gend und gefähr­lich. Im Rah­men des demo­gra­fi­schen Wan­dels gehen viele lang­jäh­ri­ge Bahn­mit­ar­bei­ten­de in den kom­men­den Jah­ren in Pen­si­on. Diese Fach­kräf­te­lü­cke kann die Teil­au­to­ma­ti­sie­rung schlies­sen, etwa durch die Migra­ti­on auf die digi­ta­le auto­ma­ti­sche Kupp­lung DAK (vgl. Blog­bei­trag «Die Digi­ta­li­sie­rung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs nimmt Fahrt auf»).

 

  • Inter­ope­ra­bi­li­tät stär­ken: Die euro­päi­schen Bah­nen sind nach wie vor stark regu­liert. Trotz der Har­mo­ni­sie­rungs­be­mü­hun­gen der Euro­päi­schen Union schrän­ken zahl­lo­se natio­na­le Vor­schrif­ten für Fahr­zeu­ge und Bahn­per­so­nal den frei­en grenz­über­schrei­ten­den Bahn­ver­kehr immer noch ein. Aller­dings wird die Digi­ta­li­sie­rung auf euro­päi­scher Ebene auf ein­heit­li­chen Stan­dards auf­ge­baut, was die Har­mo­ni­sie­rung begüns­tigt. Umso wich­ti­ger ist es, dass die Ver­kehrs­po­li­tik euro­pa­weit koor­di­niert wird (vgl. Blog­bei­trag «Inter­ope­ra­bi­li­tät Schweiz–EU sicher­stel­len»).
«Digitale Technologien unterstützen und entlasten unsere Mitarbeitenden»

«Digitale Technologien unterstützen und entlasten unsere Mitarbeitenden»

Inter­view mit Tho­mas Küch­ler, Direk­tor der SOB

Die Süd­ost­bahn (SOB) ist seit Jah­ren Vor­rei­te­rin der Digi­ta­li­sie­rung im Bahn­be­trieb. Tho­mas Küch­ler, Vor­sit­zen­der der Geschäfts­lei­tung, erläu­tert im Gespräch mit dem VAP, warum die SOB vom fun­da­men­ta­len Chan­ge-Pro­zess der Digi­ta­li­sie­rung über­zeugt ist, wie digi­ta­li­sier­te Pro­zes­se trans­pa­ren­ter wer­den, wie sich der Bahn­be­trieb (teil-)automatisieren lässt, wie sich bis­he­ri­ge Berufs­bil­der ver­än­dern, wel­che Erkennt­nis­se die SOB aus Zustands­da­ten gewinnt und warum es wich­tig ist, Daten in Daten­öko­sys­te­men auszutauschen.

Herr Küchler, derzeit sprechen alle über Digitalisierung. Wie sehen Sie das?

Tho­mas Küch­ler: Das stimmt. Ich zeige Ihnen gerne unse­re prak­ti­schen Erkennt­nis­se auf, die wir bei der SOB in den ver­gan­ge­nen Jah­ren gewon­nen haben. Aller­dings möch­te ich nicht über Tech­no­lo­gien wie die Com­mu­ni­ca­ti­on-Based Train Con­trol spre­chen. Viel­mehr müs­sen wir das Thema Digi­ta­li­sie­rung grund­sätz­lich betrachten.

Heute wird im Bahn­sek­tor vie­les digi­tal abge­bil­det. Doch meis­tens han­delt es sich um Insel­lö­sun­gen. Der Infor­ma­ti­ons­fluss ist nicht durch­ge­hend: ver­schie­de­ne Spei­cher­or­te, unter­schied­li­che For­ma­te, abwei­chen­de Aktua­li­täts­stän­de. Wenn damit Pro­zes­se gesteu­ert wer­den sol­len, die den gel­ten­den Anfor­de­run­gen von «Safe­ty» und «Secu­ri­ty» gerecht wer­den, wird rasch erkenn­bar, dass sich das mit ver­tret­ba­ren Auf­wen­dun­gen nur schwer rea­li­sie­ren lässt. Denn der Erfolg eines Bahn­un­ter­neh­mens basiert auf hoher Sicher­heit und dem kon­ti­nu­ier­li­chen Stre­ben nach mehr Effi­zi­enz. Digi­ta­li­sie­rungs­mass­nah­men müs­sen mess­bar dazu bei­tra­gen, dass der siche­re Betrieb gewähr­leis­tet bleibt und sich die Effi­zi­enz erhöht.
Dem­nach brau­chen wir für die Digi­ta­li­sie­rung einen kom­plett neuen Ansatz. Im Zen­trum muss eine soft­ware­ba­sier­te Steue­rung ste­hen. Ein sol­ches Sys­tem muss modu­lar und wan­del­bar auf­ge­baut sein und die ein­zel­nen Funk­tio­nen unter­ein­an­der verknüpfen.

Was versteht die SOB als Vorreiterin in diesem Thema unter Digitalisierung?

Tho­mas Küch­ler: Die SOB-Füh­rung hat das Poten­zi­al der Digi­ta­li­sie­rung zum Glück vor Jah­ren erkannt.
Für uns geht es nicht darum, manu­el­le Pro­zes­se digi­tal abzu­bil­den. Die heu­ti­ge Struk­tur der Bah­nen basiert auf Pro­zes­sen aus dem letz­ten Jahr­hun­dert. Im Bahn­sek­tor wur­den bestehen­de Teil­sys­te­me typi­scher­wei­se mit­hil­fe von Soft­ware rea­li­siert. Eine der gröss­ten Hür­den ist dabei die feh­len­de über­ge­ord­ne­te Durch­gän­gig­keit bei den Informationen.

Wie hat die SOB die Digitalisierung gemeistert?

Tho­mas Küch­ler: Unser Manage­ment hat früh ver­stan­den, dass sich unser Unter­neh­men Rich­tung Digi­ta­li­sie­rung wei­ter­ent­wi­ckeln muss und dafür auf kom­pe­ten­te Unter­stüt­zung ange­wie­sen ist. Wir haben exter­ne Fach­ex­per­ten bei­gezo­gen. Diese brach­ten eine Aus­sen­sicht in unse­re Bahn­welt. So haben wir erkannt, dass für eine erfolg­rei­che Digi­ta­li­sie­rung ein fun­da­men­ta­ler Chan­ge-Pro­zess erfor­der­lich ist. Die­ser tief­grei­fen­de Wan­del muss über­dies bei lau­fen­dem Betrieb voll­zo­gen wer­den. Ein Bahn­un­ter­neh­men kann nicht wie ein Indus­trie­un­ter­neh­men das alte Pro­dukt abset­zen und ein neues Pro­dukt auf den Markt brin­gen. Zudem ist ent­schei­dend, dass die gesam­te Beleg­schaft mit­zieht. Jede Mit­ar­bei­te­rin und jeder Mit­ar­bei­ter muss sich mit der Digi­ta­li­sie­rung im eige­nen Umfeld auseinandersetzen.

Wie haben Sie Ihre konzeptionellen Erkenntnisse konkretisiert?

Tho­mas Küch­ler: Wir haben vier Ele­men­te für eine umfas­sen­de Digi­ta­li­sie­rung ermit­telt: Daten, Orga­ni­sa­ti­on, Sys­tem, Pro­zes­se. Alle vier Ele­men­te sind syn­chron zu adres­sie­ren, sie bil­den den Kern der Umset­zung. Unter­neh­mens­über­grei­fend haben wir – bild­lich gespro­chen – ein SOB-Gebäu­de kon­zi­piert. Wir haben die gemein­sam genutz­ten Daten defi­niert, die für alle auto­ri­sier­ten Nut­zer ver­füg­bar sein müs­sen. In der Folge haben wir die orga­ni­sa­to­ri­schen Ein­hei­ten in die Stock­wer­ke unse­res SOB-Gebäu­des ein­quar­tiert. Sie sind eigen­ver­ant­wort­lich für die Ein­rich­tung ihres Stock­wer­kes und frei in des­sen Ges­tal-tung. Aber sie müs­sen die über­ge­ord­ne­ten Daten­struk­tu­ren respektieren.

Wie haben Sie Ihre Mitarbeitenden einbezogen?

Tho­mas Küch­ler: Das ist einer der gröss­ten Erfolgs­fak­to­ren. Trans­for­ma­ti­on gilt nicht nur für das Kader. Alle Mit­ar­bei­ten­den sind betrof­fen. Des­halb haben wir Betrof­fe­ne zu Betei­lig­ten gemacht. Als sol­che müs­sen sie eine akti­ve Rolle ein­neh­men und die fol­gen­de Frage beant­wor­ten: Wel­che Ver­bes­se­rung ver­ein­facht meine Arbei­ten so, dass bei hohem Sicher­heits­le­vel die Effi­zi­enz steigt. Wir haben fest­ge­stellt, dass gera­de jün­ge­re Mit­ar­bei­ten­de neue Ideen ein­brin­gen, die sich geschickt mit den Erfah­run­gen der lang­jäh­ri­gen Mit­ar­bei­ten­den ver­knüp­fen lassen.

Digitalisierung bringt also Veränderung übers ganze Unternehmen hinweg?

Tho­mas Küch­ler: Oh ja. Bahn­un­ter­neh­men wer­den stark von der Erfah­rung ihrer Mit­ar­bei­ten­den geprägt. Frü­her hat­ten wir einen sehr hohen Anteil lang­jäh­ri­ger Mit­ar­bei­ten­der, die mit ihrer Erfah­rung das Rück­grat un-seres Unter­neh­mens bil­de­ten und ent­schei­dend zur Qua­li­tät unse­rer Pro­duk­ti­on bei­tru­gen. Mit der Zeit hat sich die durch­schnitt­li­che Dauer von Arbeits­ver­trä­gen ver­kürzt; heute haben wir eine höhe­re Fluk­tua­ti­on. Des­halb müs­sen wir uns inten­siv mit dem Wis­sens­er­halt aus­ein­an­der­set­zen. Zudem ändern sich die Berufs­bil­der stär­ker. Auch die­sen Trend müs­sen wir als Unter­neh­men aufgreifen.

Wie hängen Veränderung und Digitalisierung zusammen?

Tho­mas Küch­ler: In dop­pel­ter Hin­sicht. Ers­tens beschleu­nigt die Digi­ta­li­sie­rung die Ver­än­de­rung von Berufs­bil­dern. Das hat durch­aus einen inter­es­san­ten Effekt, denn in vie­len Fäl­len wer­den die Berufs­bil­der attrak­ti­ver. Wich­tig ist, die lang­jäh­ri­gen Mit­ar­bei­ten­den auf diese Reise mit­zu­neh­men.
Zwei­tens ermög­licht die Digi­ta­li­sie­rung die Kon­trol­le des Sys­tems. Diese Kon­trol­le ist für die Pro­zess­si­che­rung ent­schei­dend. Sie hilft uns, ein pra­xis­ge­rech­tes Safe­ty Manage­ment Sys­tem zu betrei­ben, das sämt­li­chen Vor­ga­ben gerecht wird. Schliess­lich konn­ten wir die Abhän­gig­keit von ein­zel­nen Mit­ar­bei­ten­den umgehen.

Veränderung wird aber nicht nur positiv wahrgenommen. Was meinen Sie dazu?

Tho­mas Küch­ler: Wer nach jah­re­lan­ger erfolg­rei­cher Arbeit sein Metier beherrscht, kann auf Ver­än­de­run­gen auch kri­tisch reagie­ren. Aber wir soll­ten eine Eigen­heit des Bahn­sek­tors berück­sich­ti­gen: Viele tra­di­tio­nel­le Arbei­ten im Bahn­all­tag sind kör­per­lich anstren­gend. Sie sind bei Wind, Regen und Schnee zu jeder Tages­zeit zuver­läs­sig und sicher durch­zu­füh­ren. Wir haben heute immer grös­se­re Schwie­rig­kei­ten, dafür neue Mit­ar­bei­ten­de zu rekru­tie­ren. Des­halb werte ich es als posi­tiv, dass Digi­ta­li­sie­rung und Auto­ma­ti­sie­rung tra­di­tio­nel­le «Bähn­ler­be­ru­fe» ändern und neue Berufs­bil­der schaffen.

Ein gutes Bei­spiel dafür ist die Sicher­heit. Frü­her waren viele Tätig­kei­ten im Bahn­be­trieb unmit­tel­bar für die Sicher­heit ent­schei­dend. Der Mit­ar­bei­ten­de prüf­te die freie Stre­cke und erteil­te den Fahr­be­fehl. Heute wird er durch Leit­sys­te­me unter­stützt, die siche­res Fah­ren gewähr­leis­ten. Mit der frü­he­ren Metho­de wäre der dich­te Fahr­plan von heute nicht sicher und effi­zi­ent machbar.

Wie können Technologien Ihre Mitarbeitenden unterstützen?

Tho­mas Küch­ler: Tests haben klar­ge­macht: Wir stre­ben kei­nen voll­au­to­ma­ti­schen Betrieb ohne Per­so­nal an. Viel­mehr sol­len digi­ta­le Tech­no­lo­gien unse­re Mit­ar­bei­ten­den unter­stüt­zen und ent­las­ten, indem sie vor allem bei Abwei­chun­gen die Tras­sen­nut­zung lau­fend optimieren.

Und inwiefern verbessert die Digitalisierung den Betrieb?

Tho­mas Küch­ler: Bei unse­rem Per­so­nen­ver­kehr set­zen wir weit­ge­hend moder­ne Trieb­zü­ge ein. Das sind rich­ti­ge Daten­schleu­dern, sie sam­meln im Betrieb lau­fend Zustands­da­ten. Hier arbei­ten wir mit dem Her­stel­ler Stad­ler zusam­men. Stad­ler sam­melt für uns die Daten. Wir haben die Daten­ho­heit, über­neh­men einen Gross­teil der Roh­da­ten und wer­ten sie teil­wei­se selbst aus. Über die soge­nann­te Zustands­aus­wer­tung kön­nen wir Trends zeit­nah erken­nen, wirk­sa­me Mass­nah­men ergrei­fen und zeit­ge­recht umset­zen. Die Digi­ta­li­sie­rung hilft uns, recht­zei­tig zu reagieren.

Was treibt die SOB zur digitalen Transformation an?

Tho­mas Küch­ler: Ein Bahn­un­ter­neh­men muss sich an den Kun­den ori­en­tie­ren. Kun­den­be­dürf­nis­se wan­deln sich stän­dig. Über ent­spre­chen­de Kenn­zah­len müs­sen wir Trends rasch erken­nen und rich­tig reagie­ren. Mit den erfass­ten Kenn­zah­len kön­nen wir die Wir­kung unse­rer Mass­nah­men beur­tei­len. Damit unser Geschäfts­mo­dell erfolg­reich bleibt, müs­sen wir die Effi­zi­enz stei­gern und gleich­zei­tig Sicher­heit gewähr­leis­ten. Auf diese Weise stel­len wir die Markt­fä­hig­keit unse­res Unter­neh­mens sicher. Die Digi­ta­li­sie­rung ist ein idea­les Tool, unser Geschäft erfolg­reich zu betreiben.

Herr Küchler, besten Dank für das aufschlussreiche Gespräch.
Die Digitalisierung des Schienengüterverkehrs nimmt Fahrt auf

Die Digitalisierung des Schienengüterverkehrs nimmt Fahrt auf

Die Poli­tik passt die Rah­men­be­din­gun­gen für die Migra­ti­on zur digi­ta­len auto­ma­ti­schen Kupp­lung (DAK) an und die Tech­no­lo­gie für den künf­ti­gen Stan­dard wird Schritt für Schritt fest­ge­legt. Die Schweiz stimmt ihren Ein­füh­rungs­pro­zess auf den­je­ni­gen in Euro­pa ab. Als Bran­chen­ak­teu­re wol­len wir vom VAP die Zulas­sung für den kom­mer­zi­el­len Ver­kehr vor­an­trei­ben und über­neh­men des­halb eine Schlüs­sel­rol­le in der Koor­di­na­ti­on und Doku­men­ta­ti­on der ent­spre­chen­den Projekte.

Darum geht’s:

  • Stän­de­rat gibt grü­nes Licht für die DAK und den Einzelwagenladungsverkehr
  • GüTG mit euro­päi­schem Fahr­plan harmonisiert
  • Tech­no­lo­gie muss sich als Stan­dard beweisen
  • Schwei­zer Bran­che über­nimmt Vorreiterrolle
  • Zwei Etap­pen, ein Ziel: Ver­net­zung mit der Zukunft
  • VAP ver­wan­delt Erfah­run­gen in pra­xis­ge­rech­te Lösungen

 

Ständerat gibt grünes Licht für die DAK und den Einzelwagenladungsverkehr

Die Ent­wick­lun­gen rund um die Digi­ta­li­sie­rung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs ver­lau­fen buch­stäb­lich mehr­glei­sig. Eine Wei­chen­stel­lung im poli­ti­schen Pro­zess hat am 24. Sep­tem­ber 2024 statt­ge­fun­den. An die­sem Bera­tungs­tag in der Herbst­ses­si­on des Schwei­zer Par­la­ments hat sich der Stän­de­rat zur Total­re­vi­si­on des Güter­trans­port­ge­set­zes bera­ten und den Ver­pflich­tungs­kre­dit zur Ein­füh­rung der DAK in der Höhe von 180 Mio. Fran­ken sowie den Ver­pflich­tungs­kre­dit zur Moder­ni­sie­rung des Ein­zel­wa­gen­la­dungs­ver­kehrs über 260 Mio. Fran­ken gut­ge­heis­sen. Damit hat der Erstrat die wich­tigs­ten Eck­punk­te der bun­des­rät­li­chen Bot­schaft vom 10. Janu­ar 2024 auf­ge­grif­fen und sich mit einer brei­ten Mehr­heit expli­zit für die Digi­ta­li­sie­rung des Güter­ver­kehrs mit der seit vie­len Jah­ren ver­fei­ner­ten Inno­va­ti­on aus­ge­spro­chen. Dazu Bun­des­rat Albert Rösti in sei­nem Votum vor dem Rats­ple­num: «Neben der digi­ta­len auto­ma­ti­schen Kupp­lung sol­len wei­te­re kon­kre­te Moder­ni­sie­rungs­schrit­te erfol­gen, wie zum Bei­spiel Buchungs­platt­for­men.» Wes­halb diese Bemer­kung eine holis­ti­sche Per­spek­ti­ve auf die DAK wider­spie­gelt, legen wir in unse­rem Blog­bei­trag «Daten­öko­sys­te­me: Bran­che am run­den Tisch mit Bun­des­rat Rösti» dar.

GüTG mit europäischem Fahrplan harmonisiert

Die Pla­nung des revi­dier­ten GüTG und der ent­spre­chen­den Ver­ord­nung har­mo­niert mit dem euro­päi­schen Fahr­plan. Die Inkraft­set­zung ist auf Ende 2026 bis Anfang 2027 zu erwar­ten. Ab dann wer­den die bud­ge­tier­ten Bun­des­mit­tel für die DAK-Migra­ti­on bereit­ste­hen. Die Akteu­re des Euro­pean DAC Deli­very Pro­gram­me (EDDP) von Europe’s Rail wol­len die DAK-Migra­ti­on ab 2028 in gros­sem Stil aus­rol­len. Die­ses Umset­zungs­pro­gramm ver­eint Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men, Infra­struk­tur­be­trei­ber, Wagen­hal­ter sowie die Eisen­bahn­zu­lie­fer­indus­trie, für die Instand­hal­tung zustän­di­ge Stel­len, Bran­chen­or­ga­ni­sa­tio­nen, Eisen­bahn­for­schungs­zen­tren und poli­ti­sche Insti­tu­tio­nen. Die­ses inte­grier­te gemein­sa­me Pro­gramm baut auf For­schungs- und Ent­wick­lungs­er­geb­nis­se und Pilot­pro­jek­te und strebt die Gewähr­leis­tung der not­wen­di­gen Mass­nah­men für eine schnel­le, tech­nisch und wirt­schaft­lich mach­ba­re euro­pa­wei­te DAK-Ein­füh­rung an.

Technologie muss sich als Standard beweisen

Damit sich die­ses ambi­tio­nier­te Ziel errei­chen lässt, braucht es eine ent­wi­ckel­te und betriebs­er­prob­te Tech­no­lo­gie. Auch hier hat das EDDP bereits erheb­li­che Vor­ar­beit geleis­tet und Anfang 2024 das «DAC Basis Packa­ge» als künf­ti­gen Sys­tem­stan­dard für den euro­päi­schen Schie­nen­gü­ter­ver­kehr kom­mu­ni­ziert. Das EDDP sieht Pilot­zü­ge in ganz Euro­pa vor, um die Tech­no­lo­gie des «DAC Basis Packa­ge» zu ver­fei­nern und umfas­send zu tes­ten. Das Start­pa­ket ent­hält die fol­gen­den Komponenten:

  • DAK (mechanisch/pneumatisch) ein­schliess­lich Ener­gie-/Da­ten­sys­tem
  • Erken­nen der Zugzusammenstellung
  • Auto­ma­ti­sche Bremsprobe
  • Zug­voll­stän­dig­keits­prü­fung
  • Auto­ma­ti­sches Ent­kup­peln (im Zug von der Lok oder von der Wagenseite)

Noch steht ein wich­ti­ger Sys­tem­ent­scheid aus: Für die Daten­über­tra­gungs­tech­no­lo­gie im Zug ste­hen die Optio­nen Sin­gle per Ether­net und Power­line+ in der End­aus­wahl. Da in der Schweiz bereits erfolg­rei­che Tests mit Power­line+ erfolgt sind, soll nun zeit­nah ein zulas­sungs­fä­hi­ger Pilot­zug mit die­ser Tech­no­lo­gie rea­li­siert werden.

Schweizer Branche übernimmt Vorreiterrolle

Die Schweiz will zu dem vom EDDP koor­di­nier­ten euro­päi­schen DAK-Ent­wick­lungs­pro­jekt sub­stan­zi­ell bei­tra­gen und die­ses eng mit den euro­päi­schen Orga­ni­sa­tio­nen von EDDP abstim­men. So schickt sich die Schwei­zer Bahn­bran­che an, die Sys­tem­in­te­gra­ti­on zur Zulas­sung kom­mer­zi­el­ler Ein­sät­ze vor­an­zu­trei­ben. Die tech­ni­schen Spe­zi­fi­ka­tio­nen und der funk­tio­na­le Leis­tungs­um­fang des «DAC Basis Packa­ge» und die Über­tra­gungs­tech­no­lo­gie Power­line+ bil­den die Grund­la­ge für die wei­te­ren Arbei­ten des Schwei­zer Pro­jekt­teams. Dem­nach wer­den BAV, VAP und VöV ihre gemein­sam unter­zeich­ne­te Absichts­er­klä­rung zur Auto­ma­ti­sie­rung im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr ent­spre­chend erweitern.

Zwei Etappen, ein Ziel: Vernetzung mit der Zukunft

Der Bei­trag der Schweiz zur DAK-Ein­füh­rung erfolgt in zwei Etap­pen. Vorab soll die Sys­tem­in­te­gra­ti­on auf dem Schwei­zer Pio­nier­zug zügig bis zur Zulas­sungs­rei­fe vor­an­ge­trie­ben und deren All­tags­taug­lich­keit dann im kom­mer­zi­el­len Ein­satz nach­ge­wie­sen wer­den. Der Bund wird die Ent­wick­lung mit För­der­mit­teln gemäss Arti­kel 10 Güter­trans­port­ge­setz unterstützen.

  • Das Ent­wick­lungs­pro­jekt EP3 zur Rea­li­sie­rung der Zulas­sung eines ers­ten Pio­nier­zugs mit den Funk­tio­nen nach «DAC Basic Packa­ge» hat begon­nen. Ziel ist es, bis Mitte 2026 eine BAV-Betriebs­be­wil­li­gung für defi­nier­te kom­mer­zi­el­le Fahr­ten auf dem Schwei­zer Nor­mal­spur­netz zu erlan­gen. Dazu haben rund 30 moti­vier­te Swiss­rail-Mit­glie­der, SBB Cargo, das BAV und VAP-Ver­tre­ter am 30. August 2024 ihre Absicht bekun­det, den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr gemein­sam kon­kur­renz­fä­hig zu machen und die Schwei­zer DAK-Tech­no­lo­gie nach aus­sen zu tra­gen. Mit EP3 wol­len die Bran­chen­ak­teu­re die Defi­ni­ti­on des künf­ti­gen euro­päi­schen Stan­dards im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr wesent­lich mit­ge­stal­ten. Es ist nun an der Zeit, Grund­satz­dis­kus­sio­nen zu ver­las­sen und betriebs­taug­li­che Lösun­gen zu erar­bei­ten. Die neuen Sys­te­me müs­sen robust, all­tags­taug­lich und finan­zier­bar sein, damit der Güter­zug künf­tig wirt­schaft­lich erfolg­reich ver­keh­ren kann.
  • Mit dem Ent­wick­lungs­pro­jekt EP4 sol­len nach Abschluss von EP3 meh­re­re DAK-Züge im Zeit­raum von 2026 bis 2027 für kom­mer­zi­el­le Fahr­ten auf das Schwei­zer Schie­nen­sys­tem gebracht wer­den. Erste Gesprä­che mit Ver­la­dern haben bereits statt­ge­fun­den. Gesucht wer­den iso­lier­te Ver­keh­re, die sich für eine früh­zei­ti­ge DAK-Umstel­lung als Pio­nier­zü­ge eig­nen. Das Ziel die­ser zwei­ten Etap­pe ist das Sam­meln von Betriebs­er­fah­rung und die wei­te­re Ertüch­ti­gung im rea­len Ein­satz. Die Pio­nier­zü­ge sol­len invol­vier­ten Anspruchs­grup­pen und Inves­to­ren ein kon­kre­tes Bild über die künf­ti­gen Mög­lich­kei­ten mit der DAK und der damit ein­her­ge­hen­den Digi­ta­li­sie­rung im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr geben.
VAP verwandelt Erfahrungen in praxisgerechte Lösungen

Wir vom VAP wer­den die erwähn­ten Pro­jek­te für alle Inter­es­sier­ten und Betei­lig­ten koor­di­nie­ren und doku­men­tie­ren. Damit wol­len wir einen brei­ten Erfah­rungs­aus­tausch und volle Pra­xis­taug­lich­keit bis in die Anschluss­glei­se und die Logis­tik der Wirt­schaft sicher­stel­len. Unse­re Mit­glie­der – allen voran die Ver­la­der und Wagen­hal­ter – betei­li­gen sich aktiv an den bei­den Ent­wick­lungs­etap­pen. Damit las­sen sich Erkennt­nis­se aus Pilot­pro­jek­ten ska­lie­ren und Syn­er­gien für alle Bran­chen­ak­teu­re nutz­bar machen.

«Die Asymmetrie von Vorteilen und Umsetzungskosten erachte ich als grössten Knackpunkt der DAK»

«Die Asymmetrie von Vorteilen und Umsetzungskosten erachte ich als grössten Knackpunkt der DAK»

Die JOSEF MEYER Rail (JMR) Group hat sich auf Unter­halt und Repa­ra­tu­ren von Güter­wa­gen spe­zia­li­siert und unter­hält Stand­or­te im In- und Aus­land. Im Gespräch mit dem VAP spre­chen Dr. Domi­nik Suter, Inha­ber und Ver­wal­tungs­rats­prä­si­dent, sowie Ulrich Walt, Grup­pen-CEO seit Sep­tem­ber 2024, über die Erfolgs­fak­to­ren eines indus­tri­el­len Bran­chen­ak­teurs, die Asym­me­trie von Inno­va­tio­nen und die Zukunft des Schwei­zer Schienengüterverkehrs. 

VAP: Herr Suter, wie kam es zum Füh­rungs­wech­sel und was erwar­ten Sie von Ulrich Walt? 

Domi­nik Suter: Vin­zenz Bind­schäd­ler, unser bis­he­ri­ger Geschäfts­füh­rer, hat sich ent­schie­den, JMR auf Ende Sep­tem­ber 2024 zu ver­las­sen. Mit Ulrich Walt über­nimmt ein lang­jäh­ri­ger Bran­chen­ken­ner die Füh­rung unse­rer Grup­pe. Gemein­sam wol­len wir unse­re Visi­on, die Pro­duk­ti­vi­tät unse­rer Eisen­bahn­kun­den nach­hal­tig zu stei­gern, kon­kre­ti­sie­ren und unse­re Unter­neh­mens­grup­pe im inter­na­tio­na­len Kon­text ausbauen.

VAP: Ihr Mar­ken­ver­spre­chen brin­gen Sie mit den Attri­bu­ten «zuver­läs­sig», «enga­giert» und «inno­va­tiv» zum Aus­druck. Herr Walt, wie wol­len Sie diese Eigen­schaf­ten in Zukunft stär­ken? Wo wer­den Sie neue Wege einschlagen?

Ulrich Walt: Ich finde diese Tag­li­ne hilf­reich. Sie sind zwar etwas gene­risch, machen aber deut­lich, was uns gegen­über unse­ren Kun­den wich­tig ist. Gera­de das Attri­but «zuver­läs­sig» ist im Instand­hal­tungs­ge­schäft ent­schei­dend, weil es viel mit Sicher­heit zu tun hat. Mit der Eigen­schaft «enga­giert» wol­len wir unse­ren Ruf als eine der bes­ten Werk­stät­ten Euro­pas fes­ti­gen. Zum Bei­spiel ver­kür­zen wir lau­fend die Durch­lauf­zei­ten und schi­cken in der Schweiz für klei­ne­re Repa­ra­tu­ren mobi­le Instand­hal­tungs­teams los.

Den stra­te­gi­schen Kurs werde ich bei­be­hal­ten. Da wir in indus­tri­el­le Pro­zes­se ein­ge­bun­den sind, kön­nen wir unser Geschäfts­mo­dell nicht von heute auf mor­gen revo­lu­tio­nie­ren. Aller­dings möch­te ich neue Akzen­te set­zen. Zum Bei­spiel wer­den wir uns noch stär­ker auf unse­re Kern­kom­pe­ten­zen der Instand­hal­tung und ECM-Ange­bo­te fokus­sie­ren. Nach innen gilt unser Augen­merk ver­stärkt der Füh­rung und der Ver­ant­wor­tung. Und schliess­lich wol­len wir auch unse­re Sys­te­me und Pro­zes­se wei­ter optimieren.

Das Merk­mal «inno­va­tiv» wird gemein­hin mit Digi­ta­li­sie­rung gleich­ge­setzt. Diese wird auch im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr rege dis­ku­tiert, vor allem im Zusam­men­hang mit der digi­ta­len auto­ma­ti­schen Kupp­lung (DAK). Was ist Ihre Mei­nung dazu?

Domi­nik Suter: Die För­de­rung des Schie­nen­ver­kehrs in Euro­pa setzt kurz­fris­tig nicht nur die Instand­stel­lung der Schie­nen­in­fra­struk­tur und die DAK vor­aus, son­dern erfor­dert mit­tel­fris­tig auch Inno­va­tio­nen im Roll­ma­te­ri­al. So haben wir schon vor Jah­ren gemein­sam mit Indus­trie­part­nern lärm- und ver­schleiss­ar­me Güter­wa­gen­dreh­ge­stel­le für deut­lich höhe­re Geschwin­dig­kei­ten ent­wi­ckelt. In einem Joint Ven­ture mit PROSE ist dar­aus das kos­ten­güns­ti­ge­re Dreh­ge­stell «LEILA Light» auf der Basis einer zulas­sungs­fä­hi­gen Tech­no­lo­gie ent­stan­den. «LEILA Light» bie­tet bestechen­de Vor­tei­le hin­sicht­lich Lärm, Ver­schleiss der Schie­nen­in­fra­struk­tur und Geschwin­dig­keit. Solan­ge die Vor­tei­le bezüg­lich Lärm, Ver­schleiss der Schie­nen­in­fra­struk­tur und Geschwin­dig­keit nicht beim Inves­tor ankom­men, wird jedoch nicht in moder­nes Roll­ma­te­ri­al investiert.

Ulrich Walt: Ähn­lich ver­hält es sich mit der DAK als meist­zi­tier­te Digi­ta­li­sie­rungs­trei­be­rin. Bei Inno­va­tio­nen für den Schie­nen­ver­kehr stellt sich immer die Frage, ob sie am Wagen oder an der Infra­struk­tur statt­fin­den sol­len. Die DAK revo­lu­tio­niert den Wagen. Doch die Vor­tei­le die­ser Inno­va­ti­on und die Kos­ten für deren Umset­zung sind asym­me­trisch ver­teilt, fal­len also an unter­schied­li­chen Stel­len an. In einem sol­chen Fall wird es schwie­rig, einen Durch­bruch zu erzie­len. Diese Asym­me­trie erach­te ich als gröss­ten Knack­punkt der DAK. Hier braucht es einen Anstoss des Regu­la­tors. Die DAK ist im poli­ti­schen Pro­zess weit fort­ge­schrit­ten, wes­halb sie sich über kurz oder lang durch­set­zen wird.

Die Wur­zeln von JMR rei­chen bis ins Jahr 1888 zurück. Seit­her hat sich Ihr Unter­neh­men als ver­läss­li­cher Bran­chen­ak­teur eta­bliert. Wie lau­tet Ihr Erfolgs­ge­heim­nis?
Domi­nik Suter: Das Erfolgs­ge­heim­nis sind unse­re Mit­ar­bei­ten­den, die für den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr «bren­nen». Man­che Mit­ar­bei­ten­de arbei­ten seit Jahr­zehn­ten, teil­wei­se sogar ihr gesam­tes Berufs­le­ben lang bei uns. Die schlan­ken Struk­tu­ren mit kur­zen Ent­schei­dungs­we­gen sowie unse­re Kun­den­ori­en­tie­rung tra­gen eben­falls zu unse­rem Erfolg bei.

Ulrich Walt: Dem kann ich nur bei­pflich­ten. Wir sind klein und agil, wes­halb wir uns kon­se­quent an unse­ren Kun­den aus­rich­ten. Ich möch­te noch einen wei­te­ren Erfolgs­fak­tor anfü­gen: JMR kommt aus dem Engi­nee­ring. Wir kön­nen also mehr als Instand­hal­ten, bei Bedarf sogar ganze Unter­grup­pen oder Dreh­ge­stel­le nach­bau­en. Unser Engi­nee­ring-Know-how hält uns in Pole-Position.

Aktu­ell rückt die Haf­tung im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr in den Mit­tel­punkt. Aus­ser­dem wur­den Emp­feh­lun­gen für die Wei­ter­ent­wick­lung der ECM-Ver­ord­nung abge­ge­ben. Was mei­nen Sie dazu? 

Ulrich Walt: Im Zusam­men­hang mit dem Unfall im Gott­hard­ba­sis­tun­nel haben das Joint Net­work Secre­ta­ri­at der Euro­pean Union Agen­cy for Rail­ways ERA und die schwei­ze­ri­sche Sicher­heits­un­ter­su­chungs­stel­le SUST Emp­feh­lun­gen abge­ge­ben. Diese sind bereits in unse­re Instand­hal­tungs­mass­nah­men und unse­re ECM-Dienst­leis­tun­gen ein­ge­flos­sen. Aller­dings sehe ich eine gewis­se Dis­kre­panz in der regu­la­to­ri­schen Ent­wick­lung. Zum einen will der Bund den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr för­dern, etwa mit der Total­re­vi­si­on des Güter­trans­port­ge­set­zes. Gleich­zei­tig würde die Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs durch mehr Haf­tungs­ver­pflich­tun­gen der Hal­ter redu­ziert. Sol­che Ver­zer­run­gen benach­tei­li­gen pri­vat­wirt­schaft­li­che Markt­ak­teu­re wie die JMR, weil sie uns zusätz­li­che Kos­ten auferlegen.

Wel­che Stär­ken schrei­ben Sie unse­rem Ver­band zu? 

Ulrich Walt: Der VAP ist her­vor­ra­gend mit ande­ren Logis­tik­ver­bän­den und Akteu­ren der Bahn­bran­che ver­netzt. Er ver­fügt über ein umfas­sen­des Know-how, mit dem er seine Mit­glie­der unter­stüt­zen kann. Auch bei poli­ti­schen Vor­stös­sen lässt sich damit bei den rich­ti­gen Hebeln anset­zen. Ich meine, dass sich der VAP über die letz­ten drei Jahr­zehn­te beein­dru­ckend pro­fes­sio­na­li­siert hat und heute eine wich­ti­ge Stim­me für die Güter­bahn­bran­che darstellt.

Was wün­schen Sie sich für den VAP?

Ulrich Walt: Zwei Dinge sind mir für die kom­men­den Mona­te und Jahre wich­tig. Ers­tens hoffe ich auf eine gelun­ge­ne Stabs­über­ga­be in der ope­ra­ti­ven Geschäfts­füh­rung von Dr. Frank Fur­rer an Dr. Simon Wey. Herr Fur­rer bleibt dem VAP glück­li­cher­wei­se erhal­ten, da er seit der letz­ten Gene­ral­ver­samm­lung in den Vor­stand gewählt wurde. So kann der Trans­fer sei­nes enor­men Wis­sens- und Erfah­rungs­schat­zes statt­fin­den und Kon­ti­nui­tät sicher­ge­stellt wer­den. Simon Wey ist ein erfah­re­ner Ver­bands­mann und her­vor­ra­gen­der Öko­nom. Mit die­ser Kom­bi­na­ti­on dürf­te er die ange­spro­che­ne Pro­fes­sio­na­li­sie­rung des Ver­bands fort­set­zen. Zwei­tens wün­sche ich der frisch gegrün­de­ten VAP-Toch­ter «Cargo Rail Con­sul­ting AG» einen erfolg­rei­chen Start. Über die letz­ten Jahre hat sich die Nach­fra­ge nach Bera­tungs­dienst­leis­tun­gen in die­sem Bereich immer stär­ker abge­zeich­net. Die­ses Toch­ter­un­ter­neh­men wird den Ver­band sicher­lich wei­ter stärken.

Wem wür­den Sie eine Zusam­men­ar­beit mit dem VAP empfehlen?

Domi­nik Suter: Allen Ver­la­dern und Wagen­hal­tern und über­haupt allen, die am Schie­nen­gü­ter­ver­kehr inter­es­siert sind oder sich für die­sen in der Schweiz oder in Euro­pa ein­set­zen. Die Ver­la­der pro­fi­tie­ren direkt, die Wagen­ver­mie­ter indi­rekt von einem frucht­ba­ren Aus­tausch und aktu­el­len Infor­ma­tio­nen. Als Mit­glied sitzt man hier sozu­sa­gen an der Quel­le des Know-hows rund um den Schienengüterverkehr.

Wie sehen Sie die Zukunft des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs in der Schweiz? 

Ulrich Walt: Ich stel­le zwei gegen­läu­fi­ge Trends fest. Zum einen gibt es durch die fort­schrei­ten­de De-Indus­tria­li­sie­rung der Schweiz immer weni­ger “bahn­af­fi­ne” Güter, die auf der Schie­ne trans­por­tiert wer­den kön­nen. Zum ande­ren rückt die Nach­hal­tig­keits­trans­for­ma­ti­on zahl­lo­ser Bran­chen die Schie­ne als kli­ma­freund­li­chen Ver­kehrs­trä­ger und valable Alter­na­ti­ve zur Stras­se in den Mit­tel­punkt. Zwar ist der Schie­nen­gü­ter­ver­kehr schwer­fäl­lig, weil immer noch vie­les in Staats­hand liegt. Trotz­dem erach­te ich die Zukunft des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs als viel­ver­spre­chend. Denn Infra­struk­tur, Effi­zi­enz und Nach­hal­tig­keits­vor­tei­le sind gege­ben. Das haben Güter­bahn­kun­den und Gesetz­ge­ber glei­cher­mas­sen erkannt.

Domi­nik Suter: Trotz der Kli­ma­dis­kus­si­on und der stark anstei­gen­den Anzahl Stau­stun­den auf den Auto­bah­nen sehen wir eine Rück­ver­la­ge­rung von der Schie­ne auf die Stras­se. Das ist unter ande­rem auf Preis­er­hö­hun­gen, feh­len­de Slots für den Güter­trans­port und man­geln­de Pünkt­lich­keit zurück­zu­füh­ren. Da besteht auf poli­ti­scher Ebene drin­gen­der Hand­lungs­be­darf. Hier darf der VAP ruhig etwas lau­ter werden.

Was wurde noch nicht gesagt?

Ulrich Walt: Ich freue mich, als CEO der JMR Group für den VAP aktiv zu sein. In mei­ner neuen Posi­ti­on betrifft mich die Arbeit des VAP noch stär­ker als bei mei­nem vor­he­ri­gen Arbeit­ge­ber. Nur betrach­te ich die Dinge bei JMR aus einer indus­tri­el­len Perspektive.

Danke, Dr. Domi­nik Suter und Ulrich Walt, für das impuls­rei­che Gespräch.

 

Dr. Domi­nik Suter ist Inha­ber der JOSEF MEYER Rail Group und Prä­si­dent des Ver­wal­tungs­ra­tes. Er ver­fügt über mehr als 25 Jahre Füh­rungs­er­fah­rung als CEO, Ver­wal­tungs­rat und Bera­ter, in denen er zahl­rei­che Unter­neh­men, dar­un­ter inter­na­tio­nal täti­ge Indus­trie­un­ter­neh­men in der Schweiz, Deutsch­land und Öster­reich, auch in schwie­ri­gen Situa­tio­nen erfolg­reich wei­ter­ent­wi­ckelt hat.

 

Ulrich Walt ist seit 1. Sep­tem­ber 2024 Geschäfts­füh­rer der JOSEF MEYER RAIL AG in Rhein­fel­den. Er bringt 20 Jahre Erfah­rung in lei­ten­den Funk­tio­nen in der Logis­tik im In- und Aus­land mit. Er war unter ande­rem bei Allo­ga und Hol­cim Schweiz tätig und zuletzt CEO des Logis­tik- und Dienst­leis­tungs­spe­zia­lis­ten Fast­log. Ulrich Walt ist zudem Vize­prä­si­dent des Vor­stands und Prä­si­dent des geschäfts­lei­ten­den Aus­schus­ses beim VAP.

 

JOSEF MEYER Rail (JMR) wurde 1888 in Luzern gegrün­det. 1943 eröff­ne­te das Unter­neh­men eine Zweig­nie­der­las­sung im schwei­ze­ri­schen Rhein­fel­den für die Fer­ti­gung von Güter­wa­gen und Schweiss­bau­grup­pen. Mit der Libe­ra­li­sie­rung im Eisen­bahn­be­reich in den 1990er Jah­ren erwei­ter­te das Unter­neh­men sei­nen Tätig­keits­ra­di­us um die Instand­hal­tung von Schie­nen­fahr­zeu­gen. Heute ist die JOSEF MEYER Rail Group füh­ren­de Exper­tin für die Instand­hal­tung und Moder­ni­sie­rung von Güter­wa­gen, anspruchs­vol­le Repa­ra­tu­ren an Per­so­nen­zug­wa­gen und Loko­mo­ti­ven sowie die Fer­ti­gung kom­ple­xer Schweiss­bau­grup­pen, Klein­se­ri­en und Sonderfahrzeuge.

Totalrevision GüTG: Die Stimmung der Branche droht zu kippen

Totalrevision GüTG: Die Stimmung der Branche droht zu kippen

Die Kom­mis­si­on für Ver­kehr und Fern­mel­de­we­sen des Stän­de­ra­tes (KVF‑S) hat ihre Bera­tun­gen zur Total­re­vi­si­on des Güter­trans­port­ge­set­zes (GüTG) abge­schlos­sen. Wie der Bun­des­rat will sie die Rah­men­be­din­gun­gen zuguns­ten von mul­ti­mo­da­len Logis­tik­ket­ten ver­bes­sern. Doch das aktu­el­le Ver­hal­ten von SBB Cargo mit mas­si­ven Preis­er­hö­hun­gen und einem Ange­bots­ab­bau wider­spricht die­sen Bestre­bun­gen und bringt die Ver­la­der in ein gefähr­li­ches Dilemma.

Darum geht’s:

  • Was bis­her geschah
  • Kla­res Ja zu Mul­ti­mo­da­li­tät und Wettbewerb
  • Kon­tro­ver­ses Ver­hal­ten von SBB Cargo
  • Bund in der Pflicht
  • Gemein­sam aus dem Dilemma

 

Was bisher geschah

Über die ers­ten Anträ­ge der KVF‑S zur bun­des­rät­li­chen Bot­schaft zum Güter­trans­port­ge­setz (Total­re­vi­si­on des Bun­des­ge­set­zes über den Güter­trans­port durch Bahn- und Schiff­fahrts­un­ter­neh­men) haben wir in unse­rem Blog­bei­trag «Jetzt oder nie: Weg­wei­sen­de Debat­te zum Schwei­zer Schie­nen­gü­ter­ver­kehr» bereits aus­führ­lich berich­tet. Wie am 21. Juni 2024 kom­mu­ni­ziert, will die vor­be­ra­ten­de Kom­mis­si­on den Wett­be­werb im Güter­trans­port gezielt stär­ken, die Zustän­dig­keit der Rail­Com zur Durch­set­zung eines dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Ange­bots im Ein­zel­wa­gen­la­dungs­ver­kehr (EWLV) regeln und die Inhal­te zu den Leit­li­ni­en zum Schie­nen­gü­ter­trans­port als Grund­la­ge für die Leis­tungs­ver­ein­ba­rung im EWLV konkretisieren.

Klares Ja zu Multimodalität und Wettbewerb

Die Stän­de­rats­kom­mis­si­on hat ihre Detail­be­ra­tung nun abge­schlos­sen. In ihrer jüngs­ten Medi­en­mit­tei­lung vom 20. August 2024 for­dert sie den Gesetz­ge­ber auf, im Regel­werk fest­zu­hal­ten, dass Ver­la­de­bei­trä­ge an die Ver­sen­der und Emp­fän­ger wei­ter­ge­ge­ben und unter­neh­mens­in­ter­ne Leis­tun­gen trans­pa­rent gemacht und kon­trol­liert wer­den. Schliess­lich regt eine Kom­mis­si­ons­mehr­heit an, dass eine Ver­län­ge­rung der För­de­rung des EWLV durch das Par­la­ment und nicht durch den Bun­des­rat ent­schie­den wer­den soll­te. Damit möch­te die KVF‑S sicher­stel­len, dass die Finanz­kom­pe­tenz und der Ent­scheid über eine etwa­ige Ver­län­ge­rung der Unter­stüt­zung auf der­sel­ben Stufe liegen

Kontroverses Verhalten von SBB Cargo

Der­zeit erhit­zen sich die Gemü­ter der Ver­la­der über das Ver­hal­ten der SBB-Toch­ter SBB Cargo, das den Bestre­bun­gen der KVF‑S und den bis­he­ri­gen Bekun­dun­gen des Bun­des­ra­tes deut­lich ent­ge­gen­läuft. Die Mono­pol­an­bie­te­rin ver­langt für ihre Leis­tun­gen einen Auf­preis von 20% bis 60% – ganz selbst­ver­ständ­lich und ohne Kos­ten­trans­pa­renz oder die Mög­lich­keit, gemein­sam mit den Güter­bahn­ak­teu­ren Kos­ten aus dem Sys­tem zu redu­zie­ren. Selbst wenn das GüTG wie vor­ge­schla­gen ange­passt wird und der Stän­de­rat den Anträ­gen der KVF‑S statt­gibt, besteht die akute Gefahr, dass die Ver­la­der ihre Ver­keh­re im gros­sen Stil auf die Stras­se ver­la­gern. Da eine der­art stra­te­gi­sche Neu­ori­en­tie­rung nicht von heute auf mor­gen pas­siert, wer­den sie ihre Logis­tik­kon­zep­te über die nächs­ten zwei Jahre anpas­sen. In die­sem Fall wären sowohl die Geset­zes­vor­la­ge selbst als auch die dafür not­wen­di­gen Bun­des­mit­tel obso­let – und eine dies­be­züg­li­che Bera­tung des Par­la­ments in der Herbst­ses­si­on 2024 sowieso.

Bund in der Pflicht

Um unge­recht­fer­tig­te Markt­dis­kri­mi­nie­rung und ein Ver­la­gern auf die Stras­se zu ver­mei­den, könn­ten die Ver­la­der ihre Logis­tik­kon­zep­te auch auf alter­na­ti­ve Bahn­an­ge­bo­te von inno­va­ti­ven und muti­gen Güter­bah­nen aus­rich­ten und ihre Ver­kehrs­vo­lu­mi­na vom Staats­mo­no­pol in einen markt­wirt­schaft­li­chen Wett­be­werb umplat­zie­ren. Das ent­sprä­che dem Ziel der KVF‑S, die durch Leis­tungs­ver­ein­ba­run­gen und über­ar­bei­te­te Leit­li­ni­en zum EWLV mehr Wett­be­werb ver­langt. Es liegt daher nicht unwe­sent­lich in der Ver­ant­wor­tung des Bun­des, so bald als mög­lich ent­spre­chen­de Mass­nah­men beim Bestell­pro­zess auf­zu­glei­sen, pri­va­te Güter­bah­nen zu Ange­bo­ten auf­zu­for­dern und ihnen den Rücken bei deren Auf­bau zu stärken.

Gemeinsam aus dem Dilemma

Die Bran­che muss einen Weg aus dem aktu­el­len Dilem­ma fin­den, bevor die Debat­te eska­liert. Es liegt nun in der Hand der Bran­chen­ak­teu­re und des Bun­des, gemein­sam mehr Wett­be­werb zu ermög­li­chen und den EWLV grund­le­gend zu moder­ni­sie­ren. Dazu müs­sen sie das Sys­tem EWLV Hand in Hand orga­ni­sa­to­risch ver­än­dern, stär­ker für Dritt­an­bie­ter öff­nen und auf Augen­hö­he wei­ter­ent­wi­ckeln. Hier bestehen sei­tens der Pri­vat­wirt­schaft bereits attrak­ti­ve Lösungs­an­sät­ze. Sagt das Par­la­ment ja zu För­de­rung des EWLV und stärkt damit den intra­mo­da­len Wett­be­werb, so könn­ten die Ver­la­der und Güter­bah­nen auf Trotz­re­ak­tio­nen ver­zich­ten. Statt­des­sen könn­ten sie – gemein­sam mit den SBB – die Chan­ce ergrei­fen, sich end­lich vom mono­po­lis­ti­schen EWLV los­zu­ei­sen und ein eigen­wirt­schaft­li­ches, breit abge­stütz­tes Netz­werk­an­ge­bot zu entwickeln.

Jetzt oder nie: Wegweisende Debatte zum Schweizer Schienengüterverkehr

Jetzt oder nie: Wegweisende Debatte zum Schweizer Schienengüterverkehr

Die Kom­mis­si­on für Ver­kehr und Fern­mel­de­we­sen des Stän­de­rats (KVF‑S) ist im Früh­jahr auf die Total­re­vi­si­on des Güter­trans­port­ge­set­zes (GüTG) ein­ge­tre­ten und hat rich­tungs­wei­sen­de Dis­kus­sio­nen über den Schwei­zer Bin­nen­gü­ter­ver­kehr im Par­la­ment aus­ge­löst. Gemein­sam mit ande­ren Akteu­ren wer­den wir vom VAP diese Debat­te mit­prä­gen. Unser Ziel ist es, einen gang­ba­ren Kom­pro­miss zu fin­den und den Inter­es­sen unse­rer Mit­glie­der Nach­druck zu verleihen.

Darum geht’s:

  • Frohe Bot­schaft ans Parlament
  • Erste Anträ­ge der KVF‑S
  • Reger Aus­tausch zwi­schen den betrof­fe­nen Akteuren
  • Her­aus­for­de­run­gen für Wirt­schaft und euro­päi­sche Gesamtlogistik
  • Schmerz­gren­ze erreicht
  • So geht’s weiter

 

Frohe Botschaft ans Parlament

Am 9. Febru­ar 2024 hat der Schwei­ze­ri­sche Bun­des­rat seine Bot­schaft zum Güter­trans­port­ge­setz (Total­re­vi­si­on des Bun­des­ge­set­zes über den Güter­trans­port durch Bahn- und Schiff­fahrts­un­ter­neh­men) publi­ziert. Ein beson­de­res Augen­merk gilt aus unse­rer Sicht den fol­gen­den finan­zi­el­len Aspekten:

  • Betriebs­ab­gel­tun­gen: Um den Ein­zel­wa­gen­la­dungs­ver­kehr (EWLV) wäh­rend der Umbau­pha­se auf dem aktu­el­len flä­chen­de­cken­den Niveau zu hal­ten, sieht der Bun­des­rat vor, ihn auf acht Jahre befris­tet und degres­siv finan­zi­ell zu för­dern. Am Ende die­ser Peri­ode soll Eigen­wirt­schaft­lich­keit erreicht sein. Für die ers­ten vier Jahre bean­tragt er 260 Mio. CHF.
    Mehr dazu im Fak­ten­blatt Güterverkehr.
  • Anrei­ze für Ver­la­der: Vor­ge­se­hen sind unbe­fris­te­te Umschlags- und Ver­la­de­bei­trä­ge und eine Abgel­tung der unge­deck­ten Kos­ten des bestell­ten Güter­trans­port­an­ge­bots für total 60 Mio. CHF pro Jahr.
Erste Anträge der KVF‑S

Die KVF‑S als vor­be­ra­ten­de Kom­mis­si­on des Erstrats hat sich nach der Anhö­rung der Bran­che – dar­un­ter auch dem VAP – die­sen Früh­ling der Total­re­vi­si­on des GüTG ange­nom­men. Die Dis­kus­sio­nen der kom­men­den Wochen und Mona­te im Par­la­ment wer­den für die Zukunft des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs in der Flä­che weg­wei­send sein. In ihrer Detail­be­ra­tung hat die Kom­mis­si­on zahl­rei­che Punk­te beleuch­tet. Sie ist mehr­heit­lich der Ansicht, dass sich die Total­re­vi­si­on des GüTG für die Sicher­stel­lung und Ver­bes­se­rung eines nach­hal­ti­gen Zusam­men­spiels der unter­schied­li­chen Ver­kehrs­trä­ger für die Schwei­zer Ver­kehrs­po­li­tik eig­net. Sie regt an, inhalt­li­che Anpas­sun­gen wie folgt vorzunehmen:

  • Expli­zi­te Stär­kung des Wett­be­werbs im Gütertransport
  • Klare Rege­lung der Zustän­dig­keit der Rail­Com zur Über­prü­fung und Durch­set­zung des dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Ange­bots der Dienst­leis­tun­gen im EWLV
  • Kon­kre­ti­sie­rung der Inhal­te zu den Leit­li­ni­en zum Schie­nen­gü­ter­trans­port (Grund­la­ge für die Leis­tungs­ver­ein­ba­rung im EWLV)
  • Kom­pe­tenz­ver­la­ge­rung zur Ver­län­ge­rung gewis­ser Bestim­mun­gen (ins­be­son­de­re Abgel­tun­gen) vom Bun­des­rat zum Parlament

Die Kom­mis­si­on wird die Detail­be­ra­tung mit Zusatz­in­for­ma­tio­nen aus der Ver­wal­tung vor­aus­sicht­lich an ihrer nächs­ten Sit­zung abschlies­sen. Danach gelangt das Geschäft ins Ple­num des Ständerats.

Reger Austausch zwischen den betroffenen Akteuren

In den ver­gan­ge­nen Wochen führ­ten wir – unter­stützt von unse­ren Mit­glie­dern – Gesprä­che mit den Akteu­ren der Inter­es­sens­ge­mein­schaft Wagen­la­dungs­ver­kehr (IG WLV), dem Bun­des­amt für Ver­kehr (BAV) und der Toch­ter SBB Cargo der Schwei­ze­ri­schen Bun­des­bah­nen (SBB). So prä­sen­tier­te Alex­an­der Muhm, CEO von SBB Cargo, im geschäfts­lei­ten­den Aus­schuss des VAP das ange­dach­te Grob­kon­zept für eine Trans­for­ma­ti­on hin zur Eigen­wirt­schaft­lich­keit. Muhms Aus­füh­run­gen setz­ten eine inten­si­ve Dis­kus­si­on zwi­schen den Betei­lig­ten und wei­ter­füh­ren­de Gesprä­che über Mög­lich­kei­ten und Risi­ken in Gang.

Herausforderungen für Wirtschaft und europäische Gesamtlogistik 

Ein Blick auf die Sta­tis­tik zeigt, dass die Ver­la­ge­rungs­zah­len in der Schweiz und in Euro­pa sta­gnie­ren oder sogar leicht schrump­fen. Die Grün­de dafür sind viel­fäl­tig. In Deutsch­land herrscht gros­se Unge­wiss­heit über poten­zi­el­le Inves­ti­ti­ons­pro­gram­me und den Zeit­punkt eines spür­ba­ren Kon­junk­tur­auf­schwungs. Ita­li­en und Frank­reich kämp­fen mit beschei­de­nen Wachs­tums­zah­len und hohen Ver­schul­dungs­gra­den. Das kom­bi­niert mit der Kon­su­men­ten­stim­mung wirkt sich direkt auf die Unter­neh­men und deren finan­zi­el­le Situa­ti­on aus.

In der Logis­tik gibt es neben der Sper­rung des Suez-Kanals oder Natur­er­eig­nis­sen wei­te­re enor­me Her­aus­for­de­run­gen wie gros­se Bau­stel­len (z.B. auf dem deut­schen Schie­nen­netz) und ent­spre­chen­de Umlei­tungs­ver­keh­re oder höhe­re Tras­sen­prei­se. Das alles befeu­ert die Betriebs­kos­ten und bedrängt die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der Schie­ne. Die Befind­lich­keit der euro­päi­schen Gesamt­lo­gis­tik ist inso­fern wich­tig, als dass der Gross­teil der in der Schweiz ver­wen­de­ten Güter aus dem Aus­land stam­men und den EWLV in und durch die Schweiz beeinflussen.

Schmerzgrenze erreicht

Seit unse­rer Grün­dung set­zen wir uns für einen attrak­ti­ven, wett­be­werbs- und kun­den­ori­en­tier­ten Schie­nen­gü­ter­ver­kehr und damit für die best­mög­li­che Ver­la­ge­rung auf die Schie­ne ein. Mit die­sem Ziel enga­gie­ren wir uns ent­we­der als Part­ner zahl­rei­cher Güter­ver­kehrs­ak­teu­re oder mit eige­nen Ideen und Pro­jek­ten. In der Ver­kehrs­po­li­tik machen wir uns für aus­rei­chend Kapa­zi­tä­ten auf allen Infra­struk­tu­ren, güns­ti­ge Logis­tik­stand­or­te und ver­nünf­ti­ge Rah­men­be­din­gun­gen stark.

Im Hin­blick auf den glo­ba­len Wett­be­werb und die aktu­el­len Rah­men­be­din­gun­gen für die Schwei­zer Wirt­schaft muss oder kann sich die ver­la­den­de Wirt­schaft als unse­re Mit­glied­schaft mas­siv höhe­re Kos­ten auf der Schie­ne nicht leis­ten. Feh­ler wie die feh­len­de (Investitions-)Strategie der letz­ten 20 Jah­ren im Bereich des Roll­ma­te­ri­als, der fort­wäh­ren­de Abbau von Infra­struk­tur­ein­rich­tun­gen (Rück­bau von Glei­sen, Bau von Ren­di­te­ob­jek­ten) oder die unge­nü­gen­de Ein­bin­dung in Gesamt­kon­zep­ten aus Sicht der Nut­zer und Kun­den kön­nen unse­re Mit­glie­der nicht län­ger abfe­dern. Denn die Fol­gen sol­cher Feh­ler wie etwa mas­si­ve Preis­er­hö­hun­gen (jen­seits der Infla­ti­on) sind für Wirt­schaft und Gesell­schaft fatal. Die Kon­kur­renz­fä­hig­keit der Schie­ne gegen­über der Stras­se schwin­det und die Opti­mie­rung des Modal­splits gerät in Schief­la­ge. Zudem kön­nen stei­gen­de Kos­ten­be­tei­li­gun­gen für die ope­ra­ti­ve Nut­zung von Bedien­punk­ten fal­sche Signa­le setzen.

Für unse­re Mit­glie­der ist die Schmerz­gren­ze längst erreicht. Wir sind bereit, die wei­te­re Ent­wick­lung und Trans­for­ma­ti­on des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs mass­geb­lich zu unter­stüt­zen. Vor­aus­ge­setzt, die Ver­ant­wort­li­chen stel­len voll­stän­di­ge Trans­pa­renz über Kos­ten und deren Auf­schlüs­se­lung sicher und ergrei­fen Mass­nah­men in einem fai­ren, ver­träg­li­chen und abge­stimm­ten Rahmen.

So geht’s weiter

Wir neh­men die Erkennt­nis­se aus den zahl­rei­chen Dis­kus­sio­nen mit der KVF‑S und wei­te­ren Akteu­ren zum Anlass, inner­halb unse­rer Mit­glied­schaft zahl­rei­che Akti­vi­tä­ten aus­zu­lö­sen und wei­te­re Abstim­mungs­ge­sprä­che durch­zu­füh­ren. Wer mit uns über die Logis­tik als Rück­grat der Schwei­zer Wirt­schaft spre­chen möch­te, ist herz­lich zum Gespräch eingeladen.

Datenökosysteme: Branche am runden Tisch mit Bundesrat Rösti

Datenökosysteme: Branche am runden Tisch mit Bundesrat Rösti

Am 24. Juni 2024 ver­ein­te Bun­des­rat Albert Rösti Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter der öffent­li­chen Hand und der Logis­tik­bran­che am run­den Tisch, um über die Bedeu­tung einer natio­na­len Daten­in­fra­struk­tur zum Aus­tausch von Infor­ma­tio­nen zu debat­tie­ren. Wir vom VAP trei­ben die Ver­net­zung von Daten inner­halb unse­rer Bran­che schon län­ger voran. Diese Vor­rei­ter­rol­le wer­den wir auch in Zukunft einnehmen.

Darum geht’s:

  • Was bis­her geschah
  • Auf­takt zum breit ange­leg­ten Dialog
  • Kun­den­nut­zen ins Zen­trum rücken
  • In klei­nen, aber nach­hal­ti­gen Schritten
  • Fun­da­ment für einen zukunfts­fä­hi­gen Schienengüterverkehr

 

Was bisher geschah

Das Thema Daten­öko­sys­te­me steht seit Län­ge­rem auf unse­rer ver­kehrs­po­li­ti­schen Agen­da. So set­zen wir uns seit Jah­ren für die Eta­blie­rung einer sinn­vol­len Platt­form und für die Ver­net­zung von rele­van­ten Daten inner­halb der gesam­ten Logis­tik­ket­te und deren Akteu­re ein. In diver­sen Blog­bei­trä­gen haben wir über die Vor­tei­le einer Daten­in­te­gra­ti­on und über jüngs­te Ent­wick­lun­gen berich­tet. (vgl. «Daten­öko­sys­te­me: Daten tei­len, um ihren Mehr­wert zu ver­dop­peln», «Bereit fürs nächs­te Digi­ta­li­sie­rungs­le­vel» und «Wagen­la­dungs­ver­kehr kann wett­be­werbs­fä­hig wer­den»).

An den Dis­kus­sio­nen rund um das Bun­des­ge­setz über die Mobi­li­täts­da­ten­in­fra­struk­tur (MODIG) und Natio­na­le Daten­ver­net­zungs­in­fra­struk­tur Mobi­li­tät (NADIM) waren anfäng­lich nur Ent­schei­dungs­trä­ger und Betrof­fe­ne des Per­so­nen­ver­kehrs betei­ligt. Erfreu­li­cher­wei­se haben die Ver­ant­wort­li­chen die Anlie­gen des Güter­ver­kehrs und den Bedarf der Ver­la­der auf unser Anre­gen hin auf­ge­grif­fen. So konn­ten wir die öffent­li­che Ver­wal­tung mit Argu­men­ten und Anwen­dungs­fäl­len unter­stüt­zen und unse­re Bran­che in der Folge am Mei­nungs­aus­tausch beteiligen.

Auftakt zum breit angelegten Dialog

Am 24. Juni 2024 begrüss­te Bun­des­rat Albert Rösti als Vor­ste­her des eid­ge­nös­si­schen Depar­te­ments für Umwelt, Ver­kehr, Ener­gie und Kom­mu­ni­ka­ti­on (UVEK) Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter der öffent­li­chen Ver­wal­tung und der Logis­tik­bran­che am run­den Tisch. Ein­ge­la­den waren Amts­vor­ste­hen­de sowie Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter aus dem UVEK, aus dem Par­la­ment, von zahl­rei­chen Ver­bän­den und Unter­neh­men aus diver­sen Berei­chen des Schie­nen­ver­kehrs der gesam­ten Logistikbranche.

Rösti woll­te erfah­ren, wie unse­re Bran­che zu einer Daten­in­fra­struk­tur zum Infor­ma­ti­ons­aus­tausch steht und wel­che Rolle der Bund spie­len soll­te. Mit sei­ner Ein­la­dung zum Gespräch gab er unse­ren Mit­glie­dern und Part­ner­ver­bän­den die Gele­gen­heit, mass­ge­bend an der Wei­ter­ent­wick­lung der Daten­ver­net­zung mit­zu­wir­ken. Die Anwe­sen­den waren sich einig, dass es eine Platt­form für den Aus­tausch von Daten für eine Mobi­li­täts­da­ten­in­fra­struk­tur (MODI) braucht, um mul­ti­mo­da­le Logis­tik­lö­sun­gen und fle­xi­ble Part­ner­schaf­ten in Netz­wer­ken wie dem Ein­zel­wa­gen­la­dungs­ver­kehr zu ver­ein­fa­chen. Eini­ge äus­ser­ten kon­struk­ti­ve Kri­tik, die das Ansin­nen als Gan­zes jedoch nicht grund­sätz­lich infra­ge stellten.

Die Sit­zungs­lei­tung legte fünf Anwen­dungs­fäl­le aus unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven für eine erste Phase der MODI als Dis­kus­si­ons­grund­la­ge aus. Ein Fall stell­te die Mög­lich­kei­ten einer bes­se­ren Kapa­zi­täts­nut­zung auf der Schie­ne und Trans­pa­renz von Basis­in­for­ma­tio­nen vor und legte dar, inwie­fern diese den Ver­la­dern zugu­te­kom­men und wie sich die Ein­stiegs­hür­den sen­ken liessen.

Kundennutzen ins Zentrum rücken 

In diese Betrach­tun­gen gehö­ren unse­rer Ansicht nach auch jene Aspek­te, die sich auf das Ange­bot für Güter­ver­kehrs­leis­tun­gen aus­wir­ken. Daten­öko­sys­te­me hel­fen, die mul­ti­mo­da­len Logis­tik­ket­ten an den Bedürf­nis­sen der Kun­den aus­zu­rich­ten und für diese einen Mehr­wert zu schaf­fen. Dazu braucht es inno­va­ti­ve Ansät­ze auf orga­ni­sa­to­ri­scher Ebene und Koope­ra­tio­nen zwi­schen den Markt­ak­teu­ren. Nur so lässt sich der Güter­ver­kehr nach­hal­ti­ger, kon­kur­renz­fä­hi­ger und end­kun­den­ori­en­tier­ter gestalten.

Infor­ma­tio­nen zu den Güter­ver­kehrs­flüs­sen (Bin­nen­ver­kehr, Aus­sen­han­dels­ver­kehr, Tran­sit) soll­ten unab­hän­gig vom Ver­kehrs­trä­ger zeit­nah und gesamt­haft allen Betei­lig­ten zur Ver­fü­gung ste­hen. Damit könn­ten die Ver­ant­wort­li­chen auf Ebene Bund, Kan­ton und Gemein­de Infra­struk­tur­be­stand­tei­le wie Netz­ka­pa­zi­tä­ten oder Umschlag­flä­chen fle­xi­bler nut­zen, bes­ser koor­di­nie­ren, geziel­ter pla­nen und gege­be­nen­falls neu dimen­sio­nie­ren. Da viele der erfor­der­li­chen Daten beim Bund lie­gen oder in des­sen Auf­trag erho­ben wer­den, muss die öffent­li­che Ver­wal­tung in Bestre­bun­gen wie MODI und NADIM unse­res Erach­tens unbe­dingt eine zen­tra­le Funk­ti­on über­neh­men. Zudem kön­nen mit der Ein­füh­rung der DAK die damit ver­bun­de­nen, neu erschlos­se­nen Daten­quel­len sinn­voll und ergän­zend in diese Daten­in­fra­struk­tur über­führt werden.

In kleinen, aber nachhaltigen Schritten

Das UVEK wird in den kom­men­den Wochen eine Vor­la­ge zuhan­den des Bun­des­rats und Par­la­ments vor­be­rei­ten und die Bran­che erneut ein­bin­den, um den Ent­wurf zu reflek­tie­ren. Für ein abge­stimm­tes wei­te­res Vor­ge­hen sind uns die fol­gen­den Ele­men­te wichtig:

  • Prag­ma­tisch blei­ben, um auf stra­te­gi­scher und ope­ra­ti­ver Ebene pra­xis­ori­en­tiert Daten mit dem grösst­mög­li­chen Nut­zen für die Akteu­re zur Ver­fü­gung zu stellen
  • Bestehen­de Tools aus dem In- und Aus­land sowie gut auf­be­rei­te­te Daten(-quellen) nutzen
  • Wirt­schaft und Logis­tik­bran­che soll­ten die­sen Pro­zess mass­geb­lich mit­prä­gen; mög­li­che Auf­ga­ben für kon­zep­tio­nel­le und ope­ra­ti­ve Pha­sen wer­den in den kom­men­den Mona­ten diskutiert

Wir vom VAP wer­den uns dahin­ge­hend ein­brin­gen, dass unse­re Mit­glie­der von Anfang an von einem wesent­li­chen Mehr­wert pro­fi­tie­ren und die Bedürf­nis­se unse­rer Bran­che abge­deckt sind. Mit die­sem ambi­tio­nier­ten Ziel set­zen wir im Vor­feld bereits erste Akzen­te, indem wir die inter­ne Daten­bank der pri­va­ten Anschlies­ser zeit­nah in ein moder­nes und inter­na­tio­nal aner­kann­tes Tool über­füh­ren und deren Inhal­te gleich­zei­tig aktua­li­sie­ren. Dazu ste­hen wir mit unse­ren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen aus Deutsch­land und Öster­reich im engen Kon­takt, um wei­te­re Fort­schrit­te zu erzielen.

Fundament für einen zukunftsfähigen Schienengüterverkehr

Wir sind über­zeugt, dass die öffent­li­che Hand und die Wirt­schaft gemein­sam und glei­cher­mas­sen dazu bei­tra­gen müs­sen, dass ein Daten­öko­sys­tem für den Schienen(güter-)verkehr und die gesam­te Logis­tik­bran­che ent­steht. Ein sol­ches erlaubt es, effek­ti­ver zu pla­nen und effi­zi­en­ter zu wirt­schaf­ten und Inves­ti­tio­nen noch ziel­ge­rich­te­ter ein­zu­set­zen. Aus­ser­dem bil­det es das Fun­da­ment für neue Geschäfts­mo­del­le, Ange­bots­ver­bes­se­run­gen und Part­ner­schaf­ten zwi­schen Anbie­tern und Kunden.

Wagenladungsverkehr kann wettbewerbsfähig werden

Wagenladungsverkehr kann wettbewerbsfähig werden

Forum Güter­ver­kehr, 7. Mai 2024. Der flä­chen­de­cken­de Wagen­la­dungs­ver­kehr hat im Bin­nen­ver­kehr euro­pa­weit einen sehr hohen Markt­an­teil. Im Export- und Import­ver­kehr hin­ge­gen fällt er trotz lan­ger Stre­cken ab. Grund dafür sind Markt­ab­schot­tung und über­al­ter­te Pro­duk­ti­ons­struk­tu­ren. Aus­schliess­lich Staats­bah­nen, aus­schliess­lich auf ihrem Hei­mat­markt lau­tet die Devi­se. Der Wagen­la­dungs­ver­kehr wird als Sys­tem­ver­kehr ver­stan­den. Eine Zusam­men­ar­beit in Net­zen, wie es auf der Stras­se üblich und erfolg­reich ange­wen­det wird, ist auf der Bahn nicht angedacht.

Eine Trans­for­ma­ti­on des Wagen­la­dungs­ver­kehrs in ein auto­ma­ti­sier­tes, digi­tal ver­netz­tes und inter­na­tio­nal geöff­ne­tes Bahn­sys­tem ist jedoch mög­lich. Die Staa­ten bie­ten dem Bahn­sek­tor hier­für poli­ti­sche und finan­zi­el­le Unter­stüt­zung an.

Darum geht’s:

  • Füh­ren­de Köpfe aus der euro­päi­schen Ver­kehrs- und Logis­tik­bran­che in Zürich am Forum Güterverkehr
  • Vor­mit­tag mit Über­blick über die aktu­el­len gesetz­li­chen Rahmenbedingungen
  • Thema Nach­mit­tag: Trans­for­ma­ti­on des Schienengüterverkehrs
  • Fokus auf die Gestal­tung einer zukunfts­fä­hi­gen Güterverkehrslandschaft

 

Am 7. Mai 2024 ver­sam­mel­ten sich füh­ren­de Köpfe aus der euro­päi­schen Ver­kehrs- und Logis­tik­bran­che am Forum Güter­ver­kehr in Zürich, um über die Zukunft des Güter­ver­kehrs auf der Schie­ne zu diskutieren.

Frank Fur­rer, Gene­ral­se­kre­tär des VAP Ver­band der ver­la­den­den Wirt­schaft, blick­te in sei­ner Begrüs­sung auf die ver­gan­ge­nen Foren der Jahre 2018 bis 2024 zurück, an denen eine kon­ti­nu­ier­li­che Dis­kus­si­on über die Ent­wick­lung des Güter­ver­kehrs geführt wurde. The­men wie Mul­ti­mo­da­li­tät, Sicher­heit, Inno­va­ti­on und Digi­ta­li­sie­rung stan­den im Fokus. Beson­ders beton­te er die Rolle der Ver­kehrs­po­li­tik als Trei­ber für Ver­än­de­run­gen. Im Jahr 2024 liege nun der Schwer­punkt auf neuen Rah­men­be­din­gun­gen für einen zukunfts­fä­hi­gen Güter­ver­kehr, ins­be­son­de­re auf der Trans­for­ma­ti­on des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs. Frank Fur­rer hob die Bedeu­tung güns­ti­ger Rah­men­be­din­gun­gen für den Wett­be­werb, um Mul­ti­mo­da­li­tät, Inno­va­ti­on und Umwelt­schutz zu ermög­li­chen, her­vor. Die Part­ner­schaft zwi­schen Poli­tik und Wirt­schaft, die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Güter­bah­nen, Logis­tik­an­bie­tern und Ver­la­dern sowie das Sub­si­dia­ri­täts­prin­zip nennt er als grund­le­gen­de Prin­zi­pi­en. Die aktu­el­le Geset­zes­vor­la­ge zur Moder­ni­sie­rung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs wurde im Par­la­ment dis­ku­tiert. Der VAP unter­stützt Mass­nah­men wie die Ein­füh­rung der digi­ta­len auto­ma­ti­schen Kupp­lung (DAK) und die Über­brü­ckungs­fi­nan­zie­rung für den Ein­zel­wa­gen­la­dungs­ver­kehr (EWLV) unter bestimm­ten Bedingungen.

Dr. Peter Füg­lis­ta­ler, Direk­tor des Bun­des­amts für Ver­kehr (BAV), gab einen Über­blick über die aktu­el­len gesetz­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen und Her­aus­for­de­run­gen im Schwei­zer Güter­ver­kehr. Für ihn ist die befris­te­te finan­zi­el­le För­de­rung des Wagen­la­dungs­ver­kehrs ein letz­ter Ver­such, den Bin­nen­gü­ter­ver­kehr auf der Schie­ne zu ret­ten. Die DAK ist das not­wen­di­ge Mit­tel dazu, das mit einer För­de­rung von 30% an die Hal­ter eine schö­ne Offer­te ist. Peter Wes­ten­ber­ger, Geschäfts­füh­rer von Die Güter­bah­nen in Deutsch­land, prä­sen­tier­te die digi­ta­le Schie­ne und die VDV-Char­ta aus deut­scher Sicht. Er for­der­te eine finan­zi­el­le För­de­rung des Wagen­la­dungs­ver­kehrs aus­schliess­lich über die Bedienstre­cken, d.h. die Reak­ti­vie­rung oder Men­gen­stei­ge­rung an mög­lichst vie­len Bedien­stel­len. Für Wett­be­wer­ber sei es sehr schwie­rig, da die Daten­la­ge aus­ge­spro­chen intrans­pa­rent sei. Mag. Clau­dia Neme­th vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Kli­ma­schutz, Umwelt, Ener­gie, Mobi­li­tät, Inno­va­ti­on und Tech­no­lo­gie (BMK) in Öster­reich erläu­ter­te die Instru­men­te und Stra­te­gien der öster­rei­chi­schen Ver­kehrs­po­li­tik mit Blick auf den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr und ver­glich die pro-Kopf-Inves­ti­tio­nen in der Schweiz, Deutsch­land und Öster­reich. Öster­reich setzt auf ein akti­ves Moni­to­ring der Mass­nah­men des Mas­ter­plans Güter­ver­kehrs 2030 und hat vor Kur­zem den ers­ten dies­be­züg­li­chen Moni­to­ring-Bericht vor­ge­legt. Eine die­ser Mass­nah­men ist die Ende 2023 erfolg­te Ein­rich­tung eines Ver­la­ge­rungs­coa­ches, der Unter­neh­men bzw. Gemein­den bei der Ver­la­ge­rung auf die Schie­ne berät. Gemein­sam mit dem deut­schen Ver­kehrs­mi­nis­ter Wiss­mann und Bun­des­rat Rösti unter­stützt die öster­rei­chi­sche Minis­te­rin Leo­no­re Gewess­ler die rasche Ein­füh­rung der DAK. Ueli Mau­rer, Head of Inter­mo­dal Net­work bei Bert­schi AG, brach­te wert­vol­les Feed­back aus der Wirt­schafts­per­spek­ti­ve ein. War­ten auf die DAK sei ange­sichts der Fort­schrit­te auf der Stras­se unmög­lich, sie müsse sofort umge­setzt wer­den. Die aktu­el­len, noch immer inter­na­tio­nal völ­lig unge­nü­gend koor­di­nier­ten Bau­stel­len sowie die Ener­gie- und Tras­sen­prei­se bedro­hen der­zeit die Markt­fä­hig­keit des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs fun­da­men­tal. Wei­ter for­der­te er von den Infra­struk­tur­be­trei­bern, die Erspar­nis­se durch Kom­plett­sper­run­gen an den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr wei­ter­zu­rei­chen, als Kom­pen­sa­ti­on für deren Mehrkosten.

In der anschlies­sen­den Podi­ums­dis­kus­si­on sprach Wes­ten­ber­ger über die aktu­el­le chao­ti­sche Bau­stel­len­si­tua­ti­on und die damit ver­bun­de­nen zusätz­li­chen Kos­ten und for­der­te eine Ver­bes­se­rung der Qua­li­tät im Bahn­gü­ter­ver­kehr. Neme­th stimm­te zu, zeig­te sich jedoch opti­mis­tisch über die Zukunft des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs und ver­glich die aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen mit einem klei­nen Kind, das Lau­fen lernt: Es gibt Rück­schlä­ge, aber es wird bes­ser. Füg­lis­ta­ler unter­strich die Alter­na­tiv­lo­sig­keit der Kor­ri­dor­sa­nie­run­gen und beton­te die Not­wen­dig­keit von Inves­ti­tio­nen in die Infra­struk­tur. Dr. Jens Engel­mann, der die Podi­ums­dis­kus­si­on mode­rier­te, brach­te die Frage der Wirk­sam­keit von För­der­mass­nah­men auf und erör­ter­te die ver­schie­de­nen Ansät­ze zur Unter­stüt­zung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs. Füg­lis­ta­ler und Neme­th ver­tei­dig­ten die Rolle der Staats­bah­nen für den Ein­zel­wa­gen­ver­kehr. Das Fazit der Dis­kus­si­on durch Engel­mann: Die Schie­ne leis­tet einen wich­ti­gen Bei­trag zur Nach­hal­tig­keit und muss wei­ter­hin geför­dert wer­den, jedoch müs­sen auch Her­aus­for­de­run­gen wie Kapa­zi­täts­eng­päs­se und die Kos­ten für tech­no­lo­gi­sche Inno­va­tio­nen bewäl­tigt werden.

Nach einer kur­zen Pause befass­te sich die Ver­an­stal­tung mit der Trans­for­ma­ti­on des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs in die Zukunft. Gil­les Peter­hans, Gene­ral­se­kre­tär der Inter­na­tio­na­len Union der Wagen­hal­ter (UIP) beleuch­te­te den aktu­el­len Stand der digi­ta­len auto­ma­ti­schen Kupp­lung (DAK). Er unter­strich den Unter­schied zwi­schen tech­ni­scher Umrüs­tung und der damit ver­bun­de­nen Trans­for­ma­ti­on des archai­schen Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs. Die­ser soll ernst­haft wett­be­werbs­fä­hig umge­stal­tet und in ein völ­lig neues Bahn­sys­tem über­führt wer­den. Gre­gor Och­sen­bein, Stv. Lei­ter Pro­gramm Daten für ein effi­zi­en­tes Mobi­li­täts­sys­tem beim BAV und Jür­gen Maier-Gyom­lay, Ver­ant­wort­li­cher AK Logis­tik / IG WLV beim VAP stell­ten die Bedeu­tung von Daten-Eco-Sys­te­men für eine effi­zi­en­te Logis­tik her­aus. Peter Sut­ter­lü­ti, CEO von Cargo sous ter­rain AG, prä­sen­tier­te das Kon­zept von Cargo Sous Ter­rain (CST). Die rein pri­vat finan­zier­te Logis­tik­lö­sung steht aus­schliess­lich für Stück­gut zur Ver­fü­gung. Das Zusam­men­spiel von unter­ir­di­schem Haupt­lauf und ober­ir­di­scher Fein­ver­tei­lung hat das Poten­ti­al zu einer mass­geb­li­chen Ergän­zung von Schie­ne und Stras­se. Ste­fan Kirch, Co-Foun­der und Mit­glied der GL bei NEVOMO, stell­te die Poten­zia­le der Magnet­bahn­tech­nik für eine effek­ti­ve­re und kapa­zi­täts­stär­ke­re Güter­ver­kehrs­lö­sung vor. Ins­be­son­de­re auto­no­mes Fah­ren von Güter­wa­gen in gross­flä­chi­gen Anschluss­glei­sen mit einer Viel­zahl von Be- und Ent­la­de­sta­tio­nen sowie Kon­so­li­die­rungs­punk­ten für Ver­sand und Emp­fang bie­ten aus­ser­ge­wöhn­lich Einsparpotentiale.

Die Ver­an­stal­tung gip­fel­te in einer wei­te­ren Podi­ums­dis­kus­si­on, die sich mit der Zukunft der Logis­tik im Jahr 2035 befass­te. Nebst der Frei­wil­lig­keit der Daten­her­aus­ga­be wur­den auch die Her­aus­for­de­run­gen der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on, ins­be­son­de­re in Bezug auf Kos­ten und Zusam­men­ar­beit mit ver­schie­de­nen Stake­hol­dern, dis­ku­tiert. Abschlies­send wurde betont, offen für inno­va­ti­ve Lösun­gen zu sein und sich nicht von Pro­ble­men abhal­ten zu las­sen. Frank Fur­rer fass­te die Ver­an­stal­tung mit der so zuver­sicht­li­chen wie her­aus­for­dern­den Fest­stel­lung zusam­men: Alles ist mög­lich, sofern alle Bran­chen­ak­teu­re mit ver­ein­ten Kräf­ten und geschlos­sen Rei­hen prag­ma­tisch und kom­pro­miss­be­reit vorwärtsschreiten.

Es war ein Tag vol­ler span­nen­den Begeg­nun­gen, infor­ma­ti­ver Prä­sen­ta­tio­nen, anre­gen­der Dis­kus­sio­nen und einem kla­ren Fokus auf die Gestal­tung einer zukunfts­fä­hi­gen Güter­ver­kehrs­land­schaft. Die Teil­neh­mer ver­lies­sen die Tagung mit neuen Erkennt­nis­sen und Impul­sen für die wei­te­re Ent­wick­lung der Branche.

Wir freu­en uns schon auf das Forum Güter­ver­kehr 2025!

Digitale Rollmaterialkontrollen: Win-Win für alle Beteiligten

Digitale Rollmaterialkontrollen: Win-Win für alle Beteiligten

Die orts­fes­ten Zug­kon­troll­ein­rich­tun­gen von Güter­zü­gen und deren Roll­ma­te­ri­al wer­den lau­fend ver­fei­nert. Das digi­ta­le Kon­troll­sys­tem Way­si­de Intel­li­gence (WIN) erhöht nicht nur die Sicher­heit im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr, son­dern hilft auch Wagen­hal­tern, ihre Instand­hal­tungs­ar­bei­ten effi­zi­en­ter zu pla­nen. Umso wich­ti­ger ist es, dass diese ihre Erfah­run­gen in die Wei­ter­ent­wick­lung des Sys­tems einbringen.

Darum geht’s:

  • Instand­hal­tung von Roll­ma­te­ri­al: zen­tral für die Sicherheit
  • Auf­wen­di­ge Kon­trol­len zwi­schen regu­lä­ren Wartungsterminen
  • Digi­ta­li­sie­rung erhöht Planbarkeit
  • Daten der Infra­struk­tur­be­trei­be­rin gezielt nutzen
  • Stand der Tech­nik wah­ren und weit­sich­tig planen
  • WIN tes­ten und weiterentwickeln

 

Instandhaltung von Rollmaterial: zentral für die Sicherheit

Die Wagen­hal­ter sind für die fach­ge­rech­te Instand­hal­tung ihrer Fahr­zeu­ge ver­ant­wort­lich, so ver­langt es die aktu­el­le Sicher­heits- und Inter­ope­ra­bi­li­täts­richt­li­nie. Damit tra­gen sie wesent­lich zu einem siche­ren Schie­nen­ver­kehr bei (vgl. Blog­ar­ti­kel «Gott­hard­ba­sis­tun­nel (#2): Auto­ma­ti­sche Zug­kon­troll­ein­rich­tun­gen»). Zen­tra­les Ele­ment ist die peri­odi­sche Instand­hal­tung von Wagen durch zer­ti­fi­zier­te Fach­werk­stät­ten (Enti­ty in Char­ge of Main­ten­an­ce, ECM). Diese wer­den vom Hal­ter beauf­tragt. Die Ver­ant­wort­li­chen sol­len die plan­mäs­si­gen Werk­statt­auf­ent­hal­te des Roll­ma­te­ri­als gestützt auf Betriebs­er­fah­run­gen, die gemein­sa­men Sicher­heits­zie­le und ‑metho­den so bemes­sen, dass die sicher­heits­re­le­van­ten Bau­tei­le, eine erwar­tungs­ge­mäs­se Abnüt­zung vor­aus­ge­setzt, nach der all­ge­mei­nen Erfah­rung und dem gewöhn­li­chen Ver­lauf der Dinge bis zum nächs­ten peri­odi­schen Werk­statt­auf­ent­halt einen betriebs­taug­li­chen Abnüt­zungs­grad aufweisen.

Aufwendige Kontrollen zwischen regulären Wartungsterminen 

Aller­dings ver­ge­hen zwi­schen zwei regu­lä­ren Werk­statt­auf­ent­hal­ten etli­che Jahre. Im täg­li­chen Güter­ver­kehr sind die Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men (EVU) und die Infra­struk­tur­be­trei­be­rin­nen für den siche­ren Betrieb der Güter­wa­gen ver­ant­wort­lich. Die EVUs kon­trol­lie­ren vor Abfahrt der Züge alle ein­ge­reih­ten Wagen auf sicht­ba­re Schä­den sowie auf Män­gel der Ladun­gen. Schad­haf­te Wagen wer­den aus­ge­reiht und gemäss dem All­ge­mei­nen Ver­trag für die Ver­wen­dung von Güter­wa­gen (AVV) unplan­mäs­sig der Instand­hal­tung zuge­führt. Sol­che aus­ser­or­dent­li­chen Manö­ver stö­ren den geplan­ten Betriebs­ab­lauf, kön­nen zu Ver­spä­tun­gen füh­ren und bedeu­ten für betrof­fe­ne EVUs Mehr­ar­beit und Ertragsausfälle.

Digitalisierung erhöht Planbarkeit

Damit die Hal­ter ihre Ver­ant­wor­tung für die Betriebs­taug­lich­keit ihrer im Betrieb ste­hen­den Wagen künf­tig bes­ser wahr­neh­men kön­nen, sind sie zur Doku­men­ta­ti­on aller Instand­hal­tungs­mass­nah­men und zur Aus­wer­tung der bei der Instand­hal­tung gemach­ten Erfah­run­gen ver­pflich­tet. Für die lau­fen­de Eva­lua­ti­on ihrer Instand­hal­tungs­plä­ne benö­ti­gen sie ver­läss­li­che tech­ni­sche Daten über das Ver­hal­ten und den aktu­el­len Abnüt­zungs­grad sys­tem­re­le­van­ter Bau­tei­le. Dank der fort­schrei­ten­den Digi­ta­li­sie­rung ste­hen ihnen diese Daten zuneh­mend zur Verfügung.

Daten gezielt nutzen

Auf dem Schwei­zer Nor­mal­spur­netz bestehen orts­fes­te Zugs­kon­troll­ein­rich­tun­gen der Infra­struk­tur­be­trei­be­rin SBB Infra­struk­tur (SBBI). Die­ses Sys­tem nennt sich Way­si­de Intel­li­gence, kurz WIN. Es erfasst von jedem vor­bei­fah­ren­den Zug sicher­heits­tech­nisch rele­van­te Mess­wer­te. Der Fokus die­ser Kon­trol­len liegt dabei auf der Betriebs­si­cher­heit und dem Ver­hin­dern von Scha­dens­er­eig­nis­sen. Unzu­läs­si­ge Abwei­chun­gen füh­ren dazu, dass der Zug zeit­nah gestoppt und der schad­haf­te oder falsch bela­de­ne Wagen gege­be­nen­falls aus­ge­reiht wird.

Auch die Wagen­hal­ter kön­nen mit gerin­gem Initia­li­sie­rungs­auf­wand diese lau­fend erfass­ten Daten nut­zen, um ein reel­les Bild über den Zustand von sys­tem­re­le­van­ten Bau­tei­len ihrer Wagen zu erhal­ten. Dazu müs­sen sie ihre Wagen mit einem RFID-Tag (EN 17230) aus­rüs­ten und ein mit der SBBI abge­stimm­tes Inter­face für die Daten­über­tra­gung auf­bau­en, zum Bei­spiel über eine Anwen­dungs­pro­gram­mier­schnitt­stel­le API web­ba­sier­tes GUI.

Stand der Technik wahren und weitsichtig planen

Aktu­ell kann SBBI jedem ange­mel­de­ten Hal­ter die erfass­ten Daten zum Rad­satz­zu­stand sei­ner iden­ti­fi­zier­ten Wagen über­mit­teln. Der Hal­ter kann den Daten­fluss nach sei­nen Bedürf­nis­sen kon­fi­gu­rie­ren. Über die zeit­li­che Ver­än­de­rung des dyna­mi­schen Rad­last-Bei­werts lässt sich ein zuver­läs­si­ges Bild über die Ver­schleiss­ent­wick­lung der Rad­lauf­flä­che ermit­teln. Die gesam­mel­ten Daten erlau­ben dem Wagen­hal­ter die stän­di­ge Wei­ter­ent­wick­lung der Instand­hal­tungs­plä­ne, damit er den Stand der Tech­nik stets wah­ren kann. Dar­über hin­aus kann er vor­aus­schau­end eine aus­ser­pe­ri­odi­sche Instand­hal­tungs­mass­nah­me ein­lei­ten, ohne dass eine aus­ser­plan­mäs­si­ge Aus­rei­hung erfor­der­lich wird.

WIN testen und weiterentwickeln

Aktu­ell lau­fen die Ent­wick­lungs­ar­bei­ten, um die vom Kame­ra­sys­tem am ZKE-Stand­ort erfass­ten Bil­der auto­ma­tisch für eine sys­te­ma­ti­sche Ana­ly­se und einen Betriebs­da­ten­ab­gleich aus­zu­wer­ten. Damit sol­len im Betrieb ins­be­son­de­re Auf­fäl­lig­kei­ten der Brems­aus­rüs­tung und des Lauf­werks erkannt wer­den. Inter­es­sen­ten von Güter­bah­nen und Wagen­hal­tern kön­nen aktiv an der Ent­wick­lung die­ses Sys­tems mit­wir­ken, indem sie ihre Infor­ma­ti­ons­be­dürf­nis­se tei­len und bei Tests mit­wir­ken. Inter­es­sier­te mel­den sich bei:

Jörg Bisang
SBB AG, Zug­kon­troll­ein­rich­tun­gen
+41 79 698 22 41
joerg.bisang@sbb.ch