Der VAP Verband der verladenden Wirtschaft hat gemeinsam mit dem Bundesamt für Verkehr (BAV) und dem Verband öffentlicher Verkehr (VÖV) eine Absichtserklärung zur Automatisierung des Schweizer Schienengüterverkehrs unterzeichnet. Das langfristige Grossprojekt startet am 1. Oktober 2021 mit der Vorbereitung und Umsetzung der Migration der Schraubenkupplung zur digitalen automatischen Kupplung (DAK).
Verkehrspolitische Grundlagen
Der Schienengüterverkehr soll produktiver und wettbewerbsfähiger werden, seinen Marktanteil an der Gesamtlogistik steigern und dadurch die Verlagerungspolitik und die Klimaschutzziele 2050 des Bundes stärken. VAP-Präsident und Ständerat Josef Dittli hat mit seiner Motion 20.3221 «Durch Automatisation Güter auf der Schiene effizienter transportieren» den Anstoss für ein Umsetzungs- und Finanzierungskonzept für die Automatisierung und Digitalisierung des Schienengüterverkehrs gegeben. Das Parlament hat die Motion bereits gutgeheissen.
Alle Marktteilnehmer an den Tisch holen
Nun erarbeitet das BAV mit Unterstützung von VöV und VAP die Grundlagen für die Exekutive. Auf dieser Basis können Bundesrat und Parlament die Migration zur DAK beschliessen. Dabei vertritt der VAP die Bedürfnisse der Wirtschaft. Diese will den multimodalen Verkehr mit Güter- oder Behälterumschlag zwischen den Verkehrsträgern entsprechend deren Stärken nachhaltig nutzen. Dafür müssen alle Marktteilnehmer eingebunden werden. Zu diesen zählen nicht nur Verantwortungsträger von Gütern wie Chemie, Papier‑, Zellstoff- und Holzprodukten, Autos, Konsumgütern, Lebensmitteln oder Baustoffen, sondern auch von den entsprechenden Transportmitteln wie Güterwagen.
Zur Erinnerung: Von 600’000 Güterwagen in Europa sind 220’000 in privater Hand. Diese Privatwagen leisten rund 50% der Tonnenkilometer auf dem europäischen Schienennetz. Mitglieder des VAP bewirtschaften knapp 45’000 private Güterwagen. Zur Sicherung der Intermodalität ist eine enge Koordination mit Europa unabdingbar.
Mit Daten zur Tat schreiten
Der VAP will einen effizienten Informations- und Datenaustausch sowie vernetzte Innovationsoffenheit zwischen den Akteuren im Bahnsystem entlang der gesamten Logistikkette und unter Einbezug der Güterbahnkunden vorantreiben und entsprechende Instrumente (mit-)entwickeln. Als zentrales Element für den Erfolg dieses Prozesses sieht der VAP die DAK und setzt daher die folgenden Themenschwerpunkte:
- Betrieb: Die DAK ermöglicht sowohl den Datenaustausch in Echtzeit als auch deutlich effizientere Betriebsabläufe für Güterbahnen in Bahnhöfen, auf Anschlussgleisen und an den Grenzen. Am vielversprechendsten ist die Technik, für die sich die Plattform «European DAC Delivery Programme EDDP» derzeit entscheidet. Die betrieblichen und monetären Vorteile der Automatisierung kommen vor allem den Eisenbahnverkehrsunternehmen zugute. Die Investitions- und Folgekosten hingegen fallen bei den Wagenhaltern an.
- Kosten/Nutzen: Der faire Ausgleich von Kosten und Nutzen ist in der Umsetzung zu berücksichtigen. Da die Umrüstung des europäischen Wagenparks innerhalb eines definierten Zeitfensters erfolgen muss, sind lückenlose Finanzierungshilfen zwingend. Aktuelle Schätzungen gehen von Migrationskosten von der Schraubenkupplung auf die DAK von bis zu 20’000 Euro pro Güterwagen aus. Für die privaten Wagenhalter des VAP bedeutet das zirka 1 Milliarde Schweizer Franken. Darin nicht eingerechnet sind Ausfallzeiten und Transportkosten von und zur Werkstatt während der Migrationsphase.
- Daten: Die DAK ist vor allem wegen der zukünftig verfügbaren Daten zentral. Diese sollen in eine übergeordnete und frei zugängliche Datenplattform einfliessen. Darüber können die Güterbahnen und Kunden miteinander kommunizieren und sich informieren, zum Beispiel über Beschaffenheit oder Gewicht der Wagen, Zuglänge oder Echtzeit-Standorte der Waren. Mit einer solchen Plattform wird ein stärkerer Wettbewerb im Wagenladungsverkehr erst möglich. In Deutschland werden bereits ansehnliche Marktanteile von privaten Güterbahnen gehalten. In der Schweiz müssen für diese Entwicklung zuerst die Rahmenbedingungen verbessert werden. Die DAK legt einen ersten Meilenstein dafür.
BAV, SBB Cargo und VAP geben den Startschuss
Am 28. September 2021 haben BAV-Direktor Peter Füglistaler, Per-Anders Benthin (CEO TRANSWAGGON AG) vom VAP und Désirée Baer (CEO SBB Cargo AG) sowie Dirk Stahl (CEO BLS Cargo AG) vom VöV die Absichtserklärung gemeinsam mit Branchenvertretern öffentlich vorgestellt. Anlass war ein Halt des «Connecting Europe Express» – eines Sonderzugs der EU zum «Jahr der Schiene» – im Containerterminal Basel Wolf.
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