Die digitale automatische Kupplung (DAK) ist weit mehr, als was ihr Name in Aussicht stellt. Sie ist Grundlage für eine vollständige Digitalisierung und Automatisierung des Schienengüterverkehrs in der Schweiz – und damit eine weitsichtige Investition in die Zukunft.
Schienengüterverkehr 4.0
Wir von VAP engagieren uns für ein wettbewerbsfähiges Güterbahnsystem, um unseren Mitgliedern die freie Verkehrsmittelwahl zu sichern. Dafür sind wir auf verschiedenen Ebenen aktiv. Eine ist die digitale automatische Kupplung, kurz DAK. Mit dieser kann der europäische Schienengüterverkehr die nächste Dimension der Modernisierung erreichen.
Die DAK erlaubt den automatischen Kupplungsvorgang, wie es der Name andeutet. Doch das ist bei weitem nicht alles. Wir sollten den Schweizer Schienengüterverkehr mit seinen systemübergreifenden Prozessen als Ganzes neu denken. In dieser Betrachtung ermöglicht die DAK einen durchgehenden Strom- und Datentransfer im Zug. Ein solcher ist die Voraussetzung für die Digitalisierung und Automatisierung des Schienengüterverkehrs. Sie kommt einem Quantensprung in Qualität und Kundennutzen gleich, da sämtliche Daten über alle Schnittstellen und Logistikbeteiligte digital vorliegen. Die digitale Zugsteuerung wird zudem zu einer bahnbrechenden Flexibilisierung der Netznutzung und damit zu einer markanten Erhöhung der Netzkapazität führen. Das bietet dem Schienengüterverkehr die einmalige Chance, eine Schlüsselrolle in der multimodalen Logistik zu spielen.
Echte Innovation seit 100 Jahren
Die letzte echte Innovation im europäischen Schienengüterverkehr erfolgte durch die Elektrifizierung. Sie liegt 100 Jahre zurück. In der Folge ist die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs stetig gesunken. Mit der Investition in die DAK kann der Schienengüterverkehr nun mehrere Entwicklungsstufen auf einmal nachholen. Denn sie bietet neue Funktionen mit bahnbrechenden Vorteilen (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Die DAK bringt mehr Vorteile als die Automatisierung des Kuppelvorgangs.
Schienengüterverkehr als Rückgrat der Versorgung
Der Schienengüterverkehr ist zentraler Bestandteil der Güterversorgung. Allein in der Schweiz rechnen wir mit einem Wachstum des Güterverkehrsaufkommens von 30 Prozent bis 2050. Die Transportkapazitäten auf Strasse und Schiene sind begrenzt. Ein Kapazitätsausbau ist vorwiegend durch verbesserte Schnittstellen der multimodalen Logistikketten möglich. Und auch punkto Nachhaltigkeit hat der Schienengüterverkehr einiges zu bieten. Ein Drittel der Treibhausgasemissionen entfallen jährlich auf den Verkehr. Mit dem Green Deal in Europa und der langfristigen Klimastrategie 2050 in der Schweiz hat sich die Politik ambitionierte Ziele gesetzt. Da erweist sich die emissionsarme Schiene als äusserst wettbewerbsfähig.
Unterstützung gefragt
Den Schienengüterverkehr mit der DAK in eine neue Ära des Fortschritts zu führen gelingt nicht im Alleingang. Unsere Branche ist auf Unterstützung angewiesen. Dazu gehört zum einen das politische Engagement, damit eine nahtlose Koordination zwischen der Schweiz und der EU sichergestellt wird. Dazu gehört andererseits finanzielle Hilfe. Denn die Branchenakteure können die hohen Anfangsinvestitionen nicht allein tragen. Der Mehrwert der DAK ist langfristig ausgelegt und auf mehrere Marktteilnehmer verteilt (vgl. Abbildung 2). Eine bewusste Anschubfinanzierung durch den Bund ist unserer Ansicht nach zwingend. Doch das übergeordnete Ziel muss die Eigenwirtschaftlichkeit bleiben.

Abbildung 2: Der Nutzen der DAK zeigt sich langfristig und verteilt sich auf mehrere Marktteilnehmer.
Überlegt nachrüsten
Wir erachten es als sinnvoll, den bestehenden Wagenpark restriktiv nachzurüsten und sich dabei auf junge und marktrelevante Wagen zu konzentrieren. Wagenhalter sollten ihre Wagen nur dann nachrüsten, wenn dies über die Zeit gerechnet günstiger ausfällt als eine Neuanschaffung. Ausserdem sollte der Bund eine Abwrackentschädigung für nicht abgeschriebene Wagen vorsehen, über deren Verwendung der Wagenhalter selbst entscheiden kann. Tatsache ist, dass eine hohe Anzahl von Wagen in einem kurzen Zeitraum koordiniert umgerüstet werden muss, damit die Wagen untereinander kompatibel bleiben und die DAK ihren Mehrwert baldmöglichst entfaltet.
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