Die Energiesicherheit ist und bleibt eines unserer Topthemen. Derzeit konkretisiert der Bundesrat die Bewirtschaftungsmassnahmen im Fall eines Strommangels in Form von vorbereiteten Verordnungen. Für die konzessionierten Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs inklusive Schienengüterverkehr sind besondere Bestimmungen vorgesehen. Das BAV bereitet zusammen mit der Arbeitsgruppe der Branchenverbände einen Verordnungsentwurf für den öffentlichen Verkehr vor, der VAP vertritt die Interessen des Güterverkehrs.
Darum geht’s:
- Bundesrat lässt Massnahmenplan für Stromversorgungssicherheit erarbeiten
- Stufenweise Kontingentierung soll kritische Netzabschaltungen verhindern
- Nächster Schritt: Erarbeitung spezifischer Verordnungsentwürfe
- Bahnstrom wird nächstes Jahr teurer
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 23. November 2022 die Bewirtschaftungsmassnahmen für den Fall einer Strommangellage behandelt. Für die Verordnungsentwürfe mit abgestuften
Massnahmen hat er bis am 12. Dezember 2022 eine Vernehmlassung durchgeführt. Die Systemführerin Schiene nahm für die Branche Stellung.
Mit jeder Massnahmenstufe Schlimmeres vermeiden
Der Bundesrat stärkt mit den bisher beschlossenen Massnahmen die Stromversorgungssicherheit: Vorhalten von Wasserkraftreserven, Bereitstellen von thermischen Reservekraftwerken, Steigern der Übertragungsleistung der Stromnetze. Zudem will er abgestufte Massnahmen zur Senkung des Stromverbrauchs vorbereiten. Aufrufe zu sparsamem Stromverbrauch und die Energiespar-Alliance der Wirtschaft sollen die Unternehmen flächendeckend darauf sensibilisieren.
Sollte es in der Winterperiode zu einem kritischen Stromversorgungsengpass kommen, regelt der Bundesrat die Stromversorgung mit zeitlich begrenzten Massnahmen. Mithilfe von Verfügungen würde er im Krisenfall gezielte Verbrauchsbeschränkungen erlassen. Das soll die Netzstabilität und damit die Stromversorgung sicherstellen. Jede Stufe hat zum Ziel, noch einschneidendere Massnahmen zu vermeiden.
Kontingentierung soll Netzabschaltungen verhindern
Der Bundesrat sieht die Kontingentierung als Schlüsselmassnahme zur Verhinderung von kritischen Netzabschaltungen. Um deren Wirksamkeit zu gewährleisten, will er keine Strombezüger davon ausnehmen.
Für die konzessionierten Unternehmen des öffentlichen Verkehrs (öV) sieht er jedoch besondere Bestimmungen vor. Der öV als Kerndienstleistung soll möglichst lang sichergestellt werden. Damit sein Funktionieren auch bei Stromengpässen gewährleistet werden kann, sollen Massnahmen nach dem «Bewirtschaftungsmodell öV» umgesetzt werden.
Bewirtschaftungsmassnahmen für den öV
In einer Arbeitsgruppe von VöV, SBB, BAV und VAP haben wir in den letzten Monaten die abgestuften Massnahmen für den Personen- und den Güterverkehr erarbeitet. Bei einer Stromkontingentierung soll die Güterlogistik grundsätzlich aufrechterhalten und entsprechend der Nachfrageentwicklung möglichst zeitnah skaliert werden. Die Branche muss sich darauf vorbereiten, rasch zu reagieren. Denn es ist heute nicht vorherzusagen, in welchen Bereichen Nachfragerückgänge oder ‑zunahmen entstehen. Unsere Arbeitsgruppe wird aufgrund des «Bewirtschaftungsmodells öV» einen entsprechenden Verordnungsentwurf der abgestuften Bewirtschaftungsmassnahmen für den öV erarbeiten. Wir vom VAP unterstützen die erarbeitete Vorgehensweise, vorwiegend die besonderen Massnahmen für den öV.
Bahnstrom wird teurer
Dass auch der Bahnstrom nicht von plötzlichen Turbulenzen ausgeschlossen ist, zeigt die jüngste Mitteilung der SBB. Hier kündigt die Energiesparte ein gravierendes Defizit von CHF 180 Mio. für das Jahr 2022 an. Gemäss SBB konnten infolge anhaltender Trockenheit im Sommer nicht wie üblich 90% des Bahnstroms aus hauseigenen Wasserkraftwerken gewonnen werden. Die SBB mussten kurzfristig teuren Strom auf dem Markt einkaufen.
Nach Verhandlungen mit dem BAV werden die SBB den Strompreis für 2023 um 3 Rappen auf 13.5 Rappen pro Kilowattstunde anheben. Das BAV will die höheren Stromkosten im Trassenpreis differenziert auf die verschiedenen Verkehrssparten überwälzen. Im Fernverkehr wird der volle Betrag von 3 Rp überwälzt, im Regional- und Güterverkehr mit 1 Rappen lediglich ein Teil. Dass der Antrag der SBB auf volle Defizitdeckung mit 10 Rappen Aufschlag vom BAV nicht bewilligt wurde, mag für die Bahnverkehrsunternehmen vorerst eine gute Nachricht sein. Doch die Unsicherheit weiterer Aufschläge bleibt, dies wird auch Einfluss auf künftige Angebotskalkulationen haben.
Transparenz gefragt
Wir sind der Ansicht, dass die Bereitstellung der elektrischen Energie zu einem planbaren Kostensatz zentral für die künftige Angebotsgestaltung ist. Die jüngsten Preisturbulenzen muten schon sehr abenteuerlich an; erst recht, wenn man auf die vielen Jahre mit positiver Bilanz zurückschaut. Wir erwarten eine transparente Aufarbeitung der jüngsten Ereignisse.