Die ortsfesten Zugkontrolleinrichtungen von Güterzügen und deren Rollmaterial werden laufend verfeinert. Das digitale Kontrollsystem Wayside Intelligence (WIN) erhöht nicht nur die Sicherheit im Schienengüterverkehr, sondern hilft auch Wagenhaltern, ihre Instandhaltungsarbeiten effizienter zu planen. Umso wichtiger ist es, dass diese ihre Erfahrungen in die Weiterentwicklung des Systems einbringen.
Darum geht’s:
- Instandhaltung von Rollmaterial: zentral für die Sicherheit
- Aufwendige Kontrollen zwischen regulären Wartungsterminen
- Digitalisierung erhöht Planbarkeit
- Daten der Infrastrukturbetreiberin gezielt nutzen
- Stand der Technik wahren und weitsichtig planen
- WIN testen und weiterentwickeln
Instandhaltung von Rollmaterial: zentral für die Sicherheit
Die Wagenhalter sind für die fachgerechte Instandhaltung ihrer Fahrzeuge verantwortlich, so verlangt es die aktuelle Sicherheits- und Interoperabilitätsrichtlinie. Damit tragen sie wesentlich zu einem sicheren Schienenverkehr bei (vgl. Blogartikel «Gotthardbasistunnel (#2): Automatische Zugkontrolleinrichtungen»). Zentrales Element ist die periodische Instandhaltung von Wagen durch zertifizierte Fachwerkstätten (Entity in Charge of Maintenance, ECM). Diese werden vom Halter beauftragt. Die Verantwortlichen sollen die planmässigen Werkstattaufenthalte des Rollmaterials gestützt auf Betriebserfahrungen, die gemeinsamen Sicherheitsziele und ‑methoden so bemessen, dass die sicherheitsrelevanten Bauteile, eine erwartungsgemässe Abnützung vorausgesetzt, nach der allgemeinen Erfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge bis zum nächsten periodischen Werkstattaufenthalt einen betriebstauglichen Abnützungsgrad aufweisen.
Aufwendige Kontrollen zwischen regulären Wartungsterminen
Allerdings vergehen zwischen zwei regulären Werkstattaufenthalten etliche Jahre. Im täglichen Güterverkehr sind die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und die Infrastrukturbetreiberinnen für den sicheren Betrieb der Güterwagen verantwortlich. Die EVUs kontrollieren vor Abfahrt der Züge alle eingereihten Wagen auf sichtbare Schäden sowie auf Mängel der Ladungen. Schadhafte Wagen werden ausgereiht und gemäss dem Allgemeinen Vertrag für die Verwendung von Güterwagen (AVV) unplanmässig der Instandhaltung zugeführt. Solche ausserordentlichen Manöver stören den geplanten Betriebsablauf, können zu Verspätungen führen und bedeuten für betroffene EVUs Mehrarbeit und Ertragsausfälle.
Digitalisierung erhöht Planbarkeit
Damit die Halter ihre Verantwortung für die Betriebstauglichkeit ihrer im Betrieb stehenden Wagen künftig besser wahrnehmen können, sind sie zur Dokumentation aller Instandhaltungsmassnahmen und zur Auswertung der bei der Instandhaltung gemachten Erfahrungen verpflichtet. Für die laufende Evaluation ihrer Instandhaltungspläne benötigen sie verlässliche technische Daten über das Verhalten und den aktuellen Abnützungsgrad systemrelevanter Bauteile. Dank der fortschreitenden Digitalisierung stehen ihnen diese Daten zunehmend zur Verfügung.
Daten gezielt nutzen
Auf dem Schweizer Normalspurnetz bestehen ortsfeste Zugskontrolleinrichtungen der Infrastrukturbetreiberin SBB Infrastruktur (SBBI). Dieses System nennt sich Wayside Intelligence, kurz WIN. Es erfasst von jedem vorbeifahrenden Zug sicherheitstechnisch relevante Messwerte. Der Fokus dieser Kontrollen liegt dabei auf der Betriebssicherheit und dem Verhindern von Schadensereignissen. Unzulässige Abweichungen führen dazu, dass der Zug zeitnah gestoppt und der schadhafte oder falsch beladene Wagen gegebenenfalls ausgereiht wird.
Auch die Wagenhalter können mit geringem Initialisierungsaufwand diese laufend erfassten Daten nutzen, um ein reelles Bild über den Zustand von systemrelevanten Bauteilen ihrer Wagen zu erhalten. Dazu müssen sie ihre Wagen mit einem RFID-Tag (EN 17230) ausrüsten und ein mit der SBBI abgestimmtes Interface für die Datenübertragung aufbauen, zum Beispiel über eine Anwendungsprogrammierschnittstelle API webbasiertes GUI.
Stand der Technik wahren und weitsichtig planen
Aktuell kann SBBI jedem angemeldeten Halter die erfassten Daten zum Radsatzzustand seiner identifizierten Wagen übermitteln. Der Halter kann den Datenfluss nach seinen Bedürfnissen konfigurieren. Über die zeitliche Veränderung des dynamischen Radlast-Beiwerts lässt sich ein zuverlässiges Bild über die Verschleissentwicklung der Radlauffläche ermitteln. Die gesammelten Daten erlauben dem Wagenhalter die ständige Weiterentwicklung der Instandhaltungspläne, damit er den Stand der Technik stets wahren kann. Darüber hinaus kann er vorausschauend eine ausserperiodische Instandhaltungsmassnahme einleiten, ohne dass eine ausserplanmässige Ausreihung erforderlich wird.
WIN testen und weiterentwickeln
Aktuell laufen die Entwicklungsarbeiten, um die vom Kamerasystem am ZKE-Standort erfassten Bilder automatisch für eine systematische Analyse und einen Betriebsdatenabgleich auszuwerten. Damit sollen im Betrieb insbesondere Auffälligkeiten der Bremsausrüstung und des Laufwerks erkannt werden. Interessenten von Güterbahnen und Wagenhaltern können aktiv an der Entwicklung dieses Systems mitwirken, indem sie ihre Informationsbedürfnisse teilen und bei Tests mitwirken. Interessierte melden sich bei:
Jörg Bisang
SBB AG, Zugkontrolleinrichtungen
+41 79 698 22 41
joerg.bisang@sbb.ch