Der freie Zugang zur letzten Meile ist für Güterbahnen entscheidend. Derzeit wird er per Gesetz verordnet. Wir meinen: Er sollte ermöglicht statt verfügt werden. Dazu müsste die letzte Meile aus SBB Cargo ausgegliedert und von einer unabhängigen Instanz verantwortet werden. Letztlich braucht es Rahmenbedingungen, die sich mit nur einem Begriff beschreiben lassen: Marktwirtschaft.
Darum geht’s:
- Warum der freie Zugang zur letzten Meile wichtig ist
- Diskriminierung verhindern statt bekämpfen
- Kräfte neu verteilen und neu bündeln
Bedeutung der letzten Meile
Die Bedienung der letzten Meile (Nahzustellung) liegt allein in Händen eines lokalen oder regionalen Anbieters. Entsprechend entscheidet der diskriminierungsfreie Zugang zur letzten Meile darüber, ob ein Angebot im Hauptlauf wettbewerbsfähig ist oder nicht. Wer Dienstleistungen in der Nahzustellung auf der Schiene erbringt, ist verpflichtet, diese diskriminierungsfrei zu leisten. So will es Artikel 6a der Gütertransportverordnung (siehe Kasten).
Artikel 6a der Gütertransportverordnung (GüTV)Sämtliche Unternehmen, die auf der letzten Meile (Teil-)Leistungen erbringen, müssen ihre Dienstleistung in der Nahzustellung auf der Schiene diskriminierungsfrei erbringen. Das heisst, dass sie ihre Dienstleistungen auch für Dritte erbringen müssen, sofern dafür Kapazitäten vorhanden sind. Diese Pflicht betrifft neben den Güterbahnen Anschlussgleisbetreiber mit eigenem Rollmaterial und Personal, spezialisierte Personalverleiher und Rangierdienstleister. Als Dienstleistungen auf der letzten Meile gelten das Rangieren und weitere mit der Nahzustellung zusammenhängende Leistungen wie z.B. technische Kontrollen oder Bremsproben. |
Diskriminierung verhindern statt bekämpfen
Art. 6a GüTV setzt auf Vorschriften, Marktkontrollen und Rechtsmittel. Sinnvoller wäre es jedoch, die Diskriminierung zu verhindern, indem ein einziger Anbieter die Bedienung der ersten/letzten Meile sicherstellt. Idealerweise ist das der Infrastrukturbetreiber, der ansonsten keine Verkehrsleistungen erbringt.
In einem marktwirtschaftlichen Umfeld ist der Zugang des Schienengüterverkehrs zu Gleisanschlüssen, lokalen und zentralen Rangieranlagen, Freiverladeanlagen oder Terminals diskriminierungsfrei geregelt. Die Trassenvergabe und der Betrieb von systemrelevanten Infrastrukturen werden von unabhängigen Institutionen verantwortet. Eine Systemführerschaft durch einen einzelnen Grossbetreiber – wie dies derzeit bei SBB Cargo der Fall ist – existiert nicht. Die Grenzen zwischen Einzelwagenladungen und Ganzzügen sind aufgehoben, die letzte Meile wird durch einen Infrastrukturbetreiber bewirtschaftet.
Neuordnung der Kräfte
Um den oben beschriebenen Idealzustand zu erreichen, müssen die Rollen neu verteilt und die Kräfte gebündelt werden. Eine derartige Reorganisation gelingt nur, wenn die folgenden Rahmenbedingungen geschaffen werden:
- SBB Cargo behält vorerst ihre Rolle als Netzwerkanbieterin. Sie zeichnet verantwortlich für die Planung der Netzwerkverkehre und stellt eine effiziente Bündelung von Verkehren mit Einzelwagen oder Wagengruppen sicher. Bei der Leistungserbringung beschränkt sie sich auf die Transporthauptläufe zwischen Formations- und Rangierbahnhöfen, soweit sie diese nicht bei Dritten beschafft.
- Die gesamte Bahninfrastruktur wie Netz, Terminals des kombinierten Verkehrs und lokale Rangieranlagen sind für Güterbahnen frei zugänglich.
- Die Bedienung der ersten/letzten Meile ist für alle Güterbahnen ein diskriminierungsfreier Service der Infrastrukturbetreiber. Diesen stehen die systemrelevanten Ressourcen von SBB Cargo wie Triebfahrzeuge, Rangierteams, Rangiergleise/-bahnhöfe, Rangierleistungen oder betriebsinterne Umstellungen zur Verfügung.
- So entsteht Wettbewerb mit gleichberechtigten Akteuren und transparenten Kosten.
Mehr dazu lesen Sie in unserer Publikation «Von der integrierten zur marktwirtschaftlichen Bahn».