Im Gleichschritt mit Europa und mit einer namhaften à fonds perdu Finanzierung wird die Migration zur DAK gelingen. Mit vereinten Kräften erarbeiten wir vom VAP mit BAV, VöV, Partnerunternehmen und abgestimmt mit europäischen Institutionen das Projekt zur Digitalisierung und Automatisierung des Schweizer Schienengüterverkehr. In diesem Blogartikel präsentieren wir eine aktuelle Übersicht.
Darum geht’s:
- Warum die DAK-Migration für den Schweizer Schienengüterverkehr so wichtig ist.
- Wie muss eine realistische und faire Finanzierung aussehen.
- Wie gelingt eine reibungslose, länderübergreifende Migration der DAK.
In der Schweiz ist die politische Diskussion über die Zukunft des Schienengüterverkehrs angestossen. Bis Mitte Februar 2023 läuft die Vernehmlassung des Bundes zu der Frage: wieviel Güterverkehr auf der Schiene wollen wir künftig haben? Ein wesentliches Element bildet dabei die umfassende Modernisierung des Schienengüterverkehrs mittels einer modernen digitalen automatischen Kupplung (DAK) – damit sollen bisherige arbeits- und zeitintensive Arbeitsabläufe im Schienengüterverkehr umfassend erneuert werden. Dank Digitalisierung und Automatisierung soll der Schienengüterverkehr danach effizienter, leistungsfähiger und somit konkurrenzfähiger werden und inskünftig eine tragende Rolle in der multimodalen Logistik spielen. Die Innovation des Schienengüterverkehrs ist eine europäische Angelegenheit, da die Schweiz Teil des interoperablen europäischen Eisenbahnnetzes ist. Transporte sollen weiterhin auch grenzüberschreitend hindernisfrei erfolgen. Deshalb engagieren sich die Schweizer Unternehmen aktiv an dem EU-Innovationsprogramm von Europe’s Rail.
Wir möchten Ihnen an dieser Stelle eine Zwischenstand unserer aktuellen Arbeiten und Herausforderungen wiedergeben.
Allgemeines
Der VAP setzt sich für eine sehr enge Abstimmung mit dem europäischen Projekt – European DAC Delivery Program (EDDP) von Europe’s Rail – ein. Warum?
- Der europäische Güterverkehr braucht dringend eine umfassende Innovation, um in Zukunft auf dem hart umkämpften Transportsektor bestehen zu können bzw. Teil einer modernen Lieferkette zu sein – die DAK bildet dazu das Schlüsselprojekt.
- Die meisten Wagenflotten werden international eingesetzt bzw. vermietet und entsprechend muss die Migration grenzüberschreitend abgestimmt sein.
- Die technischen Spezifikationen, welche auf EU-Ebene definiert werden, gelten für alle Länder, sie müssen auch in der Schweiz zur Anwendung kommen.
- Eine gemeinsame Einkaufspolitik der neuen Kupplungen hilft, den Stückpreis zu senken, und man kann auf einheitliche Anforderungen zurückgreifen.
- Die Herausforderungen – mit wenigen Ausnahmen – sind in vielen Ländern identisch. Betreffs der Zeitschiene der Migration bestehen grössere Unterschiede.
- Die internationale Abstimmung bedeutet optimale Nutzung / Einsatz der begrenzten Ressourcen und der Experten.
In der Schweiz fokussieren wir uns aktuell auf wichtige Vorarbeiten für die Konkretisierung der Gesamtmigration und auch auf die Inhalte für die Botschaft, welche die Grundlage für die Umsetzung der Migration sein wird.
Finanzierung
VöV, VAP und SBB sind sich als wichtige Vertreter der Bahnbranche einig, dass eine so grosse Investition für die DAK-Migration mit entsprechenden Finanzierungstools- und Mechanismen unterstützt werden muss.
Es herrscht Einigkeit, dass eine überwiegende «à fonds perdu»-Beteiligung des Bundes und ergänzende zinslose Darlehen nötig sind. Weiter wies insbesondere der VAP immer wieder auf die Notwendigkeit eines sauberen Kosten-Nutzen-Ausgleichs hin. Sie fand letztlich Eingang in die Vereinbarungen zur DAK mit dem BAV. Die Investitionen bei der DAK-Migration fallen bekanntlich hauptsächlich bei den Fahrzeughaltern an, während der Nutzen sich erst viel später nach vollständiger Implementierung einstellen wird. Es gilt somit einerseits, die längere Phase der Vorfinanzierung bis zum Einsetzen des Nutzens zu regeln. Vor allem aber ist andererseits der Nutzen vorab bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) sowie den Infrastrukturbetreibern (ISB) markant spürbar. Sie werden von effizienteren Abläufen profitieren, wohingegen für Fahrzeughalter ein geringer Nutzen resultieren wird. Die Investition muss entsprechend den möglichen Nutzen der Akteure gemeinsam getragen werden. Angesichts der Marktverhältnisse wird es nur begrenzt möglich sein, diesen Prozess über höhere Mieterträge zu generieren. Die Finanzierung betrifft eine Zeitspanne von mindestens 15 Jahren. Demzufolge regten wir an, in der Gesetzesvorlage entsprechende Mechanismen zur gemeinsamen Finanzierung gemäss den tatsächlich anfallenden Nutzen verbindlich und fair für alle Beteiligten festzulegen, auf Basis von Kosten-Nutzen-Analysen.
Hierzu wird der VAP – zusammen mit dem Dachverband der UIP – Daten und Fakten zu Investitions- und Kosten- / Nutzenplanungen beisteuern und sich aktiv beteiligen.
Die konkreten Finanzierungsmodalitäten innerhalb der EU sind derzeit noch offen, insbesondere über die Beteiligungen der EU und der Mitgliedstaaten müssen noch Lösungen gefunden werden.
Engineering
Für eine erfolgreiche, effiziente Durchführung der DAK-Migration braucht es ein fachlich kompetentes Engineering, welches flottenspezifisch die Umbaumassnahmen festlegt, die technischen Spezifikationen für die Bestellungen sowie die Umbauarbeiten bereitstellt und die Nachweisführung zur Qualitätssicherung definiert. Im europäischen EDDP-Programm werden in den kommenden Monaten gemeinsam die erforderlichen Grundlagen erarbeitet. Auf dieser Basis muss die Voraussetzung für die nationale DAK-Migration erarbeitet werden.
Migration
Jedes Land muss umfangreiche Vorarbeiten ausführen, damit zum Zeitpunkt X der effektiven Umsetzung die Informationen und Grundlagen zur Verfügung stehen. Demzufolge setzen wir uns im Projekt u.a. mit folgenden Fragestellungen auseinander:
Ermittlung der Werkstattkapazitäten
- Notwendige «Pop-up»-Werkstätten
- Notwendige Ressourcen
Halterspezifische Planung der Umrüstung
- Fahrzeugtyp und Flottengrössen
- Kritische Elemente und Lösungsmöglichkeiten in Zusammenarbeit mit EDDP
- Halterseitige Terminvorstellungen
Daten- und Informationspool
- Aktualisierung des Fahrzeugregisters als Basis der Finanzierung
- Rechtzeitige Bereitstellung von Informationen für die einzelnen Akteure / Stakeholdergruppen
Materialpool
- Beschaffung der Komponenten für die DAK-Migration
- Planung der Materialmengen und Liefertermine
- Koordination der Materialflüsse zu den Umbauwerkstätten
- Sicherstellen des Supports im Betrieb (Reparaturmaterial)
Aktuell sehen wir einen Fokus auf die umzurüstenden Lokomotiven, da diese im WLV primär auf nationalem Gebiet unterwegs sind und bei Betriebsbeginn mit DAK-Zügen ausgerüstet sein müssen.
In der Schweiz wird man – wie bereits bei SBB-Cargo praktiziert – möglichst frühzeitig weitere «Pilotverkehre» planen, um die daraus resultierenden Erkenntnisse und Ergebnisse auf EU-Ebene einbringen und das Projekt insgesamt vorantreiben zu können.
Organisation
Der VAP hat einerseits im Generalsekretariat die Ressourcen aufgestockt, andererseits ist er mit seinen Mitgliedern in diversen nationalen und internationalen Sitzungen und Arbeitsgruppen vertreten.
Für die Zukunft bzw. die effektive Umsetzung sehen wir einige Herausforderungen in der Gestaltung und Besetzung der Gesamtorganisation – sei es im internationalen Kontext (wo wird welcher Aspekt koordiniert bzw. auch überwacht) als auch in der branchenübergreifenden Organisation der Schweizer DAK-Migration.
Wussten Sie, dass…
- …ohne DAK zukünftig kein Güterverkehrszug – WLV, Ganzzug oder Rola – auf vollausgerüsteten ETCS-Level 3 (European Train Control System)-Strecken fahren kann, da die technischen Voraussetzungen, insbesondere die Zugsintegrität, nicht erfüllt werden. Die infrastrukturseitige Hochrüstung auf ETCS-Level 3 wird hauptsächlich auf stark befahrenen Hauptlinien erfolgen und mit dem dynamischen Block eine Kapazitätssteigerung ermöglichen. Auf so betriebenen Streckenabschnitten weiterhin Züge ohne Zugsintegrität verkehren zu lassen wird mit grossem Aufwand verbunden sein.
- …die DAK ein wichtiger Bestandteil für den digitalen Datenaustausch sein wird und sich nachhaltige Logistik, im Sinne der Kunden und des Klimas, nur mit Beteiligung aller Akteure realisieren lässt. Dies ist der Grund, warum sich der VAP in jedem Fall für die Realisierung einer Datenplattform auf Basis von «MODIG» einsetzt. Mit der DAK erreichen wir eine Effizienzsteigerung der gesamten «Supply-Chain».
- …die DAK den traditionellen WLV effizienter ausführen lässt und dazu beitragen wird, diesen spätestens nach Abschluss der Migration eigenwirtschaftlich zu betrieben.
→ Um mehr über das DAK-Programm zu erfahren, klicken Sie auf: https://rail-research.europa.eu/european-dac-delivery-programme/