Mit dem revidierten Gütertransportgesetz (GüTG) wollte das Parlament den Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) stärken. Mit ihrer Preispolitik tut SBB Cargo exakt das Gegenteil – im Schnellzugstempo. Und dies alles, noch bevor das revidierte Gesetz mit der entsprechenden Verordnung in Kraft ist.
Darum geht’s:
- Horrende Preiserhöhungen führen zu Verlagerung auf Strasse
- Verlader waren bereit, moderat höhere Preise zu bezahlen
- Abbau widerspricht dem Willen des Parlaments grundlegend
- Licht am Horizont: Politik nimmt sich der Sache an
- Bundesrat und Parlament müssen sofort Notbremse ziehen
Horrende Preiserhöhungen führen zu Verlagerung auf Strasse
Am 20. September 2025 hat SBB Cargo eine Mitteilung publiziert, die aufhorchen lässt. Darin sprechen die Verantwortlichen von einer Sicherung des umweltfreundlichen Schienengüterverkehrs und von Arbeitsplätzen in der Schweiz. Leider geschieht zurzeit das Gegenteil. SBB Cargo hat über die letzten Monate teils horrenden Preiserhöhungen vorgenommen. Das führt dazu, dass viele Kunden der verladenden Wirtschaft in Zukunft noch stärker oder sogar ausschliesslich auf den Transport auf der Strasse setzen. Dies bestätigen zahllose Rückmeldungen aus der VAP-Mitgliedschaft. Diese ist sich einig: Die Verlader würden auch zukünftig auf den Schienengüterverkehr setzen, allerdings ist dieser angesichts der von SBB Cargo geforderten Preisen gegenüber der Strasse nicht mehr länger konkurrenzfähig.
Verlader waren bereit, moderat höhere Preise zu bezahlen
Ursprünglich wollte das Parlament den EWLV eigenwirtschaftlich machen. Dazu soll dieser acht Jahre finanziell gefördert werden, wobei für die ersten vier Jahre 260 Mio. CHF zur Verfügung gestellt werden. Zudem stellt der Bund einmalig 180 Mio. CHF für die digitale automatische Kupplung (DAK) im Schienengüterverkehr bereit. Der Weg zur Eigenwirtschaftlichkeit war so gedacht: Die Verlader tragen mit moderaten Preiserhöhungen, SBB Cargo mit mehr Produktivität und Effizienz und der Bund mit der befristeten Förderung ihren Teil dazu bei. Dazu hätten der VAP und seine Mitglieder Hand geboten; die Verlader wären grösstenteils bereit gewesen, diesen Preis für einen eigenwirtschaftlichen EWLV zu bezahlen.
Nun geschieht ein Abbau des Defizits von SBB Cargo fast ausschliesslich zulasten der Verlader. Für die wenigsten Verlader besteht so weiterhin ein Anreiz, auf den Schienengüterverkehr zu setzen. Das führt zu einem einschneidenden Abbau von Schienengüterinfrastruktur. Angesichts der hohen Anfangsinvestitionen dürften sich diese Firmen in Zukunft kaum je wieder auf die Schiene setzen, womit der EWLV und somit der Schienengüterverkehr nachhaltig abgebaut werden. Für Bundesrat und Parlament wird dieser irreversible Abbau der Gütermengen auf der Schiene spätestens nach vier Jahren ersichtlich.
Abbau widerspricht dem Willen des Parlaments grundlegend
Die aktuellen Entwicklungen entsprechen nicht dem Willen des Parlaments. Dieses wollte den EWLV stärken, unter anderem um die Dekarbonisierung des Verkehrs voranzutreiben und das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen. Ohne einen leistungsstarken EWLV rückt dieses Ziel in immer weitere Ferne. Und letztlich hat auch das Volks-Nein zum Autobahnausbau im November 2024 dazu beigetragen, dass sich ein Kollaps auf der Strasse nur verhindern lässt, wenn möglichst viele Güter auf der Schiene transportiert werden.
Licht am Horizont: Politik nimmt sich der Sache an
Erfreulich ist, dass die Politik sich der Sache annimmt. So hat Ständerätin Eva Herzog am 25. September 2025 die Motion 25.4147 «Sicherung des Leistungsniveaus bei SBB Cargo inklusive Erhalt eines Kernnetzes im kombinierten Güterverkehr» eingereicht. Die Motion verlangt, dass SBB Cargo die Preise ab 2026 maximal noch um die Teuerung erhöhen kann. Demnach müsste SBB Cargo die Eigenwirtschaftlichkeit hauptsächlich durch einen produktiveren und effizienteren Betrieb sicherstellen, wie es auch vom Parlament im GüTG gedacht war. Bedauerlicherweise hat SBB Cargo in der Zwischenzeit Tatsachen geschaffen: Bereits hat sich ein beträchtlicher Teil der Kundschaft des EWLV von der Schiene abgewandt.
Bundesrat und Parlament müssen sofort Notbremse ziehen
Der VAP appelliert an den Bundesrat und ans Parlament, der Praxis von SBB Cargo mit Preiserhöhungen im teils zweistelligen Bereich sofort Einhalt zu gebieten. Dieses eigenmächtige Vorgehen von SBB Cargo treibt immer mehr Verlader vom EWLV auf die Strasse – was dem Willen der Politik und den Bestrebungen der Schweiz zur Dekarbonisierung diametral entgegenläuft.