Bis am 24. Februar 2023 konnten sich Branchen- und Interessensvertreter zum bundesrätlichen Vernehmlassungsentwurf «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport» äussern. LITRA, VÖV, IG UKV, ASTAG und VAP haben gemeinsam Stellung genommen (Blog Schienengüterverkehr in der Fläche: Branche entwickelt gemeinsam eine Lösung) Hier die Schwerpunkte weiterer Akteure in ihren Antworten im Überblick.
Darum geht’s:
- Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) einstellen wäre fatal
- Finanzierung darf nicht den Status quo erhalten
- Digitale automatische Kupplung (DAK) und Datenplattform sind zu fördern
- Diskriminierungsfreier Marktzugang soll möglich bleiben
- Innovative Ansätze auf organisatorischer Ebene, Kooperationen unter Akteuren
- Kundennutzen in Fokus nehmen
Der Bundesrat lud Branchenvertreter und Parteien ein, bis am 24. Februar 2023 Stellung zur Vernehmlassungsvorlage «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport» zu nehmen. Zahlreiche Antworten sind eingetroffen. Nachfolgend vergleichen wir die Aussagen ausgesuchter Interessensvertreter und ziehen ein Fazit. Der Bundesrat wird in einem nächsten Schritt die Resonanz in seine Botschaft an das Parlament einarbeiten.
EWLV nicht einstellen
Mit Ausnahme der SVP sprechen sich die Antworten für die Variante 1, eine Weiterentwicklung von V1 oder eine ganz neue Variante aus. Die Befragten erachten das Einstellen des EWLV als fatal. Sie befürchten einen Verlust der Versorgungssicherheit, Kapazitätsengpässe auf der Strasse, einen Logistikmehraufwand und grössere Bemühungen für die Klimaverträglichkeit.
Mit Finanzierung nicht den Status quo erhalten
Viele Befragte sind mit der Teilfinanzierung, wie vorgeschlagen, einverstanden. Mehrere Antworten regen die Finanzierung aus bestehenden Mitteln – vorzugsweise dem BIF – an, statt einen neuen Kredit zu leisten. Allerdings äussern einige Bedenken, dass die Finanzierung zu tief angesetzt sei und damit höchstens dem Erhalt des heutigen Zustands diene. Zur Veränderung des angestrebten Modalsplits fordern sie daher eine Erhöhung der Mittel. Einigkeit herrscht darüber, dass mit der Finanzierung die Modernisierung und Kundenorientierung erreicht werden soll, so dass inskünftig die Eigenwirtschaftlichkeit gesichert ist.
Digitalisierung und Automatisierung vorantreiben
Eine Mehrheit befürwortet die Modernisierung des Schienengüterverkehrs mithilfe der DAK. Sie bejaht die Finanzierung durch den Bund in Form einer befristeten Finanzierung bis zur erfolgreichen Implementierung der DAK.
Zur Digitalisierung zählt die Mehrheit der Antworten auch die Verknüpfung von frei zugänglichen Datenplattformen und die entsprechend vereinfachte Kooperation unter Marktakteuren.
Diskriminierungsfreie Marktwirtschaft bewahren
Einige Stimmen fordern einen Verlagerungsauftrag für den Güterverkehr andere weisen auf die freie Wahl der Verkehrsmittel im Binnenverkehr hin. Insgesamt wird eine diskriminierungsfreie Förderung erwartet, die sich auf verschiedene Verkehrsarten und Verkehrsträger ausdehnt. Die freie Marktwirtschaft soll bewahrt werden. Innovative Ansätze auf organisatorischer Ebene und Kooperationen zwischen den Marktakteuren sollen den SGV für die Kunden attraktiver machen.
Wettbewerbsverzerrungen im EWLV verhindern
Die SBB Cargo als Monopolistin im EWLV wird mehrheitlich nicht unterstützt. Es sind organisatorische Anpassungen zur Verhinderung der Wettbewerbsverzerrung vorgeschlagen, zum Beispiel mit einer organisatorischen und finanziellen Trennung von EWLV und Ganzzug und Kooperationen unter Marktakteuren.
Kundennutzen verbessern
Ein mehrfach angesprochenes Bedürfnis ist die konsequente Ausrichtung der Gesamtkonzeption auf die Verbesserung des Kundennutzens. Dazu gehören unter anderem ausreichende und richtig zugeteilte Infrastrukturkapazitäten und ein geeignetes Marktsystem, das Innovation und attraktive Angebote fördert. Bei den Trassenpreisen wird eine Senkung – zum Beispiel auf europäisches Niveau – erwartet.
Handlungsbedarf unterschätzt
Aus den zahlreichen Antworten wird eines ersichtlich: Der Handlungsbedarf im Schienengüterverkehr ist viel grösser als vom Bundesrat aufgezeigt. Die beiden Lösungsvarianten geben lediglich eine Wahl aus zwei kleineren Übeln anstatt einer umfassenden Lösung her. Um eine faktenbasierte Diskussion gerade im Hinblick auf Finanzierungsalternativen zu führen, erwarten die antwortenden Parteien und Organisationen klare Fakten über die Finanzen von SBB Cargo.
Vermisst wird von der überwiegenden Mehrheit eine kohärente Gesamtsicht statt nur auf den SGV und die Schifffahrt. Angeführt werden die LSVA und die anstehende Revision des Bundesgesetzes über die Schwerverkehrsabgabe, SVAG und das Bundesgesetz über die Mobilitätsdaten des Bundes, MODIG.
Auswertung UVEK wird hier veröffentlicht: https://fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/2022/69/cons_1