Zur anstehenden Neuorganisation und Modernisierung des Schienengüterverkehrs in der Fläche und zu dessen nachhaltigen Förderung führen die Güterbahnen des Dachverbands öffentlicher Verkehr (VöV) und wir vom VAP intensive Gespräche. Hier ein Abriss über den Stand der Debatte und die Vorteile eines anreizbasierten Fördermodells.
Die Güterbahnverantwortlichen des VöV und wir vom VAP als Stimme der verladenden Wirtschaft wollen gemeinsam aufzeigen, dass sich der Schienengüterverkehr in der Fläche (SGV) langfristig erfolgreich betreiben lässt. Die Gespräche der Branchenvertreter über die Zukunft der Binnenverkehrslogistik laufen auf Hochtouren und sollen in einer gemeinsamen Haltung zum SGV resultieren, wenn der Bundesrat seine Botschaft zur «Zukünftigen Ausrichtung des Schienengüterverkehrs in der Fläche» in die Vernehmlassung schickt.
Zukunftsfähiges Netzwerkangebot aufbauen
Die Branchenakteure streben ein leistungsfähiges Netzwerkangebot (Hub and Spoke) an. Von diesem sollen die Betreiber von Bahngüterverkehr und Kunden im Binnenverkehr in gleicher Art und Weise profitieren. Dazu braucht es eine neue Rollenverteilung in der Produktion und ein nachhaltiges finanzielles Fördermodell mit ausgeprägten Anreizmechanismen. Dieses muss wettbewerbsneutral und gleichzeitig möglichst einfach ausgestaltet sein. Es darf keine Markt- und Wettbewerbsverzerrungen zwischen subventionierten und nichtsubventionierten Güterbahnen und Leistungen oder ähnliche Benachteiligungen zulassen. Das Fördermodell soll wenige, aber umsetzbare Anreizmechanismen mit maximaler Wirkung enthalten. Ausserdem soll es sich den Entwicklungen anpassen; der Abbaupfad der Fördermittel läuft idealerweise parallel zum AS 2035 und der Umfahrungslinie Zürich.
Verbesserte Rahmenbedingungen
Damit der SGV seine Stärken entfalten kann, sind bessere Rahmenbedingungen nötig – unabhängig von Fördermodell und Rollenverständnis. Dazu gehören:
- Senkung des Trassenpreises auf europäisches Niveau
- Ausdehnung der Rückerstattung der LSVA auf alle Verkehre Strasse–Schiene–Schiff
- Ausdehnung der Investitionsförderung an Anschlussgleisbesitzer und ‑betreiber
- Automatisierung/Digitalisierung, insbesondere durch die digitale automatische Kupplung (DAK)
- Frei zugängliche Daten- und Informationsplattform für eine effizientere operative Abwicklung
Hochwirksame Anreizmechanismen
Die Branchenvertreter sehen Anreize an Verlader und die Finanzierung sowie Neutralisierung der ersten und letzten Meile vor. Anreize an Verlader umfassen Entschädigungen für Neuverkehre, die Wiederinbetriebnahme von Anschlussgleisen nach längeren Betriebsunterbrüchen, Effizienzsteigerungsmassnahmen im Rangierbetrieb und für eigene Manöver auf der letzten Meile. Die Bedienung der ersten und letzten Meile soll durch eine Entschädigung an den Leistungserbringer finanziert werden. Dieser bietet Nahzustellungen für alle Güterbahnunternehmen zu definierten (stark kostenunterdeckenden) Preisen an.
Neue Rolle von SBB Cargo
SBB Cargo übernimmt nach wie vor die Funktion des Netzwerkanbieters. Sie wickelt Hauptläufe und Rangierung ab, zeichnet für die Planung der Netzwerkverkehre verantwortlich und stellt eine effiziente Bündelung von Verkehren mit einzelnen Wagen oder Wagengruppen sicher. Dazu steht SBB Cargo im alleinigen Kontakt mit den Verladern, die Transporte im Netzwerkverkehr beauftragen, und im Dialog mit dem Leistungserbringer, der die erste/letzte Meile bedient.
In der Gunst des Wettbewerbs
Die Vertreter von VöV und VAP machen sich für eine nachhaltige Branchenlösung stark, die mehr Planungs- und Investitionssicherheit bietet und die Attraktivität des Güterbahnmarktes erhöht. Sie sehen einen wettbewerbsneutralen Fördermechanismus vor, der bestehende Strukturen und Abgeltungsansätze nutzt. Das Fördermodell der Branche kann seine Verkehrsverlagerungswirkung erhöhen, indem es Dritten mit einer günstigen ersten und letzten Meile zusätzliche Anreize bietet. Damit entfällt für die Güterbahnen die Make-or-Buy-Entscheidung. SBB Cargo kann das Netzwerk eigenwirtschaftlich betreiben. Die Lösung, die sich aus dem Dialog von Güterbahnen und verladender Wirtschaft herauskristallisiert, soll die Wettbewerbsfähigkeit der Akteure stärken und Innovation sowie Kundenorientierung ermöglichen.
Interessant dazu: Schon 2014 hatte sich in unserer Studie die Empfehlung einer «diskriminierungsfreien Bedienung der letzten Meile für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen» herauskristallisiert.