Die Güter­zug­ent­glei­sung vom 10. August 2023 hat gra­vie­ren­de Schä­den am Gott­hard­ba­sis­tun­nel ver­ur­sacht. Des­halb wol­len die SBB mit dem Fahr­plan­wech­sel vom 10. Dezem­ber 2023 die Kapa­zi­tä­ten des nach­hal­ti­gen Güter­bahn­ver­kehrs zuguns­ten des Frei­zeit­ver­kehrs am Wochen­en­de mas­siv ein­schrän­ken. Das könn­te zu einer Rück­ver­la­ge­rung von bis zu 15% der Bahn­gü­ter auf die Stras­se führen.

Darum geht’s:

  • Neues Fahr­plan­kon­zept streicht Güterverkehrstrassen
  • Gesetz­li­ches Ver­kehrs­ver­la­ge­rungs­ziel gefährdet
  • Alter­na­ti­ve für Per­so­nen­ver­kehr vorhanden
  • NEAT schritt­wei­se zweckentfremdet
  • Kein Dia­log auf Augenhöhe
  • Rück­ver­la­ge­rung auf Stras­se gemein­sam vermeiden

 

Neues Trassenkonzept streicht Güterverkehrstrassen

Laut Medi­en­up­date vom 2. Novem­ber 2023 gehen die SBB davon aus, dass der Gott­hard­ba­sis­tun­nel erst im Sep­tem­ber 2024 wie­der voll­stän­dig für Reise- und Güter­zü­ge zur Ver­fü­gung steht. Die Repa­ra­tur­ar­bei­ten dürf­ten weit län­ger dau­ern als ursprüng­lich erwar­tet. Die Ver­ant­wort­li­chen der SBB haben bekannt­ge­ge­ben, mit dem Dezem­ber-Fahr­plan­wech­sel an den Wochen­en­den deut­lich mehr und schnel­le­re Rei­se­zü­ge durch den Gott­hard­ba­sis­tun­nel fah­ren zu las­sen. Sie strei­chen dem Güter­ver­kehr unter ande­rem ein Zeit­fens­ter von 7.30 bis 9.00 Uhr frei­tag­mor­gens und tei­len es dem Per­so­nen­ver­kehr zu.

Gesetzliches Verkehrsverlagerungsziel gefährdet

Das eigen­mäch­tig ent­wi­ckel­te Tras­sen­kon­zept hat gra­vie­ren­de Kon­se­quen­zen für den natio­na­len Modal­split. Eines unse­rer Mit­glie­der geht davon aus, dass 10% bis 15% der Sen­dun­gen des kom­bi­nier­ten Güter­ver­kehrs auf die Stras­se rück­ver­la­gert wer­den und die Ver­sor­gung des Tes­sins am Wochen­en­de nicht mehr voll­um­fäng­lich gewähr­leis­tet wer­den kann. Auch Bau­ar­bei­ten kön­nen im erwähn­ten Zeit­fens­ter nicht vor­ge­nom­men werden.

Diese Ent­wick­lung wider­spricht der Schwei­zer Ver­kehrs­ver­la­ge­rungs­po­li­tik. Dem­nach will der Bun­des­rat den alpen­que­ren­den Güter­trans­port von der Stras­se auf die Schie­ne ver­la­gern. Schon 2022 wurde das gesetz­li­che Ziel von 650’000 Last­wa­gen­fahr­ten klar ver­fehlt: Es fuh­ren noch immer 880’000 Last­wa­gen durch die Schwei­zer Alpen.

Alternative für Personenverkehr vorhanden

Für die Bran­chen­ver­tre­ter der ver­la­den­den Wirt­schaft ist die Tras­sen­neu­kon­zep­ti­on der SBB umso abwe­gi­ger, als sehr wohl eine ver­nünf­ti­ge Alter­na­ti­ve für den Per­so­nen­ver­kehr besteht: Gera­de aus öko­lo­gi­scher Per­spek­ti­ve soll­ten Frei­zeit­rei­sen­de an Wochen­en­den die Berg­stre­cke nut­zen und den Gott­hard­ba­sis­tun­nel den Güter­zü­gen über­las­sen. Immer­hin ver­brau­chen diese wegen ihrer schwe­ren Last sehr viel mehr Strom über die Berg­stre­cke als Per­so­nen­zü­ge. Die Ver­la­der sind an sie­ben Tagen die Woche auf eine zuver­läs­si­ge Trans­port­in­fra­struk­tur für die Güter­ver­sor­gung der Schweiz angewiesen.

NEAT schrittweise zweckentfremdet

Der Gott­hard­ba­sis­tun­nel ist Teil der Neuen Eisen­bahn-Alpen­trans­ver­sa­le (NEAT). Sie wurde für den Güter­ver­kehr kon­zi­piert. Denn das gemein­sa­me Ziel der Euro­päi­schen Union und der Schweiz mit der NEAT war und ist es, den Güter­ver­kehr auf der Schie­ne zu för­dern. Das Pro­jekt wurde für 23 Mrd. CHF rea­li­siert und zu 55% von der leis­tungs­ab­hän­gi­gen Schwer­ver­kehrs­ab­ga­be (LSVA) finan­ziert. Mit der Ein­schrän­kung der drin­gend benö­tig­ten Tras­sen für den Güter­ver­kehr wird die NEAT erneut zweckentfremdet.

Kein Dialog auf Augenhöhe

Zwar hät­ten die SBB nach eige­nen Anga­ben «… für die Ver­tei­lung der Tras­sen durch den Gott­hard-Basis­tun­nel wäh­rend der Repa­ra­tur­ar­bei­ten in Zusam­men­ar­beit mit den Bran­chen­ver­tre­tern des Güter­ver­kehrs und den Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men des Per­so­nen­ver­kehrs sowie der unab­hän­gi­gen Tras­sen­ver­ga­be­stel­le eine sorg­fäl­ti­ge Abwä­gung vor­ge­nom­men.» Doch das neue Tras­sen­kon­zept ent­stand ohne die Güter­ver­kehrs­bran­che und deren Kun­den. Auch der nach­träg­li­che Aus­tausch erwies sich als zäh. Zudem fehl­te an der Medi­en­kon­fe­renz vom 2. Novem­ber 2023 die Stim­me von SBB Cargo. Es ist unklar, ob und wie die Anlie­gen des Güter­ver­kehrs im eige­nen Kon­zern berück­sich­tigt wur­den. Die ver­la­den­de Wirt­schaft zeigt sich alar­miert über die­ses ein­sei­ti­ge Vor­ge­hen und sieht die bis­her kon­struk­ti­ve Zusam­men­ar­beit mit den SBB in Frage gestellt.

Rückverlagerung auf Strasse gemeinsam vermeiden

Wir vom VAP for­dern nach­drück­lich, dass die SBB alle am Güter­bahn­ver­kehr Betei­lig­ten in die Pla­nung der Tras­sen­ver­ga­be ein­be­zie­hen und ein­sei­ti­ge Äus­se­run­gen über die rei­bungs­freie Abwick­lung des Güter­ver­kehrs durch den Gott­hard­ba­sis­tun­nel unter­las­sen. Diese begüns­ti­gen eine vor­zei­ti­ge Abwan­de­rung von Güter­trans­por­ten auf die Stras­se, was es unbe­dingt zu ver­mei­den gilt. Denn eine sol­che lässt sich in der Regel nur schwer rück­gän­gig machen. Die SBB soll­ten Güter- und Per­so­nen­ver­kehr nicht gegen­ein­an­der aus­spie­len und dabei den Stras­sen­trans­port begünstigen.

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