Am 3. Mai 2022 fand nach drei Jah­ren end­lich wie­der das belieb­te Forum Güter­ver­kehr statt. Es tra­fen sich die wich­tigs­ten Akteu­re und Ver­tre­ter aus der ver­la­den­den Wirt­schaft aus ganz Euro­pa, um ihr Fach­wis­sen auf­zu­fri­schen und sich mit Kol­le­gen unter­neh­mens­über­grei­fend aus­zu­tau­schen. Die Chan­cen, den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr in einem gemein­sa­men Anlauf für die Zukunft fit machen zu kön­nen, ste­hen gut!

Interessante Ansätze

Die Mas­ter­plä­ne Güter­ver­kehr sowie Schie­nen­gü­ter­ver­kehr im Beson­de­ren, die in Deutsch­land und Öster­reich lan­ciert wur­den, geben einen umfas­sen­den Über­blick über die poli­ti­schen Stra­te­gien und Mass­nah­men. Ver­gleich­ba­res fehlt in der Schweiz, statt­des­sen wird noch stark auf die ein­zel­nen Ver­kehrs­trä­ger fokus­siert. Der VAP ver­folgt daher wei­ter­hin eine Gesamt­sicht Güter­ver­kehr und Logis­tik, dies in enger Koope­ra­ti­on mit eco­no­mie­su­is­se und ASTAG. Öster­reich prä­sen­tiert eine Ände­rung im Abfall­wirt­schafts­ge­setz. Die­ses gibt vor, dass Trans­por­te von Abfäl­len mit einem Gesamt­ge­wicht von mehr als zehn Ton­nen, ab einer fest­ge­leg­ten Trans­port­stre­cke (sin­kend zwi­schen 1.1.2023 bis 1.1.2026 von 300, 200, 100 km), zukünf­tig per Bahn oder durch ande­re Ver­kehrs­mit­tel mit gleich­wer­ti­gem oder gerin­ge­rem Schad­stoff oder Treib­haus­gas­po­ten­ti­al (z.B. Antrieb mit­tels Brenn­stoff­zel­le oder Elek­tro­mo­tor) zu erfol­gen haben. Auch im Kan­ton Zürich zei­gen sich ähn­li­che Ent­wick­lun­gen, zum Bei­spiel in der Ver­ord­nung über den Bahn­trans­port von Aus­hub und Gesteins­kör­nung vom 3. Febru­ar 2021. Diese ver­langt, dass ein erheb­li­cher Teil des Aus­hubs per Bahn­trans­port zu erfol­gen hat – oder aber eine Ersatz­ab­ga­be anfällt. Im Ansatz begrüs­sen wir sol­chen Regu­la­ri­en zur Errei­chung der Umwelt­zie­le, jedoch hal­ten wir eine Vor­ga­be der Trans­port­mit­tel­wahl mit­tels sanf­ten Zwangs als wenig ziel­füh­rend. Viel­mehr ist der VAP bestrebt, die Bah­nen fit und für die Ver­la­der attrak­tiv zu machen, so dass eine Bevor­mun­dung nicht nötig ist.

Sehr posi­tiv wer­ten wir daher das gemein­sa­me Inter­es­se, die Digi­ta­li­sie­rung vor­an­zu­trei­ben. Wie nie zuvor ste­hen die Akteu­re der ver­la­den­den Wirt­schaft geschlos­sen für den Fort­schritt. Es ist beein­dru­ckend, wie die ver­schie­de­nen Play­er sich über ganz Euro­pa ver­netzt für die Digi­ta­li­sie­rung ent­schei­den und die­sen Hebel gemein­sam betä­ti­gen wol­len, um den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr für die Zukunft fit zu machen. In ver­schie­de­nen Refe­ra­ten wurde auf­ge­zeigt, dass die Digi­ta­le Auto­ma­ti­sche Kupp­lung (DAK), nicht nur erheb­li­che Erleich­te­rung für mecha­ni­sche Arbei­ten bringt, son­dern vor allem Wei­chen­stel­ler für die Kon­nek­ti­vi­tät eines gesam­ten Zuges ist. Dies ist die Vor­aus­set­zung für die für den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr so wich­ti­ge Digi­ta­li­sie­rung, wel­che sich in ande­ren Bran­chen schon lange voll­zo­gen hat. Mit effi­zi­en­te­ren und trans­pa­ren­ten Pro­zes­sen kann die Bahn nebst den ande­ren Ver­kehrs­mit­teln wett­be­werbs­fä­hig wer­den. Das Motto ist Col­la­bo­ra­ti­on und Coo­pe­ti­ti­on, wel­ches auch wir vom VAP Ver­band der ver­la­den­den Wirt­schaft unterstützen.

VAP-Mit­glie­der kön­nen mit ihrem per­sön­li­chen Login die Prä­sen­ta­tio­nen der Refe­ren­ten hier herunterladen.

Der Ablauf des Forums im Detail

Der Vor­mit­tag dreh­te sich um die Frage «Ver­kehrs­po­li­tik im grü­nen Rausch?». Gil­les Peter­hans, Secre­ta­ry Gene­ral der UIP erläu­ter­te die ver­kehrs­po­li­ti­schen The­men auf euro­päi­scher Ebene. Malte Law­renz, Vor­sit­zen­der des VPI Deutsch­land zeig­te für Deutsch­land den ver­kehrs­po­li­ti­schen Rah­men auf, wie der Schie­ne Prio­ri­tät ein­ge­räumt wer­den soll und wel­cher För­de­rung es bedarf, um den Mas­ter­plan für den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr umset­zen zu kön­nen. Frank Petut­s­ch­nig, Gene­ral­se­kre­tär VPI Öster­reich, zeig­te zum sel­ben Thema die Situa­ti­on in Öster­reich auf, wobei dort die Gesamt­sicht des Güter­ver­kehrs, näm­lich eine mög­lichst effi­zi­en­te Wahl des Ver­kehrs­trä­gers hin­sicht­lich Ener­gie­be­darfs pro Ton­nen, im Fokus steht. Dési­rée Baer, CEO SBB Cargo, ergänz­te mit ihrem Refe­rat die Sach­la­ge des ver­kehrs­po­li­ti­schen Rah­mens in der Schweiz und stell­te die Inter­es­sens­ge­sell­schaft Wagen­la­dungs­ver­kehr (IG WLV), der Platt­form zur Koope­ra­ti­on für Bah­nen und Ver­la­der vor.

In der anschlies­sen­den Podi­ums­dis­kus­si­on wurde deut­lich, dass die Wei­chen für die Zukunft des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs auf Inno­va­ti­on gestellt sind und es im nächs­ten Schritt zu defi­nie­ren gilt, wie die Inves­ti­tio­nen finan­ziert wer­den. Klar wurde, dass die Neue­run­gen alle Akteu­re betref­fen und somit ein kol­la­bo­ra­ti­ver Ansatz der rich­ti­ge Weg ist. Koope­ra­ti­on und Wett­be­werb – oder auch Coo­pe­ti­ti­on – sind zwei wei­te­re Schlag­wör­ter, die nicht nur bei den Schie­nen­ak­teu­ren erwünscht sind, son­dern auch im Zusam­men­spiel von Schie­ne und Strasse.

Der Nach­mit­tag glie­der­te sich in die zwei span­nen­den Schlüs­sel­the­men «Inno­va­tio­nen & mög­li­che Umset­zung» und «Digi­ta­li­sie­rung mit kon­kre­ten Mass­nah­men». Jürg Lüt­scher, fach­kun­dig für Inno­va­ti­on und Regu­la­ti­on beim VAP, sprach über die Auto­ma­ti­sie­rung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs in der Schweiz. Er beton­te, wie wich­tig die Opti­mie­rung der Pro­zes­se und Schnitt­stel­len in Zuge von Inno­va­ti­on ist, der soge­nann­ten Inter­ope­ra­bi­li­tät. Ralf Mar­xen, Head of Exter­nal Tech­ni­cal Affairs bei der Deut­sche Bahn AG refe­rier­te über den Weg zum intel­li­gen­ten Güter­zug: «Von Shift2Rail zu Europe’s Rail». Er zeig­te wich­ti­ge Mei­len­stei­ne zur Inno­va­ti­on auf, wobei die Digi­ta­le Auto­ma­ti­sche Kupp­lung (DAK) die Schlüs­sel­funk­ti­on für die Digi­ta­li­sie­rung ein­nimmt und zum Bei­spiel auto­ma­ti­sier­te Vor­gän­ge und Moni­to­ring, wie auch eine punkt­ge­naue Kun­den­kom­mu­ni­ka­ti­on ermög­licht und damit den Ser­vice-Level des Trans­ports von Gütern auf der Schie­ne um ein Viel­fa­ches anhebt. Ste­fan Hagen­lo­cher, Geschäfts­füh­rer HWH und Pro­jekt­lei­ter TIS, der live über Video­ka­nal zuge­schal­tet wurde, zeig­te auf, was der Tech­ni­sche Inno­va­ti­ons­kreis Schie­nen­gü­ter­ver­kehr (TIS) für einen digi­ta­len und wett­be­werbs­fä­hi­gen Schie­nen­gü­ter­ver­kehr vor­aus­setzt. Er kom­mu­ni­zier­te klar, dass es ohne DAK keine voll­stän­di­ge Auto­ma­ti­sie­rung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs geben wird und eine Stan­dar­di­sie­rung der tech­ni­schen Aspek­te sowie eine abge­stimm­te Migra­ti­ons­stra­te­gie uner­läss­lich sind.

Die bei­den Wagen­ver­mie­ter Niko Davids, Chief Digi­tal Offi­cer, VTG AG, und Chris­toph Becker, Lei­ter ECM II und Sicher­heits­ma­nage­ment bei Was­co­sa AG, zeig­ten ihre Digi­ta­li­sie­rungs­stra­te­gien zur Stär­kung der Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs auf. Auch ihre Bot­schaft – zumal die bei­den Kon­kur­ren­ten mit ihrem gemein­sa­men Auf­tritt schon ein Zei­chen setz­ten: «Col­la­bo­ra­ti­on und Coo­pe­ti­ti­on: Digi­ta­li­sie­rung ist kein Vor­ha­ben eines Ein­zel­nen! Nur durch akti­ve und offe­ne Zusam­men­ar­beit wird ein Nut­zen für den Sek­tor entstehen!»

Jörg Bisang, Lei­ter Pro­dukt­ma­nage­ment ZKE, beein­druck­te mit den schon heu­ti­gen Mög­lich­kei­ten, wel­che die Digi­ta­li­sie­rung der tech­ni­schen Fahr­zeug­kon­trol­le mit «Way­si­de Intel­li­gence» bringt, und for­der­te EVUs und Wagen­hal­ter auf, diese Mög­lich­kei­ten zu nutzen.

In der abschlies­sen­den Podi­ums­dis­kus­si­on wurde dann auch deut­lich, dass sich alle gemein­sam auf die Migra­ti­on der DAK fokus­sie­ren wol­len, im Sinne einer inter­ope­ra­blen Inno­va­ti­on. Diese Zusam­men­ar­beit betrifft das Gesamt­sys­tem Bahn, des­halb gilt es, nicht als Wett­be­wer­ber zusam­men daran zu arbei­ten, son­dern als Inno­va­ti­ons­team, wel­che sich über ihre Ziel­vor­stel­lun­gen aus­tau­schen. Schnel­le und muti­ge Ent­schei­dun­gen kön­nen eine effi­zi­en­te Umset­zung ermöglichen.

Wir bli­cken auf ein erfolg­rei­ches Forum Güter­ver­kehr zurück, bei dem es alle genos­sen haben, sich end­lich wie­der in der «rea­len Welt» tref­fen und aus­tau­schen zu können.

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