Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF‑S) hat ihre Beratungen zur Totalrevision des Gütertransportgesetzes (GüTG) abgeschlossen. Wie der Bundesrat will sie die Rahmenbedingungen zugunsten von multimodalen Logistikketten verbessern. Doch das aktuelle Verhalten von SBB Cargo mit massiven Preiserhöhungen und einem Angebotsabbau widerspricht diesen Bestrebungen und bringt die Verlader in ein gefährliches Dilemma.
Darum geht’s:
- Was bisher geschah
- Klares Ja zu Multimodalität und Wettbewerb
- Kontroverses Verhalten von SBB Cargo
- Bund in der Pflicht
- Gemeinsam aus dem Dilemma
Was bisher geschah
Über die ersten Anträge der KVF‑S zur bundesrätlichen Botschaft zum Gütertransportgesetz (Totalrevision des Bundesgesetzes über den Gütertransport durch Bahn- und Schifffahrtsunternehmen) haben wir in unserem Blogbeitrag «Jetzt oder nie: Wegweisende Debatte zum Schweizer Schienengüterverkehr» bereits ausführlich berichtet. Wie am 21. Juni 2024 kommuniziert, will die vorberatende Kommission den Wettbewerb im Gütertransport gezielt stärken, die Zuständigkeit der RailCom zur Durchsetzung eines diskriminierungsfreien Angebots im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) regeln und die Inhalte zu den Leitlinien zum Schienengütertransport als Grundlage für die Leistungsvereinbarung im EWLV konkretisieren.
Klares Ja zu Multimodalität und Wettbewerb
Die Ständeratskommission hat ihre Detailberatung nun abgeschlossen. In ihrer jüngsten Medienmitteilung vom 20. August 2024 fordert sie den Gesetzgeber auf, im Regelwerk festzuhalten, dass Verladebeiträge an die Versender und Empfänger weitergegeben und unternehmensinterne Leistungen transparent gemacht und kontrolliert werden. Schliesslich regt eine Kommissionsmehrheit an, dass eine Verlängerung der Förderung des EWLV durch das Parlament und nicht durch den Bundesrat entschieden werden sollte. Damit möchte die KVF‑S sicherstellen, dass die Finanzkompetenz und der Entscheid über eine etwaige Verlängerung der Unterstützung auf derselben Stufe liegen
Kontroverses Verhalten von SBB Cargo
Derzeit erhitzen sich die Gemüter der Verlader über das Verhalten der SBB-Tochter SBB Cargo, das den Bestrebungen der KVF‑S und den bisherigen Bekundungen des Bundesrates deutlich entgegenläuft. Die Monopolanbieterin verlangt für ihre Leistungen einen Aufpreis von 20% bis 60% – ganz selbstverständlich und ohne Kostentransparenz oder die Möglichkeit, gemeinsam mit den Güterbahnakteuren Kosten aus dem System zu reduzieren. Selbst wenn das GüTG wie vorgeschlagen angepasst wird und der Ständerat den Anträgen der KVF‑S stattgibt, besteht die akute Gefahr, dass die Verlader ihre Verkehre im grossen Stil auf die Strasse verlagern. Da eine derart strategische Neuorientierung nicht von heute auf morgen passiert, werden sie ihre Logistikkonzepte über die nächsten zwei Jahre anpassen. In diesem Fall wären sowohl die Gesetzesvorlage selbst als auch die dafür notwendigen Bundesmittel obsolet – und eine diesbezügliche Beratung des Parlaments in der Herbstsession 2024 sowieso.
Bund in der Pflicht
Um ungerechtfertigte Marktdiskriminierung und ein Verlagern auf die Strasse zu vermeiden, könnten die Verlader ihre Logistikkonzepte auch auf alternative Bahnangebote von innovativen und mutigen Güterbahnen ausrichten und ihre Verkehrsvolumina vom Staatsmonopol in einen marktwirtschaftlichen Wettbewerb umplatzieren. Das entspräche dem Ziel der KVF‑S, die durch Leistungsvereinbarungen und überarbeitete Leitlinien zum EWLV mehr Wettbewerb verlangt. Es liegt daher nicht unwesentlich in der Verantwortung des Bundes, so bald als möglich entsprechende Massnahmen beim Bestellprozess aufzugleisen, private Güterbahnen zu Angeboten aufzufordern und ihnen den Rücken bei deren Aufbau zu stärken.
Gemeinsam aus dem Dilemma
Die Branche muss einen Weg aus dem aktuellen Dilemma finden, bevor die Debatte eskaliert. Es liegt nun in der Hand der Branchenakteure und des Bundes, gemeinsam mehr Wettbewerb zu ermöglichen und den EWLV grundlegend zu modernisieren. Dazu müssen sie das System EWLV Hand in Hand organisatorisch verändern, stärker für Drittanbieter öffnen und auf Augenhöhe weiterentwickeln. Hier bestehen seitens der Privatwirtschaft bereits attraktive Lösungsansätze. Sagt das Parlament ja zu Förderung des EWLV und stärkt damit den intramodalen Wettbewerb, so könnten die Verlader und Güterbahnen auf Trotzreaktionen verzichten. Stattdessen könnten sie – gemeinsam mit den SBB – die Chance ergreifen, sich endlich vom monopolistischen EWLV loszueisen und ein eigenwirtschaftliches, breit abgestütztes Netzwerkangebot zu entwickeln.