Forum Güter­ver­kehr, 7. Mai 2024. Der flä­chen­de­cken­de Wagen­la­dungs­ver­kehr hat im Bin­nen­ver­kehr euro­pa­weit einen sehr hohen Markt­an­teil. Im Export- und Import­ver­kehr hin­ge­gen fällt er trotz lan­ger Stre­cken ab. Grund dafür sind Markt­ab­schot­tung und über­al­ter­te Pro­duk­ti­ons­struk­tu­ren. Aus­schliess­lich Staats­bah­nen, aus­schliess­lich auf ihrem Hei­mat­markt lau­tet die Devi­se. Der Wagen­la­dungs­ver­kehr wird als Sys­tem­ver­kehr ver­stan­den. Eine Zusam­men­ar­beit in Net­zen, wie es auf der Stras­se üblich und erfolg­reich ange­wen­det wird, ist auf der Bahn nicht angedacht.

Eine Trans­for­ma­ti­on des Wagen­la­dungs­ver­kehrs in ein auto­ma­ti­sier­tes, digi­tal ver­netz­tes und inter­na­tio­nal geöff­ne­tes Bahn­sys­tem ist jedoch mög­lich. Die Staa­ten bie­ten dem Bahn­sek­tor hier­für poli­ti­sche und finan­zi­el­le Unter­stüt­zung an.

Darum geht’s:

  • Füh­ren­de Köpfe aus der euro­päi­schen Ver­kehrs- und Logis­tik­bran­che in Zürich am Forum Güterverkehr
  • Vor­mit­tag mit Über­blick über die aktu­el­len gesetz­li­chen Rahmenbedingungen
  • Thema Nach­mit­tag: Trans­for­ma­ti­on des Schienengüterverkehrs
  • Fokus auf die Gestal­tung einer zukunfts­fä­hi­gen Güterverkehrslandschaft

 

Am 7. Mai 2024 ver­sam­mel­ten sich füh­ren­de Köpfe aus der euro­päi­schen Ver­kehrs- und Logis­tik­bran­che am Forum Güter­ver­kehr in Zürich, um über die Zukunft des Güter­ver­kehrs auf der Schie­ne zu diskutieren.

Frank Fur­rer, Gene­ral­se­kre­tär des VAP Ver­band der ver­la­den­den Wirt­schaft, blick­te in sei­ner Begrüs­sung auf die ver­gan­ge­nen Foren der Jahre 2018 bis 2024 zurück, an denen eine kon­ti­nu­ier­li­che Dis­kus­si­on über die Ent­wick­lung des Güter­ver­kehrs geführt wurde. The­men wie Mul­ti­mo­da­li­tät, Sicher­heit, Inno­va­ti­on und Digi­ta­li­sie­rung stan­den im Fokus. Beson­ders beton­te er die Rolle der Ver­kehrs­po­li­tik als Trei­ber für Ver­än­de­run­gen. Im Jahr 2024 liege nun der Schwer­punkt auf neuen Rah­men­be­din­gun­gen für einen zukunfts­fä­hi­gen Güter­ver­kehr, ins­be­son­de­re auf der Trans­for­ma­ti­on des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs. Frank Fur­rer hob die Bedeu­tung güns­ti­ger Rah­men­be­din­gun­gen für den Wett­be­werb, um Mul­ti­mo­da­li­tät, Inno­va­ti­on und Umwelt­schutz zu ermög­li­chen, her­vor. Die Part­ner­schaft zwi­schen Poli­tik und Wirt­schaft, die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Güter­bah­nen, Logis­tik­an­bie­tern und Ver­la­dern sowie das Sub­si­dia­ri­täts­prin­zip nennt er als grund­le­gen­de Prin­zi­pi­en. Die aktu­el­le Geset­zes­vor­la­ge zur Moder­ni­sie­rung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs wurde im Par­la­ment dis­ku­tiert. Der VAP unter­stützt Mass­nah­men wie die Ein­füh­rung der digi­ta­len auto­ma­ti­schen Kupp­lung (DAK) und die Über­brü­ckungs­fi­nan­zie­rung für den Ein­zel­wa­gen­la­dungs­ver­kehr (EWLV) unter bestimm­ten Bedingungen.

Dr. Peter Füg­lis­ta­ler, Direk­tor des Bun­des­amts für Ver­kehr (BAV), gab einen Über­blick über die aktu­el­len gesetz­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen und Her­aus­for­de­run­gen im Schwei­zer Güter­ver­kehr. Für ihn ist die befris­te­te finan­zi­el­le För­de­rung des Wagen­la­dungs­ver­kehrs ein letz­ter Ver­such, den Bin­nen­gü­ter­ver­kehr auf der Schie­ne zu ret­ten. Die DAK ist das not­wen­di­ge Mit­tel dazu, das mit einer För­de­rung von 30% an die Hal­ter eine schö­ne Offer­te ist. Peter Wes­ten­ber­ger, Geschäfts­füh­rer von Die Güter­bah­nen in Deutsch­land, prä­sen­tier­te die digi­ta­le Schie­ne und die VDV-Char­ta aus deut­scher Sicht. Er for­der­te eine finan­zi­el­le För­de­rung des Wagen­la­dungs­ver­kehrs aus­schliess­lich über die Bedienstre­cken, d.h. die Reak­ti­vie­rung oder Men­gen­stei­ge­rung an mög­lichst vie­len Bedien­stel­len. Für Wett­be­wer­ber sei es sehr schwie­rig, da die Daten­la­ge aus­ge­spro­chen intrans­pa­rent sei. Mag. Clau­dia Neme­th vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Kli­ma­schutz, Umwelt, Ener­gie, Mobi­li­tät, Inno­va­ti­on und Tech­no­lo­gie (BMK) in Öster­reich erläu­ter­te die Instru­men­te und Stra­te­gien der öster­rei­chi­schen Ver­kehrs­po­li­tik mit Blick auf den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr und ver­glich die pro-Kopf-Inves­ti­tio­nen in der Schweiz, Deutsch­land und Öster­reich. Öster­reich setzt auf ein akti­ves Moni­to­ring der Mass­nah­men des Mas­ter­plans Güter­ver­kehrs 2030 und hat vor Kur­zem den ers­ten dies­be­züg­li­chen Moni­to­ring-Bericht vor­ge­legt. Eine die­ser Mass­nah­men ist die Ende 2023 erfolg­te Ein­rich­tung eines Ver­la­ge­rungs­coa­ches, der Unter­neh­men bzw. Gemein­den bei der Ver­la­ge­rung auf die Schie­ne berät. Gemein­sam mit dem deut­schen Ver­kehrs­mi­nis­ter Wiss­mann und Bun­des­rat Rösti unter­stützt die öster­rei­chi­sche Minis­te­rin Leo­no­re Gewess­ler die rasche Ein­füh­rung der DAK. Ueli Mau­rer, Head of Inter­mo­dal Net­work bei Bert­schi AG, brach­te wert­vol­les Feed­back aus der Wirt­schafts­per­spek­ti­ve ein. War­ten auf die DAK sei ange­sichts der Fort­schrit­te auf der Stras­se unmög­lich, sie müsse sofort umge­setzt wer­den. Die aktu­el­len, noch immer inter­na­tio­nal völ­lig unge­nü­gend koor­di­nier­ten Bau­stel­len sowie die Ener­gie- und Tras­sen­prei­se bedro­hen der­zeit die Markt­fä­hig­keit des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs fun­da­men­tal. Wei­ter for­der­te er von den Infra­struk­tur­be­trei­bern, die Erspar­nis­se durch Kom­plett­sper­run­gen an den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr wei­ter­zu­rei­chen, als Kom­pen­sa­ti­on für deren Mehrkosten.

In der anschlies­sen­den Podi­ums­dis­kus­si­on sprach Wes­ten­ber­ger über die aktu­el­le chao­ti­sche Bau­stel­len­si­tua­ti­on und die damit ver­bun­de­nen zusätz­li­chen Kos­ten und for­der­te eine Ver­bes­se­rung der Qua­li­tät im Bahn­gü­ter­ver­kehr. Neme­th stimm­te zu, zeig­te sich jedoch opti­mis­tisch über die Zukunft des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs und ver­glich die aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen mit einem klei­nen Kind, das Lau­fen lernt: Es gibt Rück­schlä­ge, aber es wird bes­ser. Füg­lis­ta­ler unter­strich die Alter­na­tiv­lo­sig­keit der Kor­ri­dor­sa­nie­run­gen und beton­te die Not­wen­dig­keit von Inves­ti­tio­nen in die Infra­struk­tur. Dr. Jens Engel­mann, der die Podi­ums­dis­kus­si­on mode­rier­te, brach­te die Frage der Wirk­sam­keit von För­der­mass­nah­men auf und erör­ter­te die ver­schie­de­nen Ansät­ze zur Unter­stüt­zung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs. Füg­lis­ta­ler und Neme­th ver­tei­dig­ten die Rolle der Staats­bah­nen für den Ein­zel­wa­gen­ver­kehr. Das Fazit der Dis­kus­si­on durch Engel­mann: Die Schie­ne leis­tet einen wich­ti­gen Bei­trag zur Nach­hal­tig­keit und muss wei­ter­hin geför­dert wer­den, jedoch müs­sen auch Her­aus­for­de­run­gen wie Kapa­zi­täts­eng­päs­se und die Kos­ten für tech­no­lo­gi­sche Inno­va­tio­nen bewäl­tigt werden.

Nach einer kur­zen Pause befass­te sich die Ver­an­stal­tung mit der Trans­for­ma­ti­on des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs in die Zukunft. Gil­les Peter­hans, Gene­ral­se­kre­tär der Inter­na­tio­na­len Union der Wagen­hal­ter (UIP) beleuch­te­te den aktu­el­len Stand der digi­ta­len auto­ma­ti­schen Kupp­lung (DAK). Er unter­strich den Unter­schied zwi­schen tech­ni­scher Umrüs­tung und der damit ver­bun­de­nen Trans­for­ma­ti­on des archai­schen Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs. Die­ser soll ernst­haft wett­be­werbs­fä­hig umge­stal­tet und in ein völ­lig neues Bahn­sys­tem über­führt wer­den. Gre­gor Och­sen­bein, Stv. Lei­ter Pro­gramm Daten für ein effi­zi­en­tes Mobi­li­täts­sys­tem beim BAV und Jür­gen Maier-Gyom­lay, Ver­ant­wort­li­cher AK Logis­tik / IG WLV beim VAP stell­ten die Bedeu­tung von Daten-Eco-Sys­te­men für eine effi­zi­en­te Logis­tik her­aus. Peter Sut­ter­lü­ti, CEO von Cargo sous ter­rain AG, prä­sen­tier­te das Kon­zept von Cargo Sous Ter­rain (CST). Die rein pri­vat finan­zier­te Logis­tik­lö­sung steht aus­schliess­lich für Stück­gut zur Ver­fü­gung. Das Zusam­men­spiel von unter­ir­di­schem Haupt­lauf und ober­ir­di­scher Fein­ver­tei­lung hat das Poten­ti­al zu einer mass­geb­li­chen Ergän­zung von Schie­ne und Stras­se. Ste­fan Kirch, Co-Foun­der und Mit­glied der GL bei NEVOMO, stell­te die Poten­zia­le der Magnet­bahn­tech­nik für eine effek­ti­ve­re und kapa­zi­täts­stär­ke­re Güter­ver­kehrs­lö­sung vor. Ins­be­son­de­re auto­no­mes Fah­ren von Güter­wa­gen in gross­flä­chi­gen Anschluss­glei­sen mit einer Viel­zahl von Be- und Ent­la­de­sta­tio­nen sowie Kon­so­li­die­rungs­punk­ten für Ver­sand und Emp­fang bie­ten aus­ser­ge­wöhn­lich Einsparpotentiale.

Die Ver­an­stal­tung gip­fel­te in einer wei­te­ren Podi­ums­dis­kus­si­on, die sich mit der Zukunft der Logis­tik im Jahr 2035 befass­te. Nebst der Frei­wil­lig­keit der Daten­her­aus­ga­be wur­den auch die Her­aus­for­de­run­gen der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on, ins­be­son­de­re in Bezug auf Kos­ten und Zusam­men­ar­beit mit ver­schie­de­nen Stake­hol­dern, dis­ku­tiert. Abschlies­send wurde betont, offen für inno­va­ti­ve Lösun­gen zu sein und sich nicht von Pro­ble­men abhal­ten zu las­sen. Frank Fur­rer fass­te die Ver­an­stal­tung mit der so zuver­sicht­li­chen wie her­aus­for­dern­den Fest­stel­lung zusam­men: Alles ist mög­lich, sofern alle Bran­chen­ak­teu­re mit ver­ein­ten Kräf­ten und geschlos­sen Rei­hen prag­ma­tisch und kom­pro­miss­be­reit vorwärtsschreiten.

Es war ein Tag vol­ler span­nen­den Begeg­nun­gen, infor­ma­ti­ver Prä­sen­ta­tio­nen, anre­gen­der Dis­kus­sio­nen und einem kla­ren Fokus auf die Gestal­tung einer zukunfts­fä­hi­gen Güter­ver­kehrs­land­schaft. Die Teil­neh­mer ver­lies­sen die Tagung mit neuen Erkennt­nis­sen und Impul­sen für die wei­te­re Ent­wick­lung der Branche.

Wir freu­en uns schon auf das Forum Güter­ver­kehr 2025!

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