Titus Bütler ist Leiter Transporte bei der Post CH AG und verantwortet seit Anfang 2022 sämtliche Brief‑, Paket- und Zeitungstransporte auf Schiene und Strasse in der Schweiz. Vorher leitete er über 20 Jahre das Paketzentrum Frauenfeld, wo täglich bis zu einer halben Million Pakete verarbeitet werden. Zudem konzipierte er den Netzausbau mit den neuen Paketzentren in Cadenazzo, Vétroz, Untervaz sowie Ostermundigen. Im Interview mit dem VAP erläutert er die Bedeutung des Schienenverkehrs für die Post.
Darum geht’s:
- Wie hoch ist der Anteil Bahn im Modalsplit bei der Post?
- Kundennachfrage nach schneller Lieferung steigt
- «Pain Points», oder Optimierungspotenzial im Schienengüterverkehr
- Schweizer Post ist in Europa führend im Transport von Gütern auf der Schiene
VAP: Herr Bütler, die gelben Züge der Post fallen auf. Immer mehr sind auch gelbe Lkws auf den Strassen zu sehen. Täuscht dieser Eindruck?
Titus Bütler: Unsere Lastwagen mit den gelben Containern fallen auf. Unsere Kundinnen und Kunden verlangen vermehrt eine schnelle Lieferung: am Abend abgeholt und am nächsten Morgen zugestellt. Wir sprechen also nicht von einer 24h-Lieferung, sondern von ca. 15 bis 20 Stunden – und das in jeden Ort der Schweiz, ob Stadt oder Land. Somit stehen wir in der ganzen Supply-Chain unter Zeitdruck. Das erschwert die Bündelung von Paketmengen, um ganze Züge zu füllen. Wir wählen den Weg über die Schiene, wo immer es ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist. Ungefähr 50 Prozent aller Briefe und Pakete legen bereits heute mindestens einen Teil ihrer Reise im Zug zurück. Ein kurzer Zug mit einem oder zwei Waggons macht keinen Sinn – auch nicht ökologisch.
Was hindert die Post, die Transporte, die wir auf der Strasse sehen, auf der Schiene durchzuführen?
Wir sind mit unserem Transportpartner SBB-Cargo daran, wieder mehr Pakettransporte auf die Schiene zu verlagern. Wir benötigen schnelle und regelmässige Expresstrassen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Postzüge ist teils unter 50km/h, obwohl wir schnelles Rollmaterial haben und leichte Züge fahren. Das ist zu langsam.
Wie sehen Sie die Zukunft der Postlogistik, kommt noch mehr auf die Schiene oder auf die Strasse?
Wir wollen klar mehr Menge auf die Schiene bringen, vor allem auf der West-Ost-Achse.
Die neu geplanten Center der Post verfügen über keine Bahnanschlüsse. Weshalb?
In den letzten Jahren haben wir mehrere kleine Paketzentren in Betrieb genommen. Terminals benötigen Land, verteuern das Projekt und verzögern die Realisierung. Planung und Bau erfolgten unter Zeitdruck: Zwischen Standortentscheid und Eröffnung vergingen teils weniger als 2 Jahre. Wo möglich nutzen wir aber Terminals in der Nähe, z.B. im Fall von Cadenazzo, den Terminal der SBB. Die Pakete von und nach der Südschweiz rollen auf der Schiene.
Pakete und Briefe gelten nicht als sogenannte «bahnaffine» Güter. Welche Kompetenzen haben Sie als Post, als Verlader, dass diese Güter dennoch per Schienenweg transportiert werden?
Wir sind die einzige Post in Europa, welche solche Güter im grossen Stil auf der Schiene transportiert. Voraussetzung ist, dass der Einbezug der Schiene bereits bei der Konzeption berücksichtigt wird und – noch wichtiger – dass es eine Infrastruktur gibt, welche überhaupt schnelle Güterzüge mit hoher Pünktlichkeit zulässt. In unserem Team haben wir Fachpersonen, welche sich mit dem Schienengüterverkehr sehr gut auskennen.
Die Post hat denselben Eigner wie SBB Cargo. Ist dies für Sie eher eine Chance/Vereinfachung? Wie würden Sie diese Beziehung beschreiben?
Die Transporte wurden öffentlich ausgeschrieben. Die Eignerschaft spielt keine Rolle. Wir haben eine klare Kunden-Lieferanten-Beziehung wie bei anderen Transportunternehmungen auch. Unsere Anforderungen an Pünktlichkeit und Verlässlichkeit sind sehr hoch und wir sind mit den Leistungen von SBB Cargo sehr zufrieden.
Wenn die gute Fee Ihnen einen logistischen Wunsch erfüllen würde, welcher wäre dies?
Ich wünschte mir regelmässige und schnelle Trassen auf der West-Ost-Achse.
Wie würden Sie den VAP beschreiben?
Wir sind einer der grössten Anschlussgleisbesitzer und einer der grössten Bahnverlader der Schweiz. Der VAP vertritt deren berechtigte Interessen auf verschiedenen Ebenen und vernetzt die Akteure untereinander.
Welche Stärken schreiben Sie dem VAP zu?
Der VAP ist für die politische Arbeit aller Akteure im Schienengüterverkehr unabdingbar.
Wem würden Sie eine Zusammenarbeit mit dem VAP empfehlen?
Jedes Unternehmen, welches Geleise oder Waggons besitzt oder im Schienengüterverkehr aktiv ist – sei es als Kunde oder als EVU – profitiert vom VAP.
Was noch nicht gesagt wurde:
Unsere Postzüge sind uns wichtig. Wir verbinden damit schnell, zuverlässig und ökologisch die Schweiz. Deshalb legen wir Wert darauf, dass nicht das Image der langsamen und oft auch versprayten Güterzüge auf unsere Postzüge abfärbt.