Die Ver­la­ge­rung von Gütern auf die Schie­ne wurde in der Ver­gan­gen­heit nicht nur von der Poli­tik unter­stützt, son­dern auch von der Stimm­be­völ­ke­rung mehr­fach an der Urne gut­ge­heis­sen. Ganz nach dem Motto «Für Güter die Bahn». Theo­rie und Pra­xis lau­fen jedoch aus­ein­an­der. Nur gut zwei Wochen nach Bekannt­ga­be der Ein­stel­lung der Rol­len­den Land­stras­se folg­te eine wei­te­re Berei­ni­gung zulas­ten des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs. Die Bau­stel­len­si­tua­ti­on – ins­be­son­de­re bei unse­rem nörd­li­chen Nach­barn – setzt den Anbie­tern im kom­bi­nier­ten Ver­kehr zusätz­lich zu. Es ist nun höchs­te Zeit, eine Trend­wen­de zur Stär­kung der Wett­be­werbs­fä­hig­keit der Schie­ne einzuleiten.


Darum geht’s:

  • Zwei Mal schlech­te Nach­rich­ten in nur zwei Wochen
  • Weg und Geld frei für neue Angebote
  • Bau­ar­bei­ten als gros­se Knack­nuss beim grenz­über­schrei­ten­den KV
  • Bran­che fährt mit guten Ideen auf
  • Poli­tik hat mehr als ein Zei­chen gesetzt
  • Schweiz euro­pa­weit Spit­zen­rei­ter beim Schienennetz
  • Höchs­te Zeit, die Wei­chen neu zu stellen
Zwei Mal schlechte Nachrichten in nur zwei Wochen

Die Rol­len­de Land­stras­se (Rola) war im alpen­que­ren­den kom­bi­nier­ten Ver­kehr (KV) von Anfang an als Ergän­zungs­an­ge­bot gedacht. So konn­ten auch Lkw, die wegen feh­len­der kran­ba­rer Sat­tel­auf­lie­ger für den unbe­glei­te­ten Ver­kehr nicht geeig­net waren, die Alpen auf der Schie­ne durch­que­ren. Schon Ende 2025 soll das Geschich­te sein – drei Jahre frü­her als geplant. Und als wäre diese Nega­tiv­schlag­zei­le nicht genug, teil­te SBB Cargo nur gut zwei Wochen spä­ter mit, dass sie den KV neu aus­rich­ten werde. So harm­los die Mit­tei­lung klingt, so gra­vie­rend dürf­ten ihre Aus­wir­kun­gen sein: SBB Cargo will acht KV-Ter­mi­nals schlies­sen, die sie nicht ren­ta­bel betrei­ben kann. Betrof­fen sind die Stand­or­te Oen­sin­gen, Basel, Gos­sau, Wid­nau, Renens, St. Tri­phon, Caden­az­zo und Luga­no. Was im media­len Tages­dröh­nen fast unter­ging, könn­te für bestimm­te Regio­nen schmerz­haft wer­den. Das Ter­mi­nal Caden­az­zo zum Bei­spiel ist ein neur­al­gi­scher Punkt zur Ver­sor­gung des Tes­sins mit teils essen­zi­el­len Gütern.

Weg und Geld frei für neue Angebote

Aus betriebs­wirt­schaft­li­cher Sicht kann das Ein­stel­len der bei­den Ange­bo­te durch­aus Sinn machen. Denn unren­ta­ble Ange­bo­te künst­lich am Leben zu erhal­ten, lässt sich nur unter spe­zi­el­len Bedin­gun­gen recht­fer­ti­gen. Aller­dings ist es zukunfts­wei­send, dass dem Schie­nen­gü­ter­ver­kehr sowohl die frei wer­den­den finan­zi­el­len Res­sour­cen als auch die Ver­la­de­infra­struk­tur erhal­ten blei­ben. Damit las­sen sich neue Ange­bo­te schaf­fen und die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der Schie­ne grund­sätz­lich stär­ken. In einem funk­tio­nie­ren­den Markt garan­tiert das Ein­stel­len von unren­ta­blen Ange­bo­ten in der Regel, dass neue, meist kon­kur­renz­fä­hi­ge­re entstehen.

Bauarbeiten als grosse Knacknuss beim grenzüberschreitenden KV

So dring­lich der Aus­bau der Schie­nen­in­fra­struk­tur ins­be­son­de­re in Deutsch­land ist, so erschwe­rend sind für die Akteu­re im KV die zahl­lo­sen Bau­stel­len im Nord-Süd-Ver­kehr. Zum Bei­spiel ist es für gewis­se Anbie­ter wesent­lich, dass Bau­ar­bei­ten wäh­rend «Fer­ra­gos­to» statt­fin­den, ein Fei­er­tag und Som­mer­fe­ri­en in Ita­li­en. In die­sen Wochen kom­men Wirt­schaft und Güter­ver­kehr prak­tisch zum Erlie­gen. Für sol­che Anbie­ter ist es zwin­gend, dass man die Pla­nung und den Zeit­punkt der Bau­ar­bei­ten grenz­über­schrei­tend abspricht.

Branche fährt mit guten Ideen auf

An Ideen zur Stär­kung des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs und des­sen Resi­li­enz fehlt es defi­ni­tiv nicht. Doch meis­tens schei­tern sie am feh­len­den Wil­len und an den finan­zi­el­len Mit­teln. Für den inter­mo­da­len Ver­kehr hat Hupac am haus­ei­ge­nen Inter­mo­dal Forum vom 16. Mai 2025 fünf Schlüs­sel­mass­nah­men zur Stär­kung der Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs aufgezeigt:

  • Koor­di­nier­te Bau­pla­nung im Schie­nen­netz mit aus­rei­chen­den Umlei­tungs­ka­pa­zi­tä­ten und ohne Vollsperrungen
  • Schwei­zer Finan­zie­rung des Aus­baus der Voge­sen­tun­nel als Teil eines neuen 4‑Me­ter-Kor­ri­dors auf der lin­ken Rheinuferseite
  • Unter­stüt­zung des Ein­sat­zes hybri­der Loko­mo­ti­ven auf der Stre­cke Wörth–Strasbourg
  • Fort­füh­rung der Schwei­zer Betriebs­bei­trä­ge für den KV über das Jahr 2030 hinaus
  • Akti­ve Füh­rungs­rol­le der Schweiz im Güter­ver­kehrs­kor­ri­dor Nordsee–Rhein–Mittelmeer
Politik hat mehr als ein Zeichen gesetzt

Nicht nur die Wirt­schaft, son­dern auch die Poli­tik hat die hohe Prio­ri­tät des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs schon län­ger erkannt und för­dert die­sen ent­spre­chend. Mit dem im März ver­ab­schie­de­ten revi­dier­ten Güter­trans­port­ge­setz hat das Par­la­ment nam­haf­te finan­zi­el­le Beträ­ge zur Stär­kung des inlän­di­schen Ein­zel­wa­gen­la­dungs­ver­kehrs gespro­chen. Stän­de­rat und VAP-Prä­si­dent Josef Ditt­li for­dert zusam­men mit Stän­de­rä­tin Heidi Z’graggen mit den Inter­pel­la­tio­nen 25.3540 («Stau­räu­me, Schwer­ver­kehrs­zen­tren, Ver­la­ge­rungs­druck – wie fängt der Bund den zusätz­li­chen Lkw-Ver­kehr nach Auf­ga­be der Rola auf?») und 25.3541 («Zukunft des Alpen­tran­sits: Wie begeg­net der Bund der Zunah­me des Lkw-Ver­kehrs nach dem Weg­fall der Rol­len­den Land­stras­se?») eine Stel­lung­nah­me des Bun­des­rats zur Frage, wie die zusätz­li­che Lkw-Lawi­ne als Folge der Rola-Ein­stel­lung kurz­fris­tig bewäl­tigt wer­den soll. Mit­tel­fris­tig braucht es drin­gend grif­fi­ge Anrei­ze, damit das Umrüs­ten von Lkw auf kran­ba­re Sat­tel­auf­lie­ger rasch erfolgt und die erfor­der­li­che Kapa­zi­tät im KV geschaf­fen wird, um die zusätz­li­che Güter­men­ge abzufangen.

Schweiz europaweit Spitzenreiter beim Schienennetz

Mit Blick auf ihre Schie­nen­in­fra­struk­tur hat die Schweiz in den letz­ten Jah­ren ihre Haus­auf­ga­ben gemacht – ganz im Gegen­teil zu eini­gen Nach­bar­län­dern. Für die Durch­que­rung der Alpen hat sie in die Eisen­bahn-Basis­tun­nels am Lötsch­berg, Gott­hard und Ceneri fast 20 Mrd. Schwei­zer Fran­ken inves­tiert. Damit sucht die Schwei­zer Qua­li­tät der Infra­struk­tur euro­pa­weit ihres­glei­chen. Um die­sen Podest­platz zu hal­ten, muss die Schweiz jedoch auch zukünf­tig einen kla­ren Fokus auf die Instand­hal­tung und den Aus­bau ihrer Bahn­in­fra­struk­tur haben.

Auch bei der Ver­la­ge­rung des alpen­que­ren­den Güter­trans­ports auf die Schie­ne ist die Schweiz mit einem Anteil von 70 Pro­zent topp­lat­ziert und in Euro­pa unan­ge­foch­ten. Die Pro­ble­me der Anbie­ter von KV in der Schweiz beim grenz­über­schrei­ten­den Tran­sit­ver­kehr las­sen sich haupt­säch­lich an den nörd­li­chen Zulauf­stre­cken festmachen.

Höchste Zeit, die Weichen neu zu stellen

Der Schie­nen­gü­ter­ver­kehr stand bereits vor den bei­den Hiobs­bot­schaf­ten stark unter Druck. Das zeig­te sich etwa an der zuneh­men­den Rück­ver­la­ge­rung des Güter­trans­ports von der Schie­ne auf die Stras­se. Dem­nach ist es wohl eher fünf nach als fünf vor zwölf, um die Wei­chen für den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr neu zu stellen.

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