Das Bundesamt für Verkehr (BAV) fördert im Rahmen der schweizerischen Politik eine nachhaltige Entwicklung des Gütertransports und ein effizientes Zusammenwirken aller Verkehrsträger. Es ist zuständig für Konzessionierung, Finanzierung und Sicherheitsaufsicht im Eisenbahnverkehr, bei den Seilbahnen und Sesselliften, den Bussen und der Schifffahrt. Dank günstigen Rahmenbedingungen sollen die Angebote im Schienengüterverkehr eigenwirtschaftlich betrieben werden können. Zudem kann der Bund Investitionsbeiträge für technische Neuerungen im Gütertransport auf der Schiene gewähren. Das BAV steuert und prüft die Subventionszahlungen im Güterverkehr im Rahmen eines Controllings. Dr. Peter Füglistaler ist seit 2010 Direktor des BAV. Vor seinem Eintritt ins BAV war Peter Füglistaler in verschiedenen Positionen bei der Schweizerischen Bundesbahn (SBB) tätig. Im Interview mit dem VAP beantwortet er Fragen rund um den Schienengüterverkehr.
VAP: Herr Füglistaler, SBB Cargo scheint nicht aus dem Sanierungs- /Subventionsmodus zu kommen. Gleichzeitig sind die Bundesfinanzen sehr angespannt. Können die Kunden des Schienengüterverkehrs ruhig schlafen, wird SBB Cargo die Kurve fahren können?
Dr. Peter Füglistaler: Der Bund hat klar zum Ausdruck gebracht, dass er den Güterverkehr weiterentwickeln will – dies unter Berücksichtigung der energie- und klimapolitischen Ziele sowie im Wissen um die grosse Bedeutung der Bahntransporte für die Versorgungssicherheit der Schweiz. Der Bundesrat ist auch bereit, den Schienengüterverkehr technisch und organisatorisch zu modernisieren und schlägt dazu eine gezielte finanzielle Unterstützung vor. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass auch die Verlader ihren Anteil an der Zukunftsgestaltung übernehmen müssen.
Der Zuckerrübenauftrag ging verloren, Coop führt erfolgreich ein eigenes EVU, nun auch im WLV-System. Kiesunternehmen bauen ein eigenes EVU auf. Wie beurteilen Sie diese Marktentwicklung aus der Optik des Eigners?
Ich kann hier nur als Direktor der Finanzierungs- und Aufsichtsbehörde sprechen. Grundsätzlich begrüsse ich es, wenn der Markt spielt und neue Marktteilnehmer ihre Chance packen. So muss sich auch SBB Cargo im Markt behaupten und auf seine Eigenwirtschaftlichkeit schauen.
Der Siedlungsdruck, Stichwort «Störfallverordnung», wirkt sich auf die Gefahrguttransporte aus. Was macht das BAV, dass Gefahrguttransporte zur Sicherung der Selbstversorgung und zur Sicherung des Industriestandortes Schweiz weiterhin im bestehenden Rahmen möglich sind?
Das BAV überprüft regelmässig die Risiken der Gefahrguttransporte und setzt, wenn nötig, frühzeitig im Dialog mit den Beteiligten Massnahmen um. Ein gutes Beispiel ist die gemeinsame Erklärung von Industrie, Transportunternehmen und Behörden zur Risikoreduktion beim Transport von Chlor. Ein solches frühzeitiges Erkennen und gemeinsames Vorgehen erlaubt es, auch Transporte gefährlicher Güter weiterhin sicher auf der Bahn durchzuführen.
Während Europa die DAK im Fokus hat, ist bei der SBB eher die AK – ohne das D – interessant. Ist dies auch Ihre Wahrnehmung und würden Sie diese Position der SBB unterstützen?
Ich sehe diese Trennung bei den SBB überhaupt nicht. Die SBB sind wie BAV, VAP und VöV der Meinung, dass es die digitalen Funktionen braucht, um den Schienengüterverkehr sicherer, schneller, flexibler und damit zuverlässiger und günstiger zu machen. Mit der Unterstützung des BAV hat SBB Cargo einen Testzug aufgebaut, der die Stromzufuhr und Datenübertragung im Güterzug erprobt und optimiert. Die Ergebnisse fliessen in die Arbeiten auf europäischer Ebene ein, wo die SBB wie alle anderen Bahnen Europas aktiv mitwirkt. Die Schweiz wird keinen Extrazug fahren, was die digitale automatische Kupplung angeht. Allerdings werden wir nicht warten können, wenn sich die Arbeiten in Europa verzögern. Denn mit Abwarten riskieren wir die Errungenschaft eines flächendeckenden Schienengüterverkehrs. Sobald die technischen Spezifikationen in den TSI-Normen feststehen, wollen wir starten.
Vielfach wird gefordert, dass die Branche mit einer Sprache spricht. Nun hat die Branche die «Vision 2050» gemeinsam realisiert, diese fand aber leider keinen Niederschlag in der Ausgestaltung der Vernehmlassung für den Schienengüterverkehr in der Fläche. War die Stimme zu leise? Was ist die Erwartung des BAV?
Die Vision wurde durch die Begleitgruppe des BAV für die Weiterentwicklung des Gütertransports auf der Schiene erarbeitet. Dort sind die wichtigsten Verbände und Akteure des Schweizer Schienengüterverkehrs vertreten. Aber es ist so: Trotz dieser Vision haben die Verbände im Rahmen ihrer Stellungnahmen zur Vernehmlassung sehr heterogene Vorstellungen und teils wenig realistische Wunschlisten zur Zukunft des Schweizer Schienengüterverkehrs geäussert.
Wie würden Sie den VAP beschreiben?
Der VAP ist eine wichtige Stimme in der schweizerischen Güterverkehrsbranche, die wiederum existenziell ist für die Versorgungssicherheit des Landes.
Welche Stärken schreiben Sie dem VAP zu?
Der VAP hat seine Stärken im Bündeln der Interessen der Akteure und in seinen guten Beziehungen mit den politischen Entscheidungsträgern.
Was wünschen Sie sich noch zusätzlich vom VAP?
In Zukunft wird es wichtig sein, die Interessen der verladenden Wirtschaft noch pointierter nach aussen zu tragen. Diesbezüglich kann der VAP seine Position ausbauen.
Wem würden Sie eine Zusammenarbeit mit dem VAP empfehlen?
Schienengüterverkehr funktioniert nicht ohne Anschlussgleise und Güterwagen. Deshalb ist allen die Zusammenarbeit mit dem VAP empfohlen, welche Schienengüterverkehr erfolgreich betreiben möchten.
Herr Dr. Füglistaler, wir bedanken uns für das interessante Interview.