Der Natio­nal­rat hat am 12. Sep­tem­ber 2023 der Revi­si­on des Eisen­bahn­ge­set­zes (EBG) zuge­stimmt, nach­dem der Stän­de­rat diese bereits in der Som­mer­ses­si­on 2023 ein­stim­mig ange­nom­men hat. Aller­dings kann die EBG-Revi­si­on nicht voll­stän­dig umge­setzt wer­den, solan­ge das 4. EU-Eisen­bahn­pa­ket nicht ins Land­ver­kehrs­ab­kom­men auf­ge­nom­men oder die Über­gangs­lö­sung mit der EU ver­län­gert wird. Es könn­ten also Inef­fi­zi­en­zen bestehen bleiben.

 Darum geht’s:
  • Was bis­her geschah
  • Die Schweiz hat drei EU-Eisen­bahn­pa­ke­te übernommen
  • Revi­dier­tes EBG schafft äqui­va­len­te Bedingungen
  • Ver­ord­nun­gen sind eben­falls anzupassen
  • Auf­nah­me des 4. EU-Eisen­bahn­pa­kets ins Land­ver­kehrs­ab­kom­men nötig

 

Was bisher geschah

Seit dem 16. Juni 2019 ist das 4. EU-Eisen­bahn­pa­ket in Kraft und die EU-Eisen­bahn­agen­tur (ERA) neu für das Ertei­len von ein­heit­li­chen Sicher­heits­be­schei­ni­gun­gen und Zulas­sun­gen von Roll­ma­te­ri­al für den grenz­über­schrei­ten­den Ver­kehr zustän­dig. In der Som­mer­ses­si­on 2023 hat der Stän­de­rat dem Antrag sei­ner Kom­mis­si­on auf Zustim­mung für die Ände­rung des EBG (Umset­zung der tech­ni­schen Säule des 4. EU-Eisen­bahn­pa­kets) stattgegeben.

Das 4. EU-Bahn­pa­ket ent­hält drei wesent­li­che Elemente:

  1. Die anzu­wen­den­den Vor­schrif­ten sol­len in allen betei­lig­ten Staa­ten sys­te­ma­tisch har­mo­ni­siert wer­den. Dies geschieht durch insti­tu­tio­nel­le Inkraft­set­zungs­ver­fah­ren der tech­ni­schen Spe­zi­fi­ka­tio­nen Inter­ope­ra­bi­li­tät, TSI und deren Aktua­li­sie­run­gen. Damit sind von der EU-Kom­mis­si­on publi­zier­te TSI neu unmit­tel­bar in allen Staa­ten gül­tig; es braucht keine natio­na­len Umset­zungs­pro­zes­se mehr.
  2. Die ERA über­wacht Abbau von über­hol­ten natio­na­len Vor­schrif­ten durch die zustän­di­gen natio­na­len Aufsichtsbehörden.
  3. Die ERA koor­di­niert neu die Zulas­sungs­ver­fah­ren und erlässt ein­heit­li­che, län­der­über­grei­fend gül­ti­ge Betriebsbewilligungen.

Die ERA betreibt das Online-Fahr­zeug­zu­las­sungs­por­tal «One Stop Shop». Bei den Prü­fun­gen der Zulas­sungs­dos­siers arbei­tet sie eng mit den natio­na­len Auf­sichts­be­hör­den zusam­men. Heute kann im «One Stop Shop» der ERA ein Antrag auf Zulas­sung gestellt und das ent­spre­chen­de Dos­sier ein­ge­reicht wer­den. Die ERA prüft unter Ein­be­zug der betei­lig­ten natio­na­len Auf­sichts­be­hör­den das Dos­sier und ver­fügt eine in allen bean­trag­ten Län­dern direkt gül­ti­ge Betriebsbewilligung.

Die Schweiz hat drei EU-Eisenbahnpakete übernommen

Die Schweiz hat die rele­van­ten tech­ni­schen Bestim­mun­gen der drei EU-Eisen­bahn­pa­ke­te im Rah­men des Land­ver­kehrs­ab­kom­mens mit der EU über­nom­men. Sie sitzt bereits heute als Beob­ach­te­rin in den rele­van­ten Gre­mi­en zur lau­fen­den Ent­wick­lung der Inter­ope­ra­bi­li­tät ein und koope­riert mit der ERA. Ein Bei­tritt zur ERA war bis anhin nicht möglich.

Revidiertes EBG schafft äquivalente Bedingungen

Die tech­ni­sche Säule des 4. EU-Eisen­bahn­pa­kets umfasst die Über­ar­bei­tung der Vor­ga­ben für Inter­ope­ra­bi­li­tät (RL 2016/797) und für die Eisen­bahn­si­cher­heit (RL 2016/798). Eben­falls ent­hal­ten ist die Wei­ter­ent­wick­lung der ERA zur EU-Auf­sichts­be­hör­de mit dem One Stop Shop für ver­ein­heit­lich­te Ver­fah­ren (vgl. Blog­ar­ti­kel «Der Schweiz droht Iso­la­ti­on im inter­na­tio­na­len Bahn­ver­kehr»). Mit der Revi­si­on des Eisen­bahn­ge­set­zes wird das Fun­da­ment gelegt, damit die tech­ni­sche Säule des 4. Bahn­pa­kets umge­setzt wer­den kann. Dem­nach sol­len für sämt­li­che inter­ope­ra­bel arbei­ten­den Schwei­zer Bah­nen gleich­wer­ti­ge Bedin­gun­gen wie für EU-Mit­glied­staa­ten gel­ten und der Zugang zum ver­ein­fach­ten Zulas­sungs­ver­fah­ren soll via ERA geöff­net werden.

Verordnungen sind ebenfalls anzupassen

Auf der Basis der Anpas­sun­gen im EBG kann das BAV in einem zwei­ten Schritt auf Ver­ord­nungs­ebe­ne die erfor­der­li­che Kon­for­mi­tät zu den EU-Richt­li­ni­en her­stel­len. Des­halb hat es die ent­spre­chen­den Anpas­sungs­ent­wür­fe der Ver­ord­nun­gen bereits vor­be­rei­tet und von der EU-Kom­mis­si­on prü­fen las­sen – mit posi­ti­vem Ergeb­nis. Damit hat die Schweiz eigen­stän­dig die Grund­la­ge für die Gleich­wer­tig­keit ihrer Gesetz­ge­bung mit der­je­ni­gen der EU geschaffen.

Aufnahme des 4. EU-Eisenbahnpakets ins Landverkehrsabkommen nötig

Mit der umge­setz­ten EBG-Revi­si­on hat die Schweiz wert­vol­le Zeit gewon­nen. Denn bis sich eine Geset­zes­re­vi­si­on in Kraft set­zen lässt, ver­ge­hen in der Regel meh­re­re Jahre. In die­sem Fall lie­gen die natio­na­len gesetz­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen bereits vor. Zu ihrer vol­len Wir­kung sind jedoch die Auf­nah­me der tech­ni­schen Säule des 4. EU-Eisen­bahn­pa­kets ins Land­ver­kehrs­ab­kom­men und der Bei­tritt zur ERA nötig. Bei­des ist im Kon­text der sto­cken­den Ver­hand­lun­gen zwi­schen der EU und der Schweiz vor­erst nicht abseh­bar. Die EU setzt dafür eine Eini­gung im Rah­men­ab­kom­men und bei der Öff­nung des Per­so­nen­ver­kehrs in der Schweiz vor­aus (Teil des 3. EU-Eisen­bahn­pa­kets). Letz­te­re blieb bis­her aus; sämt­li­che Ver­su­che des BAV für ein Ent­ge­gen­kom­men durch eine Auf­wei­chung der Markt­ab­schot­tung durch die Schweiz blie­ben bis­her erfolglos.

Volle Inter­ope­ra­bi­li­tät und eine grund­le­gen­de Ver­ein­fa­chung der Zulas­sungs­ver­fah­ren redu­zie­ren die admi­nis­tra­ti­ven und betrieb­li­chen Kos­ten. Das ist für einen siche­ren und wett­be­werbs­fä­hi­gen Schienen(güter)verkehr und damit für eine erfolg­rei­che Ver­kehrs­ver­la­ge­rung fundamental.

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