Wir nehmen Stellung zum bundesrätlichen Vernehmlassungsentwurf «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport». Wir unterziehen die Vorschläge einer kritischen Würdigung aus Sicht der Güterbahnkunden und zeigen die Notwendigkeit einer rechtlichen Verselbstständigung des Systemverkehrs auf.
Ja und Aber zu Variante 1
Mit Variante 1 will der Bundesrat den Schienengüterverkehr mit der automatischen digitalen Kupplung (DAK) digitalisieren. Damit positioniert er den Verkehrsträger Schiene als Teil der multimodalen Logistik. Flankierend sieht er raumplanerische Massnahmen, Investitionshilfen und Umschlags- und Verladeanreize vor, die Zusatzkosten des Systembruchs zwischen der Schiene und anderen Verkehrsträgern abfedern. Bis die Automatisierung umgesetzt ist, will der Bundesrat die ungedeckten Kosten des Systemverkehrs abgelten. Wir begrüssen die Stossrichtung von Variante 1 im Kern, haben aber Vorbehalte und stellen einen grundlegenden Anpassungsbedarf fest.
Subventionierte Erste/letzte Meile verselbstständigen
Wir wollen und müssen den Systemverkehr zukunftsfähiger gestalten. Dazu braucht es eine Neukonzeption sämtlicher Prozesse, Anreizinstrumente, Marktmechanismen und Schnittstellen innerhalb der multimodalen Güterlogistik. Ziel muss ein eigen- und marktwirtschaftliches System sein, das keine Güterbahnen diskriminiert und den Verladern zuverlässig zur Verfügung steht.[1] Bis diese Neukonzeption umgesetzt ist, stimmen wir befristeten Finanzhilfen an den Netzwerkverkehr von SBB Cargo zu. Diese Finanzhilfen basieren auf erfolgsabhängigen, wettbewerbsneutralen und diskriminierungsfreien Anreizen – und auf einer Verselbständigung der ersten/letzten Meile in einer rechtlich eigenständigen Gesellschaft der SBB. Nur so bleiben die Versorgungssicherheit der Schweiz und die Zukunftsfähigkeit der Schiene gewährleistet.
Wettbewerbsverzerrung und Diskriminierung verhindern
Indem der Bundesrat die Verantwortung für den Systemverkehr SBB Cargo überträgt, monopolisiert er rund 70% des Gütertransportaufkommens. Gleichzeitig ist SBB Cargo auch noch Hauptanbieterin im Ganzzugs- und Kombiverkehr. Diese Interessensverknüpfung kann zu Diskriminierung der Kunden von System- und Ganzzugsverkehr einerseits, andererseits aber auch zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen Anbietern von Ganzzugs- und Kombiverkehr führen – unabhängig von Abgeltungen an den Systemverkehr. Der besteht aus der flächendeckenden Bedienung der Umschlags- und Verladeanlagen und soll daher rechtlich verselbstständigt werden. Da die entsprechenden Leistungen und Ressourcen schon heute in einer eigenständigen Organisationseinheit zusammengefasst sind, bliebe der Transformationsaufwand gering. Allerdings müsste der Bundesrat Art. 9a Abs. 7 des Gütertransportgesetzes (GüTG) präzisieren.
Neue Systembetreiberin konsequent beaufsichtigen
In der befristeten Phase öffentlicher Abgeltungen, aber auch danach, soll ein konsequentes Monitoring der Systembetreiberin im Bereich Leistungen, Qualität, Produktivität und Kosten erfolgen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Finanzhilfe rasch abgebaut und das Geschäftsmodell von SBB Cargo modernisiert werden. Das verhindert Benachteiligungen und sichert langfristig einen reibungslosen, flächendeckenden Systemverkehr. Ein gezieltes Monitoring der Entwicklung von Mengen und Kundenstruktur soll insbesondere letzteren langfristig garantieren. Ein solches Monitoring bedingt eine Ergänzung von Art. 9a GüTG.
Zusätzliche Hintergründe und Meinungen finden Sie in unserer Vernehmlassungsantwort zur «Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport».
[1] Vgl. Video «Schienengüterverkehr der Zukunft»: www.cargorail.ch/#video